Quadrofonie (auch: Vierkanalstereofonie) ist eine in den 1960er Jahren entwickelte Form der Mehrkanalaufzeichnung und -wiedergabe, die vor allem zwischen etwa 1969 und 1980 verbreitet war. Sie erreichte keine sehr große Verbreitung, ist jedoch bedeutend als Vorläufertechnik der heutigen Dolby Surround-Technik und ihrer Nachfolger.

Anwendungen
Quadrofone Aufnahmen für die Matrix-Technik, also nicht für diskrete vier Kanäle, basieren auf der Richtungsdominanzschaltung und wurden auf so genannten Quadroschallplatten (SQ, QS, RM, CD4/QuadraDisc), Tonband oder 8-Spur-Kassetten (Q8) aufgezeichnet. Für die Audio-CD wurde im Red Book-Standard ein Quadrophonie-Format definiert, es gab jedoch nie CDs und Abspielgeräte dafür.
Bei quadrofonen Aufnahmen werden je vier Mikrofone und Lautsprecher sowie – je nach Verfahren – zwei oder vier Übertragungskanäle eingesetzt; dabei unterscheidet man:
- Diskrete Übertragung: System 4-4-4
- Die 4 Audiokanäle bleiben auf dem gesamten Signalweg getrennt. Für jedes Tonträgerformat werden quadro-fähige Abspielgeräte benötigt: CD4-Verfahren für Plattenspieler, 8-Spur-Kassettendecks, Tonbandgeräte mit 4 Köpfen; das designierte Quadro-Verfahren für die Audio-CD gehört ebenfalls in diese Kategorie. Eine 4-kanalige Übertragung im UKW-Rundfunk ist nicht möglich.
- Matrixverfahren: System 4-2-4
- Die 4 Kanäle werden mit Hilfe komplexer mathematisch-elektronischer Verfahren unter Ausnutzung von Phasenunterschieden in 2 Stereokanäle codiert und beim Abspielen wieder decodiert. Herkömmliche stereophone Abspielgeräte können beibehalten werden, es wird lediglich ein Decoder und zugehöriger 4-Kanal-Verstärker mit Lautsprechern benötigt. Somit kann jedes stereofähige Tonträgerformat matrix-codierte Quadrophonieaufnahmen wiedergeben; einer Verbreitung im UKW-Rundfunk steht nichts im Wege. Z. T. senden Radiosender sogar "unabsichtlich" quadrophon, wenn sie eine matrix-codierte Plattenaufnahme senden. Der Nachteil dieser Verfahren besteht darin, dass die Vor-Rück-Kanaltrennung nicht so gut funktioniert wie bei den diskreten Verfahren, und dass die Kanäle eigentlich unterdefiniert sind, wodurch Phantom-Signale entstehen können. Leider entstanden auch zeitgleich mehrere, untereinander nicht kompatible Matrix-Codierverfahren. Das später im Filmbereich verbreitete Dolby Surround-System verwendet denselben Ansatz.
Verbreitung
Die Quadrofonie konnte sich aufgrund konkurrierender und nicht kompatibler technologischer Matrix-Quadrosysteme wie SQ, QS, UD4, EV4, QM, UMX usw. nie in größerem Maßstab durchsetzen.
Außerdem basierten diese Systeme auf der falschen Annahme, dass ein Klangfeld durch Aufnahme von vier Kanälen und Wiedergabe über vier Lautsprecher in 90°-Anordnung zueinander reproduziert werden könnte. Bei einer solchen Anordnung entstehen jedoch Lücken im Klangfeld. Bessere Aufzeichnung und Reproduktion eines räumlichen Schallfeldes erreicht man mit anderen Aufnahmetechniken, wie z. B. dem Ambisonic-System, das 1972 von Michael Gerzon vorgeschlagen wurde, bis heute jedoch keinen nennenswerten wirtschaftlichen Erfolg bringen konnte.
Quadrofonie basiert auf dem Effekt der Phantomschallquelle. Sitzt man in einem gleichseitigen Dreieck mit zwei Lautsprechern, funktioniert die Phantomschallquelle. Dreht man sich mit dem Rücken zu den Lautsprechern, ist die Lokalisation der Schallquelle deutlich schlechter. Dreht man sich nun gar zur Seite, versagt der Effekt vollends.
Bei Quadrophonie mischt man nun Phantomschallquellen von vier im Quadrat angeordneten Lautsprechern zwischen jeweils direkt benachbarten Lautsprechern. Daraus ergibt sich, dass der Zuhörer zwangsläufig ein Paar Lautsprecher im Rücken hat, und jeweils ein Paar zu den Seiten. Da man weiß, dass Phanthomschallquellen aber nur von vorne (und streng genommen nur im gleichseitigen Dreieck) funktionieren, ist offensichtlich, dass Quadrophonie nicht funktionieren kann.
Die Problematik der Verbreitung endstand auch durch die Tatsache, dass in den frühen 1970er Jahren, als die Quadrofonie von diversen Audio-Herstellern propagiert wurde, Audioanlagen in einem sehr hohen Preissegment anzusiedeln waren. Es war nicht vielen Hörern möglich, mit sämtlichen, zum Teil in rascher Abfolge erscheinender Neuerungen, mitzuhalten. Der Großteil der Aufnahmen wurde damals in Stereo aufgenommen, und war somit nur bedingt für Quadrofonie geeignet. Die Stereo-Aufnahmen konnten nur in "Pseudo-Quadrophonie" wiedergegeben werden, was dem Klang eher abträglich war, und als Effekt anzusehen ist, wie wenn man ein Mono-Signal künstlich auf Stereo "aufpeppt".
