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DER SPIEGEL (auch Der Spiegel) ist eine der bekanntesten Wochenzeitschriften Deutschlands. Er bezeichnet sich selbst als „Deutschlands bedeutendstes und Europas auflagenstärkstes Nachrichten-Magazin“. Im Durchschnitt werden pro Woche annähernd 1,1 Millionen Exemplare verkauft.


Geschichte des Magazins

Die erste Ausgabe der Zeitschrift Der Spiegel erschien am 4. Januar 1947, einem Samstag, in Hannover als Nachfolger der Zeitschrift Diese Woche. Die Zeitschrift folgte dem Muster US-amerikanischer und britischer News Magazines. Einige junge deutsche Redakteure, angeführt von Rudolf Augstein, versuchten die Forderungen nach kritischem und seriösen Journalismus zu erfüllen und ersparten auch den Alliierten keine Kritik. Die Administration in London und die drei anderen Besatzungsmächte protestierten gegen diese Form der Aufklärung, und entledigten sich des Magazins, indem sie Diese Woche an die Deutschen abgaben.

Rudolf Augstein erhielt die Verlegerlizenz und benannte das Magazin in „DER SPIEGEL“ um. Von der ersten Ausgabe im Januar 1947 an war er Herausgeber und Chefredakteur. Die Zeitschrift erschien im hannoverschen Anzeigerhochhaus. Tätig als Herausgeber blieb er bis zu seinem Tode am 7. November 2002, doch firmiert er noch immer als offizieller Herausgeber des Spiegel. Derzeitiger Chefredakteur ist Stefan Aust.

Der Spiegel-Verlag

Der Spiegel-Verlag hat seit 1952 seinen Sitz in Hamburg in der Brandstwiete und produziert neben dem Hauptblatt dort auch das „Manager-Magazin“. Das Blatt befindet sich zu 25,5% im Besitz des ebenfalls in Hamburg beheimateten Medienkonzerns "Gruner und Jahr", einer Tochter der Bertelsmann AG. Weitere 24% sind im Besitz der Erben Rudolf Augsteins. 50,5% der Anteile sind im Besitz der Mitarbeiter des Mutterblattes (also beispielsweise nicht die Mitarbeiter der SPIEGELnet AG).

Entwicklung

 
Gebäude der Spiegelgruppe in Hamburg

Das Magazin war von Anfang an umstritten; bereits in der Gründungsphase kam es zu Konflikten mit der britischen Lizenzierungsstelle.

Der Spiegel besaß in der Früh- und Konstituierungsphase einen relativ großen Einfluss, jedoch noch kein Meinungsmonopol. Nach der Spiegel-Affäre weitete sich der Einfluss aus; durch die massiv gestiegene Auflage nahm die wirtschaftliche Macht zu (Anzeigenmonopol), damit stieg auch die publizistische Macht und der politische Einfluss. Die Spiegel-Affäre 1962 führte dazu, dass weite Kreise, im besonderen Angehörige der jungen Generation und der kritischen Intelligenz, sich für das Wochenmagazin und damit für die Presse- und Meinungsfreiheit engagierten (Peter Glaser).

In der Ära Christian Schultz-Gersteins hatte der Kulturteil des Spiegels seinen Höhepunkt.

Nach dem Erscheinen des Konkurrenzmagazins Focus kam es zu deutlich wahrnehmbaren Veränderungen; Macht und Einfluss wurden jedoch bisher nicht entscheidend verringert. Focus wurde bewusst als Gegenpol und Alternative zum Spiegel konzipiert; nachweisbar ist dies insbesondere an der politischen Linie und dem vergleichsweise schonenden Umgang mit den Anzeigenkunden. Uli Baur, neben Helmut Markwort Chefredakteur von Focus, fasste die redaktionelle Linie des Focus unter Bezugnahme auf das bekannte Augstein-Wort (...im Zweifelsfalle links) deutlich zusammen: Wenn der Spiegel im Zweifel links ist, sind wir im Zweifel rechts.

Seit Mitte der 90er Jahre, unter dem Chefredakteur Stefan Aust und vielleicht unter dem Eindruck der Konkurrenz durch den Focus, wird von Beobachtern eine Hinwendung des Spiegels zu neoliberalen Standpunkten verzeichnet. Gleichzeitig wird dem Blatt teilweise vorgeworfen, boulevardesker geworden zu sein, wobei aber die Artikel länger und ausführlicher sind als etwa die des Konkurrenzmagazins Focus.

