Stevia rebaudiana
| Süßkraut oder Süßblatt | ||||||||||||
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| Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
| Stevia rebaudiana | ||||||||||||
| (Bertoni) Hemsl. |
Süßkraut (Stevia rebaudiana), auch Süßblatt oder Honigkraut genannt, ist eine seit Jahrhunderten bekannte Pflanze, die man als einen natürlichen Süßstoff bezeichnen kann. Ursprünglich aus Südamerika stammend, werden ihre Inhaltsstoffe nun vor allem in Asien intensiv als Zuckerersatz verwendet, häufig wird hierfür auch die Bezeichnung Steviosid verwendet. In Teilen Europas und in den USA sind sie nicht als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen.
Es ist eine mehrjährige, windbestäubte krautige Pflanzen-Art aus der Vorlage:Familia der Korbblütengewächse (Asteraceae), sie wird meistens wie eine einjährige Pflanze kultiviert. Sie wächst bis einen Meter hoch und hat 2 bis 3 cm lange Blätter. Natürliche Vorkommen findet man im Hochland des Grenzgebietes zwischen Brasilien und Paraguay, z.B. im Departamento Amambay.
Geschichte
Traditionelle Verwendung als Süßstoff
Stevia wird zur Zeit in vielen Teilen von Brasilien, Paraguay, Uruguay, in Zentralamerika, Israel, Thailand und der Volksrepublik China angebaut. Seit Jahrhunderten wird Stevia schon von der indigenen Bevölkerung Brasiliens und Paraguays als Süßstoff verwendet. Die Guaraní-Indianer nennen es ka'a he'ê und nutzen es, um ihren Mate-Tee zu süßen. Ebenso wird es zum Süßen anderer Tees und Nahrungsmittel verwendet.
Die Europäer lernten Stevia im sechzehnten Jahrhundert kennen, als die spanischen Konquistadoren darüber berichteten, dass die südamerikanischen Eingeborenen die Blätter einer Pflanze benutzten, um Kräutertee zu süßen. Seitdem ist Stevia immer bekannter in Europa und Asien geworden. In den Vereinigten Staaten benutzten Kräuterexperten das Blatt gegen Diabetes, hohen Blutdruck, Infektionen und als Süßstoff. In Brasilien und seit 1970 auch in Japan, ist Stevia als Nahrungsmittelzusatz und Zuckerersatz zugelassen.
Inhaltsstoffe
Wissenschaftlich untersucht wurde die Pflanze erstmals um 1888 durch den aus dem Tessin nach Paraguay ausgewanderten Botaniker Moisés Santiago Bertoni, der auch die ersten Artikel über Stevia verfasste. Größeres Interesse an der Pflanze begann um die folgende Jahrhundertwende, als Forscher in Brasilien davon hörten, dass es eine Pflanze gibt, von der ein Blatt reicht, um einen Kürbis voll mit bitterem Mate-Tee zu süßen.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die Pflanze ausführlich untersucht. Man stellte in den Blättern der Stevia über 100 Phyto-Chemikalien fest. Diese gehören vor allem zu den Gruppen der Terpene und Flavonoide. Die Bestandteile, die für die Süße der Stevia verantwortlich sind, wurden 1931 dokumentiert. Dabei handelt es sich um acht bisher unbekannte Phyto-Chemikalien, die man als Glykoside bezeichnete. Eine davon, die den Namen Steviosid bekommen hat, schätzt man nach Tests als ungefähr 30mal so süß wie Zucker ein. Das Steviosid hat mit 6-18% den größten Anteil am Stevia-Blatt.
Steviosid wird als 300mal süßer als Saccharose bei einer Saccharose-Konzentration von 0,4% angesehen, 150mal süßer bei einer Konzentration von 4%, und 100mal süßer bei 10%-igen-Saccharosekonzentration. Andere süße Bestandteile haben den Namen Steviolbiosid, Rebaudiosid A, C, D, E und F sowie Dulcosid A.
Medizinische Wirkung
Von den Guaraní ist bekannt, dass sie Stevia auch als Medizin verwenden. Unter anderem soll Stevia herzstärkend wirken, sowie gegen Übergewicht, Bluthochdruck, Sodbrennen und zur Verringerung des Harnsäure-Spiegels verwendet werden.
In der brasilianischen Kräutermedizin und in der traditionellen paraguayischen Medizin wird Stevia außer als Süßstoff auch eingesetzt, weil man eine hypoglykämische, hypotonische, diuretische, herzstärkende, empfängnisverhütende und allgemein stärkende Wirkung vermutet. Deshalb werden die Blätter der Stevia dort eingesetzt bei Diabetes, Übergewicht, Karies, Bluthochdruck, Müdigkeit, Depressionen, Süßhunger und Infektionen.