Pseudoquadrofonie
Als Pseudoquadrofonie bezeichnet man die Wiedergabe zweikanaliger Stereo-Aufnahmen über vier Lautsprecher bzw. Lautsprechergruppen.
Aus dem heutigen Blickwinkel stellt sich diese Art und Weise der Wiedergabe als die gängigste dar. Viele Anbieter, z. B. Dual, Marantz, Pioneer und Scan-Dyna, brachten "Quadro-Adapter" auf den Markt, diese machten (im Regelfall) nicht viel mehr, als die Aufteilung des Signales auf verschiedene Lautsprecher. Marantz arbeitete sogar mit Quadrofonie-Tapedecks, die mit einem sogenannten "Panorama-Regler" das Signal aufteilten, und mit verschieden starken Signalen auf die Main- und Rearspeakers leiteten. Eine "echte" Quadrofonie fand somit nicht statt.
Neuere Verfahren
Quadrofonie ist eine Vorläufertechnologie des Dolby Surround-Systems, das erst auf dem Matrix-Verfahren der Quadrofonie basierte, und der aktuellen digitalen 5.1/6.1/7.1-Surroundverfahren.
Dieses Verfahren konnte sich jedoch erst behaupten, als der Trend sich von dem eigentlichen "Musikgenuss" entfernte, und seinen Schwerpunkt in das "Home-Cinema" verlagerte. Die Wiedergabe von Geräuschen und Stimmen unterliegt (subjektiv) einem anderen, räumlichen Ortungsverhalten, und ist somit "einfacher" auf mehrere Kanäle aufzuteilen.
Vergleich der Verfahren
Die vier Kanäle der Quadrofonie basieren nicht auf nur vier Aufnahme-Kanälen bzw. Mikrofone, sondern es werden wie bei Stereo oder dem aktuellem Surround zunächst Rohaufnahmen auf bis zu 30 oder mehr Spuren aufgezeichnet, auf denen die diversen Instrumente oder Orchester- bzw. Gesangsgruppen aufgezeichnet sind. So kann beispielsweise in jedem Kanal eine andere Instrumentengruppe erklingen. Allenfalls im Amateur-Bereich werden für Quadro-Aufnahmen nur vier Aufnahme-Mikrofone eingesetzt. Erst dann folgt der kreative Teil der Abmischung, wobei bei Stereo auf zwei und bei Quadro auf vier Kanäle abgemischt wird. Beim aktuellen Surround mit 5.1 oder mehr Kanälen wird entsprechend verfahren. Das Surround-Klangfeld der diskreten Quadrofonie ist also genau so stabil wie das des heutigen Surround. Liegen die vier diskreten Quadro-Kanäle dann vor, wird je nach System encodiert, wobei die Matrix-Systeme (SQ und QS) auf zwei Kanäle reduziert werden (mit den darin "versteckten" andersphasigen Rück-Kanälen) und für das weiterhin diskrete CD-4 System auf Schallplatte werden Differenzsignale zu dem stereokompatibelen Gemisch im hörbaren Bereich auf einem 30 kHz Trägersignal gespeichert. Encodiert wird dann durch spiegelbildliche Matrixschaltungen (Decoder) bzw. bei CD-4 mit Demodulatoren, wobei eine "einfache" A/B Matrix dann vorne und hinten auseinander sortiert. Während die Matrix-Systeme anfänglich nur eine geringe Übersprechdämpfung vorne-hinten besaßen (3-12 oder max. 20 dB), wurde bei CD-4 sogleich eine Kanaltrennung von 30 dB erreicht.
Gerade die Aufteilung des Klangfeldes bei der Quadrophonie in gleiche 90°-Sektoren ermöglicht eine (bei diskreter Wiedergabe) homogene Klangwiedergabe als auch Ortung mit für alle Richtungen gleiche Bedingungen. Bei den eher nach vorne dominierenden neuen 5.1 oder mehr Klangquellenanordnungen ist die Betonung eher auf Geräuscheffekte, was mit einem homogenen bzw. gleichförmigen Rundum-Klangfeld weniger zu tun hat. In der Natur gibt es keine Vorzugsrichtungen. Wir hören rundum in gleicher Intensität. In der Praxis sind diese Unterschiede jedoch weniger wahrzunehmen als bei theoretischer Darstellung der Techniken, schon alleine deshalb, weil die Verbraucher die Lautsprecher auch bei Video-Surround eher nach Quadro-Manier aufstellen (ein Zimmer hat vier Ecken), als nach den winkelgenauen Vorgaben von Kommissionen. Letztlich sind sowohl das Video-Surround als auch das Audio-Surround mit DVD-Audio und SA-CD direkte Nachkommen oder gar Quadrophonie im nur neuen Gewand, denn mehr als rundum geht nicht - ob CD-4 oder DVD-Audio.
Siehe auch
- Monofonie | Stereofonie
- Kunstkopf
- Surround Sound | Home Cinema | MPEG-2 | Digital Theater Systems/dts | Dolby Digital | AC-3 | DVD Audio | SACD