Zweites Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump

zweites Amtsenthebungsverfahren gegen Donald J. Trump
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Das Zweite Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump wurde am 13. Januar 2021 vom Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten mit 232 zu 197 Stimmen beschlossen. Anlass war die gewaltsame Erstürmung des Kapitols in Washington, D.C. durch rechtsextreme Anhänger Trumps am 6. Januar 2021, die dem US-Präsidenten zur Last gelegt wurde. Die Anklage lautet auf Anstiftung zum Aufruhr. Das Verfahren wurde von den Abgeordneten der Demokraten vorangetrieben, da Vizepräsident Mike Pence sich geweigert hatte, Trump unter Bezug auf den 25. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten vorzeitig aus seinem Amt zu entfernen. Als Verlierer der Präsidentschaftswahl von 2020, scheidet Trump am 20. Januar 2021 ohnehin aus dem Amt. Der Prozess vor dem Senat wird daher voraussichtlich erst nach diesem Termin stattfinden. Aber auch eine nachträgliche Amtsenthebung, für die es Präzedenzfälle gibt, hätte für Trump erhebliche Konsequenzen. Da ein Jahr zuvor bereits ein erstes Amtsenthebungsverfahren gegen ihn stattgefunden hatte, damals wegen Machtmissbrauchs, ist er das erste Staatsoberhaupt in der Geschichte der Vereinigten Staaten, der sich zwei Mal einem Impeachment stellen musste.

Zweites Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump
Beschuldigter Donald Trump
(Präsident der Vereinigten Staaten)
Verfahrensleiter
(Repräsentantenhaus)
Jamie Raskin
(Repräsentant für Bundesstaat Maryland)
Ermittlungen eingeleitet am 6. Januar 2021
Anklage erhoben am 13. Januar 2021
Grund Sturm auf das Kapitol
Anklagepunkte Anstiftung zum Aufstand

Anlass

 
Teilnehmer der Erstürmung vor dem Kapitol in Washington

Am 6. Januar 2021 traten gemäß der US-Verfassung das Repräsentantenhaus und der Senat zu einer gemeinsamen Sitzung im Kapitol in Washington D.C. zusammen. Die Aufgabe des Kongresses an diesem Tag war es, das Votum des Electoral College und somit den Sieg des Demokraten Joe Biden in der Präsidentschaftswahl vom November 2020 formell zu bestätigen.

Trump, der ohne Beweise vorzulegen, seit November behauptet hatte, das Opfer eines groß angelegten Wahlbetrugs der Demokraten zu sein, hatte seine Anhänger für diesen Tag zu einem so genannten Save America March zusammengerufen. Zwei Wochen vor dem drohenden Ende seiner Amtszeit trat er im Washingtoner Ellipse-Park mit seinen Söhnen, seinem Anwalt Rudy Giuliani und weiteren Unterstützern vor Tausenden seiner Anhänger auf. In seiner Ansprache forderte er sie auf, zum Kapitol zu ziehen und dort das von der Verfassung vorgeschriebene Procedere im Kongress zu verhindern.[1]

Während Trump sich ins Weiße Haus zurückzog, marschierten seine Anhänger zum Kapitol. Der Protest eskalierte, als die Demonstranten gegen 14 Uhr Sicherheitsabsperrungen beseitigt hatten und in das Gebäude eindrangen. Folglich wurden die Sitzungen unterbrochen und die Säle evakuiert; die Demonstranten brachen in den Plenarsaal ein, drangen aber außerdem in Büros vor, wie das von Nancy Pelosi, und sammelten sich in den Fluren. Außerhalb des Kapitols zerstörten Demonstranten die Ausrüstung von Fernsehteams und griffen vereinzelt Journalisten an. Nach der U. S. Capitol Police rückte zudem die Nationalgarde vor, nicht auf Befehl Trumps, sondern auf den von Vizeprtäsident Pence, der sich als Vorsitzender des Senats in dem belagerten Gebäude befand. Insgesamt kamen bei den Ausschreitungen fünf Menschen ums Leben: der Polizist Brian Sicknick und vier Randalierer.

Vorschläge für eine Absetzung Trumps

Bereits am Tag des Geschehens wurden aus beiden großen Parteien Stimmen laut, die nach einer möglichst raschen Entfernung Trumps aus dem Amt verlangten. Die US-Verfassung sieht dafür verschiedene Möglichkeiten vor.

