A cappella

historischer mehrstimmiger Vokalsatz, auch in der Popmusik
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Der Begriff a cappella wird traditionell im Sinne von „unbegleitet“ verwendet und beschreibt Gesang, der nicht von Musikinstrumenten begleitet wird. Seit Mitte der 1990er-Jahre rückt A cappella zunehmend als Bezeichnung für ein Genre der populären Musik ins Bewusstsein der Öffentlichkeit.

Schreibweise

Als Eigenschaftswort im Sinne von „unbegleitet“ oder auch „nach Art der Sängerkapellen“ wird a cappella klein geschrieben und mit doppel "p" und doppel "l".

Als Bezeichnung für das Populärmusik-Genre wird A cappella mit einem großen A geschrieben und auch mit doppel "p" und doppel "l".

Als Vorsatz eines zusammengesetzten Hauptwortes wird das A in jedem Falle groß geschrieben und zusätzlich Bindestriche eingefügt, z. B. „A-cappella-Komposition“.

Falsch ist es (heute), das Wort „cappella“ mit nur einem p zu schreiben. In historischen Schriften, die das Wort nicht aufs Italienische, sondern aufs Lateinische zurückführen, begegnet man aber auch dieser Schreibweise.

Ursprüngliche Bedeutung

Die Bezeichnung a cappella lehnt sich an das italienische "alla cappella" an und meint ursprünglich Musik "nach Art der Kapelle"; gemeint ist die Sixtinische Kapelle (cappella sistina), in der bis ins 17. Jahrhundert hinein prinzipiell ohne Instrumentalbegleitung gesungen wurde.

"Indessen ist die Päbstliche Music darinnen von anderen unterschieden, dass man dabey keiner Orgel oder anderer Instrumenten brauchet, sondern die Stücke nur hersinget." (Johann Gottfried Walther: Musikalisches Lexikon 1732, Seite 140).

Zunächst verstand man darunter Vokalmusik, bei der der (mehrstimmige) Gesang durch Musikinstrumente begleitet wurde, wobei die Instrumente genau das spielen, was die Stimmen singen.

"A capella [sic] (ital.) heisset: wenn Vocal- und Instrumental-Stimmen sich miteinander zugleich, und zwar dergestalt hören lassen, dass diese eben dasjenige, was jene haben, exekutieren." Siehe: Johann Gottfried Walther: Musikalisches Lexikon 1732, Seite 4.
"A capella, alla capella, d. h. im Kapellstile, bedeutet in älteren Kirchenmusiken die Bewegung der Singstimmen ohne Instrumente, oder wenn ja solche den Gesang begleiten, das Fortgehen der Instrumente im Unisono mit den Singstimmen." (F. A. Brockhaus: Allgemeine Deutsche Real-Encyklopädie für die gebildeten Stände. 1851 Leipzig. 1. Band, Seite 85)

Das bedeutet eine Aufführungspraxis von Vokalmusik, die sehr variabel dargestellt werden konnte. Nach Möglichkeit zog der Kapellmeister vorhandenes Instrumentarium bei der Aufführung hinzu. Die Instrumente konnten die Singstimmen verdoppeln oder auch ersetzen.

Bedeutung im 19. Jahrhundert

Bei der Wiederentdeckung der alten Chormusik im 19. Jahrhundert durch Laien-Chöre kam es zu einem Missverständnis des Begriffes a cappella, aus dem eine Bedeutungsveränderung resultierte: Im allgemeinen Sprachgebrauch wurde nun darunter eine Musik verstanden, die vollständig auf Instrumente verzichtet und allein auf der menschlichen Stimme beruht.

Chöre und Kantoreien, die heute eine historische Aufführungspraxis beachten, ziehen zu ihren Aufführungen von alter Chormusik im Cappellstil wieder vermehrt Instrumente hinzu, wobei durchaus auch historische Instrumente verwendet werden.

Bedeutung im 20. Jahrhundert

Im 20. Jahrhundert entwickelten sich neue Musikrichtungen. Einerseits wird A-cappella-Musik früherer Zeiten heute mitunter ohne die Instrumentalbegleitung aufgeführt, die früher üblich war. Andererseits werden neue Stücke mit rein vokaler Besetzung geschrieben.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand in den USA ein neues Genre von vokalen Kleingruppen (z. B. The Yale Whiffenpoofs 1909). Dabei wurde in Barbershop-Manier in close harmony gesungen. 1927 entstanden nach dem amerikanischen Vorbild der The Revelers in Deutschland die Comedian Harmonists. Sie sangen zwar mit Klavierbegleitung, förderten durch ihre Popularität aber das rein vokale Genre sehr. Weitere Einflüsse nahm die A-cappella-Musik aus dem Doowop der 50er Jahre.

So wird populäre A-cappella-Musik heutzutage vor allem durch moderne Vokalensembles mit vier bis sechs Personen aufgeführt. Neben vielen rein männlichen und gemischten Ensembles gibt es nur wenige rein weibliche Gruppen (z.B. die Teñoritas, AQUABELLA). Als Lied-Material werden zum einen spezielle Cover-Versionen von Liedern aus dem Pop- und Rock-Bereich oder traditionelle internationale Volkslieder verwendet, die ohne Instrumente arrangiert werden. Zum anderen werden speziell hierfür geschriebene und arrangierte Lieder verwendet.

Bei den Arrangements können die einzelnen Stimmen in Melodie und Text gleichberechtigt nebeneinander stehen. Häufig aber übernehmen eine oder mehrere Stimmen die Hauptstimme (im Sinne einer Solostimme oder einer Leadstimme), während die anderen Stimmen für die Begleitung sorgen. Dabei ahmen die einzelnen Stimmen (oft durch elektronische Hilfsmittel und Studiotechnik verstärkt) einzelne Instrumente nach – insbesondere das Schlagzeug durch Beatboxing. Gelegentlich benutzen A-cappella-Gruppen auch Eggshaker für die rhythmische Begleitung.

Zeitgenössische Beispiele

Wichtige Vertreter dieses stark von Popmusik und Jazz beeinflussten Genres sind:

In Deutschland wurden seit 1974 die 12 Sänger der Berliner Hymnentafel bekannt. Spätestens seit Ende der 1990er Jahre kann von einer Entwicklung und Ausbreitung der A-cappella-Musik gesprochen werden. Die 6-Zylinder (gegründet 1983) aus Münster hatten daran maßgeblichen Anteil. In den 1990ern erreichten Die Prinzen aus Leipzig einen hohen Bekanntheitsgrad, wobei sie neben reinen A-cappella-Aufnahmen auch instrumentale Begleitung einsetzten.

Die A-cappella-Weltmusikgruppe AQUABELLA aus Berlin sammelt in rein weiblicher Besetzung seit Mitte der 90er Jahren traditionelle Volkslieder aus der ganzen Welt und glänzt mit unterschiedlichen Gesangstechniken, Harmoniestrukturen und Rhythmen von Musikkulturen vieler Nationen.

In den 2000er Jahren sind im deutschsprachigen Raum die Wise Guys besonders erfolgreich.

Siehe auch