Deutsch-Französischer Krieg

Krieg zwischen Frankreich und dem Norddeutschen Bund samt süddeutscher Staaten 1870–1871
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Den Deutsch-Französischen Krieg von 1870–1871 (umgangssprachlich auch „Siebziger Krieg“; eigentlich französisch-preußischer Krieg) erklärte das Kaiserreich Frankreich gegen Preußen infolge Streitigkeiten um die spanische Thronfolge, für die es einen preußischen Kandidaten gab. Der Veröffentlichung der Emser Depesche am 13. Juli 1870 folgte die Kriegserklärung vom 19. Juli.

Die Herrscher der süddeutschen Staaten, die noch 1866 im Deutschen Krieg gegen Preußen gekämpft hatten, stellten sich gemäß ihrer Bündnisverträge und der öffentlichen Meinung – jedoch von Napoleon III. unerwartet – gegen Frankreich. Der Krieg endete in einer schnellen Niederlage des französischen Kaisers, wurde aber von republikanischen Kräften noch monatelang weitergeführt, u. a. mit Guerilla-Methoden. Erst Anfang 1871, nach der Gründung des zweiten Deutschen Kaiserreiches, gab Paris auf.

Der Krieg wird in Frankreich und im englischen Sprachraum auch – nach der Gewohnheit, den Angreifer zuerst, den Angegriffenen als zweiten zu nennen – „Französisch-Deutscher Krieg“ („Guerre Franco-Allemande“) genannt.

Napoleon III. als preußischer Gefangener im Gespräch mit Bismarck nach der Schlacht von Sedan


Vorgeschichte

Der französische Kaiser Napoleon III. hatte bereits im Vorfeld des Deutschen Krieges (1866) versucht, Vorteile aus der Rivalität zwischen Österreich und Süddeutschland gegenüber Preußen zu schlagen, indem er mit beiden Seiten über ein mögliches Eingreifen oder eine französische Neutralität verhandelte. In diesen Bruderkrieg konnte Frankreich aufgrund des schnellen Sieges von Preußen aber dann gar nicht eingreifen. Kaiser Napoleon sah dies indirekt als eine französische Niederlage an; der Ruf nach „Rache für Sadova (Königgrätz)“ kam in Frankreich auf.

Statt die Machtstruktur in Deutschland zu schwächen, ging Preußen gestärkt aus dem Konflikt hervor. Als Folge des Deutschen Krieges wurde der Norddeutsche Bund geschaffen, was in Frankreich als weitere Provokation angesehen wurde. Bismarck hatte Napoleon III. zwar zugesagt, das Bündnis nicht über den Main hinaus zu erweitern, es wurden jedoch ergänzend zu den Friedensverträgen mit den Süddeutschen Staaten geheime „Schutz- und Trutzbündnisse“ (gegenseitige Verteidigung im Falle eines Angriffskriegs, siehe auch die Textpassage im Deutschlandlied) eingegangen.

Im weiteren Verlauf der 1860er wurden die französisch-preußischen Spannungen weiter verschärft, insbesondere durch Bündnisverhandlungen Frankreichs mit Österreich und Italien. 1867 kam es zur Luxemburgkrise. Vor dem Krieg 1866 hatte Napoleon mit Preußen über Gebietserwerbungen als Kompensation für seine Neutralität verhandelt. Dabei war auch Luxemburg erwähnt worden. Bismarck hatte keine Einwände offengelegt, aber angedeutet, dass Frankreich selbst aktiv werden müsse. Luxemburg war vormals Mitglied des Deutschen Bundes und hatte aus dieser Zeit noch eine preußische Garnison. Die Luxemburger hatten im Mittelalter mehrere Kaiser des Heiliges Römisches Reich gestellt und waren durch den Großherzog von Luxemburg, der auch König der Niederlande war, mit den Niederlanden in Personalunion verbunden. 1867 wollte Frankreich Luxemburg vom finanziell angeschlagenen König erwerben. Als dies ruchbar wurde, kam es in Deutschland zu heftigen Protesten (u.a. zu einer von Bismarck bestellten Anfrage im Reichstag). Napoleon musste seine Pläne fallen lassen, und Luxemburg wurde im Zweiten Londoner Vertrag von 1867 für neutral erklärt.

