Atlantis (Schiff, 1938)
Die Atlantis war ein bewaffnetes und umgerüstetes Handelsschiff für den Handelskrieg gegen die Alliierten im Zweiten Weltkrieg. Es war von der Kriegsmarine als Schiff 16 für den Kriegseinsatz vereinnahmt worden und wurde unter der Bezeichnung Handelsstörkreuzer 2 als Hilfskreuzer eingesetzt. Bei der Royal Navy war die Atlantis als Raider-C bekannt.
Geschichte
Vor dem Krieg fuhr das 7.862 BRT große Schiff unter der Flagge der Reederei D.D.G. Hansa in Bremen unter dem Namen Goldenfels. In nur 99 Tagen gelang es der Deschimag-Werft, die Atlantis als Hilfskreuzer umzubauen und einsatzbereit zu machen. Das Kommando übernahm Kapitän zur See Bernhard Rogge.
Die Atlantis lief am 11. März 1940 von Wilhelmshaven getarnt als norwegisches Motorschiff Knute Nelson und gesichert von den Torpedobooten Leopard und Wolf zu ihrer Fahrt aus, in der Dänemarkstraße wurde es schließlich noch weiter von U 37 gesichert, nachdem die Torpedoboote zu ihren Häfen zurückkehrten. Nach Durchbruch in den Atlantik konnte das Schiff am 3. Mai 1940 mit der Versenkung des britischen Frachters Scientist die Kaperfahrt erfolgreich beginnen.
Wegen der Besetzung von Norwegen und Dänemark durch das Dritte Reich, wurden die Pläne aber dahingehend geändert, dass Schiff 16 - so die offizielle Bezeichnung bei der Seekriegsleitung - britische Kräfte im Südatlantik binden sollte. In der Zeit von Mai bis Dezember 1940 wurden nun im Südatlantik und im Indischen Ozean 10 Schiffe versenkt und drei durch Prisenkommandos besetzt und entweder nach Frankreich, Japan oder ins von Italienern besetzte Somalia entlassen. Außerdem wurden die 92 mitgeführten Minen schon frühzeitig (Mai 1940) vor Kap Agulhas gelegt.
Unter den versenkten Schiffen war auch der Frachter Automedon, zu dessen Ladung wichtige britische Dokumente gehörten. Die Erbeutung dieser Dokumente war der größte Erfolg der Atlantis, Kapitän Rogge wurde dafür vom japanischen Kaiser Hirohito als Auszeichnung ein Samuraischwert geschenkt.
Zwischenzeitlich erfolgte die erste komplette Überholung der Maschinen mit Bordmitteln. Die Schiffsführung arbeitete eng mit den mittlerweile in diesen Gebieten operierenden Handelsstörkreuzern (Pinguin und später auch Orion) zusammen, auch der Schwere Kreuzer Admiral Scheer operierte zu dieser Zeit in dem Seegebiet um Südafrika und es kam zu einigen Treffen mit der Atlantis. Die Atlantis versorgte bei einem Treffen die von der Admiral Scheer aufgebrachte British Advocate mit 500 t Öl um deren Reise nach Frankreich zu ermöglichen.
Am 17. April 1941 wurde der ägyptische Passagierdampfer Zam Zam versenkt und 317 Personen an Besatzung und Passagieren aufgenommen. Unglücklicherweise war auch ein US-amerikanischer Reporter (David E. Sherman) vom Magazin Time-Life darunter, der während der wenigen Stunden, die die Passagiere auf der Atlantis verbrachten, Fotos von dem Schiff machte. Nach Abgabe an einen deutschen Blockadebrecher gelang es ihm sogar, eine Seitenansicht von der Atlantis zu fotografieren. Dieses Bild erschien Monate später in jenem Magazin und zeigte der Welt das Aussehen des deutschen Raiders. Weitere Versenkungen folgten. Die Atlantis unternahm anschließend noch einen erfolglosen Abstecher in den Pazifik.
