Pipeline

Art von Fernleitung, welche Druckrohrleitungen benutzt um Material über eine lange Distanz zu transportieren
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Eine Pipeline (v. engl.: pipe = Rohr, Röhre + line = Linie, Leitung, Verbindung) ist eine Rohrleitung zum Transport von Flüssigkeiten (z. B. Wasser oder Erdöl) oder Gasen (z. B. Erdgas).

Pipeline
Detail einer geflanschten Verbindung einer Pipeline

Pipelines werden für den Öl- und Gastransport über weite Entfernungen eingesetzt, wo sie trotz hoher Baukosten ökonomischer als Tankwagen sind. Einige Leitungen sind sogar mehrere tausend Kilometer lang, z. B. jene aus Sibirien bis Mitteleuropa oder von Alaska in die USA.

Beispielsweise transportiert eine Gaspipeline von Fahud nach Sohar (Oman) bei einem Durchmesser von 32 Zoll (81 cm) täglich 22,8 Mio m³ Erdgas über eine Entfernung von 305 km. Die 700 km lange Leitung zwischen Saih Nihayda und Salalah, ebenfalls in Oman, transportiert bei 24" Durchmesser (61 cm) pro Tag 5 Mio m³ Gas. Die 28" (71 cm)-Erdölpipeline Wilhelmshaven-Wesseling hat eine Jahreskapazität von 15,5 Mio Tonnen. Die Angabe der Transportkapazität erfolgt in sog. Nm³/h (Kubikmeter pro Stunde unter normierten Bedingungen).

Offshore

Als Offshore-Pipelines (vor der Küste) bezeichnet man Leitungen, deren Großteil unter Wasser auf dem Ozeanboden verläuft. Beim Bau wird eine längere Pipeline an Bord eines Spezialschiffes zusammengeschweißt, von wo aus sie in weitem Bogen - teilweise bis zum Grund des Meeres - hinunterhängt. Damit sie absinkt, wird sie mit einer Betonschicht beschwert, die mit einer Armierung aus Drahtgeflecht versehen ist. Zur Biege-Entlastung zieht das verankerte Fahrzeug mit einem Tensioner an der Pipeline. Dieser Tensioner (eine Zugmaschine) besteht aus zwei Raupenketten, zwischen denen die Pipeline eingespannt ist und unter Zugbelastung axial verschoben werden kann. Er gleicht mit einer intelligenten Steuerung auch die axiale Schwingungen aus, die der Seegang in die Pipeline einleiten könnte.

Wenn die Pipeline in horizontaler Lage gefertigt wird, führt man sie auf Rollen über eine kreisbogenförmige Stützkonstruktion, genannt Stinger und nennt dies das „S-Verfahren“. Wenn die Pipeline in geneigter Position gefertigt wird, um ein Biegemoment am Schiff zu vermeiden, ist nur ein sehr kurzer Stinger oder gar keiner nötig, und man nennt dies das „J-Verfahren“.

Bei der „Reel-Barge-Methode“ werden längere Rohrleitungsabschnitte in aufgerollter Form angeliefert und abgespult. Ein gefürchteter Schadensfall, den keine Versicherung abdeckt, ist beim Verlegen einer Pipeline das Biege-Beul-Versagen (engl.: buckling), wobei in größeren Meerestiefen der gewaltige hydrostatische Druck die Pipeline plattquetscht. Schlimmstenfalls kann sie auch vollaufen und ihr effektives Gewicht vervielfachen (engl.: wet buckling).

Offshore-Pipelines überbrücken nicht nur Meere, wie z. B. die Algerien-Sizilien-Pipeline, sondern sie verbinden auch Offshore-Öl- und Gasfelder mit dem Festland, wie beispielsweise die Pipeline Ekofisk-Emden.

Sicherheit

Pipelines arbeiten oft mit so hohen Drücken, dass das Pipelinematerial (z. B. Stahl) an seine Belastungsgrenzen kommen kann. Dadurch kann die sowieso vorhandene Korrosion noch verheerender wirken. Zusätzliche Belastungen können punktuelle Ereignisse wie Druckstöße (und deren Reflexionen und Überlagerungen damit) darstellen. Und nicht zuletzt können externe Ereignisse (Baggerarbeiten über der Leitung, ohne dass die Baumannschaft von der Gefahr weiß) Risiken bedeuten, die Leitungen sind schließlich typischerweise nur in Tiefen von 1 bis 2 m vergraben. Dies alles muss einerseits bei der Planung und andererseits im Dauerbetrieb beachtet werden.

Das Risiko ist natürlich auch vom transportierten Material abhängig. Gas bedeutet z. B. ein höheres Explosionsrisiko, aber ein kleineres in Hinsicht auf Verschmutzung; bei Rohöl ist es genau umgekehrt. Besonders in Ländern wie Russland (Gas und Rohöl) und Nigeria (Rohöl) sind leider viele Unfälle vorgekommen, mit teilweise hohen Zerstörungen und Verschmutzungen der Umgebung.

