Blätterhöhle

Höhle in Hagen, Nordrhein-Westfalen, Deutschland
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Die Blätterhöhle ist der heute noch zugängliche Teil einer im Lennetal in Hagen in Westfalen, Nordrhein-Westfalen, gelegenen, größeren Felshöhle. Sie befindet sich in einem canyonartigen Seitental der Lenne am "Weißenstein" in Hagen-Holthausen, gegenüber des imposanten Felsentores der "Hünenpforte", das den Rest einer gewaltigen Einsturzhöhle darstellt. Seit dem Mittelalter sind die romantisch gelegenen Felsformationen des "Weißensteines" und der "Hünenpforte" mit Sagen und Mythen umwoben.

Eingang zur "Blätterhöhle", Frühjahr 2006

Fundgeschichte´und Bedeutung

Im Frühjahr 2004 entdeckten Höhlenforscher in der "Blätterhöhle" zahlreiche menschliche Skelettreste. Daraufhin wurden die Funde und die Höhle von Archäologen wissenschaftlich untersucht. Durch die Radiokarbon-Methode konnten die Skelettreste in die Mittelsteinzeit und in die Jungsteinzeit datiert werden.

Die rund 10.700 Jahre alten mittelsteinzeitlichen Funde aus der Höhle sind die bisher frühesten direkten archäologischen Nachweise für anatomisch moderne Menschen in Westfalen und im Ruhrgebiet. In der rund 30 Kilometer von der "Blätterhöhle" entfernt liegenden Balver Höhle wurde in unhorizontierten Altfunden einer Grabung von 1939 durch die nachträgliche Radiokarbon-Methode im Jahre 2003 das Schädelfragment eines Menschen auf ein Alter von 10.400 Jahren datiert.

Aufgrund ihrer Zusammensetzung, Datierung und Fundsituation zählen sowohl die Funde in der "Blätterhöhle" zu den wichtigsten archäologischen Fundorten in Deutschland. Darüber hinaus besitzen darüber sie eine große Bedeutung für die internationale Steinzeitforschung.

Archäologische Befunde

Datei:Blaetterhoehle funde.jpg
Steinzeitliche Menschenreste im Museum Wasserschloss Werdringen

Die bisherigen archäologischen Untersuchungen haben mindestens zwei Nutzungsphasen der Höhle identifiziert: Frühmesolithikum und Jungneolithikum. Die bisher geborgenen mittelsteinzeitlichen Funde datieren in einen frühen Abschnitt vor rund 10.700 Jahren. Die jungsteinzeitlichen Funde stammen aus einem Zeitraum zwischen 5.600 und 5.300 Jahre und dokumentieren vermutlich eine rund 500 Jahre andauernde Nutzung der Höhle als Begräbnisstätte.

Die mittelsteinzeitlichen Skelettreste stammen von mindestens zwei Personen, während die jungsteinzeitlichen Menschenreste mindestens sieben Personen repräsentieren, unter denen sich zwei Kinder, Jugendliche sowie erwachsene Männer und Frauen befinden. Da die archäologischen und naturwissenschaftlichen Untersuchungen sowie Grabungen wahrscheinlich noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen werden, sind weitere Befunde zu erwarten. Tiefer gelegene Sedimente in der Höhle und auf ihrem Vorplatz könnten noch ältere Fundschichten enthalten. Die ungestörten Befunde ähneln vergleichbaren Fundplätzen auf der Schwäbischen Alb und in Niedersachsen.

Die Forschungen beziehen auch die Umgebung der "Blätterhöhle" mit ein. Im Umfeld der Höhle befinden sich weitere Felsdächer und Höhlen, die ebenfalls wissenschaftlich untersucht werden. Darüber hinaus liegen mehrere Oberflächenfundplätze im näheren Umkreis, die zahlreiche Artefakte vom Mittelpaläolithikum und den folgenden Zeitabschnitten liefern. Wie die "Blätterhöhle" wurden auch diese Fundplätze unter verschärftem Bodendenkmalschutz gestellt. Sie dürfen nach Pressemeldungen nur noch für wissenschaftliche Untersuchungen und nach einer vorherigen Genehmigung abgesucht und besichtigt werden.

Erforschung

Die Funde und der Fundort werden seit 2004 von einem internationalen Forschungsteam untersucht. Neben Laboruntersuchungen werden mehrere Grabungen in der Höhle und in ihrem Umfeld durchgeführt. Eine erste größere wissenschaftliche Veröffentlichung der bisherigen Ergenisse soll zur Jahreswende 2006/07 erfolgen.

Nach Zeitungsberichten über die letzten Ausgrabungen im Juli und August 2006 soll die Höhle ursprünglich viel größere gewesen sein und heute unter meterhohem Sedimenten von Hang- und Frostschutt liegen. Sie soll in ihrer ursprünglichen Form einem Felsdach oder Abri entsprochen haben, das in der Steinzeit eingestürzt ist.

Auf dem Vorplatz der Höhle wurden im Sommer 2006 bei wissenschaftlichen Ausgrabungen "vielversprechende Befunde" sichergestellt.

Um die Grabungsstellen und Höhle vor der Zerstörung durch Raubgräber zu schützen, werden durch das federführende Historische Centrum Hagen nur eingeschränkte Informationen herausgegeben.

Verbleib der Funde

Das Fundmaterial befindet sich im Museum für Ur- und Frühgeschichte im Wasserschloss Werdringen in Hagen verwahrt und werden dort zum Teil auch ausgestellt.