Moabit ist ein Stadtteil im Zentrum von Berlin und gehört seit Anfang 2001 zum neuen Verwaltungsbezirk Berlin-Mitte. Davor war Moabit von 1920 bis 2001 Teil des alten Bezirks Tiergarten.
Über Berlin hinaus ist Moabit durch die Untersuchungshaftanstalt und das Kriminalgericht bekannt, weswegen Moabit oft als Synonym für das Gefängnis verwendet wird: "Er sitzt in Moabit" meint "Er ist Insasse der Untersuchungshaftanstalt Moabit".
Der Stadtteil wird von den Wasserstraßen Spree, Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal, Westhafenkanal und Charlottenburger Verbindungskanal umschlossen. Die Insel Moabit wird durch 23 Straßen-, Bahn- und Fußgängerbrücken mit der umgebenden Stadtlandschaft verbunden. Die trennende Wirkung der Wasserläufe wird im Norden und Osten durch ausgedehnte Bahnanlagen und den Westhafen noch verstärkt.
Name
Die Herkunft des Namens Moabit ist umstritten. Sehr wahrscheinlich lässt sich die Bezeichnung auf die ersten Bewohner dieses Gebietes, die Hugenotten, zurückführen. Die französichen Glaubensflüchtlinge nannten ihren neuen Wohnsitz in Anlehnung an das Alte Testament "terre de Moab", denn sie fanden hier ebenso Zuflucht, wie die Israeliten nach dem Auszug aus Ägypten im Land der Moabiter, bevor ihnen der Einzug ins Land Kanaan gestattet wurde.
Möglich, wenn auch weniger wahrscheinlich, ist eine Herkunft von "terre maudit" (verfluchtes Land) oder dem slawischen Wort "moch" (Moor) bzw. der verschlampten Aussprache des Wortes "Moorjebiet".
Geschichte
Beginn der Besiedelung
Das Gebiet des heutigen Moabit ist ab dem 13. Jahrhundert als "Große Stadtheide" unter Berliner Verwaltung und dient als Viehweide. Im 15. Jahrhundert werden die Ländereien westlich Berlins Eigentum der brandenburgischen Kurfürsten, die die wildreichen Wälder südlich der Spree zu ihrem Jagdgebiet, dem Tiergarten, machen. Dem Wachstum der Residenzstadt unter dem Großen Kurfürst Friedrich Wilhelm fallen Teile des Tiergartens zum Opfer, was durch die Erweiterung um den "Hinteren Tiergarten" nördlich der Spree kompensiert wird. Das gesamte Jagdrevier wird bis 1859 mit einem Wildgatter versehen.
Die Besiedelung des heutigen Moabit beginnt 1685 mit dem Bau des "Staakensetzerhaus" an der Westgrenze des Wildparks. 1698 überlässt Kurfürst Friedrich III. den auf dem Areal des heutigen Humboldthafens liegenden Weinberg dem Hugenotten Menardié, der hier ein Gasthaus betreibt. Im Jahr 1717 siedelt König Friedrich Wilhelm I. zwischen der heutigen Straße Alt-Moabit und der Spree Hugenotten an. Die Glaubensflüchtlinge sollen hier Maulbeerbäume für die Seidenraupenzucht anpflanzen, was jedoch an der unzulänglichen Qualität der Böden scheitert. So werden die Grundstücke schon zehn Jahre später für andere, meist gärtnerische Zwecke verwendet und es entstehen hier die ersten Sommersitze Berliner Bürger.
In den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts beginnt auch die militärische Nutzung großer Teile des Gebiets von Moabit. Die königlichen Pulverfabriken westlich des Moabiter Weinbergs machen 1717 den Anfang und bis 1734 dehnen sich die militärischen Anlagen bis dicht an die Hugenotten-Kolonie aus. Die Bezeichnung "Pulverwiesen" für die Spreewiesen südlich der Militäranlagen hält sich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts.
