Westfalen

nordöstlicher Landesteil von Nordrhein-Westfalen
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Westfalen ist ein Landesteil Nordrhein-Westfalens, neben dem nördlichen Rheinland und Lippe. Das Gebiet entspricht im Wesentlichen der ehemaligen preußischen Provinz Westfalen.

Westfalen ist darüberhinaus eine historische Landschaft mit wechselnden Grenzen, die zeitweise weit über das heutige Westfalen hinaus reichten. Heute werden oft nur Bewohner des Landesteils als Westfalen wahrgenommen, obwohl der westfälische Einfluss auch anderswo erkennbar ist.

Das Westfalenpferd ist das Wappentier Westfalens.

Westfalen, Ostfalen, Ostwestfalen

Erstmalig tauchen die Westfalai im Jahre 775 als Bezeichnung eines Teilstamms der Sachsen westlich der Weser in den Fränkischen Reichsannalen auf. Doch den Stamm der Falen hat es wohl schon früher gegeben. Östlich von Paderborn wird das germanische Stammesgebiet fahala vermutet, das Land der Falen. Diese werden in einigen Quellen als Nachkommen oder Teilstamm der Cherusker angesehen. Da sich diese Zuordnung jedoch nur auf Ortsnamen und bruchstückhafte Textstellen stützt, gilt sie nicht als gesichert.

Auch die Bedeutung der Wortstammgruppe fal kann nicht eindeutig geklärt werden. Die Indogermanisten deuten sie entweder als „gepflügtes Land“ oder als „breit, flach“ (bezogen auf das Land) oder als „fahl, flachsfarben“ (vielleicht bezogen auf die Haarfarbe).

Neben den Westfalen gibt es bis ins 12. Jahrhundert die Ostfalen. Sie leben im östlichen Stammesgebiet der Sachsen. Der Name verschwindet und wird erst in der heutigen Zeit für eine Region in Südniedersachsen und dem westlichen Sachsen-Anhalt wieder verwendet.

Das Stammesgebiet der Westfalen reicht im 11. Jahrhundert vom Rhein bis zur Weser. Im ausgehenden Spätmittelalter charakterisiert die Schedel'sche Welchronik Westvalen als Gebiet zwischen Niederrhein und Weser, im Norden an Friesland grenzend, im Süden an das hessische Mittelgebirge. Obwohl es in der Geschichte kein einheitliches Herrschaftsgebiet in der Region gibt, hält sich der Name bis heute; jedoch werden unterschiedliche Gebiete und deren Bewohner als Westfalen oder Westphalen bezeichnet. Noch bis ins 19. Jhd. gelten Gebiete als westfälisch, die heute nicht mehr zu Westfalen gerechnet werden, deren Sprache und Kultur aber Ähnlichkeiten erkennen lässt.

Der heutige Landesteil Westfalen geht auf die Gründung der preußischen Provinz Westfalen zurück, die die Vorstellung der Menschen von Westfalen stark geprägt hat. Das geschichtliche und kulturelle Erbe wird vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe gepflegt, der die Einheitlichkeit der Raumes Westfalen-Lippe fördert.

Ostwestfalen ist der östliche Teil von Westfalen und bildet zusammen mit Lippe die nordrhein-westfälische Region Ostwestfalen-Lippe (OWL). Da Lippe nicht zu Westfalen gehört, ist die Region OWL also „landesteilübergreifend“.

Symbole

Wappen

Westfälisches Wappen  
Westfalen Nordrhein-Westfalen

Das westfälische Wappen in seiner historischen Fassung besteht aus einem roten Schild, auf dem sich das Westfalenpferd befindet. Seit dem Mittelalter ist das weiße, springende Pferd auf rotem Grund, das so genannte Sachsenross, mit dem Namen Westfalen verknüpft. Die aus graphischen Gründen zweckmäßige Haltung des erhobenen Pferdeschweifes gilt heute – im Gegensatz zum niedersächsischen Wappen - als wesentliches Charakteristikum des Westfalenpferdes. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe führt das westfälische Wappen noch heute in abgewandelter, modernisierter Version. Das westfälische Wappen ist zudem ein integraler Bestandteil des 1953 geschaffenen Landeswappens von Nordrhein-Westfalen.

Weitere Symbole

Auch das 1886 komponierte Westfalenlied gilt als eines der Symbole Westfalens. Eine bekannte westfälische Symbolfigur ist der Kiepenkerl, ausgestattet mit weitem blauen Hemd (Kittel), rotem Halstuch, Holzschuhen und seiner Kiepe, einem Tragkorb. Mit ihrer Kiepe auf dem Rücken zogen früher Krämer über Land und boten auf den Höfen wie in den Städten ihre Waren an. In vielen Städten, so auch in Bielefeld und Münster, hat man dem Kiepenkerl ein Denkmal aufgestellt.

Geographie

 
Mittelgebirgslandschaft im Sauerland

Im gegenwärtigen Westfalen leben etwa 8,2 Millionen Menschen in den Regionen Münsterland, Ostwestfalen, Sauerland (ohne das Hessische Upland) und Siegerland, das zum Großteil zu Westfalen gehört, sowie im mittleren und östlichen Teil des Ruhrgebiets, demnach im Westfälischen Ruhrgebiet. Der sauerländische und siegerländische Teil Westfalens wird Südwestfalen genannt.

Westfalen wird wahlweise Norddeutschland, Nordwestdeutschland oder Westdeutschland zugeordnet.

Relief

Während der Norden Westfalens von der Ebene der Westfälischen Bucht eingenommen wird, ist der Süden geprägt durch eine Mittelgebirgslandschaft. Die höchsten Erhebungen befinden sich im Zug des Rothaargebirges, das zugleich eine natürliche Grenze zu Hessen formt. Die bekannteste Erhebung dort ist der Kahle Asten mit 841 m, der mit 843 m an Höhe noch knapp vom benachbarten Langenberg übertroffen wird.

Teutoburger Wald (bis 446 m, Barnacken) und Eggegebirge (bis 468 m, Preußischer Velmerstot) sowie Weser- und Wiehengebirge, als Ausläufer der Mittelgebirge, umschließen die Westfälische Bucht im Osten und Norden. Am südlichen Rand liegen Ardeygebirge und Haarstrang. Der niedrigste Punkt der Ebene befindet sich im Übergang der Landschaft zum Niederrhein bei Isselburg mit einer Landhöhe von rund 10 m.

Die Mitte Westfalens wird gebildet durch den sanften Anstieg der Hellwegbörden. Sie sind geprägt durch fruchtbare Lößböden. Die in dieser Landschaft entlang des Hellwegs liegenden Städte bildeten im Mittelalter die Zentralachse Westfalens.

Flüsse

 
Die Ruhr bei Witten

Der wasserreichste Fluss in Westfalen ist die Weser, die bei Porta Westfalica mit der Westfälischen Pforte das Wiehen- und Wesergebirge druchbricht. Zum Einzugsgebiet des Rheins gehören die Ruhr mit den Nebenflüssen Möhne, Lenne und Volme, die Emscher und die Lippe. Die am Teutoburger Wald entspringende Ems durchfließt mit einem eigenen Einzugsgebiet den Osten und Norden der Westfälischen Bucht.

Siehe auch: Liste der Landschaften in Nordrhein-Westfalen

Das westfälische Städtesystem

Großstädte in Westfalen[1]
Stadt Einwohner (2005)
Dortmund 588.168
Bochum 385.626
Bielefeld 326.925
Münster 270.868
Gelsenkirchen 268.102
Hagen 196.934
Hamm 184.239
Herne 170.992
Paderborn 143.769
Recklinghausen 121.827
Bottrop 119.356
Siegen 106.293

siehe auch Mittelalterliche Grundlagen des westfälischen Städtesystems

Die Grundstruktur des heutigen westfälischen Städtesystems entstand bereits im Mittelalter. Fast flächendeckend bildete sich ein dichtes Netz von Orten mit städtischen Rechten. Im Verlauf der Wirtschaftsgeschichte Entwicklung vor allem im Zusammenhang mit der Industrialisierung kam es zu einer sehr differenzierten Entwicklung. Einige Orte mit Stadtrechten etwa im Hochsauerland kamen über dörfliche Dimensionen nicht hinaus. Selbst Arnsberg als Sitz eines Regierungspräsidiums blieb eine Kleinstadt und wuchs erst mit der kommunalen Neugliederung seit 1975 zu einer Mittelstadt an. Dagegen sorgte die Montanindustrie im Ruhrgebiet in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für eine rasche Zunahme der städtischen Bevölkerung und für das Entstehen einer großstädtischen Verdichtungszone. Dazu zählen Dortmund, Bochum, Herne, Gelsenkirchen, Bottrop, Castrop-Rauxel,Recklinghausen oder Gladbeck. Daran schließen sich südlich davon eine Zone von industriell geprägten Mittelstädten wie Hagen, Iserlohn oder Lüdenscheid an. Östlich bildet Hamm einen Übergang in die ländliche Hellwegzone. Neben dem westfälischen Ruhrgebiet gibt es mit Münster und Paderborn wichtige für ihr Umland. Für das südliche Westfalen und für das Siegerland bildet die Stadt Siegen einen ähnlichen Siedlungsschwerpunkt. In Ostwestfalen war die Verwaltungsstadt Minden längere Zeit ein wichtiges Zentrum ehe mit der Industrialisierung Bielefeld und später auch Gütersloh hinzukamen. Einige Städte wie Münster, Dortmund oder Hamm haben für ganz Westfalen zentrale Funktionen.

