Jüdischer Kalender

Lunisolarkalender, bei dem die Monate an den Mondphasen ausgerichtet sind
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Der jüdische Kalender (hebr. הלוח העברי ha-lu'ach ha-iwri) ist ein Lunisolarkalender. Die Monate sind wie bei einfachen Mondkalendern an den Mondphasen ausgerichtet, es existiert jedoch gleichzeitig eine Schaltregel zum Angleich an das Sonnenjahr.

Aufbau des Kalenders

Die Systematik des jüdischen Kalenders beruht im Wesentlichen auf Festlegungen des Patriarchen Hillel II. aus dem Jahr 359 n.Chr. Der Kalender kombiniert das Mond- mit dem Sonnenjahr. Daher werden die einzelnen Feiertage zwar immer in der gleichen Jahreszeit begangen, doch die konkreten Tage ändern sich von Jahr zu Jahr.

Der jüdische Kalender geht seit der Antike von zwei Grundannahmen aus:

  1. Die Länge eines Mondzyklus, das heißt die durchschnittliche Zeit von einem Vollmond zum nächsten, beträgt genau 29 Tage, 12 Stunden und 793 "Teile"; Ein "Teil" entspricht dabei 3 1/3 Sekunden; die heutigen Einheiten "Minuten" und "Sekunden" waren damals noch nicht üblich. Dieser Wert ist erstaunlich genau und wurde durch Listen von Sonnen- und Mondfinsternissen ermittelt. Solange man keine kleineren Zeiteinheiten als die "Teile" benutzt, ist dies der genauestmögliche Wert. Trotzdem beträgt der sich allmählich aufsummierende Fehler bis heute insgesamt schon 9 Stunden.
  2. 19 Sonnenjahre entsprechen 235 Mondmonaten, der so genannte Metonische Zyklus. Dies ist nicht sehr genau und die Abweichung beträgt hier einen Tag in 216 Jahren, bis heute schon 8 Tage.

Innerhalb des Zyklus von 19 Jahren sind die Jahre 3, 6, 8, 11, 14, 17 und 19 Schaltjahre. So entstehen 12 Gemeinjahre mit je 12 Monaten und 7 Schaltjahre mit je 13 Monaten. (12×12+7×13=235). Dadurch wird der Kalender so angepasst, dass er sich zum Lauf der Sonne und den Jahreszeiten nur allmählich ändert. Die Karaiten hingegen lehnen die regelbasierte Einfügung des Schaltmonats ab, sondern entscheiden nach der Reife der Gerste in Israel, in wörtlicher Auslegung der Tora.

Ablauf eines Jahres

Das jüdische neue Jahr (mit der jeweils nächsthöheren Jahreszahl) beginnt im Herbst mit dem ersten Tag des siebten Monats Tischri (genannt Rosch HaSchanah), während der Frühlingsmonat Nissan nach biblischer Tradition mit dem Auszug der Israeliten aus Ägypten als erster Monat nummeriert wird (Ex 12,2). Nach Meinung von Historikern verdankt sich diese ungewöhnliche Anordnung der Übernahme der babylonischen Monatsnamen durch die Israeliten. Im babylonischen Kalender war der Tischri der erste Monat. Die Diskrepanz zwischen der Monatszählung und dem Jahresbeginn folgt aus der Verbindung zwischen diesen fremden und eigenen Traditionen Israels.

Ein neuer Monat beginnt, wie in den meisten mondorientierten Kalendern, mit dem Neulicht (Moled). Allerdings orientieren sich die Monate nicht immer ganz exakt an den Mondphasen: Wenn sich durch den Zeitpunkt von Rosh HaSchanah eine Aneinanderreihung von mehreren Tagen mit Arbeitsverbot (siehe Sabbat) ergeben würde, wird der Jahresbeginn um einen oder zwei Tage hinausgeschoben, um diese Härte zu vermeiden (denn Gott will nach jüdischem Verständnis das Leben der Menschen durch seine Gebote nicht schlechter, sondern besser machen). Es gibt insgesamt fünf Regeln für die Verschiebung des Jahresbeginns (auf die teilweise sehr komplizierte Herleitung einer Begründung soll hier verzichtet werden):

