Hildesheimer Silberfund
Der Hildesheimer Silberfund ist ein Hortfund altrömischen Reise-(Tempel-)Kultgeschirrs aus augustäischer Zeit (1. Jahrhundert nach Christus).
1868 wurden am Ende der heutigen Silberfundstrasse in Hildesheim vermutlich nur 50 % dieses größten römischen Schatzfundes nördlich der Alpen geborgen. Dass bislang nur die Hälfte dieses Schatzes gefunden wurde, ergibt sich aus eingepunzten antiken Numerierungen und Gewichtsangaben. Bedeutende Stücke des Hildesheimer Silberschatzes sind eine schlichte Kelle, die offenbar das Monogramm von Varus enthält, die Athenaschale, ebenfalls mit den Initialen des Varus, die Heraklesschale, der grosse Maskenbecher, der grosse Krater sowie ein antiker Reisetisch.
Möglicherweise befinden sich dort also immer noch ca. 70 vermisste Gegenstücke im Erdreich. Oberst von Cohausen nahm Nachgrabungen lediglich direkt an der Fundstelle und nur in einem Bereich von 15 x 15 m vor. Dies geschah bereits 1869. Unerklärlicherweise erfolgten aber im unmittelbaren Bereich des Fundortes bis heute keine weiteren Sondierungen, so ist z.B. auch ein genau nördlich des Fundortes gelegenes Hügelgrab, das bereits in der Antike den Vergrabungsort markierte, bis heute unbeachtet geblieben. Bei der Suche nach der 2. Hälfte des Hildesheimer Silberfundes ist sehr für eine möglichst baldige Notgrabung zu plädieren, da die vor weit über 100 Jahren aufgefunden Stücke in dem agressiven Erdreich bereits sehr gelitten hatten!
Das Gelände ist auch in keinster Weise ausgeschachtet, sondern sogar einplaniert und der unmittelbare Bereich des Fundortes ist auch bis heute unbebaut, so dass man hier den Raubgräbern unbedingt zuvor kommen muss! Auf jeden Fall würde man den 1875 dort vergrabenen(!) Grundstein mit Dokumenten aus der damaligen Zeit wiederfinden.
Fundumstände
Bei Ausschachtungsarbeiten einer Schießanlage für das Hannoversche Infanterieregiment Voigt-Rhets, am Westhang des Hildesheimer Galgenbergers, stiess der Kanonier Armbrecht 1868 auf verzierte Metallteile. Die nun plötzlich angebotene Hilfe bis dahin pflegmatischer Kameraden lehnte er ab und grub allein weiter. Das Gros des Schatzfundes wurde per Karre zum Reinigen in die Kaserne transportiert. Am Fundort nahmen Hildesheimer Bürger Fundfragmente an sich, die später z.T. wieder abgegeben wurden, z.T. aber auch in Hildesheimer Haushalten z.B. "als Rosinen in Sandkästen"(!) kursierten, ohne dass sich jemand dafür interessierte, obwohl darüber berichtet wurde, z.T. blieben die Funde auch bis auf den heutigen Tag verschollen, z.T. ist ihre Zugehörigkeit zum Hildesheimer Silberfund auch umstritten. Dies gilt z.B. für einen antiken Löffel.
Der Senator Hermann Roemer, einer der Gründer des Roemer- und Pelizaeus-Museums in Hildesheim, besichtigte den Fundort, als er davon Kenntnis erhielt. Tags darauf berichtete die Hildesheimer Allgemeine Zeitung (HAZ) über einen wertvollen Fund, der vermutlich aus der Bestand eines fürstlichen Haushalt stamme und zeitlich der Renaissance zuzuordnen sei. Der Erdaushub am Schießstand wurde noch einmal abgesucht und mehrere Bruchstücke des Tafelsilbers eingesammelt.
Die aus Göttingen angereisten Professoren Pernice und Winter erkannten schließlich die römischen Inschriften und stilistischen Merkmale. Oberst A. von Cohausen, der im Rheingebiet römische Feldlager erforscht hatte, wurde 1869 beauftragt nähere Untersuchungen am Fundort vorzunehmen. Er führte eine Befragung aller am Fund Beteiligten durch, ließ sich den genauen Fundort zeigen und führte dort Nachgrabungen durch. Er veröffentlichte seinen Grabungsbericht in der HAZ und dem Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit.
Neben der strikten Verweigerung zeitgemässer Nachgrabungen mit immer neuen Pseudoargumenten ist die Erstellung von Kopien ein weiteres sehr trauriges Kapitel zum Hildesheimer Silberfund. Gerade das absolute Highlight des Schatzes, nämlich die Athenaschale, hat durch Unsachgemässes Kopieren sehr gelitten. Leider ist auch das Original des grossen Kraters bis auf den heutigen Tag verschollen, eventuell wird das Original aber auch in einer Repliken-Sammlung aus Tarnungsgründen einfach als Kopie ausgegeben!
Die Fundstücke
Der Hildesheimer Silberfund befindet sich heute in der Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin.
Vergleichbar mit dem Hildesheimer Silberfund ist der Schatz von Boscoreale, der aufgrund einer Stiftung durch den Baron von Rothschild heute im Pariser Louvre aufbewahrt wird.
Bei den seinerzeitigen Nachgrabungen wurden zahlreiche Pferdegerippe und z.B. auch Fragmente römischer Fibeln gefunden, was in Verbindung mit den genannten Varus-Monogrammen Indizien für eine zeitliche Datierung auf 9 n.Chr. gibt.
Literatur
- Prof.W. Schuhr u. Prof.E.Kanngieser: Der vermessungstechnisch bestimmte Fundort des Hildesheimer Silberschatzes. In: "DIE KUNDE",Zeitschrift für Ur- und Frühgeschichte, herausgegeben vom Niedersächsischen Landesverein für Urgeschichte und der Abteilung Urgeschichte des Niedersächsischen Landesmuseum Hannover; Neue Folge 34 / 35 Jahrgang 1983 / 1984, S.227 ff.
- Helga Stein: Die Hildesheimer Geschichte des Silberfundes. In: Der Hildesheimer Silberfund, Original und Nachbildung, vom Römerschatz zum Bürgerstolz. Katalog zur gleichnamigen Ausst. im Knochenhauer-Amtshaus, Hildesheim vom 20. 7. 30. 11. 1997, S. 10-29, Hildesheim 1997