Geschichte

Hauptartikel: Geschichte Westfalens

Vor- und Frühgeschichte

 
Schädel einer Steinzeitfrau, entdeckt im Jahr 2004 in einer Höhle bei Hagen-Hohenlimburg

Westfalen ist eine alte Kulturlandschaft. Erste Spuren einer menschlichen Besiedlung sind von Neandertalern aus der Altsteinzeit bekannt. Aus der Mittelsteinzeit stammen die ältesten Skelettfunde von anatomisch modernen Menschen, deren Alter auf mehr als 10.700 Jahre geschätzt wird. Die Jungsteinzeit ist mit besonders gut erhaltenen Skelettresten der Michelsberger Kultur belegt und mit Megalithanlagen der Trichterbecherkultur und der Wartbergkultur. Insgesamt finden sich die Reste oder Hinweise auf 15 Ganggräber und 17 Galeriegräber. Die während der Jungsteinzeit in Westfalen lebenden Menschen profitierten vom Bergbau auf Feuerstein und anderen Rohstoffen. Steinwerkzeuge und Rohstoffe wurden über weite Entfernungen transportiert.

In der Römerzeit war das Gebiet von germanischen Stämmen besiedelt. Der Versuch, es unter die direkte Herrschafts Roms zu bringen, scheiterte 9 n. Chr. nach der Varusschlacht. Im Gegensatz zum Rheinland mit seinen Römerstädten blieb das Gebiet Westfalens agrarisch geprägt.

Frühmittelalter

Als historischer Begriff traten die Westfalen zuerst in den Reichsannalen Karls des Großen als Teilstamm der Sachsen hervor. In dem jahrzehntedauerenden Krieg wurden die Sachsen und mit ihnen die Westfalen in den fränkischen Staat eingegliedert. Ein zentrales Mittel dazu war nach der militärischen Unterwerfung die Christianisierung des Landes durch Gründungen von Bistümern, Klöstern und Pfarrkirchen. Politisch wurde das Gebiet in Grafschaften eingeteilt, die überwiegend vom einheimischen Adel besetzt wurden.

 
Klosterkirche Corvey

In dieser frühen Zeit war Westfalen als Siedlungsgebiet der „Westfalai“ ein einigermaßen klar abgegrenzter historischer Raum. Dies hat sich in den folgenden Jahrhunderten deutlich geändert. Westfalen war zwar bis 1180 ein Teil des alten Herzogtums Sachsen, aber da keine nennenswerte zentrale herzogliche Macht bestand, begannen sich bereits im Frühmittelalter eine Reihe weltlicher und geistlicher Territorien herauszubilden. Nach der Zerschlagung des alten sächsischen Herzogtums wurden die Kölner Erzbischöfe nominell zwar „Herzöge von Westfalen“, ihnen gelang es allerdings ebenfalls nicht, diesen Anspruch gegen die bestehenden Territorialherren durchzusetzen. Ihre faktische Macht beschränkte sich auf das „Herzogtum Westfalen“, ein Gebiet im südlichen Teil Westfalens. Diese territoriale Zersplitterung blieb während des gesamten Mittelalters und der frühen Neuzeit Kennzeichen des westfälischen Raumes. Wenn die mittelalterlichen oder frühneuzeitlichen Zeitgenossen von Westfalen sprachen, hatten sie überwiegend kulturelle und sprachliche Gemeinsamkeiten im Blick.

Für die Geschichte Westfalens wichtige Territorien waren die Hochstifte Münster, Paderborn und Minden und als Nebenland des kurkölner Staates das Herzogtum Westfalen. Unter den weltlichen Herrschaften ragen die Grafschaften Mark, Tecklenburg und Ravensberg hervor. Hinzu kamen im Mittelalter und in der frühen Neuzeit das später außerhalb der Provinz Westfalen gelegene Land Lippe, Teile des Bistum Bistums Osnabrück und einige weitere Gebiete. Daneben gab es noch zahlreiche kleinere weltliche und geistliche Herrschaften, wie die Stifte Herford oder Corvey, die Grafschaften Limburg oder Hoya.

Hoch- und Spätmittelalter

Vor diesem territorial zersplitterten Hintergrund vollzog sich die politische Geschichte dieses Raumes während des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Die zunächst starken Grafen von Werl-Arnsberg büßten gegen die vordringende Macht der kölner Erzbischöfe einen erheblichen Teil ihres Einflusses ein, eher dieses Gebiet durch Schenkung 1368 ganz an Köln fiel. Abgelöst wurde dies durch die Konkurrenz zwischen Köln und der Grafschaft Mark. Diese endete mit der Schlacht von Worringen mit der Schwächung Kölns. Seither hat es keine wirklich dominierende Kraft im westfälischen Raum mehr gegeben und die Grenzen änderten sich von Ausnahmen abgesehen nur durch Erbteilung oder das Erlöschen eines adeligen Hauses.

Neben den adeligen und geistlichen Territorialherren wuchs seit dem Hochmittelalter die Bedeutung der Städte. Dortmund stieg zur freien Reichsstadt auf und die Erzbischöfe von Paderborn und Münster mussten vor den selbstbewussten Bürgern ihrer Hauptstädte in Residenzen im Umland ausweichen. Die bedeutenden Städte betrieben zunehmend eine eigenständige Politik, gingen Bündnisse untereinander ein und schlossen sich der Hanse an.

Reformation, Konfessionalisierung und Dreißigjähriger Krieg

Einen tiefen Einschnitt bedeutete für Westfalen die Reformation. Sie trat gewissermaßen als Fortsetzung der selbstbewussten Politik der spätmittelalterlichen Traditionen als Städtereformation auf, ehe es den Landesherren gelang, ihre religiöse Position entweder als Befürworter der Reformation oder der Gegenreformation durchzusetzen. Auf den ersten Blick ein Sonderfall der Reformation im gesamteuropäischen Rahmen war das endzeitliche Täuferreich in Münster. Schaut man genauer hin begann diese Entwicklung jedoch als ein klassisches – wenn auch radikalisiertes – Beispiel der Städtereformation und endete mit dem Sieg des Bischofs als Durchsetzung der fürstlichen Macht. Sieht man von der Reichsstadt Dortmund ab, zeigte der Verlauf der Reformation, dass nunmehr die Landesherren gegenüber den Städten in einer deutlich stärkeren Position waren und begannen – mit unterschiedlichen Erfolg – die Mitregierung der Stände zurückzudrängen.

 
Beschwörung des Friedens von Münster am 15. Mai 1648 (zeitgenössisches Gemälde von Gerard Terborch)

Die Reformation führte auf längere Sicht zu einer tiefgreifenden bis heute nachwirkenden konfessionellen und kulturellen Spaltung zwischen dem protestantischen und dem katholischen Westfalen.

Während des Dreißigjährigen Krieges wurden auch Teile Westfalens von den direkten und indirekten Kriegsfolgen betroffen. Die Siege und Niederlagen der jeweiligen Seiten lösten einander ab. Aber unabhängig von der Konfession hatte die Bevölkerung unter Kontributionen, Plünderungen und Seuchen zu leiden. Der westfälische Doppelfriede von Münster und Osnabrück hat den Krieg beendet.