  • Jach: Tritt das Neulicht des Tischri erst nach 18 Uhr jüdischer Zeit ein, so ist Rosh HaSchanah auf den folgenden Tag zu verschieben. Dies ist in etwa zwei von fünf Jahren der Fall.
  • Adu: Fällt das Neulicht des Tischri auf einen Mittwoch, Freitag oder Sonntag, so ist Rosh HaSchanah ebenfalls auf den folgenden Tag zu verlegen. Diese Regel findet in etwa 3 von 7 Jahren Anwendung.
  • Jach-Adu: Würde nach Anwendung der Jach-Regel Rosh HaSchanah auf einen Mittwoch, Freitag oder Sonntag fallen, so muss zusätzlich die Regel Adu zur Anwendung kommen, das Neujahr also um einen weiteren Tag verschoben werden.
  • Gatrat: Tritt das Neulicht des Tischri in einem Gemeinjahr an einem Dienstag nicht vor 9 Uhr und 204 Halakim jüdischer Zeit (siehe Stundeneinteilung) ein, so muss Rosh HaSchanah um zwei Tage verschoben werden. Diese Regel findet in etwa 3 von 100 Jahren Anwendung.
  • Betutakpat: Fällt das Neulicht des Tischri in einem Jahr, das auf ein Schaltjahr folgt, auf einen Montag nicht vor 15 Uhr und 589 Halakim jüdischer Zeit, so wird Rosh HaSchanah auf den folgenden Tag verschoben. Dieser sehr seltene Fall tritt nur in etwa einem von 200 Jahren ein. Zuletzt wurde die Regel im Jahr 5766 (gregorianisch: 2005/2006) angewandt, das nächste Mal erst wieder im Jahr 6013 (gregorianisch: 2252/2253).

Die Regeln Jach und Adu haben religiöse Gründe, die drei anderen sind zur Aufrechterhaltung der Regeln erforderlich. Nur etwa 39% aller Jahre beginnen tatsächlich am Tage des Neulichtes, somit sind Ausnahmen beim Jahresbeginn häufiger als die Regel.

Unter Berücksichtigung der fünf Ausnahmeregelungen ergeben sich sechs verschiedene Jahreslängen: Ein Gemeinjahr kann 353, 354 oder 355 Tage haben, ein Schaltjahr 383, 384 oder 385 Tage. Man unterscheidet deshalb nicht nur Gemein- und Schaltjahre, sondern auch verminderte, reguläre und übermäßige Jahre.

In Schaltjahren wird dem Monat Adar ein weiterer Monat vorgeschaltet. Dieser erhält dann die Bezeichnung Adar oder Adar I, während der ursprüngliche Adar die Bezeichnung We-Adar (hebräisch: "und-Adar") oder Adar II erhält.

Nr. Monat Länge in Tagen Beginn zwischen und Tierkreiszeichen
1 Nissan, Nisan 30 Mitte März Mitte April Widder
2 Ijar 29 Mitte April Mitte Mai Stier
3 Siwan 30 Mitte Mai dem ersten Junidrittel Zwillinge
4 Tammus 29 erstem Junidrittel Anfang Juli Krebs
5 Aw 30 Mitte Juli Mitte August Löwe
6 Elul 29 Mitte August Mitte September Jungfrau
7 Tischri 30 dem ersten Septemberdrittel Anfang Oktober Waage
8 Cheschwan, Marcheschwan 29 oder 30 Anfang Oktober Anfang November Skorpion
9 Kislew 29 oder 30 Anfang November Anfang Dezember Schütze
10 Tewet 29 Ende November Mitte Dezember Steinbock
11 Schewat 30 letztem Dezemberdrittel Mitte Januar Wassermann
12 Adar 29 Anfang Februar Anfang März Fische

Am 14. Nissan - also mit Vollmond - wird das Pesachfest gefeiert, einer der wichtigsten jüdischen Feiertage. Das christliche Osterfest findet ebenfalls immer in diesem Monat statt, weil der Nissan mit dem Frühlingsneumond beginnt und Ostern immer am Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond gefeiert wird. Auch der Todestag Jesu von Nazareth steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Pesachfest, wobei umstritten ist, ob es sich dabei um den 13. Nissan (den sogenannten Rüsttag) oder den 14. Nissan (das Pesachfest selbst) handelte.

Am 10. Tischri ist der Jom Kippur, einer der höchsten jüdischen Feiertage.