Für Napoleon war dies eine Niederlage, die sein ohnehin schon angekratztes politisches Ansehen weiter minderte. Innenpolitisch musste er sich gegen republikanische Bestrebungen wehren, ruhmreiche Schlachten in der Tradition seines Vorfahren hätten in dieser Situation hilfreich sein können.

Ursache und Anlass

1868 hatten spanische Militärs die Königin Isabella II. abgesetzt. Seitdem suchten die Spanier in den europäischen Fürstenhäusern nach einem Kandidaten, den das Parlament zum König wählen könnte. Ein viel versprechender Kandidat war Prinz Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen, Spross einer süddeutschen Nebenlinie der Hohenzollern. Er war gemäßigt katholisch, wenig ehrgeizig und zudem mit Napoleon verwandt. Der Prinz selbst hatte wenig Ambitionen auf den spanischen Thron, ließ sich aber 1870 von Bismarck überreden, die Kandidatur anzunehmen. Auch König Wilhelm gab, wenn auch widerstrebend, seine Zustimmung.

Sowohl Bismarck als auch Napoleon spielten mit der Kandidatur, um die jeweils andere Seite zu provozieren und ihr eine diplomatische Niederlage beizubringen. Napoleon war mehr als jeder andere Monarch in Europa von der Unterstützung des Volks abhängig, und es galt gleichzeitig, gravierende innenpolitische Mängel zu überdecken. Deshalb suchte Napoleon sein Heil weiter in der Außenpolitik, von der er sich Erfolge erhoffte, die seine Popularität weiterhin sichern sollten.

Bismarck wiederum hoffte, nationale Begeisterung zu erzeugen. Beide Seiten wussten natürlich auch, dass sie mit der Kriegsgefahr spielten. Als die Kandidatur offiziell bekannt wurde, reagierte man in Frankreich überrascht und bereitwillig empört über das Ansinnen, Frankreich mit einem deutschen König in Spanien in den Rücken zu fallen. Der Außenminister, Herzog von Gramont, hielt eine leidenschaftliche Rede im Parlament, in der er mit Krieg drohte.

Der preußische König Wilhelm I. und Prinz Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen zogen daraufhin die Kandidatur zurück, zur Enttäuschung vieler Deutscher. Anstatt sich mit diesem diplomatischen Sieg zu begnügen, verlangte Gramont von König Wilhelm zusätzlich eine Entschuldigung und das Versprechen, nie wieder einer hohenzollernschen Thronkandidatur in Spanien zuzustimmen. Die Forderungen wurden nicht nur über normale diplomatische Kanäle gestellt, sondern auch direkt vom französischen Botschafter Graf Benedetti an Wilhelm selber, auf der Kurpromenade in Bad Ems.

Der König reagierte auf die an ihn herangetragenen Forderungen höflich und reserviert, er habe noch keine neuen Nachrichten bekommen, weitere Audienzen seien unnötig. Heinrich Abeken berichtet darüber nach Berlin an Otto von Bismarck, den preußischen Ministerpräsidenten und Bundeskanzler des Norddeutschen Bundes. Dieser hat die telegrafische Nachricht seines Mitarbeiters über die Unterredung gekürzt, so dass sowohl das Auftreten Benedettis als auch die Ablehnung des Königs schroffer aufgefasst werden konnten. Die Veröffentlichung dieser Emser Depesche am 13. Juli in der Norddeutschen Presse nahm die französische Öffentlichkeit, wie angesichts der gespannten Lage zu erwarten, als Provokation und Kriegsgrund auf.

Damit hat Bismarck die französischen Drohungen, das ungeduldige Vorgehen Benedettis und die Empfindsamkeiten der Franzosen geschickt ausgenutzt, indem er auch selber anstatt direkter diplomatischer Kanäle den Gang an die Öffentlichkeit vorzog. Am 19. Juli 1870, nachdem schon zuvor die Mobilisierung angelaufen war, beugte sich Napoleon III. dem Druck der Öffentlichkeit und nationaler Kreise und erklärte Preußen den Krieg. Damit erfüllte die Depesche den von Bismarck beabsichtigten Zweck: Frankreich betätigte sich als Aggressor, denn auch in den Augen der Weltöffentlichkeit war der Anlass nichtig, die Franzosen hatten sich durch überhöhte Forderungen selbst in Zugzwang gebracht.