Der Friedenskongress war ein europäisches Ereignis ersten Ranges. Der erste Erfolg war der Friede von Münster zwischen den Niederlanden und Spanien, der den 80-jährigen Freiheitskampf der Niederländer beendete.

Westfalen im 18. Jahrhundert

 
Clemens August I. (Kurfürst von Köln, Bischof von Münster, Paderborn, Osnabrück und Hildesheim)

Grundsätzlich änderte sich aber am Gegensatz zwischen Katholiken und Protestanten kaum etwas. Durch Erbschaft war das Kurfürstentum Brandenburg inzwischen zur dominierenden Kraft im protestantischen Lager Westfalens aufgestiegen und besaß neben der Grafschaft Mark auch die Herrschaft über das ehemalige Bistum Minden und die Grafschaft Ravensberg. Während es Brandenburg-Preußen mehr oder weniger gelang, den absoluten Herrschaftsanspruch des Kurfürsten beziehungsweise Königs durchzusetzen, blieben dieser Versuch in den katholischen geistlichen Gebieten zumeist erfolglos, und die Stände konnten ihr Mitspracherecht weitgehend bewahren. Dies hatte im 18. Jahrhundert erhebliche Folgen für die Modernisierungsbemühungen. Während in den preußischen Gebieten etwa die Wirtschaftsförderung „von oben“ erfolgreich war, scheiterten viele entsprechende Ansätze im Zeichen der Aufklärung im katholischen Westfalen nicht selten an den jeweiligen ständischen Interessen. Auch im 18. Jahrhundert blieb Westfalen etwa im Siebenjährigen Krieg nicht von den allgemeinen politischen Entwicklungen verschont.

Allerdings kam es im 18. Jahrhundert wirtschaftlich in verschiedenen Teilen Westfalens zu einem beträchtlichen Wirtschaftsaufschwung. In Minden-Ravensberg nahm die Bedeutung der heimgewerblichen, protoindustriellen Textilindustrie erheblich zu, und in Südwestfalen belebte sich die, durch den dreißigjährigen Krieg in die Krise geratene, Eisenproduktion und -verarbeitung. Während diese Entwicklung die aus verschiedenen Gründen wachsende landlose und landarme Bevölkerung zumindest notdürftig ernähren konnte, nahm in den agrarischen Gebieten des Münster- und Paderbornerlandes die Suche nach auswärtigen Verdienstmöglichkeiten zu.

Ende des Alten Reiches und Königreich Westfalen

Ein tiefgreifenden Bruch mit der seit dem frühen Mittelalter entstandenen territorialen Struktur bedeutete die Aufhebung der geistlichen Staaten im Zuge des Reichsdeputationshauptschlusses. Sofern diese Gebiete nicht an Preußen fielen, wurden mit ihnen meist landfremde Fürsten abgefunden, die durch französische Annexionen im Rheinland ihren bisherigen Besitz verloren hatten. Das 1809 entstande napoleonische „Königreich Westfalen“ griff zwar auf den Namen zurück, umfasste aber nur einige als westfälisch geltende Gebiete.

Provinz Westfalen

 
Provinz Westfalen (1905)

Hauptartikel: Provinz Westfalen

Erst mit der preußischen Provinz Westfalen entstand seit 1815/16 ein einheitliches politisches Gebilde. Wie der heutige Landesteil von Nordrhein-Westfalen war die Provinz deutlich kleiner als das „kulturelle Westfalen“ der frühen Neuzeit.

Als preußische Provinz Westfalen waren von 1816 bis 1946 erstmals ein großer Teil der westfälischen Territorrien Teil einer politischen Einheit. Die Provinzhauptstadt und Sitz des Oberpräsidenten war Münster. Die neue Provinz umfasste im Wesentlichen die bereits vor 1800 zu Preußen gehörigen Gebietsteile Minden, die Grafschaften Mark und Ravensberg, Tecklenburg sowie die nach 1803 an Preußen gelangten Fürstbistümer Münster und Paderborn sowie einige kleinere Herrschaften, darunter die Grafschaften Nassau-Siegen und Limburg/Lenne. Im Jahr 1816 kam noch das Herzogtum Westfalen hinzu.

Die Provinz Westfalen bestand aus einem nahezu geschlossenen Gebiet und war verwaltungsmäßig in die Regierungsbezirke Arnsberg, Minden und Münster gegliedert. 1816 wurde der Landkreis Essen in die Rheinprovinz eingegliedert. 1851 und auch während der Weimarer Republik wurden die Grenzen der Provinz geringfügig verändert.

Vor diesem Hintergrund entwickelte sich im 19. und 20. Jahrhundert – gefördert auch von den Landesbehörden – stärker als zuvor ein westfälisches Selbstverständnis. Dieses stand dabei aber stets in Konkurrenz mit dem Nationalstaat, den regionalen und lokalen Traditionen. Einige der nicht in die preußische Provinz eingegliederten Territorien, die lange zum westfälischen Kulturraum gehört hatten, blieben unabhängige Teile des Deutschen Bundes und bildeten wie die Länder Oldenburg und Lippe eigene Bundesstaaten des Deutschen Reiches nach 1871. In ihnen nahm die Idenfikation mit Westfalen im 19. und 20. Jahrhundert ab, stattdessen entwickelte sich ein teilweise starkes eigenständiges Landesbewusstsein.

Damit waren neben protestantischen auch katholische Gebiete in der neuen Provinz vereint. Vor allem die Integration des katholischen Westfalens stellte die preußischen Behörden vor erhebliche Herausforderungen. Für die Fernwirkung der konfessionellen Spaltung spricht bis weit ins 20. Jahrhundert hinein eine sehr unterschiedliche politische Kultur in den protestantischen und katholischen Gebieten.

 
Harkorts Fabrik in den Ruinen der Burg Wetter

Geprägt wurde die Entwicklung der Provinz während des 19. Jahrhundert vom industriellen Aufstieg des westfälischen Ruhrgebiets und der damit einhergehenden Differenz zwischen Stadt und Land. Im 20. Jahrhundert lässt sich nur noch ansatzweise von einer eigenständigen westfälischen Geschichte sprechen, da die Entwicklung in diesem Gebiet vor allem die Vorgänge in Deutschland insgesamt widerspiegelt.

Inflation, Ruhrkampf oder große Auseiandersetzungen zwischen Arbeitgebern oder Arbeitnehmern wie der Ruhreisenstreit sowie die Folgen der Weltwirtschaftskrise betrafen während der Weimarer Republik nicht zuletzt auch die Industriegebiete Westfalens. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Provinz politisch gleichgeschaltet und führte kein nenneswertes Eigenleben mehr. Wie in ganz Deutschland wurden Regimegegner und jüdische Einwohner verfolgt und Behinderte getötet. Während des zweiten Weltkriegs wurden auch aus Westfalen Juden in die Vernichtungslager transportiert. Vor allem in der zweiten Kriegshälfte wurde die Provinz Ziel von alliierten Bombenangriffen und in den letzten Kriegsmonaten auch Schauplatz von Bodenkämpfen.

Die englische Militärregierung machte 1946 die Provinz Westfalen zu einem Teil des neuen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen, das mit dem Beitritt des Landes Lippe 1947 seine heutige Gestalt bekam.

Politik und Verwaltung

Westfalen als Landesteil des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Provinz Westfalen mit ihren Regierungsbezirken Arnsberg, Minden und Münster zunächst Teil der Britischen Besatzungszone und durch die Verordnung Nr. 46 der Militärregierung vom 23. August 1946 Betreffend die Auflösung der Provinzen des ehemaligen Landes Preußen in der Britischen Zone und ihre Neubildung als selbständige Länder mit dem Nordteil der ehemaligen Preußischen Rheinprovinz zum Land Nordrhein-Westfalen vereinigt.

Mit dem Beitritt des Landes Lippe 1947 nach NRW wurde der nur westfälische Territorien umfassende Regierungsbezirk Minden mit dem Gebiet des ehemaligen Freistaates zum neuen Regierungsbezirk Minden-Lippe mit Sitz in Detmold vereinigt und am 2 Juni 1947 umbenannt in Regierungsbezirk Detmold.

Westfalen ist damit einer der drei Landesteile des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Der Sitz des Landtages und der Landesregierung des Bundeslandes ist das rheinische Düsseldorf; der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen und das Oberverwaltungsgericht des Bundeslandes sind in der ehemaligen westfälischen Provinzialhauptstadt Münster ansässig.

Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Die Kreise und kreisfreien Städte der Landesteile Westfalen und Lippe sind im Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) zusammengeschlossen mit gleichen Rechten und Pflichten. Die Kreistage und Stadtparlamente wählen ihre Vertreter in die Landschaftsversammlung, die wiederum den Landesdirektor wählt, Grundsatzangelegenheiten entscheidet und den Haushalt verabschiedet.

Die Aufgaben des Landschaftsverbands reichen von der Sorge für behinderte Menschen, dem Betrieb von Kliniken und Schulen bis zu der Förderung der Kultur und dem Betrieb von Museen in beiden Landesteilen. Der Betrieb von Verkehrsunternehmungen wurde der Westfälischen Verkehrsgesellschaft mbH übertragen.

Vorläufer des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe war der 1886 geschaffene Provinzialverband der preußischen Provinz Westfalen, dessen Verfassung weitgehend der des heutigen Landschaftsverbands entsprach.

Regierungsbezirke und Kreise

Der Landesteil Westfalen gliedert sich in die Regierungsbezirke

Das Gebiet des Kreises Lippe entspricht dem Landesteil Lippe. Die historische Entwicklung der Verwaltungsstruktur wird in den Artikeln zu den Regierungsbezirken ausführlich beschrieben. Die Regierungsbezirke, Kreise und kreisfreien Städte sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt.

Kreis Verwaltungssitz Fläche (km²) Einwohner Bemerkungen
Regierungsbezirk Arnsberg
Ennepe-Ruhr-Kreis Schwelm 408 343.834 (2005) am 1. August 1929 aus dem Landkreis Schwelm und großen Teilen der Landkreise Hagen und Hattingen gebildet, am 1. Januar 1975 bei Gebietsabtretungen an die Stadt Hagen um die kreisfreie Stadt Witten vergrößert
Hochsauerlandkreis Meschede 1.959 276.756 (2005) am 1. Januar 1975 aus dem Kreis Brilon, großen Teilen der Kreise Arnsberg und Meschede und kleinen Teilen der Kreise Büren und Wittgenstein neu gebildet
Märkischer Kreis Lüdenscheid 1.059 450.478 (2005) am 1. Januar 1975 aus der kreisfreien Stadt Iserlohn, dem Kreis Lüdenscheid, großen Teilen des Kreises Iserlohn und kleinen Teilen des Kreises Arnsberg neu gebildet
Kreis Olpe Olpe 710 142.047 (2005) am 1. Juli 1969 um kleine Teile des Landkreises Meschede vergrößert
Kreis Siegen-Wittgenstein Siegen 1.132 292.089 (2005) ab dem 1. Januar 1984, vorher Kreis Siegen
Kreis Soest Soest 1.327 308.841 (2005) am 1. Juli 1969 um kleine Teile des Landkreises Beckum und am 1. Januar 1975 um das Gebiet des Kreises Lippstadt und kleine Teile der Kreise Arnsberg, Beckum und Büren erweitert
Kreis Unna Unna 543 425.232 (2005) am 17. Oktober 1930 durch Umbenennung des Landkreises Hamm entstanden, am 1. Januar 1975 bei Gebietsabtretungen an die Stadt Hamm um die kreisfreie Stadt Lünen und Teile der Kreise Iserlohn und Lüdinghausen vergrößert
Stadt Bochum 145 377.393 (2006) ab dem 24. Mai 1876 mit Vergrößerungen des Stadtgebietes am 1. April 1904, 1. April 1926, 1. August 1929 und am 1. Januar 1975 (kreisfreie Stadt Wattenscheid)
Stadt Dortmund 280 588.168 (2005) ab dem 15. Februar 1875 mit Vergrößerungen des Stadtgebietes am 1. April 1905, 10. Juni 1914, 1. April 1918, 1. April 1928 (kreisfreie Stadt Hörde und große Teile des Landkreises Dortmund), 1. August 1929 (große Teile des Landkreises Hörde) und 1. Januar 1975 (kleine Teile des Kreises Iserlohn)
Stadt Hagen 160 199.512 (2005) ab dem 1. April 1887 mit Vergrößerungen des Stadtgebietes am 1. April 1901, 1. August 1929 und 1. Januar 1975 (Teile des Kreises Iserlohn)
Stadt Hamm 226 184.556 (2005) ab dem 1. April 1901 mit Vergrößerungen des Stadtgebietes am 1. Januar 1968 (kleine Teile des Landkreises Unna) und am 1. Januar 1975 (Teile der Kreise Beckum, Lüdinghausen und Unna)
Stadt Herne 51 165.803 (2006) ab dem 1. Juli 1906 mit Vergrößerungen des Stadtgebietes am 1. April 1908, 1. April 1926, 1. April 1928, 1. August 1929 und 1. Januar 1975 (kreisfreie Stadt Wanne-Eickel)
Regierungsbezirk Detmold
Kreis Gütersloh Gütersloh 967 352.979 (2005) am 1. Januar 1973 aus dem Kreis Wiedenbrück, großen Teilen des Kreises Halle (Westf.) und kleinen Teilen des Kreises Bielefeld neu gebildet, am 1. Januar 1975 um kleine Teile des Kreises Warendorf vergrößert
Kreis Herford Herford 450 254.633 (2005) am 1. Januar 1969 um die bisher kreisfreie Stadt Herford und am 1. Januar 1973 um Teile des Kreises Minden bei Abtretung eines kleinen Gebiets an den neuen Kreis Minden-Lübbecke vergrößert
Kreis Höxter Höxter 1.200 153.912 (2005) am 1. Januar 1970 Gebietsabtretungen an den lippischen Kreis Detmold, am 1. Januar 1975 um den Kreis Warburg vergrößert
Kreis Minden-Lübbecke Minden 1.152 322.156 (2005) am 1. Januar 1973 aus dem Kreis Lübbecke, großen Teilen des Kreises Minden und kleinen Teilen des Kreises Herford neu gebildet
Kreis Paderborn Paderborn 1.245 296.433 (2006) am 1. Januar 1970 Gebietsabtretungen an den Kreis Bielefeld, am 1. Januar 1975 um große Teile des Kreises Büren vergrößert
Stadt Bielefeld 259 328.673 (2005) ab dem 1. Oktober 1878 mit Vergrößerungen des Stadtgebietes am 1. April 1900, 31. Januar 1907, 1. Oktober 1930 und 1. Januar 1973 (Teile des Landkreises, 1973 Kreises Bielefeld)
Regierungsbezirk Münster
Kreis Borken Borken 1.419 367.836 (2005) am 1. Januar 1975 um den Kreis Ahaus, die kreisfreie Stadt Bocholt und kleine Teile der Kreise Coesfeld, Recklinghausen und Rees vergrößert
Kreis Coesfeld Coesfeld 1.110 221.001 (2005) am 1. Januar 1975 bei Gebietsabtretungen an den Kreis Borken um große Teile des Kreises Lüdinghausen und kleinere Teile des Kreises Münster vergrößert
Kreis Recklinghausen Recklinghausen 760 648.022 (2005) am 1. Januar 1975 bei Gebietsabtretungen an die kreisfreie Stadt Bottrop und die Kreise Borken und Wesel um die kreisfreien Städte Castrop-Rauxel, Recklinghausen und am 1. Juli 1976 Gladbeck vergrößert
Kreis Steinfurt Steinfurt 1.791 444.231 (2005) am 1. Januar 1975 um den Kreis Tecklenburg und Teile des Kreises Münster vergrößert
Kreis Warendorf Warendorf 1.319 283.395 (2005) am 1. Januar 1975 bei Gebietsabtretungen an den Kreis Gütersloh um große Teile des Kreises Beckum und kleine Teile der Kreise Lüdinghausen und Münster vergrößert
Stadt Bottrop 101 119.655 (2005) ab dem 1. Januar 1921 mit Vergrößerung des Stadtgebietes am 1. Juli 1976 (kleiner Teil des Kreises Recklinghausen), nachdem die am 1. Januar 1975 erfolgte Fusion mit der kreisfreien Stadt Gladbeck zum 6. Dezember 1975 gerichtlich aufgehoben worden ist
Stadt Gelsenkirchen 105 269.972 (2006) ab dem 1. April 1897 mit Vergrößerungen des Stadtgebietes am 1. April 1903 und am 1. April 1926, bis zum 31. März 1928 im Regierungsbezirk Arnsberg, am 1. April 1928 um die kreisfreie Stadt Buer und einen kleinen Teil des Landkreises Recklinghausen vergrößert, in Gelsenkirchen-Buer umbenannt und in den Regierungsbezirk Münster gewechselt, ab 21. Mai 1930 wieder Gelsenkirchen, am 1. Januar 1975 um einen kleinen Teil des Kreises Recklinghausen vergrößert
Stadt Münster 303 270.868 (2005) mit Vergrößerungen des Stadtgebietes am 1. Januar 1875, 1. April 1903 und 1. Januar 1975 (Teile des Landkreises, 1975 Kreises Münster)

