Digitales Zentralbankgeld

von Zentralbanken jedermann digital zur Verfügung gestelltes Bargeld
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Digitales Zentralbankgeld (engl.: Central Bank Digital Currency, CBDC) bezeichnet Projekte ab der zweiten Hälfte der 2010er Jahre, elektronisches Geld zu schaffen, das direkt auf Konten bei der Zentralbank liegen soll und einem größerem Nutzerkreis zur Verfügung steht als die derzeitige digitale Form der monetären Basis für Geschäftsbanken. In seiner weitesten Ausprägung könnte jeder Bürger oder jedes Unternehmen ein Konto bei der Zentralbank führen und für Zahlungsverkehr oder Wertaufbewahrung nutzen. Je nach Ausgestaltung könnten Mobile Apps oder Prepaidkarten für anonyme Offline-Zahlungen genutzt werden. Zur Zeit gibt es weltweit noch kein digitales Zentralbankgeld.

Funktionsprinzip

Digitales Zentralbankgeld soll ähnlich dem Bargeld in Umlauf kommen. Die Zentralbanken wären allein berechtigt digitales Zentralbankgeld in der jeweiligen Währung zu erzeugen. Es käme in Umlauf, indem Kunden (Geschäftsbanken, Unternehmen und Privathaushalte) das durch die herkömmliche Geldschöpfung der Geschäftsbanken erzeugte Buchgeld in digitales Zentralbankgeld umtauschen. Dazu müssten die Geschäftsbanken zunächst einen Teil ihrer Reserven in digitales Zentralbankgeld (wie Bargeld eine andere Form von Reserve) tauschen, um es dann auf die Kunden übertragen zu können. In der Folge könnte das digitale Zentralbankgeld – ebenfalls ähnlich dem Bargeld – unabhängig von Geschäftsbanken im Zahlungsverkehr benutzt oder aufbewahrt werden.

CBDC-Konten bei der Zentralbank können in Form einer von der Zentralbank verwalteten Blockchain oder als herkömmliche Datenbanken organisiert sein. Digitales Zentralbankgeld unterliegt der Geldpolitik der Zentralbank und könnte je nach Ausgestaltung auch gesetzliches Zahlungsmittel sein.[1] Man unterscheidet zwischen CBDC, welches von der entsprechenden Zentralbank nur an Geschäftsbanken und Nichtbank-Finanzinstitutionen (NBFI wie beispielsweise Versicherungen) ausgegeben wird (Wholesale CBDC) und einem System, bei welchem CBDC Privathaushalten (Endkunden) direkt zugänglich ist (Retail CBDC).[2] Vorteil des Retail CBDC für Unternehmen und Privathaushalte ist, dass sie nicht mehr dem Gegenparteirisiko bei Geschäftsbanken ausgesetzt wären. Auch könnten grenzüberschreitende Zahlungen bei Umgehung von Geschäftsbanken billiger und schneller werden.[2]

Als weitere Details der Ausgestaltung von CBDC werden diese Punkte diskutiert:[3]

  • Soll Digitales Zentralbankgeld ähnlich dem Bargeld zinsfrei sein oder Zinsen einbringen? (Im Falle von negativen Zinsen würde sich das Guthaben mit der Zeit verringern)
  • Falls es Zinsen aus CBDC gibt, sind sie gleich dem Einlagesatz bei der Zentralbank, oder wird hier ein neuer Leitzins definiert?
  • Soll die Zentralbank oder der Staat die Möglichkeit bekommen Geld direkt auf den CBDC-Konten zu erzeugen im Sinne von Helikoptergeld oder Quantitative Easing for the people?
  • Sind das Buchgeld der Banken und digitales Zentralbankgeld in beliebiger Höhe 1:1 konvertierbar oder gibt es Höchstgrenzen und bildet sich evtl. ein Wechselkurs?
  • Sind anonyme Zahlungen mit einer Mobile App oder einer Art Prepaidkarte bis zu einer bestimmten Grenze möglich?
  • Sind Geschäftsbanken, die Zentralbank oder andere Dienstleister die Bereitsteller der Konten oder Betreiber einer Blockchain? Muss man insbesondere Kunde eines Unternehmens sein, um am Zahlungsverkehr mittels CBDC teilzunehmen?
  • Werden im Falle einer Implementierung als Blockchain Smart Contracts möglich sein?

