Die auf dem Mirbachplatz in Berlin-Weißensee stehende Bethanienkirche wurde wegen der beachtlichen Steigerung der Einwohnerzahl in Neu-Weißensee in den Gründerjahren zwischen 1900 und 1902 erbaut. Nach stärksten Kriegsschäden am Kirchengebäude blieb im Wesentlichen der Kirchturm erhalten, die kirchliche Nutzung musste aber aufgegeben werden.
Bethanienkirche | |
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![]() Turm der Kirche von Süden gesehen | |
Baujahr: | 1900–1902 |
Einweihung: | 1902 |
Architekt: | Ludwig von Tiedemann, Robert Leibnitz |
Stilelemente: | Neugotik, Backstein unverputzt |
Bauherr: | evangelische Gemeinde Berlin |
Turmhöhe: |
65 m |
Lage: | 52° 33′ 10″ N, 13° 26′ 57″ O |
Anschrift: | Mirbachplatz Berlin-Weißensee Berlin, Deutschland |
Zweck: | evangelisch Gottesdienst |
Gemeinde: | Evangelische Kirchengemeinde Bethanien |

Geschichte
Die nach dem Ort Bethanien benannte Kirche wurde nach Plänen des Architekten und Geheimen Rats Ludwig von Tiedemann und von Robert Leibnitz im neogotischen Stil errichtet und 1902 im Beisein von Kaiser Wilhelm II. und Kaiserin Auguste Victoria eröffnet. Zu Ehren der Kaiserin erhielt eine der drei Glocken des Kirchengeläuts den Namen „Auguste Victoria“.
Schnitzaltar und Kanzel schuf die Firma Gustav Kuntzsch aus Wernigerode, den steinernen Kanzelfuß Steinmetzmeister Otto Plöger, Berlin. Der Altar wurde wegen seiner Höhe im Jahre 1905 an die Glaubenskirche (Berlin-Lichtenberg) abgegeben und dort aufgestellt. Die Bethanienkirche erhielt – mit Rücksicht auf das mittlere Chorfenster – einen neuen Altar mit niedrigerem Retabel.[1] Der ursprüngliche Altar ist in der früheren Glaubenskirche (seit 2005 St.-Antonius- und St.-Shenouda-Kirche) erhalten.[2]
Im Zweiten Weltkrieg wurde der Bau fast vollständig zerstört, einzig der beschädigte 65 Meter hohe Turm mit dem ursprünglichen Geläut, der sich im Westen der Kirche über einem kreuzförmigen Grundriss mit Armen von fast gleicher Länge erhob, blieb erhalten.
Ende 2007 wurde der Bethanienturm an einen Berliner Architekten und Projektentwickler zwecks bisher (Stand 2015) nicht verwirklichter Neunutzungspläne verkauft.
Lage und Baubeschreibung
Der Mirbachplatz, benannt nach dem Oberhofmeister Ernst Freiherr von Mirbach, der sich um die Finanzierung des Kirchenbaus verdient gemacht hatte, ist Kreuzungspunkt der Pistoriusstraße mit der Schönstraße, der Gäblerstraße, der Behaimstraße und der Max-Steinke-Straße. Die Kirche war somit von allen zuführenden Straßen aus zu sehen.
Baubeherrschend war und ist der mächtige Kirchturm mit quadratischem Grundriss, der bis weit über das Dach des Haupthauses mit Kalksandstein verkleidet ist. Ihm angebaut ist der Eingangsbereich der Kirche, das Portal als Spitzbogen ausgeführt. Über dem Turmschaft erhebt sich das Glockengeschoss aus Backsteinen, das von schlanken bogenförmigen Schallöffnungen mit Wimpergen darüber gebildet wird. Auf dem Glockengeschoss ist ein vierseitiger Pfeilergiebel angeordnet, auf dem ein längsgerichtetes Satteldach einen verkupferten Dachreiter trägt.[3]
Im Turm wurde ein dreistimmiges Geläut aus Gussstahl-Glocken, die im Bochumer Verein Ende der 1890er Jahre gegossen worden waren, eingebaut. Eine Inventarliste der Gießerei enthält folgende Angaben: das Ensemble aus Glocken mit Klöppel, Lager, Achsen und Läutehebel kostete in der Herstellung 7891 Mark.[4]
Größe | Schlagton | Gewicht (kg) | unterer Durchmesser (mm) |
Höhe (mm) | Inschrift |
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größte | a | 3211,5 | 1988 | 1750 | unbekannt |
mittlere | cis | 1621 | 1574 | 1380 | Auguste Victoria |
kleinste | e | 1109 | 1387 | 1225 | unbekannt |
Das Geläut ist erhalten (siehe oben).
Das zugehörige Gemeindehaus Bethanien steht südöstlich des Platzes an der Ecke Max-Steinke-Straße/Pistoriusstraße. Die vielgliederige Anlage, 1908 im Heimatstil errichtet, wurde im Krieg kaum beschädigt und dient weiterhin kirchlichen Zwecken. Auffällig ist das mit Skulpturen reich geschmückte Portal in romanischen Formen.[3]
Literatur
- Günther Kühne, Elisabeth Stephani: Evangelische Kirchen in Berlin. Christlicher Zeitschriftenverlag (CZV), Berlin 1978, ISBN 3-7674-0158-4, S. 459.
- Ernst Badstübner, Sibylle Badstübner-Gröger: Kirchen in Berlin – Von St. Nikolai bis zum Gemeindezentrum „Am Fennpfuhl“ mit Aufnahmen von Martin Dettloff. Evangelische Verlagsanstalt, Berlin 1987, ISBN 3-374-00171-8, S. 219 (Abb. S. 152).
- Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil VI, Sakralbauten. Verlag Ernst & Sohn, Berlin 1997, ISBN 3-433-01016-1, S. 106, 382, Abb. 245–246.
Weblinks
- Eintrag 09030632 in der Berliner Landesdenkmalliste
- Evangelische Kirchengemeinde Berlin-Weißensee
- Christian Bormann: Der Bethanienturm in Detailaufnahmen auf www.youtube.de; 2016. (4:15 Minuten)
Einzelnachweise
- ↑ Angela Beeskow: Die Ausstattung in den Kirchen des Berliner Kirchenbauvereins (1890–1904). Mit einem Beitrag zur Ikonographie des Protestantismus. Gebr. Mann Verlag, Berlin 2005, ISBN 978-3-7861-1765-0, S. 168, 240, 253, 257, 337 f., 425.
- ↑ Der Bethanienturm. Abgerufen am 9. August 2019.
- ↑ a b Institut für Denkmalpflege (Hrsg.): Die Bau- und Kunstdenkmale der DDR. Hauptstadt Berlin-II. Henschelverlag, Berlin 1984, S. 121.
- ↑ Zusammenstellung der nach Berlin und Umgegend gelieferten Geläute; Bochumer Verein, um 1900. Im Archiv der Köpenicker Kirche St. Josef, eingesehen am 6. August 2019.