Theoderich, genannt der Große (* um 453 in Pannonien; † 30. August 526 in Ravenna, Italien; auch bekannt als Dietrich von Bern in der Sage) war ein König der Ostgoten aus dem Geschlecht der Amaler.
Leben
Theoderich war in seiner Jugend Geisel am Hof des Kaisers Zenon von Byzanz. Hier erhielt er seine Erziehung und militärische Ausbildung. Er diente in der kaiserlichen Armee des Kaisers als hoher Offizier auf dem Balkan. Später wurde er vom Kaiser mit einem Feldzug gegen den Skiren Odoaker in Italien beauftragt. Er belagerte zwei Jahre lang Ravenna und eroberte die Stadt nach der Rabenschlacht 493 und tötete Odoaker wenige Tage später bei einem Versöhnungsmahl eigenhändig.
Dieser Sieg machte ihn als Stellvertreter (Vizekönig) des Kaisers in Italien praktisch unabhängig. Einen lange anhaltenden Frieden erreichte er durch gleichwertige, aber getrennte Behandlung römisch-italischer (katholischer) und germanischer (arianischer) Vasallen und Beamten. Der byzantnische Historiker Prokop lobte den König als einen gerechten und starken Herrscher. Die Ansiedlung der Goten in Italien erreichte Theoderich ohne eine Konfrontation mit den Italikern. In der Verwaltung knüpfte Theoderich weitgehend nahtlos an die römische Praxis an. Auch ernannte er weiterhin Konsuln und ließ zahlreiche Geldspenden anläßlich seiner Jubiläen verteilen.
505 wurde er als Vormund des noch unmündigen Könmigs der Westgoten auch deren Herrscher. Er trennte Teile des Westgotenreiches ab und unterstellte es seiner direkten Verwaltung. Allerdings sollte dieser Schritt im Nachhinein eher negative Folgen haben, da bei der Trennung der beiden Gotenreiche zahlreiche Ostgotische Kontingente im Westen blieben. In diesen Jahren übte Theoderich eine de facto Hegemonie über die Germanen des Westens aus.
Der gute Eindruck wurde in den letzten Regierungsjahren des Theoderich allerdings getrübt. So ließ er den bekannten Philosophen Boethius aus einem eher geringeren Anlass hinrichten. Auch sein Plan eines germanischen Bündnissystems (mit den Burgundern und Westgoten) scheiterte unter anderem an innergermanischen Glaubensstreitigkeiten.
Der Tod Theoderichs leitete das Ende des Ostgotenreiches ein. Kaiser Justinian I. ergriff die Gelegenheit und ließ das Ostgotenreich durch seine Generäle Belisar und Narses erobern (535-ca. 552).
Sein monumentales Grabmal in Ravenna ist heute leer.
Die Frage nach der Identität mit Dietrich von Bern
Es ist möglich, dass "Dietrich von Bern" (möglicherweise auch eines "Verona") von den Germanen als Sohn oder Enkel Thor/Donars betrachtet wurde, und dass damit die Identität Theoderichs des Großen mit Dietrich von Bern fraglich ist. (Siehe hierzu auch Jakob Grimm, Deutsche Mythologie, Bd. I, ab S. 309)
Die Identität 'Theoderichs des Großen' mit 'Dietrich von Bern' ist erst kürzlich wieder von Norbert Lönnendonker in seinem Buch "Als die Götter noch jung waren", (Namenkundliche Untersuchungen zur Nibelungensage), Berlin 2003 [1] in Frage gestellt worden.
In der nordischen Thidrekssaga [2];[3], die aber auf deutsche Quellen zurückgeht, trägt 'Thidrek af Berne' keinen Bart: Er trug keinen Bart so lange er lebte. In sehr frühen Darstellungen des griechischen Gottes Zeus (700 v. Chr.) wird dieser ebenfalls ohne Bart dargestellt. Insofern erinnert die bartlose Darstellung des Thidrek/Dietrich auch etwas an die Beschreibung des jugendlichen Jupiter (Jupiter vejovis) in der römischen Mythologie. Ein jugendlicher Sonnen- und Lichtgott trägt keinen Bart. Der Großvater des Thidrek heißt in der Thidrekssaga SAMSON. Bibelfesten Menschen ist Samson aus der Bibel als Mann bekannt, der eine Stärke besitzt, die an Zauberei grenzt. Der germanische Gott Thor/Donar wirkt hauptsächlich durch seine schiere Kraft. Es ist also gewiss, dass Dietrich von Bern zumindest seine Abkunft auf Thor/Donar zurückführte, wenn er nicht gar eine jugendliche Ausgabe dieses Gottes war.
Ein anderer Beleg für die von der Heldensage verschleierte Götternatur des Helden Dietrich ist eine Stelle in der Heldenbuchprosa (H. Bl. 7r): Vor Dietrichs Geburt erscheint Dietmârs Frau der Geist Machmet, der ihr weissagt, dass Dietrich der sterkest geist der ye oder iemer geborn sol werden, sein wird. (Loc. cit.: Kofler, Walter, Erschienen unter dem Titel: Die Ideologie des Totschlagens. Nibelungen-Rezension in der Heldenbuchprosa. In: Jahrbuch der Oswald von Wolkenstein Gesellschaft 9 (1996/1997), S. 441-469.
Hier ist es nicht der Prophet der monotheistischen Bruderreligion, der die Geburt eines heidnischen germanischen Gottes prophezeit, sondern der - wie es im Mittelalter verstanden wurde - falsche (heidnische) Prophet Mohammed, der die Aufgabe übernimmt. Insofern ist Koflers Ansicht, dass die Stelle Dietrich "mit prominenten Vertretern des Heidentums in Verbindung bringt", richtig. Kofler versteht sie nur falsch, weil er augenscheinlich ausgerechnet Dietrich für einen Christen - wenn auch für einen arianischen - hält.
Ob Theoderich auf den Mosaiken seiner Residenzstadt Ravenna bartlos dargestellt wurde, wissen wir nicht, denn seine Gestalt wurde von den nachfolgenden byzantinischen Herrschern ausgelöscht (Damnatio memoriae). Christusdarstellungen aus seiner Zeit gibt es in Ravenna sowohl mit als auch ohne Bart.
In Rom befand sich zwischen den beiden capitolinischen Hügeln das "Asyl des Veiovis", was man als mögliche Ursache des Asylmotivs in den Sagen über Dietrich von Bern betrachten kann. Mit einiger Berechtigung könnte man also Dietrich von Bern als germanische Ausgabe des indoeuropäischen jugendlichen Sonnen- und Lichtgottes betrachten.
Literatur
- Salti, Stefania und Venturini, Renata: Das Leben des Theoderich, 2. Aufl., Ravenna, 2001.
- Ausbüttel, Frank: Theoderich der Große. Darmstadt 2003. (Einführung aus der Reihe Gestalten der Antike)
- Lönnendonker, Norbert: ALs die Götter noch jung waren - Namenkundliche Untersuchungen zur Nibelungensage, Rhombos-Verlag, Berlin, 2003.
- Joseph Pohl, Verona und Caesoriacum, Die ältesten Namen des Florus für Bonn und Mainz, Bonn (1886) Seite 3 - 33.
Theoderich ist Gestalt in mehreren germanischen Heldensagen, insbesondere im:
- Nibelungenlied,
- Hildebrandslied und in der
- Thidrekssaga sowie in der
- Heldenbuchprosa.