Zur Entwicklung der Gebiete von Städte und Gemeinden seit 1858 siehe auch:

Zukünftige Entwicklung

Seit den 80er Jahren wird in Nordrhein-Westfalen diskutiert, die westfälischen Teile des Ruhrgebietes von den Regierungsbezirken Arnsberg und Münster zu lösen und gemeinsam mit dem rheinischen Teil der Städtelandschaft in einem eigenen Regierungsbezirk zu vereinen (siehe Regionalverband Ruhr); eine Idee die, bereits in den 20er Jahren erstmals angedacht wurde. Die verbleibenden Regierungsbezirke sollen nach den heutigen Vorstellungen dann zu zwei neuen Regierungsbezirken oder auch nur Regionalverbänden Westfalen und Rheinland zusammengelegt werden. Die Umsetzung dieser Ideen wird zur Zeit in eine konkrete Planung geführt. Die Parteien der aktuellen schwarz-gelben Landesregierung haben die Bildung dreier Regionalpräsidien anstelle der bisherigen Regierungsbezirke in NRW angekündigt.

Die Umsetzung dieser Idee stößt allerdings vor allem in Westfalen auf Kritik, da hier die Angst umgeht, dass das starke Rheinland und das gewichtige Ruhrgebiet westfälische Interessen in der Landespolitik verdrängen könnten. Es geht die Angst vor „Restfalen“ um. Auch in Lippe regt sich Widerstand, da die Planungen auch staatsrechtliche Fragen berühren, da sowohl der betroffene Regierungsbezirk Detmold als auch der Landesverband Lippe im Rahmen des Beitrittes des ehemaligen Freistaates Lippe nach Nordrhein-Westfalen 1947 in den Lippischen Punktationen mit klaren Zusagen an Lippe geregelt wurden.


Kultur

Archikektur und bildene Kunst

 
Mittelschiff der Soester Wiesenkirche

Aus karolingischer Zeit sind in Westfalen nur wenige Beispiele der Baukunst erhalten. Dazu gehört etwa das Westwerk des Klosters Corvey (873-885). Aus ottonischer Zeit bemerkenswert ist die Bartholemäuskapelle in Paderborn. Wichtige Beispiele für den gotischen Stil sind die Dome in Minden und Paderborn. Hochgotisch (nach 1377) ist die Soester Wiesenkirche. Ein Beispiel von Profanbauten, die auf diese Zeit zurückgehen, ist das Rathaus in Münster. Beispiel der Weserrenaissance sind die Burgen beziehungsweise Schlösser in Neuhaus oder Brake. Bürgerlichen Bauwillen dieser Zeit repräsentieren die Rathäuser in Bocholt, Lemgo oder Paderborn. Bildhauer wie Heinrich und Gerhard Gröninger standen in Westfalen am Übergang zum Barock. Europäischen Rang hatten in Westfalen nur wenige Barockbauwerke. Dazu zählt insbesondere der Erbdrostenhof in Münster (1753-57). Der frühe Klassizismus ist etwa im Schloss Hüffe repräsentiert. Der an Karl Friedrich Schinkel orientierte Klassizismus des frühen 19. Jahrhunderts hat in Arnsberg stadtbildprägende Kraft entfaltet. Im weiteren Verlauf des Jahrhunderts dominierten Neoromanik und Neogotik. Diese Zeit war eine Hochzeit der Denkmale. Dazu zählen etwa das Hermannsdenkmal oder das Kaiser-Wilhelm Denkmal bei Porta Westfalica. Um 1900 erreichte der Jugendstil Westfalen. Karl Ernst Osthaus holte Henry van de Velde nach Hagen und begann mit der Sammlung moderner Kunst. Aus Westfalen stammten Künstler des frühen 20. Jahrhunderts wie August Macke oder Wilhelm Morgener. Nach dem zweiten Weltkrieg versuchten einige Künstler rasch wieder Anschluss an die europäische Entwicklung zu finden („Westfälische Sezession 1945“ in Hagen. In den 1950er Jahren fand auch die Architektur wieder Anschluss an die internationale Entwicklung. Der Theaterneubau 1956 in Münster wurde von der Fachwelt als „befreiender Donnerschlag“ gefeiert. Anerkennung fand in den sechziger Jahren die Kunsthalle in Bielefeld (1968).

Museen

Westfalen hat eine vielgestaltige Museums- und Ausstellungslandschaft. Neben zahlreichen Lokal- und Regionalmuseen gibt es einige Einrichtungen mit einem gesamtwestfälischen Anspruch. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe ist im kulturellen Bereich in erster Linie im Bereich des Museumswesens tätig. Von ihm getragen wird unter anderem das dezentrale Westfälische Industriemuseum, dass an verschiedenen Standorten Einblicke in die Industriekultur Westfalens bietet. Das Westfälisches Freilichtmuseum Hagen ist eine Sammlung historischer Produktionsstätten vorwiegend aus vorindustrieller Zeit. Mit einem vergleichbaren Konzept konzentriert sich das Westfälische Freilichtmuseum Detmold auf die ländliche Kulturlandschaft.

Das Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte in Münster ist von seinem Selbstverständnis her das zentrale Kunstmuseum Westfalens, mit einem diesen Regionalbezug ausdrückenden Sammlungsschwerpunkt. Bedeutende Sammlungen moderner und Zeitgenössischer Kunst in Westfalen besitzen das Dortmunder Museum am Ostwall und, als Neugründung von 2005, das MARTa in Herford.

Im Westfälischen Museum für Archäologie in Herne finden sich zahlreiche archäologische Funde aus verschiedenen Epochen, während das Westfälisches Römermuseum in Haltern sich mit der römischen Kaiserzeit beschäftigt.

Neben den vom Landschaftsverband betriebenen Mussen, gibt es weitere Einrichtungen mit gesamtwestfälischem oder gar gesamtdeutschen Anspruch, dazu gehört unter anderem das Jüdische Museum in Dorsten. Die bedeutende Bergbauvergangenheit und -gegenwart wird im Deutschen Bergbau-Museum in Bochum dokumentiert.

Theater

 
Das Schauspielhaus Bochum ist eine der wichtigsten deutschsprachigen Bühnen

In Westfalen ist mit dem Schauspielhaus Bochum eine der bedeutendsten deutschen Sprechbühnen beheimatet. Das heutige Haus wurde im Herbst 1953 als einer der ersten Theaterneubauten der Bundesrepublik Deutschland eingeweiht. Auch die anderen regionalen Zentren unterhalten eigene Spielstätten. Das 1904 gegründete Theater Dortmund spielt heute in einem modernen Haus aus den 1960er Jahren. Die Städtischen Bühnen Münster konnten für ihr Vierspartentheater 1956 einen Neubau beziehen und eine seit 1774 währende Theatertradition fortsetzen. Das Theater Bielefeld kann bis heute seine 1904 errichtete Bühne bespielen. In Paderborn unterhalten die Westfälischen Kammerspiele ein Ensemble. Im Bereich des Musiktheaters treten das Theater Hagen und das Gelsenkirchener Musiktheater im Revier besonders hervor.

Einen besonderen Aspekt der Kultur Westfalens repräsentieren die vielen niederdeutschen Kleintheater, auch niederdeutsche Bühnen genannt. Insbesondere im Münsterland sind sie weit verbreitet und werden von der einheimischen Bevölkerung gern besucht. Die zumeist aus Laienschauspielern bestehenden Bühnen führen ihre Theaterstücke ausschließlich im einheimischen westfälischen („plattdüütschen”) Dialekt vor.

Planetarien

Zwei große Planetarien bieten in Westfalen Interessierten die Gelegenheit, den Sternenhimmel zu erkunden. In Bochum erhebt sich seit den 1960er Jahren der silberne Kuppelbau des Zeiss Planetarium Bochum. Ein weiteres Sternentheater ist dem Westfälischen Museum für Naturkunde in Münster angegliedert, das vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe unterhalten wird.

