Dieter Seebach

deutscher Chemiker
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Dieter Seebach (* 31. Oktober 1937 in Karlsruhe) ist ein deutscher Chemiker.

Dieter Seebach

Leben

Seebach studierte Chemie an der Technischen Hochschule Karlsruhe und wurde dort 1964 mit einer Arbeit über Peroxide des 2,5-Dihydrofurans bei Rudolf Criegee promoviert. Im Anschluss verbrachte er zwei Jahre an der Harvard University beim späteren Nobelpreisträger Elias James Corey. 1969 ging er zurück nach Karlsruhe und habilitierte sich dort mit einer Arbeit zum Nachweis von freien Bis(arylthio)carbenen in Lösung und Selen-stabilisierten Carbanionen. 1971 wurde er an die Justus-Liebig-Universität in Gießen berufen; 1977 wechselte er auf eine Professur für Organische Chemie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich. 2003 wurde er emeritiert.

Er war Gastprofessor an den Universitäten von Madison (Wisconsin), Straßburg, München (TU), Kaiserslautern, Frankfurt am Main und am Caltech in Pasadena (Kalifornien), ebenso wie am damaligen Max-Planck-Institut für bioanorganische Chemie in Mülheim an der Ruhr.

Wirken

Seine Arbeit konzentriert sich auf die Entwicklung von neuen Synthesemethoden, die Herstellung und Strukturuntersuchung von β-Peptiden; die Synthese von Oligomeren in (R)-3-Hydroxybuttersäure und die zugehörigen Biopolymere (PHB) ebenso wie ihre Anwendungsmöglichkeiten; die Synthese von enantiomerenreinen Dendrimeren und die Verwendung von chiralen Titanaten in der organischen Synthese. Bekannt ist er auch durch seine Entwicklung des Konzepts der Umpolung, so realisiert bei der Corey-Seebach-Reaktion.

TADDOLe (Auswahl)

Aus Weinsäure synthetisierte Seebach erstmalig TADDOLe, die in der modernen enantioselektiven Synthese als vielseitige chirale Hilfsstoffe, Übergangsmetall-Liganden und Brønsted-Säuren eingesetzt werden und heute kommerziell verfügbar sind. Die TADDOLe sind auch als Seebach-Hilfsstoffe bekannt. Das Prinzip der «Selbstregeneration von Chi (Beispiel Fráter-Seebach-Alkylierung[1][2]) ist auch nach ihm benannt. Die «Erfindung der ß-Peptide»[3][4] geht ebenfalls auf Seebachs Forschungen zurück.

Neben der Entwicklung von Synthesemethoden stehen zugehörige mechanistische Arbeiten: z.B. die Re/Si-Nomenklatur und Topizitätsregel für die Vereinigung trigonaler Zentren, die Struktur und Reaktivität von Li-Verbindungen, oder die Mechanismen der organokatalytischen Reaktionen mit Prolin, dem Hayashi-Jorgensen- und dem MacMillan-Katalysator.

Mitgliedschaften, Ehrungen und Preise

Dieter Seebach ist Mitglied der Neuen Schweizer Chemischen Gesellschaft und ähnlichen Organisationen in Deutschland, Großbritannien, Japan und den USA. Er ist Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (seit 1984)[5], der Academia Europaea[6], der National Academy of Sciences[7], der Mexikanischen Akademie der Wissenschaften und der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz.[8] Er ist Ehrendoktor der Universität Montpellier. Seit 2007 gehört Seebach zu den Thomson Reuters Citation Laureates.

Preise (Auswahl)

  • ACS Award for Creative Work in Organic Synthesis (1992)
  • Roger Adams Award (ACS, 1999)
  • King Faisal Prize 1999 for Science
  • Vincent du Vigneaud Award (American Peptide Society, 2004)
  • Max-Bergmann-Medaille (2005)

Veröffentlichungen

Seebach veröffentlichte eine in der experimentellen Organischen Chemie herausragende Anzahl von 880 wissenschaftliche Arbeiten.