Risiken
Das große Interesse an Stevia als kalorienfreiem, natürlichen Süßstoff hat zu vielen weiteren Untersuchungen auch toxikologischer Art geführt.
Ergebnisse über mögliche Gefahren
Bei den veröffentlichten Studien zeigte sich keine Gift-Wirkung bei Kaninchen, Meerschweinchen und Geflügel; die Stevioside wurden unverändert ausgeschieden. Bei Ratten wurde durch Gabe einer überhöhten Menge von Steviosid eine Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit festgestellt. Um diese Störung auch bei einem erwachsenen Menschen auszulösen, müsste dieser täglich mehr als die Hälfte seines eigenen Körpergewichtes zu sich nehmen. In diesen Mengen wäre auch der normale Zucker, die Saccharose, gefährlich.
Beim eigentlichen Süßstoff, dem Steviosid, konnte keine mutagene oder genotoxische Wirkung nachgewiesen werden. Die Blätter selbst sind auch nicht giftig. Das Abbauprodukt Steviol ist fruchtschädigend in Hamstern und mutagen in vitro. Dieses Abbauprodukt entsteht im Darm und wird schnell resorbiert, im Gegensatz zu Steviosid. Beruhend darauf ist es berechtigt zu befürchten, das Steviol auch im Menschen resorbiert wird und schädigend wirkt.
Bei den meisten Studien zeigten sich keine Auswirkungen auf die Zeugungsfähigkeit bei Männern oder Frauen. In einer Studie jedoch bewirkten wässrige Stevia-Extrakte bei männlichen Ratten einen niedrigeren Testosteron-Spiegel und eine geringere Samenanzahl.
mögliche Nebenwirkungen
Es wurden keine Nebenwirkungen beobachtet, allerdings ist es denkbar, dass es bei zu hohen Dosierungen eine Auswirkung auf die Wirkung von Blutdruck senkenden, Blutzucker senkenden und Harn treibenden Medikamenten haben kann. Aufgrund seiner Wirkung sollten gefährdete Personengruppen darauf achten, dass der Blutdruck, der Blutzuckerspiegel und der Puls 6 bei übermäßigem Stevia-Gebrauch nicht zu niedrig werden.
Studien über positive Eigenschaften
Als positive Eigenschaften konnten brasilianische Wissenschaftler 1991 die blutdrucksenkende Wirkung der Stevioside bei Ratten nachweisen. 2000 wurde in einer placebokontrollierten Doppelblind-Studie bei 106 chinesischen Männern und Frauen, die an Bluthochdruck litten, ebenfalls eine blutdrucksenkende Wirkung festgestellt. 60 Personen mussten dreimal täglich Kapseln mit Steviosiden nehmen, während die anderen Magnesium bekamen. Der Test lief über ein ganzes Jahr und es fanden monatliche Kontrollen statt. Die Gruppe, die Stevioside bekam, zeigte nach drei Monaten eine erhebliche Verbesserung des systolischen und diastolischen Blutdrucks, die das ganze Jahr über anhielt.
Ähnlich positive Ergebnisse lieferten Studien anderer Wissenschaftler bezüglich der Wirkung als blutzuckersenkendem Wirkstoff, wobei allerdings nicht der Hauptsüßstoff Steviosid diese Wirkung zeigte, sondern nur die Begleitstoffe. Bei Ratten zeigte der Blattextrakt insgesamt positive Auswirkung auf das Herz-Kreislauf-System und auch auf die Nierentätigkeit.
Weiterhin konnte eine antibiotische, antibakterielle und antimikrobielle Wirkung nachgewiesen werden. So hat ein wässriges Extrakt Karies verringert, indem das Bakterium „Streptococcus mutans“ unterdrückt wurde.
In den Vereinigten Staaten wurde 1993 ein Patent eingereicht, das behauptet, dass ein vergorener Stevia-Extrakt eine vasodilatierende, also gefäßerweiternde Wirkung hat und wirksam gegen verschiedene Hautkrankheiten (Akne, Hitzeausschlag, Pruritus) sei.
Verwendung
In Südamerika werden häufig die Blätter direkt verwendet. So nimmt man für eine Tasse Tee ein bis zwei frische oder getrocknete Blätter zum Süßen. Man kann natürlich auch die pulverisierten Blätter verwenden, wobei man dann 1/4 Teelöffel nimmt.
