Nachtverkehr

Betrieb des öffentlichen Nahverkehrs in den Nachtstunden
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Ein Nachtbus fährt während der Betriebsruhe des Tagesbetriebes im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). In größeren Städten gibt es besondere Nachtbussysteme.

Liniennetze

Eine Nachtbuslinie ersetzt meistens mehrere Tageslinien. Es gibt spezielle, oft sternförmige Nachtbusnetze teilweise mit Ringlinien. Bei Rendezvous-Systemen fahren alle Busse einen zentralen Umsteigepunkt (ZOB) im Stadtzentrum gleichzeitig an. Dadurch bestehen – bei ebenfalls gleichzeitigen Abfahrtzeiten – direkte Anschlüsse in alle Richtungen.

Nachtbusse ersetzen in der Betriebsruhe neben Stadtbussen auch die U-Bahn, Stadtbahn oder Straßenbahn. Die Linienführung orientiert sich dann an der Schnellbahnstrecke. In einigen Großstädten (Berlin) sind auch Straßenbahnen in das Nachtnetz miteingebunden. Am Wochenende können zusätzlich U-Bahnen und S-Bahnen fahren.

Kleinere Städte oder Gemeinden können von einzelnen Nachtlinien (auch Regiobusse) bedient werden. Auf wenig benutzten Linien fahren Kleinbusse, Anrufbusse oder Taxen (Anrufsammeltaxen, Nacht-AST).

Da viele Fahrgäste (besonders junge Frauen) in der Dunkelheit keine langen Fußwege zurücklegen möchten, gibt es Versuche, außerhalb von Haltestellen oder zwischen den Haltestellen auf Anforderung das Aussteigen zu ermöglichen. Siehe auch: Trampbus

Betriebszeiten

Die Betriebszeiten variieren je nach Stadtgröße stark. So verkehren in Berlin von Montag bis Sonntagnacht alle Nachtlinien im 30-Minuten-Takt von ca. 0:00 bis 4:30 Uhr (Sonntagfrüh bis 7:30 Uhr). In anderen Großstädten fahren Nachtbusse oft nur in den Wochenendnächten und vor Feiertagen im Stundentakt. Am Sonntagmorgen wird teilweise der Frühverkehr bis gegen 8 Uhr miteinbezogen.

Nachtbusse in Mittel- und Kleinstädten fahren nur bis 3 oder 4 Uhr früh und teilweise nur in der Nacht von Freitag auf Samstag. Manchmal werden auch Fahrten vor Mitternacht (Discobus, Regiobusse auf dem Lande) als Nachtbus bezeichnet oder der Spätverkehr von 20 bis 24 Uhr wird zum Nachtnetz gezählt (z. B. Brandenburg (Havel)).

Fahrgastinformation

Die Fahrtrouten, Linienbezeichnungen und Haltestellenlagen weichen oftmals erheblich vom Tagesbetrieb ab. Da die meisten Fahrgäste nur selten in der Nacht fahren, ist der Bekanntheitsgrad der Nachtnetze verhältnismäßig gering. Das Angebot kann sich aber nicht nur an Nachtschwärmer und Discobesucher wenden – ein gutes Fahrgastinformationssystem ist also unbedingte Voraussetzung.

Nachtbusnetze können aus dem Tagesnetz heraus entwickelt sein – dann ähneln die Linienbezeichnungen dem Tagesangebot oder sind damit identisch – oder völlig verschieden davon aufgebaut sein. Eine Annäherung der Strukturen an den Tagesbetrieb ist der beste Weg zu einer guten Fahrgastinformation. Ein Nachtbus als Ersatz für eine Schnellbahn kann durchaus die Schnellbahnbezeichnung und Linienfarbe übernehmen. Nachtbusse tragen vor der Liniennummer meistens ein „N“.

Ein Informationssystem umfasst Liniennetzpläne, Fahrplankarten, Hinweisschilder (Piktogramme) zu den Haltestellen, übersichtliche Fahrplanaushänge – auch an den (unter Umständen nicht bedienten) Tageshaltestellen, Anschluss- und Tarifinformationen.

Tarif

Für Nachtbusse gelten besondere Tarifregelungen. Die Spannbreite reicht vom zuschlagfreien Normaltarif bis zu besonderen Nachttarifen. Meistens gilt eine Zuschlagsregelung für Fahrten zwischen 0 und 5 Uhr früh.

