Missingsch (von Meißen, plattdeutsch (speziell hamburgisch) für: Meißnerisch = Meißner Kanzleisprache) Niederdeutsch gefärbter Akzent des Deutschen bei Beibehaltung des niederdeutschen Satzbaus und volkstümliche Lehnübersetzung niederdeutscher Wendungen ins Hochdeutsche.
Es ist der - missglückte - Versuch von niederdeutschen Muttersprachlern (in Hamburg), Hochdeutsch (welches aus der Meißner Kanzleisprache stammt) zu sprechen. Es stellt also eine Mischung aus Hochdeutsch und Niederdeutsch dar.
Aus dem Umstand des missglückten Versuchs und der daraus resultierenden Mischung rühren zwei gängige Missverständnisse über die Etymologie dieses Begriffs. Missingsch heißt aber weder missglückt, noch Mischung.
Historisch stammt Missingsch aus Hamburg, welches im niederdeutschen Sprachraum liegt, und wo die hochdeutsche Sprache früh einen großen Einfluss gewann, was für die Bewohner zur Folge hatten, dass sie Hochdeutsch sprechen mussten, oder auch wollten. Es ist das Produkt geringer Bildung, auch wenn es durchaus von der Mittelschicht gesprochen wurde.
Ein wirklicher Soziolekt ist es aber nicht und auch kein Dialekt des Niederdeutschen, sondern ein niederdeutsch gefärbter Akzent, also vergleichbar mit den typischen Akzenten von Engländern, Niederländern und Dänen, wenn sie Deutsch sprechen, nicht gerade Germanisten sind und ähnlichlautende (meist gleichbedeutende, oft gemeingermanische) Wörter so aussprechen, wie sie es gewohnt sind und weiterhin im Sprachfluss den Satzbau, bestimmte Redewendungen und Stilmittel nicht perfekt beherrschen.
Während Missingsch meist eine spezifisch hamburgische Erscheinung meint, ist der Charakter des Missingsch im gesamten niederdeutschen Sprachraum zu beobachten, nur nennt man es dort nicht unbedingt so. Zum Beispiel wird der Begriff in Kiel nicht verwendet, obwohl die dortige hochdeutsche Umgangssprache eigentlich auch aus einer Art Missingsch hervorgegangen ist.
Zugewanderte in den niederdeutschen Sprachraum, die mit Hochdeutsch aufgewachsen sind, werden auch oft zu Missingsch-Sprechern, wenn sie viel mit den "einfachen Leuten" verkehren, die besonders in den großen Städten (auch untereinander) eben kein Platt (mehr) reden, sondern meist diese Art norddeutsch gefärbtes Hochdeutsch.
Die Grammatik des klassischen Missingsch ist vorwiegend niederdeutsch, das Vokabular eine Mixtur aus hochdeutsch mit niederdeutschen Ausdrücken.
Einige Beispiele (in Klammern plattdeutsch und hochdeutsch):
- Lang mich mal die Kanne Miich (Lang mi mol de Melkkann) (Gib mir bitte das Milchkännchen)
- Sitzen gehen schallst du erst, wenn de Vadder da is (Sitten gahn schallst du iers, wenn de Vadder dor is) (Du wirst dich erst hinsetzen, wenn der Vater da ist)
- Ich tu dich blots ankucken, denn wirst du klar kriegen was die Klock geslagen hat. (Ik do di blots ankieken, denn schallst du klorkreegen, wat de Klock slaan hett) (Ich schaue dich nur an, dann weißt du, was die Uhr geschlagen hat).
An dem letzten Beispiel erkennt man sehr gut, dass Missingsch kein Niederdeutsch ist: Es wird was anstatt niederdt.: wat gesagt. Noch besser erkennt man das daran, welcher Norddeutsche Ich anstatt ik sagt. Wer ik sagt, der will Plattdüütsch snacken, wer ich sagt, der schnackt nur "Plattdeutsch" (in der Vorstellung der Hochdeutschen - niemals als Eigenbezeichnung bei diesem Versuch) - also das, was hier Missingsch genannt wird.
Was aber beim Hamburger Missingsch in jedem Fall übernommen wurde ist das S-tolpern über den s-pitzen S-tein, sie trennen also säuberlich S und T sowie S und P. Das l wird gerne verschluckt (Miich statt Milch).
Eine unbeantwortete Frage in der Literatur ist, ob es sich bei Missingsch um eine real gesprochene oder eine bewusst gestaltete literarische Sprachform handelt. Alle literarischen Missingsch – Texte (wie etwa Steffens’ „Kuddl Schnööfs achtersinnige Gedankens und Meinungens von die sozeale Revolutschon und annere wichtige Sachens“) weisen überdurchschnittlich viele Merkmale des Missingschen auf, so dass man davon ausgehen kann, dass diese nicht der realen Sprechsituation gleichen.
Siehe auch Hamburger Dialekt, Pidgin