Weiterhin gibt es verschiedene Arten von Extrakten: Extrahiertes Pulver, Tabletten, Kapseln, wässrige oder alkoholische Lösungen.
Aktuelle Situation
Bedeutung von Stevia in Japan und Brasilien
Seit fast 20 Jahren verwenden Millionen von Verbrauchern in Japan und Brasilien, wo Stevia als Nahrungsmittelzusatz genehmigt ist, Stevia-Extrakte als sichere, natürliche, kalorienfreie Süßstoffe. Japan ist der größte Verbraucher von Stevia-Blättern und -Extrakten in der Welt. Dort wird es benutzt, um alles, von der Sojasoße über Essiggurken, zu den Konfektionsartikeln und den alkoholfreien Getränken zu süßen. Sogar multinationale Konzerne wie Coca-Cola nutzen Stevia zum Süßen von Lebensmitteln (als Ersatz für z. B. Saccharin) für den Verkauf in Japan, in Brasilien und in anderen Ländern.
Widerstand der Süßstoff-Hersteller und anderer Lobbyisten
Der Versuch eines europäischen Stevia-Bauern, in der EU eine Zulassung für Stevia als Lebensmittelzusatz zu erhalten, ist gescheitert, da dieser keinen Nachweis über die Unbedenklichkeit vorweisen konnte, was viele langwierige und deshalb teure Test nötig gemacht hätte.
In den USA hat die Firma Monsanto, Hersteller des Süßstoffes Aspartam, 1984 eine wissenschaftliche Untersuchung finanziert, die an der gesundheitlichen Unbedenklichkeit von Stevia Zweifel auftat. Danach sollte ein Abbauprodukt des Steviosids (Steviol) mutagen wirken. Obwohl der inhaltliche Wert dieser wissenschaftlichen Untersuchung sehr umstritten ist, wurden auf Grundlage dieser Studie 1991 von der FDA (Food and Drug Administration) Steviaprodukte und deren Einfuhr in die Vereinigten Staaten verboten. Dies brachte Monsanto den Vorwurf gezielter Einflussnahme ein, etwa durch das Angebot besser bezahlter Stellen an mehrere Mitglieder der FDA. Seit 1995 ist durch den Einsatz der Vereinigung der amerikanischen Naturproduktindustrie dieses Verbot immerhin soweit aufgehoben, dass Stevia-Produkte als diätische Lebensmittel-Ergänzungen verwendet werden dürfen, nicht aber allgemein als Lebensmittelzusätze.
Situation in der EU
In der EU ist die Situation eine andere. Hier wurde Stevia als erste Pflanze der Novel Food-Verordnung unterstellt. Der Wissenschaftliche Lebensmittelausschuss der EU-Kommission, der über die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Stevia befinden sollte, stützte sich in seiner Ablehnung einer Zulassung auf die gleiche wissenschaftliche Arbeit, die in den USA kurzfristig zu einem Verkaufsstopp führte. Im Juni 1999 kam der Ausschuss in einer Studie zu der Schlussfolgerung, dass „die Substanz auf Grundlage der augenblicklich verfügbaren Daten“ nicht als Süßstoff akzeptabel sei.
Hingegen werden Stevia-Kräutertöpfe in der Schweiz, die nicht zur EU gehört, in den Frühjahrs- und Sommermonaten auf vielen Wochenmärkten verkauft.
Trotzdem erhält man Stevia auch in der EU, z.B. deklariert als Badezusatz.
Empfehlung der FAO/WHO
Im Gegensatz zu den o.g. Expertisen kam die gemeinsame Expertenkommission für Lebensmittelzusatzstoffe der Weltgesundheits- und Welternährungsorganisation (JECFA) auf der Grundlage weiterer Studien im Juni 2004 zu dem Schluss, Steviosid (bis zu einer Höchsteinnahmemenge von 2 mg pro Tag und kg Körpergewicht) für den menschlichen Gebrauch als unbedenklich zu bezeichnen.
Weblinks
- Informationen über die Stevia-Forschung an der Uni Hohenheim
- Linksammlung zum Thema Stevia bei medinfo.de
- Stellungnahme des Scientific Committee on Food (SCF) der EU-Kommission zur Verwendung von Steviosiden als Süßstoffe
- Stellungnahme des SCF der EU-Kommission zur Verwendung von Stevia rebaudiana Bertoni-Pflanzen und Blättern
- Weltgesundheitsorganisation: Evaluation of certain food additives (pdf)
- Weltgesundheitsorganisation: Safety evaluation of certain food additives (pdf)