14. Verfassungszusatz

Sektion 3 des 14. Verfassungszusatzes besagt, dass jeder, der geschworen hat, die Verfassung der Vereinigten Staaten zu schützen und sich dennoch an einem Aufstand gegen die USA beteiligt, aus seinem Amt entfernt werden darf. Trotz Unterstützung einiger Demokraten, wurde die Anwendung auf Präsident Trump als sehr unwahrscheinlich angesehen. Es hätte Vizepräsident Mike Pence bis zur Inauguration Joe Bidens zum rechtmäßigen Nachfolger Trumps gemacht. Zudem wäre es die erste Aktivierung des Artikels seit 1919 gewesen, als Victor L. Berger aufgrund seines Verstoßes gegen den Espionage Act daran gehindert wurde, einen Platz im Repräsentantenhaus einzunehmen.[2][3]

25. Verfassungszusatz

Einem zweiten Amtsenthebungsverfahrens hätten viele Demokraten und einige Republikaner ein Vorgehen nach dem 25. Verfassungszusatz vorgezogen. Dieser ermöglicht es, einen Präsidenten durch Mehrheitsbeschluss des Kabinetts und des Vizepräsidenten wegen dauernder Unfähigkeit, seine Pflichten zu erfüllen, seines Amtes zu entheben. Üblicherweise kommen dafür gesundheitliche Gründe in betracht, aber die Unfähigkeit kann auch anders begründet werden. Auch diese Methode, der sich von allen am schnellsten realisieren ließe, hätte Pence vorübergehend zum Präsidenten gemacht. Tatsächlich rief die Sprecherin des Repräsentatntenhauses, Nancy Pelosi, den Vizepräsidenten zu diesem Schritt auf. Dieser verweigerte jedoch schon das Gespräch darüber.[4][5] Schließlich stellten die Demokraten Pence am 11. Januar ein Ultimatum von 24 Stunden. Am 12. Januar lehnte er die Anwendung des Verfassungszusatzes schriftlich ab, mit der Begründung, dass dies nicht im Interesse der Nation liege und einen „schrecklichen Präzedenzfall“ schaffen würde.[6]

Erneutes Enthebungsverfahren

Noch während der Ausschreitungen erhoben Politiker schwere Vorwürfe gegen den Präsidenten. Die demokratische Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez postete das Wort „impeach“, also „anklagen“, auf Twitter postete.[7] Ihre Kollegin Ilhan Omar begann schon während der Unruhen die Arbeit an den Aklagepunkten gegen Trump, den Articles of Impeachment. Später teilte sie auf Twitter einen Teil ihres Schreibens, an dem auch Cortez, Hank Johnson, Ayanna Pressley, Rashida Tlaib, Mondaire Jones, Veronica Escobar, Cori Bush, David Cicilline und Ted Lieu beteiligt waren.[8] Cicilline und Lieu fertigten gemeinsam mit dem Abgeordneten des Bundesstaates Maryland, Jamie Raskin, einen weiteren Impeachment-Artikel vor. Diesem schlossen sich laut Cicilline mehr als 110 Mitglieder an.[9] Des Weiteren sprachen sich Mark Takano und Tim Ryan für ein Amtsenthebungsverfahren aus. Nancy Pelosi stimmte ihren Kollegen zu und sagte in einem Interview am 7. Januar, dass „der Präsident der Vereinigten Staaten einen bewaffneten Aufstand gegen Amerika angestiftet“ habe.[10]

Von Seiten der Republikaner befürwortete zunächst nur der Abgeordnete Adam Kinziger eine Amtsenthebung Trumps.[11] Am 12. Januar erklärten weitere Anhänger der Partei ihre Unterstützung für das Vorhaben. Zuerst trat John Katko in die Öffentlichkeit, der schweren Schaden für die Zukunft der Demokratie befürchtete, falls Trump mit der Verursachung des Aufruhrs davonkäme. Danach erklärte die dritthöchste Republikanerin im Repräsentantenhaus, Liz Cheney, dass sie aus Gewissensgründen für die Amtsenthebung stimme. Weitere Unterstützer waren die Repräsentanten Fred Upton und Jaime Herrera Beutler. Intern äußerte der republikanische Mehrheitsführer des Senats, Mitch McConnell, dass eine Amtsenthebung der Republikanischen Partei die Möglichkeit biete, sich von Trump und dem Trumpismus zu distanzieren.[12]

Andere Republikaner, etwa Lindsey Graham äußerten Bedenken gegen ein zweites Amtsenthebungsverfahren. Am 8. Januar tweetete er, dieses würde „mehr schaden als nutzen“. Mitch McConnell stellte fest, der Senat sei vor dem 19. Januar, Trumps letztem Tag als Präsident, aus zeitlichen Gründen ohnehin nicht in der Lage, sich mit dem Anliegen zu befassen. Somit könne das Verfahren gegen Trump erst nach der Amtseinführung Bidens beginnen.[13] Für eine Verurteilung ist eine Zweidrittelmehrheit im Senat erforderlich, über die die Demokraten nicht verfügen.