In der Praxis hat es in Deutschland diverse Unfälle mit Leitungsplatzern gegeben, die aber noch zu keinen größeren Verlusten bzw. Verunreinigungen geführt haben. Die Schwachstellen dabei waren z. B. Schweißnähte bei längsgeschweißten Rohren, aber auch bei Rohrkrümmern. Bei Drucktests (s. u.) wurden schon einzelne Rohre gefunden, die so beschädigt bzw. korrodiert waren, dass sie etwas später auch im Betrieb hätten versagen können.

In der Planung müssen sämtliche Betriebsfälle hinsichtlich Maximaldruck incl. Stoßbelastungen berücksichtigt werden. Dies führt insbesondere zur Auslegung der Wanddicken der verwendeten Rohre. Am Anfang, direkt hinter den Druckpumpen, die das Transportgut durch die Leitung drücken, tritt typischerweise der höchste Druck auf, also ist hier die größte Wanddicke notwendig. Zum Ende hin kann man die Wanddicke dann verringern, was nicht zuletzt ein Kostenfaktor ist. Aber auch hier muss die etwaige Stoßbelastung durch zufahrende Schieber o. ä. beachtet werden. Dies bedingt also zusätzliche Verstärkungen in der Nähe solcher Installationen, Pumpstationen, aber auch stärkeren Krümmungen. Bei Pipelines, die starke Steigungen (z. B. in den Alpen) aufweisen, muss auch die Wandstärke entsprechend erhöht werden.

Im Betrieb muss man einerseits kontinuierlich den Zustand der Leitung selbst überwachen, also vor allem Korrosion in jeder Form und an jedem Einzelelement, andererseits die genannten externen Risiken:

  • Korrosion wird am elegantesten mit zerstörungsfreier Werkstoffprüfung überwacht. Dazu benutzt man spezielle Molche, Einsatz z. B. im Abstand von einem oder wenigen Jahren.
  • Eine Vorbeugung gegen Korrosion wird z. B. durch gute Beschichtung (ggf. innen anders als außen) der Leitung sowie im Betrieb z. B. durch kathodischen Korrosionsschutz erreicht, der seinerseits einer kontinuierlichen Überwachung bedarf. Dazu muss z. B. im Jahresabstand der Spannungspegel am Rohr an ausgewählten (und dafür eingerichteten) Messstellen entlang der Leitung gemessen werden und ggf. die Stromzufuhr angepasst werden.
  • In größeren Abständen (mehrere Jahre) wird auch ein Drucktest durchgeführt, bei dem eine Leitung geleert wird und dann mit Wasser oder Luft gefüllt und auf einen Druck jenseits des maximalen Betriebsdrucks gebracht wird. Im Extremfall kann dann ein vorgeschädigtes Rohr platzen und muss dann ersetzt werden.
  • In der Betriebszentrale einer Pipeline wird der Zustand kontinuierlich überwacht, um vor allem plötzliche Druckabfälle (Leck?) zu erkennen. Zusätzlich wird meist eine Mengenbilanzierung durchgeführt, die die am Anfang eingespeiste mit der am Ende ankommenden Menge vergleicht und bei einer Differenz Alarm auslöst.
  • Zum Schutz gegen externe Beschädigungen werden Leitungen entweder durch Trassengänger oder durch z. B. wöchentliche Befliegung der Trasse mit Flugzeug oder Hubschrauber beobachtet. Aus der Luft lassen sich auch minimale Lecks durch etwaige Bodenverfärbungen erkennen, die am Boden selbst gar nicht auffallen würden. Ebenso erkennt man hier die Einrichtung von Baustellen und kann anschließend nachfragen, ob man dort über die Verhältnisse informiert ist.

Deutschland

Rund 80 % aller in deutschen Erdölraffinerien eingesetzten Rohölmengen werden durch Rohöl-Fernleitungen transportiert. Daneben dienen Fernleitungen auch dem Transport von Halbfertig- und Fertigprodukten (Produktenleitungen) zwischen den Raffineriezentren. Dabei können auch unterschiedliche Mineralölprodukte nacheinender durch die selbe Pipeline geschickt werden, wobei der Ausschuß durch Vermischung sehr gering bleibt. Das Rohölfernleitungsnetz in Deutschland hat eine Gesamtlänge von über 2000 km.

Für Deutschland wichtige Pipelines:

Rohöl- und Produktenleitungen Relationen

(*) Produktenleitung

Ethen-Pipelinesystem

Ein wichtiges Pipelineprojekt in Deutschland ist der Aufbau eines Netzes von Produktenleitungen für Ethen von Rotterdam über Antwerpen in den Raum Köln und weiter in den Emscher-Lippe-Raum. Die Landesregierungen von Niedersachsen und Schleswig-Holstein unterstützten eine Ethylen-Pipeline vom Ruhrgebiet an die deutsche Küste.

