Friedrich Jeckeln

deutscher Politiker (NSDAP), MdR, General der Waffen-SS, Täter des Holocaust, Kriegsverbrecher (1895-1946)
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 18. August 2006 um 08:03 Uhr durch Brunswyk (Diskussion | Beiträge) (rv - Geburtsort ist Hornberg (Schwarzwald, s. unter "Literatur"). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Friedrich Jeckeln (* 2. Februar 1895 in Hornberg (Schwarzwald); † 3. Februar 1946 in Riga, (Lettland) war ein höherer SS- und Polizeiführer, zuletzt General der Waffen-SS, u. a. verantwortlich für die Massenmorde in Babi Jar und im Ghetto von Riga. Er wurde 1946 als Kriegsverbrecher hingerichtet.

Frühe Jahre

Der Sohn eines Fabrikbesitzers besuchte zunächst die Oberrealschule und danach für eine Semester das Polytechnikum in Köthen. Während des Ersten Weltkrieges war er als Artillerist an der Westfront, 1915 im Range eines Leutnants, 1916 wurde er schwer verwundet und wechselte zur Luftwaffe.

Zwischenkriegszeit

Von 1919 bis 1925 arbeitete Jeckeln als Gutsverwalter in der Nähe von Danzig, danach war er arbeitslos. 1922 trat er dem Jungdeutschen Orden bei, dessen Mitglied er bis 1924 blieb; außerdem war er Mitglied in Freikorps. Zwischenzeitlich war Jeckeln auch Mitglied der DNVP, bis er schließlich am 1. Oktober 1929 in die NSDAP eintrat, wo er zunächst als Redner und Organisator tätig war. Im Dezember desselben stellte Jeckeln seinen Aufnahmeantrag für die SS. Im Januar 1930 wurde er dort übernommen und bereits am 15. März wurde er zum Sturmbannführer ernannt.

Rasanter Aufstieg in NSDAP und SS

Ab 1930 begann dann sein schneller Aufstieg in beiden Organisationen: Er leitete zwichen März 1930 bis 1931 den II. Sturmbann der 12. SS-Standarte und wurde dort am 22. Juni 1931 zum Standartenführer ernannt. Bereits am 20. September desselben Jahres erfolgte die Ernennung zum Oberführer, als er die 12. SS-Standarte verließ.

Zwischen September 1931 und Januar 1933 führte Jeckeln den SS-Abschnitt IV und wurde dort am 4. Februar 1933 zum SS-Gruppenführer ernannt. Er übernahm nun die Leitung der SS-Gruppe "Süd" und gleichzeitig die Führung und den Oberbefehl über den SS-Abschnitt IV (Provinz Hannover und Schleswig-Holstein).

Am 13. September 1936 wurde er dort zum SS-Gruppenführer ernannt, als er die Führung des SS-Oberabschnittes Nordwest übernahm.

Im November 1938 war Jeckeln in Braunschweig und Hannover an der Organisation der unter dem Schlagwort „Kristallnacht“ bekannt gewordenen Judenpogrome beteiligt.

Polizeichef des Freistaates Braunschweig

Am 20. Juni 1933 wurde Jeckeln vom NSDAP-Ministerpräsidenten des Freistaates Braunschweig, Dietrich Klagges, zum Führer der Gestapo, der Landespolizei und Kommandeur der Schutzpolizei in Braunschweig ernannt. Klagges’ Ziel dabei war eine enge Verknüpfung von Polizei und SS sicherzustellen.

Bereits 1932 war Jeckeln für Sprengstoffanschläge in Braunschweig verantwortlich, so z. B. auf das Haus des damaligen Oberbürgermeisters der Stadt Ernst Böhme (SPD), der aber unverletzt blieb.

Jeckeln wurde als rücksichtslos, brutal, maßlos und hart beschrieben. Politisch Andersdenkende, v. a. Mitglieder der KPD, SPD und der Gewerkschaften verfolgte er unnachgiebig bis in deren Tod. Zusammen mit NSDAP-Mitglied Friedrich Alpers, Justiz- und Finanzminister im Freistaat sowie Ministerpräsident Klagges, war Jeckeln für die Rieseberg-Morde im Sommer 1933 hauptverantwortlich. Darüber hinaus, ordnete er die Ermordung eines abtrünnigen SS-Mannes in Braunschweig an.

Zweiter Weltkrieg

Organisator des Holocaust

Kamenez-Podolski

Ab 1940 wurde Jeckeln zusätzlich HSSPF West in Düsseldorf.

Er nahm ab Mai 1940 als Regimentskommandant der Totenkopfverbände des Theodor Eicke (I. Sturmbann des 2. SS-Totenkopf-Infanterie-Regimentes) am sogenannten Frankreichfeldzug teil.

Nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion („Unternehmen Barbarossa“) wurde er 1941 zum HSSPF im „Heeresgebiet Süd“ (besetzte Ukraine) ernannt. Bald nach seiner Amtsübernahme kam es zu einem ersten von ihm organisierten Massenmord an ukrainischen und ungarischen Juden, als ihm unterstellte Einheiten zwischen dem 10. August und dem 1. September 1941 bei der Ortschaft Kamenez-Podolski 23.600 Juden ermordeten.