Chronologie

  • November 1946: Der Spiegel-Vorläufer, Diese Woche, erscheint unter britischer Lizenz und verkauft sich sehr gut; Auflage: 1.500.
  • 4. Januar 1947: DER SPIEGEL, Ausgabe 1, erscheint in Hannover. Wieder reißender Absatz, Verkauf wird durch britische Papierzuteilungen begrenzt; Auflage: 15.000.
  • 1949: Spiegel-Statut.
  • 1950: Spiegel-Ausschuß: Der Spiegel deckt Bestechung von Abgeordneten auf; Abstimmung für Bonn statt Frankfurt am Main als Bundeshauptstadt; Vernehmung von Augstein als Zeuge, Berufung auf journalistische Schweigepflicht über die vertraulichen Quellen der Information.
  • Schmeißer-Affäre 1952: Hans Konrad Schmeißer, ehemaliger Agent im französischen Geheimdienst, hatte behauptet, Bundeskanzler Adenauer, Ministerialdirektor Blankenhorn und Generalkonsul Reifferscheid seien für den französischen Geheimdienst tätig gewesen und hätten einen französischen Agenten mit geheimen Nachrichten versorgt (Spiegel, Nr. 28/1952).
  • 1956/57: Hans Magnus Enzensberger Analyse über Die Sprache des Spiegel
  • 1958: Beginn der Debatte um die Notstandsgesetze, aus der später (1960, 1963, 1965) verschiedene Gesetzentwürfe des Innenministers Gerhard Schröder (CDU) hervorgingen.
  • 1961: Tatsächlich verbreitete Auflage: 437.000 Exemplare.
  • 10. Oktober 1962: Bedingt abwehrbereit (Fallex) erscheint in Der Spiegel, Nr. 41.
  • 26. Oktober 1962: Durchsuchung des Spiegel-Verlags in Hamburg und der Redaktion in Bonn; Haftbefehle; Vorwurf: Verdacht des Landesverrats, der landesverräterischen Fälschung und der Aktivbestechung.
  • 7. November 1962: Abgrund von Landesverrat im Lande (Adenauer im Bundestag)
  • 9. November 1962: BVerfG, Urteil: Keine einstweilige Anordnung
  • 1963 Franz-Josef Strauß: Sie sind die Gestapo im Deutschland unserer Tage [...] Ich war gezwungen, gegen sie zu handeln.
  • 1966: Karl Jaspers, Wohin treibt die Bundesrepublik; Jaspers übt scharfe Kritik an den Notstandsgesetzen, die der Bevölkerung im Falle eines äußeren Notstandes keine Wahl ließen, sich Gewalt und Macht zu verweigern. Ein innerer Notstand könne überhaupt nicht eintreten, weil dies dem Gedanken eines demokratischen Staats zuwiderlaufe: Das Notstandsgesetz raubt dem Volk die ihm verbliebenen legitimen, dann aber nicht mehr legalen Mttel des Widerstands.
  • 5. August 1966: Spiegel-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts; Verfassungsbeschwerde des Spiegel scheitert.
  • 1968: Die Notstandsgesetze werden Teil des Grundgesetzes.
  • 1969: Tatsächlich verkaufte Auflage: 953.000 Exemplare.
  • Der Spiegel beschäftigte Anfang der 70er Jahre knapp 900 Beschäftigte, davon rund 400 in der Redaktion, 100 in der Dokumentation sowie knapp 400 in den kaufmännischen und technischen Abteilungen.
  • 1970: Gründung des manager magazins, das von einer Tochtergesellschaft der Spiegel-Gruppe herausgegeben wird.
  • 1971/72: Mitbestimmungsmodell und mehr Demokratie innerhalb der Redaktion; Gewinnbeteiligung; Rückgang der Einnahmen aus Anzeigen.
  • 1971: Anzahl der Spiegel-Leser: ca. 6 Millionen - dies entspricht rund 12 Prozent aller in der BRD und Berlin-West lebenden Menschen über 14 Jahre.