 
Sprecherin Nancy Pelosi, unterschreibt Resolution zur Amtsenthebung infolge der Zustimmung des Repräsentantenhauses

Entwicklung

Nancy Pelosi benannte als Verfahrensleiter Jamie Raskin sowie David Cicilline, Joaquin Castro, Diana DeGette, Eric Swalwell, Ted Lieu, Stacey Plaskett, Joe Neguse und Madeleine Dean. Am 11. Januar legten Raskin, Cicline und Lieu im Repräsentantenhaus eine Resolution zur Amtsenthebung vor.[14] Ihr zufolge hatte Trump die Demonstranten zum Aufstand ermutigt. Damit habe er die Demokratie der Vereinigten Staaten aufs Spiel gesetzt und sei gegen eine friedliche Machtübergabe vorgegangen.[15] Am 13. Januar stimmten die Abgeordneten mit 232 zu 197 Stimmen bei 4 Enthaltungen für das Amtsenthebungsverfahren. Neben allen Demokraten stimmten auch zehn Republikaner zu, darunter Liz Cheney, Anthony Gonzalez, Jaime Herrera Beutler, John Katko, Adam Kinzinger, Dan Newhouse, Tom Rice, Fred Upton und David Valadao.[16]

Commons: Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Photos: Trump Supporters Gather, President Incites Chaos in DC. In: NBC4 Washington. Abgerufen am 10. Januar 2021 (amerikanisches Englisch).
  2. Analysis by Zachary B. Wolf CNN: What's the 14th Amendment and how does it work? Abgerufen am 14. Januar 2021.
  3. Cannon's Precedents, Volume 6 - Chapter 157 - The Oath As Related To Qualifications. Abgerufen am 14. Januar 2021.
  4. Trump-Impeachment: Resolution eingereicht – wegen „Anstiftung zum Aufruhr“ – Demokraten setzen Pence Ultimatum. 11. Januar 2021, abgerufen am 11. Januar 2021.
  5. manager magazin: Resolution im Repräsentantenhaus: Demokraten stellen Vizepräsident Pence Ultimatum zu Trumps Absetzung – manager magazin – Politik. Abgerufen am 11. Januar 2021.
  6. USA: Vizepräsident Mike Pence will Donald Trump nicht für amtsunfähig erklären. In: DER SPIEGEL. Abgerufen am 13. Januar 2021.
  7. Tweet Alexandria Ocasio-Cortez. 7. Januar 2021, abgerufen am 10. Januar 2021.
  8. Rep. Omar Unveils Privileged Impeachment Resolution Against President Donald J. Trump. 7. Januar 2021, abgerufen am 10. Januar 2021 (englisch).
  9. Read: House Democrats' draft of a new article of impeachment against Trump. Abgerufen am 10. Januar 2021.
  10. Brandon Conradis: Pelosi vows to impeach Trump again — if Pence doesn't remove him first. 7. Januar 2021, abgerufen am 10. Januar 2021 (englisch).
  11. Compiled by CNN's Capitol Hill team: These are the members calling for impeachment or the 25th Amendment to be invoked. Abgerufen am 10. Januar 2021.
  12. Jeremy Herb, Manu Raju, Lauren Fox und Phil Mattingly, Republicans begin backing impeachment in 'vote of conscience', CNN vom 12. Januar 2021. (englisch)
  13. Lisa Conley-Kendzior: McConnell circulates procedures for second Senate impeachment trial of Trump. 8. Januar 2021, abgerufen am 11. Januar 2021 (englisch).
  14. Pelosi Names Impeachment Managers. 12. Januar 2021, abgerufen am 13. Januar 2021 (englisch).
  15. Facebook, Twitter, Show more sharing options, Facebook, Twitter: Read the House article of impeachment against President Trump. 11. Januar 2021, abgerufen am 14. Januar 2021 (amerikanisches Englisch).
  16. BENJAMIN SWASEY/AUDREY CARLSEN, The House Has Impeached Trump Again. Here's How House Members Voted, National Public Radio vom 13. Januar 2021.(englisch)