Das Schloss Wehrden ist ein denkmalgeschütztes Gebäude in Wehrden, einer Ortschaft der Stadt Beverungen im Kreis Höxter (Nordrhein-Westfalen).

Geschichte und Architektur
Der Fürstbischof von Paderborn Hermann Werner von Wolff-Metternich zur Gracht ließ das Herrenhaus ab 1696 von Ambrosius von Oelde auf den Resten eines älteren Gräftenschlosses errichten. Das Säulenportal in der elfachsigen Hauptfront ist über eine Freitreppe begehbar. Der zierlich geschweifte Giebel über den drei mittleren Fensterachsen stammt aus dem 19. Jahrhundert. Die Ausflucht am Herrenhaus ist aus zusammengebrachten Spolien aufgebaut. An der Rückfront sind zweiachsige, ursprünglich eingeschossige Eckpavillons mit sich durchkreuzenden Satteldächern vom Ende des 18. Jahrhunderts aufgestockt worden.
Im Park steht ein im Kern mittelalterlicher poygonaler Turmbau von 1615, der 1696 umgestaltet wurde. Die Zinnen wurden später erneuert. Während der Bauarbeiten des Schlosses wohnte der Bauherr Hermann Werner von Wolff-Metternich zur Gracht im Turm. Dieser sogenannte Annette- oder Drosteturm wurde gern von der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff genutzt, wenn sie ihre Tante Freifrau Dorothea von Wolff-Metternich, geb. Freiin von Haxthausen in Wehrden besuchte.[1] Sie schrieb hier eine der schönsten Balladen, welche dem Fürstbischof Hermann Werner gewidmet wurde: Der Fundator.[2]
Von 1968 bis 1980 wurde das Schloss als Internat Weserberglandschule Schloss Wehrden genutzt. In dieser Zeit waren oft Künstler, wie u. a. der österreichische Violinist Luz Leskowitz oder der Göttinger Pianist Gerrit Zitterbart, zu Gast für ein Privat-Konzert.[3]
Aus der Internatsschule wurde in den 1990er Jahren ein Landerziehungsheim für schwer erziehbare Kinder, dabei nahm das Gebäude großen Schaden. Die Restaurierungsarbeiten dauern bis heute an, so wurde 2018 die Schloss-Bibliothek – die sich im ehemaligen Schlafzimmer des Fürstbischofs befindet – Buch für Buch aufwendig gereinigt und das Deckengemälde darüber restauriert. Hierbei wurden die Eigentümer von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, dem Landschaftsverband und der Bezirksregierung unterstützt.[4]
Jetzt sind im Schloss exklusive Mietwohnungen sowie ein »Trauzimmer«[5] und auf dem Gutshof ein Festsaal für Events, wie dem Herbst-Cocktail. Seit 1990, jeweils am letzten Wochenende im Oktober, werden in den historischen Räumen von Schloss Wehrden und in den restaurierten Gutsscheunen hochwertige Waren angeboten.[6] Die historischen Räume des Schlosses können von Gruppem nach Vereinbarung besichtigt werden. Diese können auch für private Feste und geschäftliche Veranstaltungen genutzt werden. In Zusammenarbeit mit dem Standesamt der Stadt Beverungen steht das prunkvolle Ledertapetenzimmer für Trauungen zur Verfügung.
Ab 2002 wurde der Schlosspark nach alten Originalplänen wieder instand gesetzt.[7] Im Park stehen einige, sehr alte, markante Solitärbäume wie Ginkgo, Süntel-Buche, Hainbuche, Hänge-Rotbuche, Lorbeereiche, Sommerlinde, Kastanie, Schwarznuss, Magnolien und Tulpenbäume, sowie mehrere Pyramiden-Stieleichen.[8] Drei Bäume sind als Naturdenkmale ausgewiesen.[9]
Das Gut und Schloss blieb im Besitz der freiherrlichen Linie derer von Wolff-Metternich und wird heute von deren Erben, Alexander und Andrea von Köckritz genutzt, denen auch das benachbarte Schloss Amelunxen gehört.[10]
Zwischen Schloss und Ort Wehrden liegt die 1696 von Ambrosius von Oelde im Barockstil errichtete katholische Pfarrkirche Heilige Familie und St. Stephanus. An der Nordseite der Kirche ist seit 1853 das Erbbegräbnis der freiherrlichen Familie von Wolff-Metternich.
Geschichte der Schlossparks
Alter Schlosspark
Möglicherweise gab es schon im Jahre 1696 bei der Errichtung des Schlosses einen Park, die älteste Abbildung ist jedoch erst auf einer Flurkarte aus der Zeit um 1730 zu finden. Hier erkennt man, dass der Schlosspark von einer hohen Mauer umgeben war. In dieser Mauer befanden sich zwei kleine Tore, durch die man über je eine kleine Treppeanlage an die Weser gelangte. Eine Karte aus dem Jahr 1810 zeigt den ursprünglichen Zustand als Barockpark. Auf der Fläche des späteren neuen Schlossparks ist hier noch eine Wiese.