  • Anteil der Auslandsauflage an der Gesamtauflage: 10-15 Prozent - Der Spiegel ist eine Publikation mit intensiver Rezeption im Ausland.
  • Tatsächlich verkaufte Auflage: 923.000 Exemplare.
  • 1974 Willy Brandt: Ein Scheißblatt.
  • 1975: Ausweisung eines Korrespondenten des Spiegel wegen böswilliger Verletzungen der Rechtsvorschriften der DDR.
  • 1978: Schließung des Spiegel-Büros in der DDR nach einer kritischen Berichterstattung über Zwangsadoptionen, die als Einmischung in die inneren Angelegenheiten der DDR ausgelegt wurde.
  • 1980er Jahre: Höhepunkte des Enthüllungsmagazins Der Spiegel.
  • 1982: Flick-Affäre.
  • 1982: Neue Heimat-Affäre.
  • 1987 Barschel-Affäre (Waterkantgate): Die Republik schuldet dem Spiegel Dank für diese Aufdeckung (Theo Sommer in der ZEIT).
  • 1988: Coop-Affäre.
  • 1989 Erich Honecker: Ja, der Spiegel ist ein gutes Blatt, les' ich jeden Montag.
  • 1990: Tatsächlich verkaufte Auflage überschreitet mit 1.050.000 Exemplaren erstmals die Millionengrenze.
  • 1992 Antje Vollmer: Am Ende der Ära Augstein hat der Spiegel an Bedeutung verloren und an Macht gewonnen.
  • 18. Januar 1993: Erstausgabe von Focus erscheint im Focus-Verlag, einer hundertprozentigen Tochter von Burda; "Konkurrenz-, nicht Gegenmedium zum Spiegel" (Helmut Markwort). Der Spiegel leidet unter einem Auflagenminus von über 10 Prozent und einem Rückgang der verkauften Anzeigenseiten um über 12 Prozent.
  • 1995: Anzahl der Spiegel-Leser: über 7 Mio.
  • Diversifikation: Spiegel-TV, Spiegel Special (1/5 des Umsatzes von 1996, 542 Mio. DM).
  • Der Spiegel war im ersten Halbjahr 1996 die deutsche Zeitschrift mit den höchsten Einnahmen aus Vertrieb und Anzeigen; erzielt wurden Bruttoeinnahmen von 330,74 Mio. DM, das ist knapp eine Mio. mehr, als der Stern (Platz 2) erzielen konnte und liegt ebenfalls noch vor Bild am Sonntag (Platz 3) und Focus (Quelle: Kress Report).
  • Januar 1997: 50. Geburtstag des Spiegel (= 2.649 Ausgaben).
  • Aktualisierung des Layouts; der Spiegel erscheint durchgehend farbig.
  • 7. November 2002: Tod des Herausgebers Rudolf Augstein
  • 6. August 2004: Gemeinsam mit der Axel Springer AG verkündet der Spiegel-Verlag, zur alten deutschen Rechtschreibung zurückkehren zu wollen, wie sie zuletzt im Duden des Jahres 2000 niedergelegt wurde. Eine Umsetzung dieser Ankündigung scheint jedoch nicht geplant.
  • 9. August: Zum ersten Mal erscheint eine Ausgabe mit verschiedenen Titelblättern. Auf dem Cover des Magazins ist ein Würfel zu sehen, der in acht verschiedenen Versionen ausgeliefert wird. Die drei sichtbaren Flächen des Würfels zeigen jedes Mal jeweils eine andere Augenzahl. Gemäß dem Titelthema „Prinzip Zufall“ wird diese Ausgabe (33/2004) nach dem Zufallsprinzip verteilt, sodass niemand vorher weiß, welche Ausgabe er bekommt.
  • 24. Oktober: Der SPIEGEL existiert ab jetzt auch als E-Paper, als digitale Ausgabe, die völlig gleich zur Print-Ausgabe ist.
  • 4. Juli 2005: Preiserhöhung um 40 Cent auf nunmehr 3,40 EUR (Abonnement 3,20 EUR). Begründet wird dies mit allgemeiner Kostensteigerung und sinkenden Werbeeinahmen. Um die Qualität des Magazins zu halten, sei diese Anpassung notwendig.

