Digital Imaging and Communications in Medicine
DICOM ist die Abkürzung für Digital Imaging and Communications in Medicine. Es ist ein offener Standard zum Austausch von Bildern in der Medizin. Der DICOM-Datensatz dient als Container. Er enthält außer einem oder mehreren Bildern auch Metainformationen wie Patientenname, Aufnahmedatum, Geräteparameter oder Arztname. DICOM ist auch die Grundlage für die elektronische Bildarchivierung in Praxen und Krankenhäusern (PACS - Picture Archiving and Communication System).
DICOM standardisiert nicht nur das Format medizinischer Bilder, sondern auch anderer Objekte wie etwa EKG-Kurven oder Modalitäten der Strahlentherapie. Die Hersteller haben darüber hinaus die Möglichkeit, eigene private Objekte zu definieren. Diese proprietären Objekte sind natürlich nicht mehr kompatibel zu anderen Herstellern, was die Absicht der Interoperabilität wieder konterkariert.
DICOM 3.0 baut auf den inzwischen veralteten ACR-Nema 1.0/2.0 Standards auf und ist seit 1992 verfügbar. Der DICOM-Standard wird noch heute von mehreren Working Groups stetig weiterentwickelt. Aktuell ist zur Zeit die Version PS 3 2006. Die Mitglieder der Working Groups sind Mitarbeiter von Medizintechnikherstellern (manufacturer), aber auch von Kliniken und Universitäten. Die Manufacturer, die Medizinprodukte herstellen, welche DICOM verwenden, müssen ein sog. Conformance Statement für Ihre Produkte abgeben.
Datenformat
DICOM beinhaltet neben Datenfeldern (z.B. Informationen über Bilder, Befunde, Patienten, Studien, Serien, ...) auch die Syntax und Semantik von Kommandos und Nachrichten. Weiterhin legt der Standard Vorschriften für die Beschreibung von DICOM-kompatiblen Geräten und Software fest, da für jedes DICOM-kompatible Gerät eine exakte Beschreibung der Systemfähigkeit vorhanden und veröffentlicht sein muss (DICOM Conformance Statement).
Nutzen von DICOM für Anwender
DICOM soll die Interoperabilität zwischen verschiedenen medizinischen Anwendungen ("application entity") gewährleisten.
Mit DICOM als offenem Standard kommunizieren Geräte der bildgebenden Medizin unabhängig von der verwendeten Systemplattform oder dem Hersteller. Ein Anwender hat somit die Freiheit, die Geräte zu verwenden, mit denen er seine Aufgaben am Besten lösen kann.
DICOM unterstützt den Arbeitsablauf in radiologischen Einrichtungen. Das "DICOM Model of the Real World", das in Part 3 des Standards vorgestellt wird, standardisiert die Verwaltung von Untersuchungen und Bilddaten. Damit ist eine filmfreie Arbeitsweise möglich, die das vormals allfällige "Filmtüten und Zettel suchen" erübrigt und eine computerbasierte Langzeitarchivierung ermöglicht.
Conformance Statements
In Conformance Statements beschreiben die Hersteller von Systemen, welche DICOM Funktionen ihre Produkte unterstützen. Ein Conformance Statement ist zwingende Voraussetzung für die Behauptung, dass ein Gerät oder System "DICOM-fähig" ist.
DICOM schreibt ebenfalls vor, wie Conformance Statements zu verfassen sind, welche Struktur sie haben müssen und welche Information enthalten sein muss. Ein Anwender mit DICOM Kenntnissen kann die Conformance Statements seiner Geräte (oder der zu beschaffenden Geräte) analysieren und daraus Vorhersagen über die möglichen Datenkommunikationsvorgänge treffen. Die Statements können sich auch nur auf Teilimplementierungen beziehen.