Neuer Schlosspark
Anlässlich ihrer Silberhochzeit gaben Philipp Freiherr von Wolff-Metternich und seine Frau Mathilde, die Urgroßmutter der heutigen Eigentümerin, im Jahre 1895 dem Gartenarchitekten Friedrich Schulz aus Köln den Auftrag, den vorhandenen Park im Stil eines englischen Landschaftsgarten in Richtung Weser zu erweitern. Schulz, der sich als kaiserlich russischer Hofgärtner bezeichnete, ließ die Mauer entlang des Weserflutgrabens bis auf die Fundamente abtragen, um den alten und den neuen Park verschmelzen zu lassen. Das Wegenetz legte er, entsprechend der Lenné-Meyerschen Lehre, mit Krümmungen, weit schwingenden Bögen und unterschiedlichsten Windungen an. Dabei spielen Sichtachsen vom Schloss und vom Droste-Hülshoff-Turm zur Weser und umgekehrt eine wichtige Rolle. Durch geschickt angeordnete Baumgruppen und Sträucher schaffte er Räume, die sich dem Betrachter beim Flanieren öffnen.
Durch die Aufforstung nach dem zweiten Weltkrieg wurde es lange still im neuen Schlosspark. Erst die Diplomarbeit eines Studenten der Universität Paderborn, Abteilung Höxter, brachte eine Fülle von Erkenntnissen zu Tage und weckte den Wunsch nach Wiederherstellung. Im Jahre 2000 beschlossen die Stadt Beverungen und die Eigentümerin Andrea von Köckritz, geb. Freiin von Wolff-Metternich, die Restaurierung des Wehrdener Schlossparks im Rahmen der Expo-Initiative „Gartenlandschaft Ostwestfalen-Lippe“ durchzuführen und ihn für dreißig Jahre der Öffentlichkeit zu Verfügung zu stellen.
Mit seinen zehn Naturdenkmalen, von denen sich mit der alten Hainbuche eines im öffentlichen Teil befindet, präsentiert sich der Park nach der Fertigstellung der Restaurierungsarbeiten wieder im alten Glanz.
Der „Neue Park“ ist frei zugänglich. Der „Alte Park“ um das Schloss herum ist ausschließlich den Mietern der Wohnungen vorbehalten, die im Schloss, im Turm und in den den ehemaligen Wirtschaftsgebäuden befinden.[11]
Siehe auch
Literatur
- Jürgen Hövermann (Bearb.): Die naturräumlichen Einheiten auf Blatt 99 Göttingen. Bonn-Bad Godesberg (1963).
- Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Nordrhein-Westfalen. Band 2, Westfalen, Deutscher Kunstverlag, München (1969).
- Bernd Stiegele: Der historische Landschaftspark am Schloss Wehrden. Universität/Gesamthochschule Paderborn, Abtl. Höxter (Dipl.-Arb.), Höxter (1990).
- Rainer Gering: Der "Annette von Droste-Hülshoff-Turm" in Wehrden. In: Jahrbuch Kreis Höxter (1995), Seite 223–227.
- Jochen Luckhardt (Bearb.): Kreis Höxter, Kreis Paderborn. In: Westfalia Picta, Band 5, Bielefeld (1995), Seite 141–151.
- Carsten Seick: Studien zu landschaftlichen Gärten und Parks in Westfalen-Lippe unter besonderer Berücksichtigung der Anlagen privater Auftraggeber. Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Dissertation (1996), Band 1 – 4, Bd. 3, Seite 443 f.
- Florian Matzner / Ulrich Schulze: Barock in Westfalen – Ein Reiseführer. Kulturlandschaft Westfalen, Band 3, Münster, 2. unveränderte Auflage (1997), Seite 48.
- Christoph Reichardt: Annette von Droste-Hülshoff – die Dichterin im Wesertal. In: Geschichte aus und um Beverungen, Bd. 9, Beverungen (1998).
- Thomas Bufe: Gartenreise – Ein Führer durch Gärten und Parks in Ostwestfalen-Lippe. Münster (2000), Seite 209–211.
- Gerd Rother, Ortsheimatpfleger: 1150 Jahre Weserdorf Wehrden – Geschichte und Geschichten eines Dorfes an der Weser | Weredun – Wehrden (860-2010) Herausgegeben von der Vereinsgemeinschaft Wehrden, Seite 35–63.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Schlosspark Wehrden bei LWL-GeodatenKultur des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe
- ↑ Der Fundator, abgerufen am 5. September 2020.
- ↑ Weserberglandschule Schloß Wehrden auf facebook
- ↑ Westfalen-Blatt: Schloss-Bibliothek restauriert. Ausgabe vom 20. Oktober 2018.
- ↑ Trauzimmer im Schloss Wehrden. Webseite der Stadt Beverungen.
- ↑ Herbst-Cocktail auf Schloss Wehrden (YouTube 2017)
- ↑ Schloss Wehrden: Geschichte des Hauses und seiner Eigentümer
- ↑ Schlosspark Wehrden bei LWL-GeodatenKultur des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe
- ↑ Ordnungsbehördliche Verordnung zum Schutz von Naturdenkmalen innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile und des Geltungsbereiches von Bebauungsplänen im Kreis Höxter. (PDF) 18. März 2004, abgerufen am 14. November 2016 (darin Anlage 1, lfd. Nr. 11–13).
- ↑ Georg Dehio; Dorothea Kluge; Wilfried Hansmann; Ernst Gall: Nordrhein-Westfalen. In: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Band 2. Deutscher Kunstverlag, München, Berlin 1969, OCLC 272521926, S. 583.
- ↑ Infotafel Schlosspark Wehrden
Koordinaten: 51° 42′ 49″ N, 9° 23′ 13,5″ O