Kulinarisches

Siehe: Westfälische Küche

Bevölkerung

Bevölkerungsentwicklung

Einwohnerentwicklung Westfalens
1816-2005
Jahr Einwohner (Mio.)
1816 1,066
1849 1,489
1871 1,775
1880 2,043
1910 4,125
1925 4,784
1950 6,170
1961 7,176
1970 7,546
1975 7,644
1980 7,590
1985 7,437
1990 7,711
1995 8,027
2000 8,107
2005 8,099
Quellen: [2][3][1]

Für die Entwicklung während der Industrialisierung s. Provinz Westfalen.

Nach dem 2.Weltkrieg lebten auf dem Gebiet Westfalens zunächst weniger Menschen als 1939, aber bereits bis 1950 wurden diese Verluste weitgehend ausgeglichen. Besonders gelitten hatten die Großstädte unter den Kriegseinwirkungen. In Dortmund oder Bochum waren die Einbußen auch 1950 noch nicht wieder ausgeglichen. Zum Wachstum der Bevölkerung hat zunächst nicht zuletzt die Zuwanderung von Flüchtlingen aus den ehemaligen ostdeutschen Gebieten und der späteren DDR beigetragen. Neben der direkten Zuwanderung spielte bis 1961 die Abwanderung ehemaliger Flüchtlinge aus den damals agrarischen Bundesländern Schleswig-Holstein oder Bayern eine Rolle. Nach dem Mauerbau der DDR nahm auch in Westfalen – vor allem in den Industriegebieten – die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte und ihrer Familien zu. In Hagen und Herne lag der Ausländeranteil 1987 bei 9% in Bielefeld, Dortmund und Hamm bei 8%. Vor allem im Zusammenhang mit der Krise der Montanindustrie verloren die Großstädte für die Binnenwanderung an Attraktivität, vielmehr nahmen in Westfalen vor allem die Zahlen mittlerer und kleinerer Gemeinden zu. Der Bevölkerungsrückgang hat im Übrigen auch Westfalen erreicht, lag doch 2005 die abolute Zahl der Einwohner mit 8,099 Mio. knapp unter der des Jahres 2000 von 8,107 Mio.. Die Schätzungen des Landesamts für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2025 liegen mit 7,687 Mio. deutlich unter der 8-Millionen-Grenze.

Die Westfalen

Die Westfalen – die Westfälinnen sind eingeschlossen – leben im westfälischen Landesteil Nordrhein-Westfalens. Wenn man typische Eigenschaften der Westfalen beschreibt, so ist die Begrenzung auf diesen Raum nicht sinnvoll. Noch zu Beginn des vorigen Jahrhunderts hat man jeden westfälisch sprechenden Menschen als Westfalen bezeichnet, auch wenn es regionale Besonderheiten gab. Da die westfälischen Mundarten immer weniger Umgangssprachen der Bevölkerung sind, entfällt dieses Unterscheidungskriterium. Dennoch sind westfälische Eigenarten immer noch vorhanden, besonders in ländlichen Gebieten.

Westfalen sind zuverlässig, treu, fleißig und zurückhaltend. – Das sollte nicht als Charakterisierung aller Bewohner dieser Landschaften verstanden werden. Das im Westfalenlied beschworene „Land von Wittekind und Teut“ ist – wenn es denn je existiert haben sollte – nicht mehr überall gegenwärtig.

Westfalen und Rheinländer arbeiten gut zusammen: Die Westfalen halten, was die Rheinländer versprechen. – Diese das Zusammenleben in Nordrhein-Westfalen karikierende Aussage ist zwar nicht ernst gemeint, enthält jedoch ein Körnchen Wahrheit.

Die Westfalen feiern gern. Schützenfeste und Karneval haben Tradition. Auch der trockene Humor ist in Westfalen zu Hause. Wie anderenorts sind in Westfalen die Umgangsformen lockerer geworden, eine gewisse Zurückhaltung ist jedoch hier und da noch anzutreffen.

Die sprichwörtliche Sturheit der Westfalen ist oft eine andere Bezeichnung für ihre Verbindlichkeit und Prinzipientreue. Der Standhaftigkeit und Frömmigkeit seiner Gläubigen dürfte es der münstersche Bischof Graf von Galen zu verdanken haben, dass die Abrechnung der Gestapo mit ihm auf die Zeit „nach dem Endsieg“ verschoben wurde, nachdem er deren Maßnahmen in seinen Predigten angeprangert und Strafanzeige wegen Mordes gestellt hatte.

Konfessionen und Religionen

Trotz Wanderungsbewegungen ist die Religionsverteilung noch immer durch den Prozess der Konfessionalisierung während der Reformation und Gegenreformation geprägt. In den Gebieten, in denen vor 1803 geistliche Herrschaften bestanden (vor allem das kölnische Westfalen, die Fürstbistümer Paderborn und Münster), ist ein überwiegender Teil der Einwohner katholisch. In den protestantisch gewordenen weltlichen Fürstentümern (z.B. Siegerland, Wittgenstein, ehemalige Grafschaft Mark und Minden-Ravensberg) überwiegt die protestantische Konfession.

siehe auch: Geschichte Westfalens – Reformation und Gegenreformation in den Städten und Gemeinden

Während die Katholiken Westfalens heute meist zum Erzbistum Paderborn, zum Bistum Münster oder zum Ruhrbistum Essen gehören, besteht für die Protestanten des Landesteils eine westfälische Landeskirche mit Sitz in Bielefeld.

Vor allem seit dem 19. Jahrhundert gab es in zahlreichen Städten und sogar in einer Reihe von Landgemeinden eine jüdische Minderheit, die 1925 etwa 22.000 Personen (Provinz Westfalen und Land Lippe) umfasste. Durch die nationalsozialistische Judenvernichtung schrumpfte diese Zahl auf etwa 700, stieg aber bis 2006 auf etwa 7100 an.

Durch Zuwanderung vor allem türkischer Migranten stieg seit den 1960er Jahren die Zahl der Muslime in zahlreichen westfälischen Städten deutlich an. Hinzu kommen Anhänger von Freikirchen und anderen Glaubensgemeinschaften.

In den letzten Jahrzehnten nahm die Zahl der Konfessionslosen deutlich zu.

Sprache

Vom Mittelalter bis Ende des 16. Jahrhunderts wurden in Westfalen mittelniederdeutsche Dialekte gesprochen, die sich heute jedoch nur schwer rekonstruieren lassen.

Bis Mitte des 20. Jahrhundert wurden in Westfalen verschiedene westfälische Dialekte des Niederdeutschen gesprochen. Das Niederdeutsche (Eigenbezeichung: Nederdüütsch), umgangssprachlich auch Plattdeutsch, ist ein eigenes Sprachsystem, das sich vom Hochdeutschen vor allem lautlich und grammatisch unterscheidet. Während in den ländlichen Teilen Westfalens das Plattdeutsche im 19. und frühen 20. Jahrhundert allgemeine Umgangssprache der nichtbildungsbürgerlichen Bevölkerung war, kam es im westfälischen Ruhrgebiet zu einer etwas anderen Entwicklung. Während in den ersten Jahrzehnten der Industrialisierung durch die überwiegend einheimischen oder aus dem übrigen Westfalen zugewanderten Arbeitskräfte das "Plattdeutsche" weiter dominierte, führte die Arbeitsmigration aus dem Osten Deutschlands, beispielsweise aus Masuren und Schlesien und Polen zur Entstehung einer spezifischen Ruhrgebietssprache, in der sich verschiedene Sprachtraditionen vereinten. Die Unterschiede zum restlichen Westfalen sind aber kleiner als gemeinhin angenommen, außerdem ist innerhalb des Ruhrgebiets die alten# westfälisch-niederfränkische Sprachgrenze noch spürbar. Daneben wurde Niederdeutsch von vielen Bergleuten als Umgangssprache beibehalten. Allgemein erlebte die Niederdeutsche Sprache in der Zeit von der Mitte des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts in der regionalen Literatur Westfalens eine neue Blüte.

Im Gegensatz zu den Großstädten wie Bielefeld, Münster und dem Sonderfall Ruhrgebiet hat sich das Niederdeutsche in ländlichen Gebieten Westfalens, insbesondere im Münsterland und im Sauerland, noch bis vor wenigen Jahrzehnten als dominierende Umgangssprache gehalten. Erst durch die zunehmende Mobilität und den Einfluss der Medien ist es relativ rasch zurückgedrängt worden. Ältere Bevölkerungsgruppen können zwar oftmals noch Niederdeutsch sprechen, als Umgangssprache ist das Niederdeutsche jedoch nicht mehr verbreitet.