Unique Identifiers (UIDs)
DICOM identifiziert jedes Informationsobjekt durch Unique Identifiers (UIDs). UIDs sind weltweit eindeutig entsprechend ISO Standard 9834-3. Das wird erreicht, indem jeder Implementator eine "UID Root", einen Stammeintrag beantragen muss, auf dem er dann seine Identifikationen aufbaut. Damit sind Bilddaten eindeutig identifizierbar, auch Bildserien und ganze Untersuchungen (Studies) bekommen UIDs. Die DICOM-eigenen Objekte wie Datenobjekt-Beschreibungen und Transfersyntaxen, mit denen Datenobjekte übertragen oder ausgetauscht werden, haben ebenfalls eine eigene UID. Das Format der UIDs wird durch ISO 8824 definiert, DICOM spezifische Informationen dazu befinden sich in Part 5, Section 9 der Dokumentation.
Das Bild rechts basiert auf einer DICOM-Datei. Zur Anzeige wurde es in ein webtaugliches Format konvertiert. Die Bild-Beschreibungsseite listet die Meta-Informationen des Original DICOM-Bildes auf, ebenso Hinweise zum Dateiheader.
DICOM speichert bzw. überträgt Bilder verlustlos oder verlustbehaftet, angelehnt an das TIFF und JPEG-Format. Es kann Bildserien zusammenfassen. Die verschiedenen Kompressionsverfahren werden in eigenen Transfersyntaxen definiert.
DICOM File Sets
DICOM definiert keine unabhängigen "Dateien". Die auszutauschenden Daten können als Datei gespeichert werden, aber nur als Teil eines DICOM File Sets. Diese DICOM File Sets können auf Wechseldatenträgern existieren, eine Standardisierung für DICOM Dateisysteme auf Festplatten oder Netzwerk-Laufwerken gibt es nicht - trotzdem hat sich unter den Herstellern eingebürgert, auch mit einzelnen Dateien aus DICOM File Sets umgehen zu können; diese werden im Jargon dann als "DICOM Dateien" bezeichnet.
In einem DICOM File Set wird der kleinste gemeinsame Nenner für das Dateisystem gewählt. CDs sollten streng der ISO9660 Norm entsprechen: Der Dateiname sollte aus max. 8 Zeichen (Großbuchstaben, Ziffern) bestehen und überhaupt keine Dateiendung tragen. Zusätzlich muss im niedrigsten Verzeichnis-Niveau ("File System Root") eine Datei mit dem Namen DICOMDIR liegen, die ihrerseits genau festgelegte Informationen über Inhalt und Pfad der Dateien auf dem Datenträger enthält.
Im Umgang mit DICOM File Set Members als selbständige Datenobjekte haben sich aber auch Dateiendungen etabliert, beispielsweise .ima, .img und .dcm. Diese ermöglichen einfachen Programmen, die Datei anhand der Dateiendung zuzuordnen. - das ist allerdings außerhalb des DICOM-Standards.
Standardisierung
Entwickelt wurde der Standard seit 1983, ursprünglich vom ACR (American College of Radiology) und der NEMA (National Electrical Manufacturers Association). DICOM ist mittlerweile weltweit akzeptiert und wird in Working Groups gepflegt. Der DICOM-Standard, der bei der NEMA (siehe Weblinks) in der aktuellen Fassung bereit gestellt wird, besteht aus mehreren Teilen (Stand 2006):
- Part 1: Introduction and Overview (Einführung und Überblick)
- Part 2: Conformance (Konformität)
- Part 3: Information Object Definitions (Informationsobjekt Definitionen)
- Part 4: Service Class Specifications (Serviceklassen Spezifikationen)
- Part 5: Data Structures and Encoding (Datenstrukturen und Kodierung)
- Part 6: Data Dictionary (Datenlexikon)
- Part 7: Message Exchange (Nachrichtenaustausch)
- Part 8: Network Communication Support for Message Exchange (Netzwerkkommunikationsunterstützung für Datenaustausch)
- Part 10: Media Storage and File Format for Media Interchange (Speicherung auf Medien und Dateiformat für den Medienaustausch)
- Part 11: Media Storage Application Profiles (Anwendungsprofile für die Speicherung auf Medien)
- Part 12: Media Formats and Physical Media for Media Interchange (Medienformate und physische Medien für den Medienaustausch)
- Part 14: Grayscale Standard Display Function (Grauskala-Standard-Anzeigefunktion)
- Part 15: Security Profiles (Sicherheitsprofile)
- Part 16: Content Mapping Resource (Hilfsquelle zur Inhaltszuordnung)
- Part 17: Explanatory Information (Erklärende Information)
- Part 18: Web Access to DICOM Persistent Objects (WADO) (Web-Zugriff auf persistente DICOM-Objekte (WADO))
Die Teile 9 und 13 sind nicht mehr im Standard enthalten, dafür gibt es eine Reihe sog. supplements, die aber auch nach und nach in den Standard eingearbeitet werden.