Ende der Kaperfahrt
Das Ende ereilte die Atlantis nachdem Kommandant Rogge im Oktober 1941 Befehl erhielt, den Handelskrieg abzubrechen und als U-Boot-Versorger zu fungieren. Da die Briten den Enigma-Schlüssel der U-Boote geknackt hatten, konnten sie die Funksprüche an die U-Boote mitlesen und so den Treffpunkt in Erfahrung bringen. Die Funkschlüssel der Hilfskreuzer hatten sie nie ermitteln können, da diese zu selten funkten. Am 22. November 1941 schließlich wurde das Schiff bei der Versorgung von U 126 und U 68 nordwestlich Ascension vom britischen Schweren Kreuzer Devonshire (County-Klasse) gestellt und so schwer beschädigt, dass Rogge am nächsten Tag die Selbstversenkung anordnete. Eine Verteidigung war unmöglich, da der britische Kreuzer außerhalb der eigenen Waffenwirkung (14-15 km) blieb. Acht Besatzungsmitglieder starben und 305 überlebten den Beschuss.
622 Tage dauerte die Kaperfahrt der Atlantis insgesamt an, eine Strecke von 102.000 Seemeilen wurde dabei zurückgelegt - die längste ununterbrochene Fahrt eines Hilfskreuzers. 22 gegnerische Schiffe (16 versenkt, 6 als Prise eingebracht) fielen ihr letztlich zum Opfer mit insgesamt 145.698 BRT.
Die Besatzung wurde teils von U 126 aufgenommen, teils in Rettungsbooten in Schlepp genommen. Die Männer wurden nach zwei Tagen an den Versorger Python abgegeben. Diesem widerfuhr später genau das gleiche Schicksal wie der Atlantis. Er wurde vom britischen Kreuzer Dorsetshire am 1. Dezember 1941 entdeckt und versenkte sich ebenfalls selbst. Beide Besatzungen konnten jedoch nach einer groß angelegten Rettungsaktion durch die deutschen U-Boote U A, U 68, U 124, U 129 und die italienischen E. Tazzoli, G. Finzi, P. Calvi, L. Torelli nach Frankreich gebracht werden. Bis auf 11 Mann erreichten alle die Heimat Ende Dezember des Jahres.
Technische Daten
- Stapellauf: 31. Mai 1937
- Werft: Bremer Vulkan Schiffbau- & Maschinenbau-Gesellschaft / Umbau durch Blohm & Voss
- Probefahrt: 27. Januar 1938
- Im Dienst als HSK 2 seit: 19. Dezember 1939
- Größe: 7.862 BRT
- Verdrängung: 17.600 ts
- Länge:
- KWL: 149 m
- über Alles: 155 m
- Breite: 18,6 m
- Tiefgang: 8,7 m
- Maschinenart: 2 Bremer Vulkan Sechszylinder Diesel mit Getriebe auf 1 Welle
- Leistung: 7.600 PS
- Geschwindigkeit: 17,5 kn (32 km/h)
- Fahrbereich: 60.000 sm bei 10 kn mit 3.500 m³ Treiböl
- Besatzung: 22 Offiziere, 328 Mannschaften einschl. 4 Prisenkommandos
- Bewaffnung
- 6 x Seekanonen im Kaliber 15 cm L/45 C 13
- ehemalige Geschütze vom Linienschiff Schlesien mit 1800 Schuss
- 1 x 7,5 cm L/35 Schneider/Creuzot, diente als Anhaltekanone
- 2 x FlaK 3,7 cm in Doppellaffette mit 4000 Schuss
- 4 x FlaK-MK 2 cm in Einzellaffetten mit 8000 Schuss
- 4 x Torpedorohre 53,3 cm als Zwillinge seitlich über dem Wasser
- Bordflugzeug 1 He 114 B (1 Reserve), ab März 1941 Arado 196
- 92 EMC Minen
- 6 x Seekanonen im Kaliber 15 cm L/45 C 13
- Reisedauer: 622 Tage (11. März 1940 - 22. November 1941)
- Besatzung: zirka 347, variierte
Literatur
- Ulrich Moor & Arthur Sellwood: Atlantis - Kaperfahrt und 10 Flaggen, Wilhelm Heyne Verlag München
- Wolfgang Frank und Bernhard Rogge: Schiff 16, Die Kaperfahrten des schweren Hilfskreuzers Atlantis auf den sieben Weltmeeren, Wilhelm Heyne Verlag München
- Schiffe-Menschen-Schicksale: Hilfskreuzer „Atlantis“, Heft Nr. 125
Weblinks
- Technische Daten (engl.)