Heute wird in der Alltagskommunikation in Westfalen in der Regel Hochdeutsch gesprochen. Im Unterschied zu anderen Regionen in Deutschland weist die in Westfalen gesprochene hochdeutsche Umgangssprache nur noch eine geringe regionale Färbung auf, welche vor allem bei der Landbevölkerung noch zu hören ist (z.B. in Ostwestfalen das Ersetzen von "das" und "was" durch "dat" und "wat").

Infrastruktur

Historische Verkehrswege

Westfalen ist schon seit vorrömisch-germanischer Zeit durch Fernstraßen und Wasserwege erschlossen. Ein vom schiffbaren Rhein nach Osten verlaufender Hellweg ist seit über 5000 Jahren nachzuweisen. Er war im Mittelalter Heeresstraße und Durchgangsstraße für den Fernhandel. Nach ihm ist die Hellwegregion benannt. An seiner Strecke liegen Dortmund, Unna, Werl, Soest, Erwitte, Geseke, Salzkotten und Paderborn in Entfernungen von etwa 15 km, was im Mittelalter einer Tagesreise einer Gruppe von Fernhändlern entsprach. Von Paderborn gab es Verbindungen nach Osten. Bei Erwitte kreuzte ein von Mainz nach Lübeck führender Handelsweg den Hellweg, der die westfälischen Städte Siegen und Minden an der schiffbaren Weser verband. Er führte über Meschede und Herford. Südlich des Hellwegs bildete die sogenannte Heidenstraße eine rund 500 km langer Heer- und Handelsstraße, die auf einem direktem Weg von Leipzig durch Südwestfalen nach Köln führte. Befestigte Straßen „Chausseen“ wurden nach der Römerzeit erst wieder seit dem Ende des 18.Jahrhunderts in den preußischen Teilen Westfalens gebaut.

Von Bedeutung für Westfalen war die Schifffahrt außerhalb Westfalens auf dem Rhein und am östlichen Rand Westfalens auf der Weser. Vor der Stauregelung der Flüsse war die Schifffahrt immer wieder behindert und hatte auf den kleineren Flüssen Westfalens nur begrenzte Bedeutung. Seit 1780 war die Ruhr etwa bis Langschede schiffbar. Erheblichen Umfang hatte seitdem auch die Ruhrschiffahrt, die vorwiegend Kohle beförderte. Die Lippe spielte als Wasserstraße lange Zeit nur eine untergeordnete Rolle. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts haben Schleusen dies geändert. Daneben war die Ems etwa bis Greven befahrbar.

1847 wurde die west-östlich vom Rhein zur Weser verlaufende Köln-Mindener Eisenbahnstrecke vollendet, die dem mit der Industrialisierung einhergehenden erhöhten Transportbedarf gerecht wurde. Sie eröffnete einen Zugang über die Weser zur Nordsee und umging die Rheinzölle der Niederländer. Die Trasse führt nördlich des Ruhrgebiets durch Wanne, Herne, Dortmund, Hamm, Rheda, Bielefeld, Herford nach Minden. Zwei Jahre später wurde das Industriegebiet des Bergischen Landes durch die Bergisch-Märkische Eisenbahn angeschlossen. Die Trasse verläuft von Elberfeld über Schwelm, Hagen, Wetter und Witten nach Dortmund.

Straßennetz

Von Westen nach Osten, vom Rhein zur Elbe und weiter nach Berlin, führt die Bundesautobahn 2 (A 2). Sie verbindet die Metropolregionen Rhein-Ruhr, Hannover-Braunschweig-Göttingen und Berlin/Brandenburg. Die A 2 verläuft am Nordrand des Ruhrgebiets, durch das südliche Münsterland, Ostwestfalen und das Weserbergland und gehört zu den am stärksten frequentierten Autobahnen Deutschlands. Bottrop, Gladbeck, Gelsenkirchen, Herten, Recklinghausen, Dortmund, Kamen, Hamm, Beckum, Oelde, Rheda-Wiedenbrück, Gütersloh, Bielefeld, Herford, Vlotho und Bad Oeynhausen liegen an ihrer Strecke. Bei Porta Westfalica verlässt sie Westfalen in Richtung Hannover.

Die wichtigste Nord-Süd-Straßenverbindung ist die Bundesautobahn 1 (A 1) von Oldenburg in Holstein über Lübeck, Bremen, Hamburg nach Saarbrücken, von Lübeck bis zum Ruhrgebiet auch als Hansalinie bekannt. Sie verbindet die Ballungsräume Bremen/Oldenburg und Hamburg mit Westfalen. Die Hansalinie überquert den Teutoburger Wald, verläuft durch die Westfälische Bucht, das Ardeygebirge, das Ruhrtal und streift den nördlichen Rand des Sauerlandes. Städte an der A 1 sind das niedersächsische Osnabrück sowie Lengerich, Ladbergen, Greven, Münster, Ascheberg, Hamm, Kamen, Unna, Dortmund, Schwerte und Hagen.

Besonders dicht ist das Straßennetz im Ruhrgebiet, das auch an weitere Bundesautobahnen angebunden ist. In West-Ost-Richtung verlaufen die A 40, die A 42 und die A 44. Die A 40 führt von der belgischen Grenze durch das Ruhrgebiet nach Dortmund, wo sie in die autobahnähnlich ausgebaute Bundesstraße 1 und im weiteren Verlauf ab Holzwickede in die A 44 übergeht, die weiter durch den Kreis Soest und über Paderborn nach Kassel führt und eine Verbindung in die Metropolregion Sachsendreieck herstellt. Die zwischen A 40 und A 2 parallel verlaufende A 42 entlastet als Emscherschnellweg beide Autobahnen in diesem verkehrsreichen Ballungsraum. In Nord-Süd-Richtung geführt sind die Emslandautobahn A 31 von der Nordseeküste bei Emden bis Bottrop, die A 43 von Münster durch das Ruhrgebiet nach Wuppertal und die Sauerlandline A 45 von Dortmund nach Aschaffenburg in das Rhein-Main-Gebiet, der zweitgrößten deutschen Metropolregion.

Das nördliche Westfalen streift die west-östlich verlaufende A 30, die von der niederländischen Grenze bei Bad Bentheim über Osnabrück zur A 2 bei Bad Oeynhausen führt und ein Teil der europäischen Verbindung zwischen der Randstad um Amsterdam und der Metropolregion Berlin/Brandenburg ist. Bei Osnabrück zweigt von ihr die A 33 in Richtung Bielefeld ab, die südlich von Paderborn auf die A 44 trifft.

Schifffahrt

Wasserstraßen

Dem Schiffsverkehr vom Rhein in Richtung Osten stehen der Wesel-Datteln-Kanal und der Rhein-Herne-Kanal zur Verfügung. Beide Kanäle treffen sich im größten europäischen Knotenpunkt für die Binnenschifffahrt bei Datteln im Kreis Recklinghausen mit dem über Lünen nach Hamm führenden Datteln-Hamm-Kanal und dem in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Dortmund-Ems-Kanal. Über den Dortmund-Ems-Kanal ist das norddeutsche Wasserstraßennetz zu erreichen mit den Seehäfen an Nord- und Ostsee. Der west-östlich verlaufende Mittellandkanal, die mit 324,4 km längste künstliche Wasserstraße in Deutschland, zweigt im Nassen Dreieck bei Hörstel-Bergeshövede im Kreis Steinfurt vom Dortmund-Ems-Kanal ab. Er ist die zentrale Wasserstraße zwischen West- zu Osteuropa. Das Wasserstraßenkreuz Minden, das zweitgrößte deutsche Wasserstraßenkreuz, überführt den Mittellandkanal in einer Trogbrücke über die Weser. Mittellandkanal und Weser sind durch Schleusen miteinander verbunden.

Alle Kanäle außer dem Mittellandkanal werden von der Wasser- und Schifffahrtsdirektion West mit Sitz in Münster verwaltet. Für den Mittellandkanal und die Weser ist die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Mitte in Hannover zuständig.