Aus dem DICOM Standard entfernte Elemente (retired) sollten bei Neuimplementationen nicht mehr berücksichtigt werden. Generell werden nur Elemente entfernt, die im Konflikt mit anderen Konzepten des Standards stehen oder nie implementiert wurden.
DICOM unterscheidet zwischen verschiedenen Modalitäten (Röntgen, Ultraschall, Computertomographie, Kernspintomographie, PET, ...), bzw. SOP-Klassen (Service Object Pair Classes), die die Modalitäten ggf. noch weiter unterteilen.
DICOM ist ein Binärformat. Die Metadaten im Datei-Header besteht aus einer Hauptliste (und ggf. aus ineinander verschachtelten Listen = Sequences) von DICOM-Attributen. Mit einem Hex-Editor können die Daten nicht sinnvoll angezeigt werden, Part 5 des Standards erklärt die Struktur der einzelnen Attribute. Es existieren spezielle Anwendungen zum Anzeigen und Bearbeiten der Attribute.
Begriffsdefinitionen
- Service Class: Service Classes kapseln verschiedene Funktionalitäten, die der DICOM Standard beinhaltet. Beispiele: Store, Print, Worklist, ... Es ist nicht notwendig alle Service Classes zu unterstützen um sich als "DICOM kompatibel" bezeichnen zu dürfen. Die meisten Applikationen bzw. Geräte unterstützen nur jene Service Classes, die für ihren Verwendungszweck notwendig sind.
- Transfer Syntax: Die Daten können in unterschiedlichen Datenrepräsentationen ausgetauscht werden, dazu dienen Transfer Syntaxes. In ihnen wird beschrieben, wie Zahlen und Bilddaten repräsentiert werden und wie gegebenenfalls Bilddaten komprimiert werden. Dazu nützt DICOM auch eingebettete Formate wie JPEG.
- SCU (Service Class User): Ein Service Class User ist ein Gerät bzw. eine Applikation, die Daten einer bestimmten Service Class versenden kann.
- SCP (Service Class Provider): Ein Service Class Provider ist ein Gerät bzw. eine Applikation, die Daten einer bestimmten Service Class empfangen kann.
- DICOM Storage Service Class: Service Class, die das Versenden, Empfangen und Abspeichern von medizinischen Bildern umfasst. Siehe auch PACS (Picture Archiving and Communication System).
- DICOM Print Management Service Class: Service Class, die das Drucken von medizinischen Bildern umfasst.
- DICOM Worklist Management Service Class: Service Class, die sich mit der Übertragung von Patientendaten von der Eingabestation zu der jeweiligen Modalität (Bsp.: Ultraschallgerät, CT) befasst.
- DICOM Verification Service Class : Service Class, die sich mit der Verifkation der Netzwerkverbindung zweier DICOM Systeme befasst. Dieser Vorgang wird oft auch als Echo bezeichnet.
- AE Title = Application Entity Title : "Name" eines DICOM Knotens.
- SOP Class = Service Object Pair Class : beinhaltet ein Objekt und seine ausführbaren Aktionen; z.B. MR-Bild und dessen Speichern, Drucken, etc.
Siehe auch
Literatur
Armin Gärtner, Medizintechnik und Informationstechnologie, Band II, ISBN 3-8249-0941-3