Babi Jar, Rowno und Dnjepropetrowsk

Am 19. September 1941 wurde Kiew von deutschen Truppen eingenommen; einige Tage darauf, am 27. September 1941 fand eine Besprechung mit dem Thema „Evakuierung“ der ortsansässigen Juden statt. Teilnehmer waren u. a. Jeckeln, der Befehlshaber der Einsatzgruppe C, SS-Brigadeführer Otto Rasch, sowie der Befehlshaber des Sonderkommandos 4a, SS-Standartenführer Paul Blobel. Es wurde beschlossen, sämtliche Juden zu ermorden.

In nur zwei Tagen wurden durch „Einsatzgruppen“ am 29. und 30. September 1941 in der Schlucht Babi Jar 33.771 Personen ermordet; bei weiteren Erschießungsaktionen bis zum 12. Oktober 1941 insgesamt 51.000. Außerdem kam es zu Massenerschießungen in Rowno und Dnjepropetrowsk, an denen Jeckeln jeweils hauptverantwortlich beteiligt war.

Rigaer Ghetto

Am 11. Oktober 1941 wurde Jeckeln zum HSSPF Nord und Ostland (Baltikum und Teile Weißrusslands) ernannt und nach Riga versetzt. Zu dieser Zeit existierte bereits das Judenghetto Riga, in dem sich Zehntausende lettischer Juden befanden. Angeblich erhielt Jeckeln von Himmler persönlich den Befehl, das Ghetto zu räumen, um für Juden, die aus dem Deutschen Reich deportiert wurden, Platz zu machen. Jeckeln begann umgehend mit der Planung der „Liquidierung“. Als Ort des Massenmordes suchte er ein Wäldchen in der Nähe Rigas aus: Rumbula.

Der Massenmord von Rumbula

Am Morgen des 30. November 1941 begannen lettische und deutsche Truppen mit dem Abtransport der Juden nach Rumbula, wo an nur zwei Tagen, nämlich am 30. November und am 8. Dezember 1941 insgesamt ca. 25.000 Personen erschossen wurden – davon 21.000 Frauen und Kinder.

Der Massenmord geschah im Beisein von „Besuchern“: Angehörige der Wehrmacht und des Generalkommissariats waren anwesend, um sich einen persönlichen Eindruck zu verschaffen, einige wurden sogar von Jeckeln persönlich eingeladen bzw. dazu abkommandiert, denn: Jeckeln wollte Mitwisser und Zeugen, um die Schuld auch auf andere zu laden und diese dadurch zu Mittätern und Mitschuldigen zu machen, um sich so ihrer Verschwiegenheit zu versichern.

Endphase des Krieges

Anfang 1942 war Jeckeln – wiederum persönlich – an der „Aktion Sumpffieber“ beteiligt, bei der ihm unterstellte Verbände unter dem Vorwand der Partisanenbekämpfung Tausende von Juden aus verschiedenen Ghettos ermordeten. Bei diesen Aktionen war wie immer sein gesamter Stab persönlich beteiligt, worauf Jeckeln immer großen Wert legte. In der Endphase des Krieges wurde er im Februar 1945 zum kommandierenden General des Raumes Breslau ernannt.

Kriegsgefangenschaft, Prozess und Hinrichtung

Bei Kriegsende geriet Jeckeln in Gefangenschaft und wurde zusammen mit anderen Angeklagten in Riga vor ein sowjetisches Kriegsgericht gestellt. Die Verhandlung dauerte vom 26. Januar bis 3. Februar 1946, Friedrich Jeckeln wurde zusammen mit den anderen Angeklagten zum Tode verurteilt. Im Beisein von mehreren Tausend Zuschauern wurde er am noch am selben Tag in Riga, in der Nähe des Flusses Vorlage:Fluss Lettlands/Daugava, gehängt.

Literatur

  • Richard Breitman: Friedrich Jeckeln - Spezialist für die „Endlösung“ im Osten
  • Frank Flechtmann: November 1944: „Und nun erst recht!“ ein Hornberger läßt schießen
  • Israel Gutman (Hrsg.): Enzyklopädie des Holocaust. Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden. Band 2 (H-P), 2. Aufl., München 1998, S. 667
  • Institute of Documentation in Israel for the Investigation of Nazi War Crimes (Hrsg.): SS-Obergruppenführer Friedrich Jeckeln verantwortlich für die Ermordung der Juden in Litauen, Lettland und Estland 1941 – 1944. (Dokumentensammlung)
  • Horst-Rüdiger Jarck, Günter Scheel (Hrsg.): Braunschweigisches Biographisches Lexikon. 19. und 20. Jahrhundert, Hannover 1996
  • Horst-Rüdiger Jarck, Gerhard Schildt (Hrsg.): Braunschweigische Landesgeschichte. Jahrtausendrückblick einer Region, Braunschweig 2000, ISBN 3930292289
  • Gerhard Wysocki: Die Geheime Staatspolizei im Land Braunschweig. Polizeirecht und Polizeipraxis im Nationalsozialismus. Frankfurt/New York 1997
  • Mark C. Yerger: Allgemeine-SS - The Commands, Units and Leaders of the General SS, Schiffer Military History, 1997 (S. 42)