Ausgewählte Arbeiten

  • Dissertation: 2.5 [Zwei fünf]-Dihydro-Furan-Peroxyde, Karlsruhe, Technische Hochschule für Natur- u. Geiteswissenschaften, 1964
  • Habilitation: Metallierte ortho-Trithioameisensäureester : Nachweis v. freien Bis(arylthio)-carbenen in Lösung Selen-stabilisierter Carbanionen, Karlsruhe, Technische Hochschule für Natur- u. Geiteswissenschaften, 1969
  • Organic Synthesis. Where now ?, Angewandte Chemie, Intern. Edition, Band 29, 1990, S. 1320–1367
  • Mit Andreas Brunner, Beat Bachmann, Torsten Hoffmann, Florian Kühnle, Urs Lengweiler: Biopolymers and -oligomers of (R)-3-Hydroxyalkanoic acids : contributions of synthetic organic chemists, Berlin : Ernst Schering Research Foundation, Lecture Nr. 28, 1995, S. 7–98
  • TADDOLs – from Enantioselective Catalysis to Dendritic Cross Linkers to Cholesteric Liquid Crystals, Chimia, Band 54, 2000, S. 60–62
  • Mit Albert K. Beck, Alexander Heckel: TADDOLe, ihre Derivate und Analoga – vielseitige chirale Hilfsstoffe, Angewandte Chemie, Internat. Edition, Band 40, 2001, S. 92–138
  • Forschung – eine Fahrt ins Blaue, Chimia, Band 54, 2000, S. 751–758

Literatur

  • Dieter Enders: Laudatio for Professor Dr. Dieter Seebach, in: Synthesis, Band 14, 2002 (Special issue dedicated to Dieter Seebach), Digitalisat der ersten Seite
  • Albert K. Beck: A life for organic synthesis: Dieter Seebach at 65, Chimia, Band 56, 2002, S. 576–583
  • David F. Hook: Celebrating Dieter Seebach’s Contributions to Science: A Bitter Sweet Occasion?, Frontiers in Chemistry: The Spring Meeting 2004 of the Swiss Chemical Society, March 26 2004, ETH Hönggerberg, Zürich, in: Chimia, Band 58, Heft 5, 2004, S. 321–324.

Einzelnachweise

  1. Dieter Seebach, Daniel Wasmuth: Herstellung von erythro‐2‐Hydroxybernsteinsäure‐Derivaten aus Äpfelsäureester. Vorläufige Mitteilung. In: Helvetica Chimica Acta. Band 63, Nr. 17, 1980, S. 197–200, doi:10.1002/hlca.19800630118.
  2. Bradford P. Mundy, Michael G. Ellerd, Frank G. Favaloro: Name reactions and reagents in organic synthesis. 2. Auflage. John Wiley & Sons, New Jersey 2005, ISBN 0-471-22854-0, S. 252–253.
  3. Hook, David F.: Celebrating Dieter Seebach's Contributions to Science: A Bitter Sweet Occasion? In: Chimia. 58. Jahrgang, Nr. 2, 2004, S. 321–324, doi:10.2533/000942904777677876.
  4. Dieter Seebach and Jennifer L. Matthews: β-Peptides: a surprise at every turn. In: Chem. Commun. Nr. 21, 1997, S. 2015–2022, doi:10.1039/a704933a.
  5. Mitgliedseintrag von Dieter Seebach (mit Bild) bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 22. Juli 2016.
  6. Mitgliederverzeichnis: Dieter Seebach. Academia Europaea, abgerufen am 13. August 2017 (englisch).
  7. Member Directory: Dieter Seebach. National Academy of Sciences, abgerufen am 13. August 2017 (englisch).
  8. Mitgliedseintrag von Dieter Seebach bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, abgerufen am 6. November 2017