Bismarck hatte diese französische Antwort auf seine Veröffentlichung der geänderten Depesche richtig einkalkuliert, denn nur bei einem Angriff von außen konnte er die bestehenden militärischen Beistandsbündnisse der einzelnen süddeutschen Staaten einfordern und damit sein politisches Ziel, ein „kleindeutsches Reich“ unter Preußens Führung, erreichen.

Verlauf

Durch geschickte Diplomatie seitens Bismarcks und ebenso ungeschickter seitens Napoleons war Frankreich isoliert und galt als der Aggressor. Das 1866 geschlagene Österreich zog es u.a. wegen mangelnder Vorbereitung und drückender Schulden vor, neutral zu bleiben, ebenso wie Dänemark. England und die Beneluxländer hielt Bismarck aus dem Krieg, indem er ein Papier hervorholte, in welchem Frankreich im Vorfeld des Krieges 1866 Pläne zur Annexion des francophonen Teils Belgiens niedergelegt hatte. Russland war jüngst Gegner im Krimkrieg gewesen. Die jüngst teilweise geeinten Italiener hatten Savoyen von Frankreich annektieren lassen müssen, aber den Kirchenstaat um Rom herum beansprucht, jedoch trat Frankreich als Schutzmacht des Papstes auf (was durch den Krieg nicht aufrechterhalten werden konnte, so dass Preußen indirekt den Papst schwächte, siehe Kulturkampf).

Frankreich, damals die wohl stärkste Großmacht auf dem europäischen Kontinent, mit der sich massiv überschätzenden Berufsarmee, hielt sich in dem nun folgenden Krieg auch ohne Verbündete für überlegen. Die militärische Kraft des Norddeutschen Bundes wurde unterschätzt, dass die süddeutschen Staaten gar mit Preußen anstatt gegen Preußen auftreten würden, komplett fehleingeschätzt. Auch der Zeitvorteil der eigenen stehenden Berufsarmee gegenüber der Wehrpflicht in Deutschland war geringer als erhofft.

Durch gut geplante Mobilisierung, die, als Reaktion auf eine turbulente Sitzung im französischen Senat am 15. Juli, in Bayern und in Preußen bereits am 16. Juli angelaufen war, wurden mit Hilfe der Eisenbahnen deutsche Truppen schnell ausgerüstet und in den Einsatzräumen zusammengezogen, während die Organisation in Frankreich schleppender verlief. Schon Ende Juli 1870 betrug die Stärke der deutschen Armee 500.000 Mann, von denen bereits 300.000 ihre Ausgangsstellungen am Rhein bezogen hatten. Dazu kamen 400.000 Mann an rückwärtigen Reserven und Milizen.

 
„Die Berennung von Lichtenberg“ (Elsass), August 1870

Der ursprüngliche Plan von Adolphe Niel, über Trier ins Rheinland vorzustoßen, wurde aufgegeben, stattdessen war man zunächst defensiv aufgestellt und sollte gemäß dem Plan von General Charles Frossard innerdeutsche Auseinandersetzungen abwarten, worauf man als Befreier einmarschieren könnte.

Der Aufmarsch der deutschen Truppenteile erfolgte in einem sehr hohen Tempo und traf die französische Armee zum Teil unvorbereitet. Schon am 3. August standen 320.000 Deutsche an der Grenze, eine vom französischen Volk erhoffte Großoffensive wäre gescheitert. Saarbrücken jedoch, strategisch eher isoliert und nur mit einer Division geschützt, wurde zunächst eingenommen, dann aber wieder geräumt.

Drei Armeen, geführt von Karl Friedrich von Steinmetz, Prinz Friedrich Karl von Preußen und Kronprinz Friedrich Wilhelm, marschierten durch Elsaß-Lothringen ein, das Ludwig XIV. knappe zwei Jahrhunderte zuvor annektiert hatte. Die Franzosen wurden durch die beweglichere deutsche Führung ausmanövriert, die koordiniert war vom preußischen Generalstab unter Helmuth von Moltke: Dadurch verlor Frankreich in kurzer Folge die Schlachten bei Spichern, Weißenburg und Wörth.