Spiegel Online

Spiegel Online wurde 1994 gegründet. Sie gehört zusammen mit Manager Magazin Online zur SPIEGELnet AG, einer hunderprozentigen Tochter des spiegel. Die Beiträge erstellt ein eigenes Redaktionsteam, manche werden von den Nachrichtenagenturen übernommen. Einige Artikel des Print-Spiegel sind auch online verfügbar. Seit 2000 fährt Spiegel Online einen strikten Sparkurs. Autoren werden nicht nach Spiegel-Tarif, sondern nach dem eigenen Spiegel-Online–Tarif bezahlt. Seit 2002 sind Abrufe von Archiv-Beiträgen kostenpflichtig.

Auf Spiegel Online sind (mit Ausnahme der Titelgeschichte) Teile des späteren gedruckten Spiegel kostenlos verfügbar, die oft nicht einmal speziell als Spiegel-Artikel gekennzeichnet werden (nicht zu verwechseln mit der kostenpflichtigen E-Ausgabe). Diese Artikel erscheinen in der folgenden Woche auch im gedruckten Magazin.

Affären und Skandale

Für die Aufdeckung bundesdeutscher Skandale in den 1950er und 1960er Jahren erhielt es den Namen „Sturmgeschütz der Demokratie“. Zu den Skandalen, die der "Spiegel" an die Öffentlichkeit brachte, gehören:

Der Spiegel in der Kritik

1956/57, rund zehn Jahre nach der Gründung des Spiegel, verfasste Hans Magnus Enzensberger eine kritische Analyse über Die Sprache des Spiegel, in der er eine Reihe von Thesen aufstellte: Die Sprache des Spiegel verdunkele, wovon sie spreche, Das deutsche Nachrichtenmagazin sei kein Nachrichtenmagazin, der Spiegel übe nicht Kritik, sondern deren Surrogat, der Leser des Spiegel werde nicht orientiert, sondern desorientiert. Diese kritische Einstellung revidierte Enzensberger auch nach der Spiegel-Affäre nicht; er sah das Magazin weiterhin als latentes Gefahrenpotential für die deutsche Demokratie. Dennoch hatte er in den 50er Jahren betont, der Spiegel sei unentbehrlich, solange es in der Bundesrepublik kein kritisches Organ gebe, das ihn ersetzen könne.

Ein sehr distanziertes Verhältnis zum "Spiegel" und seinem als "Häme" bezeichneten Schreibstil, hatte auch der Nobelpreisträger Heinrich Böll. Das hinderte ihn jedoch nicht daran, in dem Blatt zu publizieren. In den 60-er Jahren wurde das Magazin als Bild-Zeitung für Intellektuelle bezeichnet - ein Schmähbegriff, der heute auf vielerlei Printerzeugnisse angewandt wird und der so zum geflügelten Wort wurde.

Der Journalist und Schriftsteller Erich Kuby veröffentlichte 1987 anlässlich des 40-jährigen Bestehens eine kritische Analyse des Nachrichtenmagazins unter dem Titel Der Spiegel im Spiegel. Der als "Sprachpapst" bekannte Journalist Wolf Schneider, ehemaliger Redakteur des Konkurrenzmagazines Stern, nannte den Spiegel "den obersten Verhunzer der deutschen Sprache"; als Negativbeispiele für schlechtes Deutsch spielen in seinen Stilfibeln Zitate aus dem Spiegel eine große Rolle. Die Spiegel-Online-Kolumne "Zwiebelfisch" des Autors Bastian Sick ist derzeit wohl das bekannteste Forum, in dem Zweifelsfälle der deutschen Sprache dargestellt werden.

Literatur

  • Jochen Bölsche: Rudolf Augstein - Schreiben, was ist. Stuttgart/München: DVA. 2003. ISBN 3423341432
  • Leo Brawand: Die Spiegel-Story: wie alles anfing. Düsseldorf: ECON-Taschenbuch-Verl. 1995. ISBN 3-612-26212-2
  • Oliver Gehrs: Der Spiegel-Komplex. München: Droemer-Knaur. 2005. ISBN 3-426-27343-8
  • Digne Meller Marcovicz: 2000 Spiegel-Photos der Jahre 1965 bis 1985 (Delphi 1027). Nördlingen: Franz Greno 1986. ISBN 3-89190-008-2

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