Häfen

Hafen Güterumschlag (1.000 t)
Dorsten 303 2000
Dortmund 2.710 2005
Gelsenkirchen 1.269 2002
Hamm 1.379 2002
Herne 242 2005
Lübbecke
Lünen 1.236 2005
Minden 323 2005
Münster 266 2005
Quellen: [4][5][6]

Die für die Wirtschaft bedeutenden westfälischen Häfen sind Kanalhäfen. Die öffentlichen Kanalhäfen Westfalens haben sich zusammen mit den Häfen von Essen und Mülheim in der Arbeitsgemeinschaft öffentlicher Kanalhäfen in Nordrhein-Westfalen (AöK) zusammengeschlossen. Sie sind Umschlagplätze für Massengüter wie Baustoffe, Eisen- und Stahlwaren, Schrott und Wertstoffe, Kohle und Koks. Auch Flüssiggüter wie Mineralöle werden transportiert. Hinzu kommen immer häufiger hochwertige Stückgüter und Container.

War der Transport von Eisenerzen in den 1990er Jahren noch ein bedeutender Faktor, so spielt er infolge der Stahlkrise heute keine Rolle mehr. 1995 war in Dortmund der Güterumschlag von Eisenerzen etwa so hoch wie heute der Güterumschlag insgesamt.

Schienenverkehr

Mit der Industrialisierung hat sich in Westfalen ein dichtes Schienennetz entwickelt mit wichtigen Eisenbahnknoten. Während die Bedeutung der Eisenbahn für den Güterverkehr abgenommen hat, ist dieses umweltfreundliche Verkehrsmittel nach wie vor wichtig für den Personenverkehr.

Fernverkehr

Die Metropolregion Rhein-Ruhr wird über eine west-östlich verlaufende Eisenbahnfernstrecke mit den Ballungszentren um Hannover und Berlin verbunden. Die stark befahrene Strecke führt über Bochum, Dortmund, Hamm, Gütersloh, Bielefeld, Herford und Minden. In Nord-Süd-Richtung verläuft die Fernstrecke von den Metropolregionen Hamburg und Bremen/Oldenburg über Münster, Dortmund, Hagen zur Rheinschiene und weiter nach Süddeutschland. Sie trifft im Eisenbahnknotenpunkt Dortmund Hauptbahnhof auf die West-Ost-Strecke. Von Hamm verzweigt die Fernstrecke in Richtung Kassel, Eisenach, Leipzig, Dresden, die in Westfalen über Soest, Lippstadt, Paderborn und Warburg führt. Sie trifft im Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe auf eine wichtige Nord-Süd-Verbindung. Über Gelsenkirchen und Recklinghausen führt eine Querverbindung zwischen Münster und Essen.

Die Deutsche Bahn betreibt auf diesen Strecken den Schienenpersonenfernverkehr mittels InterCityExpress, EuroCity und InterCity – teilweise im Ein-Stunden-Takt.

Luftverkehr

Wirtschaft

In Westfalen gibt es zweifellos zahlreiche Unternehmen mit einer langen Traditionslinie, auch regionale Spezialisierungen reichen teilweise bis weit in die Vergangenheit zurück. Dies gilt etwa für die Möbelindustrie in Ostwestfalen oder die Eisen- und Metallverarbeitung in Südwestfalen.

Gleichwohl wurde die Wirtschaftsstruktur insgesamt in den letzten Jahrzehnten von erheblichen Veränderungen geprägt. War das Ruhrgebiet noch in den 1950er und 1960er Jahren das industrielle Herz nicht nur Westfalens sondern der ganzen Bundesrepublik, verlor die Montanindustrie in den folgenden Jahrzehnten immer mehr an Bedeutung. Der Strukturwandel hat vor allem die Hellwegstädte stark verändert. Abgesehen von wenigen industriellen Neugründungen (wie Opel in Bochum) konzentrierte sich dieses Gebiet auf Dienstleistungen und im Zusammenhang mit den Universitätsgründungen auf High-Tech Produkte (etwa im Bereich Software). Im nördlichen Teil des Reviers begann dieser Prozess deutlich später und ist vielerorts noch nicht abgeschlossen. Entsprechend hoch sind dort die Arbeitslosenzahlen.

Außerhalb des Reviers erfuhr Westfalen in den letzten Jahrzehnten einen teilweise Aufschwung vor allem im gewerblichen Bereich. Die mittelständische eisen- und metallverarbeitende Industrie, der Maschinenbau, die Konsumgüterindustrie in Südwestfalen, in Ostwestfalen und anderen Teilen Westfalens konnte sich nicht nur am Markt behaupten, sondern ihre Weltmarktpositionen ausbauen. Wie erfolgreich die Aufholjagd ehemals überwiegend ländlicher Regionen war, zeigt die Tatsache, dass die wirtschaftlich Kraft pro Kopf im Bezirk der IHK Arnsberg noch 1955 um 150% schwächer war als im Bezirk Bochum. Zwanzig Jahre später war der Gleichstand erreicht. Heute liegt der Anteil des produzierenden Gewerbes in Südwestfalen deutlich über dem des Ruhrgebiets. In einer Art "nachgeholten Industrialisierung" glichen sich die Wirtschaftsverhältnisse der ländlichen Gebiete, denen der bisherigen Industriegebiete an. Dies gilt auch für das Münsterland (im Kreis Warendorf nahm das Bruttoinlandsprodukt allein zwischen 1957 und 1959 um 37% zu.)

Der Wandel zeigt sich auch im Bereich der Brauindustrie. Westfalen insgesamt ist die Region mit dem höchsten Bierausstoß in Deutschland. Unangefochten wichtigstes Zentrum des Brauwesens war bis in die 1980er Jahre Dortmund. Die dortigen Brauereien gehören inzwischen überwiegend zur Oetker-Gruppe mit Sitz in Bielefeld. Außerdem ist das Sauerland ein wichtiger Standort der Bierproduktion. Dort sind unter anderm die Marken Krombacher, Veltins und Warsteiner angesiedelt.

Benachteiligt Standorte an der Peripherie durch ihre Hochschulferne und der vergleichsweise langsamen Ansiedlung von wissenbasierten Dienstleistungs- und Produktionsbranchen.

Siehe auch

Quellen

  1. a b Landesdatenbank NRW
  2. Nordrhein-Westfalen. Landesgeschichte im Lexikon. S.46
  3. Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik NRW: Kreisstandardzahlen. Ausg. 2005. Düsseldorf, 2005. S.10.
  4. Kanalhäfen NRW
  5. Dortmunder Hafen AG
  6. Wasserstraßenverkehrs- und Hafenkonzept NRW, 2004

Literatur

  • Dieter Steinhoff: Unbekanntes Westfalen. Entdeckungsfahrten an den westfälischen Grenzen. 6. Aufl., Aschendorff, Münster 1980, S. 150-151. ISBN 3402065010
  • Fritz Mielert: Das schöne Westfalen. (4 Bände). Verlag Wilhelm Ruhfus. Dortmund. 1920 - 1926
  • Fritz Mielert: Westfalen. Münsterland - Industriegebiet - Sauerland - Siegerland. (Reihe: Monographien zur Erdkunde, Bd. 30). Velhagen & Klasing. Bielefeld. 1923
  • Harm Klueting: Geschichte Westfalens. Das Land zwischen Rhein und Weser vom 8. bis zum 20. Jahrhundert. Paderborn, 1998. ISBN 3-89710-050-9
  • Nordrhein-Westfalen. Landesgeschichte im Lexikon. Red. Anselm Faust u.a. Düsseldorf, 1993. ISBN 3-491-34230-9

Weiterführende Literatur

  • Kohl, Wilhelm [Hrsg.], Balzer, Manfred und Behr, Hans-Joachim: Westfälische Geschichte - in 3 Textbänden und einem Bild- und Dokumentarband
  • Luckhardt, Jochen [Hrsg.]: Westfalia Picta, Erfassung westfälischer Ortsansichten vor 1900, 6 Bände:
    • Band 1: Hochsauerlandkreis, Kreis Olpe, Bielefeld 1987.
    • Band 2: Ennepe-Ruhr-Kreis, Märkischer Kreis, Stadt Hagen, Bielefeld 1987.
    • Band 3: Kreis Siegen-Wittgenstein, Bielefeld 1988.
    • Band 4: Kreis Soest, Kreis Unna, Stadt Hamm, Bielefeld 1989.
    • Band 5: Kreis Höxter, Kreis Paderborn, Bielefeld 1995.
    • Band 6: Münsterland, Münster 2002.