Während die preußischen Hinterlader-Zündnadelgewehre gegen Österreich noch überlegen waren, hatten die Franzosen nun Vorteile bei Reichweite und Schussfolge mit dem neuen Chassepotgewehr und dem Mitrailleuse-Maschinengewehr. Dafür waren die stählernen Hinterlader-Geschütze von Alfred Krupp die ausschlaggebende Artillerie, die mit über 4 km über die doppelte Reichweite verfügte.

Die französischen Armeen konnten meist umfasst und dann zu überstürzten Rückzügen oder zu Teil-Kapitulationen gezwungen werden. Die Preußen setzten sich aber auch gegen vierfache Überzahl durch, etwa als bei Mars-La-Tour der Rhein-Armee der Rückzug nach Verdun verwehrt wurde, so dass diese zunächst bei Gravelotte gestellt und dann in der Festung Metz ab 3. September belagert werden konnte.

Kaiser Napoleon III. höchstpersönlich versuchte, mit der Armee aus Châlons zu Hilfe zu eilen, wurde aber dabei selbst eingekreist, so dass die Hauptmasse der französischen Truppen schon am 1. September 1870 in der Schlacht von Sedan die entscheidende Niederlage erlitt.

Die Kapitulation erfolgte einen Tag später, am 2. September, dem späteren Feiertag Sedantag. Auch Napoleon III. geriet bei Sedan in preußische Kriegsgefangenschaft, er wurde zunächst in Kassel interniert und emigrierte später nach London.

Mit der Kapitulation des Franzosen-Kaisers und seiner Armee sowie der noch Wochen andauernden Belagerung seiner Rhein-Armee in Metz war mehr als eine Vorentscheidung gefallen. Bismarck wollte den Krieg beenden, da ein Eingreifen eines der verfeindeten Nachbarländer nicht auszuschließen war, und bot moderate Friedensbedingungen an, mit geringen Grenzverschiebungen im Elsaß, auch weil man fürchtete, dass weitere Gebietszuwächse, insbesondere mit Katholiken, schwer zu verdauen sein würden.

Die Bevölkerung von Paris revoltierte daraufhin, die Regierung von Kaiser Napoleon III. wurde abgesetzt und die Dritte Republik ausgerufen. Die neue „Regierung der nationalen Verteidigung“, unter anderen mit Léon Gambetta, war jedoch zu keinerlei Zugeständnissen bereit. Sie veröffentlichte am 4. September 1870 einen Aufruf an das französische Volk (Proclamation au peuple français), der eine Aufforderung enthielt, als „nationaler Widerstand“ weiterhin das Land zu verteidigen. Im Süden und Westen des Landes wurden neue Truppen rekrutiert.

Das führte ab 19. September zur Belagerung der französischen Hauptstadt und – einige Zeit später – zu deren Beschießung durch preußische und verbündete Streitkräfte. Dies und der Guerillakrieg der Franc-tireur (Freischützen/Freischärler) führte zu einer erheblichen Verbitterung auf beiden Seiten.

Nach der Kapitulation von Metz im Oktober wurde ein Großteil der deutschen Truppen frei, und Prinz Karl konnte gegen die neu aufgestellten französischen Armeen in Flandern, an der Loire, im Lyonnais und in der Normandie vorgehen und sie an einem Entsatz des belagerten Paris hindern. Unter anderen wurden Franzosen bis auf Schweizer Gebiet getrieben und dort von Eidgenossen interniert.

Erst am 28. Januar 1871 willigte Paris in eine Kapitulation ein.

Reichsgründung und Kriegsende

 
Reichsgründung im Spiegelsaal von Schloss Versailles

Am 18. Januar 1871 ließ sich Wilhelm I. auf Betreiben Bismarcks im Spiegelsaal des französischen Schlosses zu Versailles zum Kaiser proklamieren. Die Proklamation Wilhelms zum deutschen Kaiser wurde in Frankreich als Demütigung empfunden. Sie war eine Demonstration der absoluten Überlegenheit und somit eine nicht unerhebliche politische Entscheidung, die die deutsch-französische Feindschaft anheizte. Am 10. Mai 1871 wurde im Frankfurter Hotel zum Schwan, nach langwierigen Verhandlungen in Brüssel und Frankfurt, ein Friedensvertrag mit Frankreich geschlossen.

