Herbert Ullrich

deutscher Anthropologe und Schiller-Schädel-Forscher
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Herbert Ullrich (* 8. August 1932; † 12. Oktober 2019) war ein deutscher Anthropologe und Schiller-Schädel-Forscher.

Leben

Der promovierte Anthropologe Herbert Ullrich war am Institut für Vor- und Frühgeschichte und später am Zentralinstiitut für Alte Geschichte und Archäologie der Akademie der Wissenschaften sowie an der Humboldt-Universität zu Berlin tätig. Er beschäftigte sich mit Fragen der Evolution des Menschen, der prähistorischen Anthropologie und der Untersuchung von Skeletten historischer Anthrpologie.

Der Fürstengruft-Schädel wurde 1959 von Herbert Ullrich zusammen mit dem dazugehörigen Skelett und dem Froriep-Schädel eingehend untersucht. Dabei zeigte sich, dass der Fürstengruft-Schädel mit der Totenmaske Schillers („Weimarer Maske 200“) nicht nur in den allgemeinen Dimensionen, sondern auch in zahlreichen Details sehr gut übereinstimmt. Bei der eingehenden Untersuchung des Fürstengruft-Schädels konnte Ullrich weiterhin feststellen, dass 7 Zähne (5 im Oberkiefer und 2 im Unterkiefer) nicht zum Schädel gehören. Sie waren an den Wurzeln so zurecht gefeilt worden, dass sie in die Alveolen einigermaßen hineinpassten.

1961 assistierte Ullrich Gerassimow bei der Rekonstruktion von Schillers Gesicht.

Die Aufzeichnungen, Untersuchungsprotokolle und Fotos aus den Jahren 1959/61 wurden erst 2004 in seinem Buch „Schädel-Schicksale historischer Persönlichkeiten“ publiziert. Darin veröffentlichte er eine kurzgefasste Geschichte der mehr als 120jährigen Schillerschädel-Forschung und analysierte den heutigen Stand der Forschung. Zugleich wurden erstmals die Öffnung des Schiller-Sarkophags 1959 und die Untersuchungen am Fürstengruft-Schädel und Skelett 1961 eingehend beschrieben.

Im Jahre 2007 erschien verspätet sein Buch „Friedrich Schiller. Zwei Schädel, zwei Skelette und kein Ende des Streites“, das ein doppeltes Ziel verfolgt: zum einen ein Versäumnis in der Veröffentlichung der wissenschaftlichen Originaldaten und Ergebnisse der 1959/61 am Fürstengruft-Schädel und –Skelett, aber auch an den von Froriep geborgenen Skelettresten durchgeführten Untersuchungen nachzuholen, zum anderen eine kritische Bilanz der bisherigen Schillerschädel-Forschung zu ziehen und falschen Auffassungen und Fälschungen entgegen zu treten, aber auch die Ergebnisse eigener weitergeführter Studien zur Echtheit des Schillerschädels darzulegen. Der Fürstengruft-Schädel sei anhand traditioneller Methoden nach heutigem Stand der Forschung „mit größter Wahrscheinlichkeit“ der echte Schiller-Schädel. „Er stimmt in seinen Größen- und Proportionsverhältnissen, in den wesentlichen Profilumrisslinien und in zahlreichen morphologischen Merkmalen mit der Gips-Totenmaske Schillers (Weimarer Maske 200) überein. Abweichungen lassen sich durch Unzulänglichkeiten in der Totenmasken-Abnahme wie auch in der Anfertigung der ‚Weimarer Maske 200’ erklären. Die letzte Entscheidung im Schillerschädel-Streit werden jedoch nur DNA-Untersuchungen erbringen können.“

Ullrich untersuchte 2004/2005 in Weimar und Marbach alle 4 Original-Totenmasken Schillers eingehend, beschrieb, vermesste und verglich sie untereinander sowie mit dem Original-Fürstengruft-Schädel. Auch die in Weimar vorhandenen Gipsabgüsse des Fürstengruft-Schädels aus dem Jahre 1827 und in Halle die von Welcker für seine Studien benutzten Objekte verglich er mit dem Original-Fürstengruft-Schädel.

Als Anthropologe arbeitete Ullrich am Projekt „Der Friedrich-Schiller-Code“ (2006) mit. Darüber verfasste er sein Buch „…und ewig währt der Streit um Schillers Schädel“ (2008). Nach seiner Auffassung sei die derzeitige Befund- und Ergebnissituation „überaus widersprüchlich“: „Nach den molekularbiologischen Ergebnissen ist der Fürstengruft-Schädel nicht der Schädel Schillers, nach den morphologisch-metrischen und chemischen Befunden ist der Fürstengruft-Schädel der echte Schädel Schillers. Eine Entscheidung sei nach dieser Befundlage, die einen eindeutigen Dissens widerspiegele, nicht möglich. „Für eine eindeutige und als gelöst zu betrachtende Identifizierung des Fürstengruft-Schädels wäre eine Übereinstimmung, ein Konsens, der morphologisch-metrisch-chemischen Ergebnisse und jener der DNS-Untersuchungen erforderlich."

Da Ullrich trotz des hundertprozentigen Ausschlusses seitens der Genetik am Fürstengruft-Schädel festhalten möchte, muss er Jahns Hypothese vom „Doppelgänger-Schädel“ natürlich ablehnen. Das Hauptergebnis der DNS-Untersuchungen, dass nämlich zu 99,9994 Prozent Christophine die biologische Tante von Carl und Ernst ist, ließ Herbert Ullrich weg. Als Walther Parson unzweifelhaft herausbekam, dass Christophine Reinwald die Tante von Ernst v. Schiller ist, war der Fürstengruft-Schädel nicht mehr zu halten. Da helfen auch die ganzen anthropologisch-metrischen Ähnlichkeiten nichts mehr. Der Ausschluss seitens der DNS ist zu 100 % und damit scheidet der Fürstengruft-Schädel trotz der sehr großen Ähnlichkeit definitiv aus. Durch äußere Einwirkungen (z. B. Kontamination) kann man zwar die DNS zerstören, aber nicht aus einer Haplogruppe eine andere machen.

Werke

  • Schädel-Schicksale historischer Persönlichkeiten. München 2004.
  • Friedrich Schiller. Zwei Schädel, zwei Skelette und kein Ende des Streites. Berlin 2007.
  • ... und ewig währt der Streit um Schillers Schädel. München 2008.

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