Nachtbusse in europäischen Hauptstädten

Berlin

Seit Ende Mai 2006 fahren in Berlin alle Metrobus- und Metrostraßenbahn-Linien rund um die Uhr und haben damit die vorher dort verkehrenden Nachtlinien abgelöst. Am Wochenende fahren die meisten U- und S-Bahnen ebenfalls durchgehend, die U-Bahn wird in den Werktagnächten durch Buslinien ersetzt. Diese Nachtbusse tragen die gleichen Nummern („N1“ bis „N9“) und befahren soweit möglich dieselben Routen wie die U-Bahn. Da diese beiden Nachtangebote weitgehend dem Tagesnetz entsprechen, ist die Merkbarkeit und Wahrnehmbarkeit des Nachtnetzes auch Fahrgästen möglich, die nur selten nachts unterwegs sind.

Die meisten nächtlichen Metrobusse und -straßenbahnen und die „U-Bahn-Nachtbusse“ fahren alle 30 Minuten, die U-Bahnen am Wochenende alle 15 Minuten. Alle übrigen Bereiche der Stadt werden durch gewöhnliche Nachtbusse, deren Linienführungen teilweise an die Tageslinien angelehnt sind, bedient (zweistellige Liniennummer und „N“). An bestimmten Verküpfungspunkten warten die Nachtlinien in bestimmten Richtungen aufeinander und ermöglichen kurze Umsteigezeiten. Die wichtigsten Nachtknoten im Zentrum sind Zoologischer Garten, Hackescher Markt und Hermannplatz.

Paris

Trotz des regen Pariser Nachtlebens und auch gegen Mitternacht noch dicht fahrender und gut gefüllter Metrozüge, legen diese auch in den Wochenendnächten eine Pause von ca. 1:00 bis 5:30 Uhr ein. Bis Herbst 2005 gab es den sternförmig auf Chatelet zufahrenden Noctambus, der das Stadtgebiet von Paris in der Betriebspause der Metro bediente. Nun bedient der als Noctilien bezeichnete Nachtbus auch die Vororte von Paris. Gleichzeitig wurde das Angebot im Pariser Stadtgebiet deutlich ausgeweitet. Neben Chatelet gibt es nun weitere Knoten. Die Linien fahren in die Vororte meist stündlich, im Stadtgebiet halbstündlich. In den Wochenendnächten werden sie teilweise auf einen 15- oder sogar 10-Minuten-Takt verdichtet. Ringlinien verbinden in beiden Richtungen die äußeren Knoten Gare Saint-Lazare, Gare de l'Est, Gare de Lyon und Gare Montparnasse.

London

In London fährt die Underground (U-Bahn) nachts sowohl werktags wie auch am Wochenende nicht. Dafür besitzt London ein äußerst dichtes Netz von Nachtbussen. 46 Buslinien fahren rund um die Uhr. Weiterhin fahren Nachtbusse, die am vorangestellten „N“ erkennbar sind. Selbst werktags fahren einige Linien nachts im 15-Minuten-Takt. Die meisten Straßen werden von mehreren Buslinien bedient. Wichtige Knotenpunkte sind Trafalgar Square, Oxford Circus, Victoria, Aldwych, Tottenham Court Road und Camden Town. Am Trafalgar Square enden beispielsweise 16 Linien, weitere 20 Linien führen dort vorbei.

Wien

In Wien gibt es ein Nachtbussystem (genannt Nightline) im 30-Minuten-Intervall, durch Parallelführung zweier Linien entlang der wichtigsten Strecken wird eine Intervallhalbierung erreicht. In Wien existiert ein Rendezvous-System: ein Großteil der Linien umrundet die Innenstadt entlang der Ringstraße oder hält zumindest entlang des Rings (wichtige Umsteigeknoten sind Schwedenplatz und Kärntner Ring, Oper). Nur entlang des Gürtels existiert eine Tangentialverbindung (zusätzlich auch in den Innenbezirken an Wochenenden).

Die Nummerierung der Linien orientiert sich an den Tageslinien (siehe dazu: Wiener Straßenbahn). In den Nächten vor Werktagen werden einige Nachtbusse (am Stadtrand) aus wirtschaftlichen Gründen durch Anrufsammeltaxis (genannt ASTax) erstetzt.