Der Tag der Schlacht bei Sedan wurde als „Sedantag" zum Reichsfeiertag gemacht. Bald wurde die Schlacht zum Symbol der Überlegenheit über den „Erzfeind" hochstilisiert. Unrichtigerweise zogen Militärs und Zivilisten daraus den Schluss, diesen Sieg jederzeit wiederholen zu können.

Der Aufstand der Pariser Kommune

Am 18. März 1871 versuchte der französische Premierminister Adolphe Thiers, die verteidigungsbereite Nationalgarde von Paris entwaffnen zu lassen. Dies führte zu einem Aufstand. Am 26. März 1871 übernahm in Paris eine Revolutionsregierung die Macht, die Commune de Paris. Die republikanische Übergangsregierung wurde als abgesetzt erklärt. Die bewaffneten Milizen der Pariser Kommune wurden erst im Mai 1871 von der neu geordneten konterrevolutionären französischen Armee im Straßenkampf in Paris besiegt. In der Blutigen Woche vom 21. bis 28. Mai gab es 25.000 Tote. Es folgten 38.000 Verhaftungen und 7500 Deportationen.

Kriegsfolgen

 
Preußische Truppen ziehen nach dem Krieg in Berlin ein

Das besiegte Frankreich musste im Frieden von Frankfurt die seit den mittelalterlichen „Straßburger Eiden“ zum Heiligen Römischen Reich gehörenden und überwiegend deutschsprachigen Gebiete Elsass und einen Teil von Lothringen abtreten, die es beginnend mit dem Westfälischen Frieden Mitte des 17. bis gegen Ende des 18. Jhd. annektiert hatte. Dabei spielten nicht nur die Sprachgrenzen eine Rolle, auch vorwiegend französischsprachige Teile Nordlothringens wurden wegen der dortigen Eisenerzminen von Deutschland verlangt. Außerdem musste Frankreich Kontributionszahlungen in Höhe von 5 Milliarden Francs an das Deutsche Reich leisten. Dieser „Reichskriegsschatz“ wurde zu einem kleinen Teil im Juliusturm der Zitadelle Spandau eingelagert. Dieser Teil fiel nach Ende des Ersten Weltkrieges zurück an Frankreich.

Der größere Teil der hohen Kriegsentschädigungen war eine der Ursachen des Gründerzeitbooms. Unter anderem wurden mit ihnen Infrastrukturmaßnahmen im ganzen Deutschen Reich finanziert (Poststationen in Ostpreußen, Kirchen und Schulen in der Pfalz und im Elsaß sind heute noch sichtbare Zeichen). Im Gegenzug wurde die französische Wirtschaft durch die Aufbringung der Kriegsentschädigungen in ihrer Entwicklung behindert. Deutschland wurde in der Folge die größte Binnenvolkswirtschaft der Welt. Die Wirtschaftskraft Deutschlands ermöglichte dem Reich die Finanzierung einer hochmodernen und schlagkräftigen Hochseeflotte, die ebenso wie der deutsche Anspruch, neben Großbritannien und Frankreich als weitere Weltgroßmacht akzeptiert zu werden, das Misstrauen der bis zu diesem Zeitpunkt einzigen global agierenden Seemacht Großbritannien erregte.

Bismarck zementierte mit der von ihm betriebenen Kaiserproklamation die Teilung des ehemaligen Territoriums des „Heiligen Römischen Reichs (deutscher Nation)“ in ein norddeutsches „Deutsches Reich“ und die - mittlerweile durch den Ausgleich von 1867 geschaffene - Doppelmonarchie Österreich-Ungarn, das auf Grund seiner weit über das alte Reichsgebiet hinausgehenden Territorien als „Vielvölkerstaat" fortbestand. Die Reichsidee war gleichwohl ideelle Grundlage des späteren Beistandspaktes zwischen dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn (gemeinsam mit Italien als „Dreibund" vertraglich sanktioniert). Dieser Beistandspakt war es, der das Deutsche Reich 1914 ohne eigene, unmittelbare Bedrohung veranlasste, an der Seite Österreich-Ungarns in den Ersten Weltkrieg einzutreten.