Stundeneinteilung

Ein Tag wird in 24 Stunden = 24 H (Sha'a) geteilt und jede Stunde in 1080 Teile = 1080 P (Halakim). Ein Teil (1 P) entspricht daher 1/18 Minute bzw. 3 1/3 Sekunden und entspricht der kürzesten babylonischen Zeiteinheit, die 1/72 eines Grades eines Sonnenumlaufs dauert. Jeder Teil wird außerdem noch in 76 „Augenblicke“ (Regaim) unterteilt, die daher 10/228 Sekunden (etwa 44 ms) dauern.

Da der Sonnenuntergang als Tagesanfang gilt, beginnt die Stundenzählung um 18 Uhr mit 0 H. 10:30 Uhr vormittags entspricht daher 16 H 540 P. Aus dieser Stundenzählung ergibt sich auch, dass ein Tag nach jüdischer Zeiteinteilung von 18 Uhr bis 18 Uhr des nächsten Tages dauert.

Das ist bei der Angabe jüdischer Feiertage zu beachten, weshalb jeder Feiertag auch einen "Vorabend" hat, der der eigentliche Beginn des Feiertages ist, z. B. der Sederabend des Pesach. Daher beginnt auch der Schabbat am Freitag 18:00 Uhr und dauert bis Samstag 18 Uhr.

Jahreszählung

Die jüdische Zeitrechnung beginnt mit der Schöpfung der Welt, wie sie sich aus der Zurückrechnung der biblischen Chroniken ergibt. Demnach schuf Gott die Erde im Jahre 3761 vor Christus. Diese Definition setzte sich im Judentum erst seit dem 11. Jhdt. durch, geht aber zurück auf die systematischen Berechnungsgrundlagen vom Patriarchen Hillel II. aus dem Jahr 359 n.Chr.

Die Daten der jüdischen Festtage für die Jahre 2003-2010

Jüdisches Jahr 5764 5765 5766 5767 5768 5769 5770
Gregorianisches Jahr 2003/2004 2004/2005 2005/2006 2006/2007 2007/2008 2008/2009 2009/2010
ROSCH HA-SCHANA - Das jüdische Neujahr 27.09.2003- 28.09.2003 16.09.2004- 17.09.2004 04.10.2005- 05.10.2005 23.09.2006- 24.09.2006 13.09.2007- 14.09.2007 30.09.2008- 01.10.2008 19.09.2009- 20.09.2009
YOM KIPPUR - Versöhnungstag 06.10.2003 25.09.2004 13.10.2005 02.10.2006 22.09.2007 09.10.2008 28.09.2009
SUKKOT - Laubhüttenfest 11.10.2003- 16.10.2003 30.09.2004- 05.10.2004 18.10.2005- 23.10.2005 07.10.2006- 12.10.2006 27.09.2007- 02.10.2007 14.10.2008- 19.10.2008 03.10.2009- 08.10.2009
SHEMINI ATZERET 18.10.2003 07.10.2004 25.10.2005 14.10.2006 04.10.2007 21.10.2008 10.10.2009
SIMCHAT TORA - "Freude der Lehre" zur Feier der Tora. 19.10.2003 08.10.2004 26.10.2005 15.10.2006 05.10.2007 22.10.2008 11.10.2009
CHANUKKAH - Lichterfest. Wiedereinweihung des Tempels. 20.12.2003- 27.12.2003 08.12.2004- 15.12.2004 26.12.2005- 02.01.2006 16.12.2006- 23.12.2006 05.12.2007- 12.12.2007 22.12.2008- 29.12.2008 12.12.2009- 19.12.2009
PURIM - Rettung der persischen Juden 07.03.2004 23.03.2005 14.03.2006 04.03.2007 21.03.2008 10.03.2009 28.02.2010
PESACH - Auszug der Juden aus Ägypten. Die letzten zwei Tage gelten als hohe Feiertage. 06.04.2004- 13.04.2004 24.04.2005- 01.05.2005 13.04.2006- 20.04.2006 03.04.2007- 10.04.2007 20.04.2008- 27.04.2008 09.04.2009- 16.04.2009 30.03.2010- 06.04.2010
SHAVUOT - Wochenfest. Offenbarung der Tora am Sinai. 26.05.2004- 27.05.2004 13.06.2005- 14.06.2005 02.06.2006- 03.06.2006 23.05.2007- 24.05.2007 09.06.2008- 10.06.2008 29.05.2009- 30.05.2009 19.05.2010- 20.05.2010

Siehe auch

Literatur

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