Im westlichen Teil des heutigen Moabit, der damals noch zu Charlottenburg gehört, eröffnet 1735 ein Franzose eine Schenke. Der wegen seiner geringen Größe "petit Martin" oder berlinisch "Martinicken" genannte Wirt gibt dem damals unbebauten Feld den Namen "Martinickenfelde". Es ist das Gebiet des späteren Fabrikenviertels von Moabit.
Zwei Westfalen erhalten um 1769 Ländereien von Friedrich II. im Gebiet des heutigen Westfälischen Viertels von Moabit. Ihnen wird auferlegt, die Brandenburger darin zu unterrichten, lebende Hecken nach westfälischer Art zur Einfriedung ihrer Höfe anzulegen. Die Westfalen errichten auf ihren Anwesen Gaststätten, die sich steigender Beliebtheit bei der Stadtbevölkerung des ausgehenden 18. Jahrhunderts erfreuen. Moabit ist damit zu dieser Zeit ein Naherholungsgebiet mit ländlichem Charakter.
Industrialisierung
Arbeiterbewegung
Große Teile von Moabit sind traditionelle Arbeiterwohnviertel; Teile davon hatten politisch aktive Bewohner, so beispielsweise der "rote Beusselkiez" oder der benachbarte Rostocker Kiez, und galten nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten im Jahre 1933 als kommunistische Widerstandszellen.
Bevölkerungsentwicklung
Moabit war lange Zeit so gut wie unbewohnt, die Einwohnerzahl wuchs nach der Eingemeindung (1861) jedoch rasch:
- 1716: Entstehung der Kolonie Moabit ("Alt-Moabit")
- 1801: 120 Einwohner
- 1805: 201 Einwohner
- 1818: Entstehung von Neu-Moabit, Zusammenwachsen mit Alt-Moabit zu einer Industrievorortgemeinde
- 1835: 709 Einwohner
- 1861: etwa 6.534 Einwohner, Eingemeindung nach Berlin
- 1871: 14.818 Einwohner
- 1880: 29.693 Einwohner
- 1910: 190.000 Einwohner
- 2004: 70.000 Einwohner
Bauwerke
Moabit beherbergt einige architektonisch und industriegeschichtlich bedeutende Bauten:
- St. Johannis, erbaut 1835 von Karl Friedrich Schinkel, erweitert 1857 von Friedrich August Stüler
- Hamburger Bahnhof, erbaut 1846–1847
- Untersuchungshaftanstalt Moabit und Kriminalgericht Moabit, 1877–1882, Erweiterung des Kriminalgerichts um den heute noch erhaltenen Neubau 1902-1906 nach Plänen von Karl Vohl im Stil des Wilhelminischen Barock
- Moabiter Markthalle, fertiggestellt 1891
- Kraftwerk Moabit, erbaut 1899–1901 als zweites Berliner Drehstromkraftwerk nach Plänen von Franz Schwechten
- Westhafen, erbaut 1914-1927 in mehreren Etappen nach Plänen des Stadtbaurats Friedrich Krause mit von Richard Wolffenstein gestalteten Hafengebäuden; größter Hafen Berlins
- AEG-Turbinenfabrik, bedeutendes Beispiel der Industriearchitektur in Deutschland, erbaut 1909 von Peter Behrens
- Berlin Hauptbahnhof, Baubeginn 1995, noch im Bau
Weblinks
- Eintrag zu Moabit im Berliner Bezirkslexikon der Edition Luisenstadt
- Moabit online
- Moabiter Ratschlag
- Online-Magazin des Quartiersmanagement Moabit-West, also rund um die Beusselstraße
- Kulturfabrik Moabit
- Hamburger Bahnhof - Museum für Gegenwart
- Über die Inschriften am U-Bahnhof Westhafen
- HT 21 Hansa Theater
Literatur
- Saeger, Olaf: Moabiter Details - Schatten im Paradies, Berlin 1995, ISBN 3925191593
- Karwelat, Jürgen: Insel Moabit. Eine Dreiviertel-Rundfahrt mit dem Schiff, ISBN 3925702067
- Engel, Helmut: Das Poststadion in Moabit: Baudenkmal, Sportstätte, Kieztreff
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