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Kriegerdenkmal in Hamburg

Die Abtretung Elsaß-Lothringens - und damit auch die Revision der französischen Expansionspolitik seit dem Dreißigjährigen Krieg am Rhein - manifestierte den politischen Gegensatz zwischen Frankreich und dem neu gegründeten Deutschen Reich. Während Bismarck außenpolitisch das Ziel verfolgte, Frankreichs Augenmerk auf die Erweiterung des kolonialen Überseebesitzes zu lenken, verstärkte Wilhelm II. den Gegensatz, indem er Deutschland beispielsweise in Marokko (Panthersprung nach Agadir) offen gegen die Ziele Frankreichs positionierte. Innenpolitisch gelang es dem Deutschen Reich nicht, die neu hinzu- bzw. zurückgewonnenen Territorien westlich des Rheins als gleichberechtigte Teile in das Deutsche Reich zu integrieren. Wenngleich festgestellt werden kann, dass als Folge des 1870/71-Krieges eine der längsten Friedensphasen (bis 1914) in Westeuropa folgte, konnte und sollte ein politischer Ausgleich zwischen Deutschland und Frankreich nicht erreicht werden. Der Ausbruch des Krieges 1914 emotionalisierte daher Deutsche und Franzosen gleichermaßen: die Deutschen in der Erwartung, den "Welschen" nachhaltig alle Ambitionen auf Ostexpansion auszutreiben, die Franzosen in dem Ziel, die Deutschen weit hinter den Rhein zurückzudrängen und die Schmach von 1870/71 wettzumachen. Nachdem der Krieg von 1914/18 erfolgreich für die Franzosen und ihre Verbündeten endete, legte der dem Zeitgeist entsprechende revanchistische Versailler Vertrag die Grundlagen für die tiefgreifende Staatskrise der jungen deutschen Republik und erleichterte es nunmehr revanchistischen Kreisen auf deutscher Seite, einen Ausgleich zwischen den Nachbarländern erfolgreich zu verhindern.

Siehe auch: Kategorie:Deutsch-Französischer Krieg, Kategorie:Deutsch-Französischer Krieg (Schlacht), Kategorie:Deutsch-Französischer Krieg (Person)

Literatur

  • Theodor Fontane: Band 1 - Der Krieg gegen Frankreich 1870-1871, Weißenburg - Wörth - Spicheren - Colombey -Vionville - Gravelotte - Sedan - Wilhelmshöhe - Straßburg - Toul - Metz, Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza, Reprint 1873/2004, ISBN 3-937135-25-1
  • Theodor Fontane: Band 2 - Der Krieg gegen Frankreich 1870-1871, Vor und in Paris vom 20. September bis 24. Dezember 1870 - Die großen Ausfallgefechte - Vor Paris im Dezember 1870 - Orleans, Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza, Reprint 1876/2004, ISBN 3-937135-26-X
  • Theodor Fontane: Band 3 - Der Krieg gegen Frankreich 1870-1871, Amiens - Dijon - Le Mans - Belfort -(Vor) Paris 25. Dezember 1870 bis 2. März 1871 - Bapaume = St. Quentin - Pontarlier, Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza, Reprint 1876/2004, ISBN 3-937135-27-8
  • Max Riemschneider: Ein Erfurter im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71, Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza, 2005, ISBN 3-937135-01-4
  • Sigismund von Dobschütz: „Wir sind dahin gekommen, ganze Dörfer niederzubrennen“ -– Briefe aus dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 und der Okkupationszeit 1872/73 von Paul von Collas an seine Eltern., Ostdeutsche Familienkunde (OFK), Heft 1/2006, Seite 321f., Verlag Degener & Co., Neustadt (Aisch) 2006, ISSN 0472-190X. -- (Paul von Collas war damals Generalstabsoffizier und Adjutant unter Karl Friedrich von Steinmetz und später unter General Edwin von Manteuffel, dessen Memoiren er schrieb.)