Im Umgang mit der neuen Geldform stellen sich diese Fragen:

  • Akzeptieren staatliche Organe z. B. Steuerzahlungen oder Rundfunkbeiträge ausschließlich in Form von CBDC oder weiterhin auch mittels Buchgeld?
  • Kann mit der Einführung von Digitalem Zentralbankgeld die Einlagensicherung für Buchgeld abgeschafft oder aufgeweicht werden?

Einige Zentralbanken führen Forschung zum Digitalen Zentralbankgeld durch.[4][5][6] Eine Gruppe von Zentralbanken prüft derzeit unter Koordination der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich die Vor- und Nachteile von CBDC.[7] Die Diskussion wird durch geplante private Stablecoins, wie Facebooks Libra oder die Ankündigung der Chinesischen Zentralbank bald digitales Zentralbankgeld herauszubringen, angeheizt.[8] Für die Benennungen in den einzelnen Währungen kursieren verschiedene Namen, wie E-krona, E-Euro, digitaler Euro, e-Peso oder digital Yuan.

Meinungen

Zentralbanken untersuchen vor allem die Frage, ob CBDC im Falle von Krisen zu mehr oder weniger Stabilität im Finanzsystem beiträgt. Wegen der durch die Zentralbank garantierten Sicherheit der neuen Geldform könnten in unsicheren Zeiten große Mengen von Bankeinlagen in CBDC umgeschichtet werden. Die Bank of England unterstreicht, dass die konkrete Ausgestaltung dieses Liquiditätsrisiko für die Geschäftsbanken wirkungsvoll eingrenzen kann.[9]

Der Deutsche Sparkassen und Giroverband positioniert sich kritisch zu einer Einführung von digitalem Zentralbankgeld. Den Geschäftsbanken würde ein Teil ihres Geschäftsmodells entzogen, falls CBDC einen nennenswerten Teil des im Zahlungsverkehr umlaufenden Giralgeldes ersetzt. In der Regel zahlen Banken keine Zinsen auf solche Sichteinlagen. Müssten sie statt dessen digitales Zentralbankgeld für ihre Kunden beschaffen, hätten sie dafür bei konventioneller Geldpolitik den vollen Hauptrefinanzierungssatz zu tragen.[10] Diese Zinsen kämen als vermehrter Geldschöpfungsgewinn der Zentralbank durch Ausschüttung an den Staat der Allgemeinheit zugute. Im Falle von negativem Einlagesatz und Überschussreserven durch quantitative Lockerung würden Geschäftsbanken allerdings von der Auszahlung von CBDC profitieren.

Initiativen zur Einführung von Vollgeld sehen mit digitalem Zentralbankgeld einen Teil ihrer Forderungen erfüllt. Einige setzen CBDC mit Vollgeld gleich und befürworten die zunehmenden Einflussmöglichkeiten durch die Zentralbanken auf das Geldsystem sowie die Sicherheit dieses Geldes für die Nutzer.[11][3]

Einzelnachweise

  1. wirtschaftsdienst.eu, Digitales Zentralbankgeld als neues Instrument der Geldpolitik
  2. a b Marc Badertscher: Neues digitales Geld. In: Handelszeitung, 6. Februar 2020, S. 8
  3. a b vollgeld.page, Digitales Zentralbankgeld, Erhaltung oder Überwindung des Giralgeldregimes? Designprinzipien die den Unterschied machen
  4. riksbank.se, E-krona project reports
  5. bundesbank.de, Studie: Notenbanken bei digitalem Zentralbankgeld zurückhaltend
  6. bis.org, Banko Central del Uruguay, Uruguayan e-Peso on the context of financial inclusion, 2018
  7. Jürgen Stark: Die Zukunft des Geldes. In: NZZ, 8. Februar 2020, S. 12
  8. derstandard.at, Ruf nach digitaler Währung wird immer lauter
  9. Bank of England, Central bank digital currencies - design principles and balance sheet implications
  10. Deutscher Sparkassen- und Giroverband, Digitales Zentralbankgeld: Gesamtgesellschaftliche Wirkungen kritisch reflektieren!
  11. monetative.de, (CBDC) = Sicheres Geld für alle BürgerInnen