Gleichzeitig soll die nördlich und südlich der Elbe gelegenen Industriestandorte Brunsbüttel und Stade mit einer 54 Kilometer langen Chemie- und Gas-Pipeline verbunden werden. Schleswig-Holstein und Niedersachsen wollen mit der Pipeline die Rohstoffversorgung der Chemieunternehmen an der Küste und damit die Absatzmöglichkeiten für ihre Produkte im deutschen und europäischen Raum verbessern. Die geplante Verbindung ist zugleich ein Element im Chem-Coast-Projekt des Verbands der Chemischen Industrie (VCI). In Stade besteht Anschluss an eine Ethylen-Pipeline nach Böhlen in Sachsen. Darüber hinaus ist eine weitere Verbindung von Stade über Wilhelmshaven nach Gelsenkirchen vorgesehen, wo jeweils große chemische Fabriken bestehen.

Treibstoffversorgung von NATO-Einrichtungen

Für die Treibstoffversorgung von militärischen Einrichtungen der NATO besteht in Mitteleuropa das Pipelinenetz Central Europe Pipeline System (CEPS). Der 2.800 km lange deutsche Teil dieses Netzes wird in Friedenszeiten durch die Fernleitungs-Betriebsgesellschaft mbH (FBG) in Bad Godesberg betrieben. Befördert wird dabei raffinierter Treibstoff, und kein Rohöl.

Sonstige Flüssigkeiten und Gase

Prinzipiell kann jede Flüssigkeit und jedes Gas, das chemisch stabil ist, durch Pipelines geschickt werden. So wurden auch schon Getränkepipelines realisiert.

Bier

In der Schalke-Arena sind die verschiedenen Ausschankpunkte über eine 5 Kilometer lange Bierpipeline miteinander verbunden. Bei der bekannten Alpirsbacher Brauerei in Alpirsbach sind die Abfüllanlage und die Brauerei durch eine Bierpipeline miteinander verbunden. Auch die Tucherbrauerei in Nürnberg hat eine Bierpipeline zwischen ihrem Werk und einem Lager errichtet.

Österreich

In Österreichs Energiewirtschaft spielen Pipelines - sowohl zum Transport von Erdgas als auch zum Transport von Erdöl - eine wichtige Rolle. Österreich dient auch als wichtiges Transitland.

Erdöl

Die Erdölimporte erfolgen über die Transalpine Ölleitung (TAL), die im Hafen von Triest ihren Ausgang hat und durch Kärnten und Tirol bei Oberkappel Deutschland erreicht, wo sie noch bis Ingolstadt führt. Kurz nach der italienisch-österreichischen Grenze bei Arnoldstein zweigt von ihr im oberkäntner Würmlach, bei Kötschach-Mauthen, wo sich auch ein Tanklager befindet, die Adria-Wien Pipeline (AWP) ab, welche zur größten Binnenraffinerie der Welt in Schwechat führt. Diese Raffinerie ist die einzige Österreichs, abgesehen von Kleinanlagen. Die Leitung hat eine Länge von 420 km und überwindet mittels mehrerer Pumpstationen und Tunnel einen Höhenunterschied von 950 m. Über Koralpe und Wechsel pumpt sie 7,5 Millionen Tonnen nach Schwechat zur OMV-Raffinerie. Die Adria-Wien-Pipeline wurde 1970 in Betrieb genommen.

Die Gesamtlänge der Erdölpipelines in Österreich beträgt 663 Kilometer.

Erdgas

Durch Österreich verlaufen fünf große Erdgaspipelines. Die Trans-Austria-Gasleitung (TAG) durchquert Österreich von der slowakischen Grenze bis zur italienischen Grenze und stellt eine Verbindung zwischen Triest, Süditalien und Afrika im Süden, sowie der Ukraine und Russland im Osten her. Die zweite Erdgaspipeline, West-Austria-Gasleitung (WAG), beginnt ebenfalls an der slowakischen Grenze bei Baumgarten an der March, verläuft aber Richtung Westen, wo sie Linz durchquert und bei Passau die Grenze passiert. Die weiteren sind die Hungaro-Austria-Gasleitung (HAG), die Südost-Leitung (SOL) und die Penta-West (PW).

Der Knotenpunkt für die wichtigsten Erdgaspipelines in Österreich ist das niederösterreichische Baumgarten an der March, wo seit 1959, als die Förderstelle Zwerndorf erschlossen wurde, aus Osten (hauptsächlich Russland) stammendes Erdgas für den Inlandsverbrauch sowie nach Italien, Slowenien, Kroatien, Deutschland, Frankreich und Ungarn abgezweigt wird. Die Gesamtlänge der Erdgaspipelines in Österreich beträgt 2.722 Kilometer. Derzeit ist die Nabucco-Pipeline in Planung, welche 2011 fertiggestellt werden soll, und die Verteilungszentrale Baumgarten mit der Türkei verbinden soll. Über den tatsächlichen Bau dieses 4,6 Mrd. Euro teuren Projekts wird bis spätestens Ende 2007 entschieden.

Siehe auch

Commons: Pipeline – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • W. Krass, A. Kittel, A. Uhde (Hrsgb.): Pipelinetechnik - Mineralölfernleitungen, TÜV Handbücher Band 3. Verlag TÜV Rheinland, Köln 1979, ISBN 3-921059-32-1.