Deutscher Film

Aspekt der Geschichte
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Die Deutsche Filmgeschichte ist ein vielfältiger und wechselhafter Teil der internationalen Filmkultur. Sie reicht von technischen Pioniertaten über die frühen Kinokunstwerke des Stummfilms bis zu nationalsozialistischen Hetzstreifen, biederen Heimatfilmen und zum innovativen Autorenkino.

1895 - 1918: Pionierzeit; vom Kintopp zur Filmindustrie

 
Max und Emil Skladanowski
 
Asta Nielsen, einer der ersten internationalen Filmstars des deutschen Films

Zu dieser Epoche siehe auch Filmgeschichte und Stummfilm

Die Filmgeschichte beginnt in Deutschland bereits im Geburtsjahr des Films überhaupt: schon vor der ersten Vorführung der Brüder Lumière in Paris zeigten die Brüder Skladanowsky im Wintergartenpalais zu Berlin kurze Filme auf einem Überblendprojektor. Dessen aufwändige Technik konnte allerdings gegenüber dem praktischeren Gerät der Lumières, das sowohl für Aufnahme als auch zu Projektion genutzt werden konnte, nicht bestehen. Weitere bekannte deutsche Filmpioniere waren Guido Seeber und Oskar Messter.

Die neuartige Kinematographie war zunächst eine Attraktion für die "höheren Schichten", die Neuheit nutzte sich allerdings rasch ab; belanglose Kurzfilmchen wurden Jahrmarktsattraktionen für Kleinbürger und Arbeiter. Die Ladenbuden, in denen damals Kino veranstaltet wurde, hießen im Volksmund einigermaßen verächtlich „Kintopp“. Dem versuchten künstlerisch interessierte Filmleute mit längeren Spielhandlungen nach literarischen Vorbildern entgegen zu wirken: nach 1910 entstanden erste künstlerische deutsche Filme, z. B. „Der Student von Prag“ des Reinhardt-Schauspielers und Regisseurs Paul Wegener. Vor 1914 wurden allerdings auch viele ausländische Filme importiert, besonders dänische und italienische Kunstfilme standen in hohem Kurs, Sprachgrenzen gab es im Stummfilm naturgemäß nicht. Der Wunsch des Publikums nach weiteren Filmen mit ganz bestimmten Darstellern schuf auch in Deutschland das Phänomen des Filmstars, die Schauspielerinnen Henny Porten und die aus Dänemark kommende Asta Nielsen gehörten zu den ersten Stars. Der Wunsch der Zuschauer nach Fortsetzungen bestimmter Filme regte die Produktion von Filmserien (Serials) an, beliebt war vor allem der Detektivfilm - hier begann auch der Regisseur Fritz Lang seine glänzende Karriere.

Der Boykott z. B. französischer Filme in der Kriegszeit hinterließ eine spürbare Lücke, teilweise mussten Filmvorführungen durch Varieté-Nummern ergänzt oder ersetzt werden. Um 1916 existierten schon 2000 feste Abspielstätten im Deutschen Reich. Bereits 1917 setzte mit der Gründung der UFA die massive und halbstaatliche Konzentration der deutschen Filmindustrie ein, auch als Reaktion auf die sehr effektive Nutzung des neuen Mediums durch die alliierten Kriegsgegner zu Propagandazwecken. Unter militärischer Ägide entstanden sogenannte „Vaterländische Filme“, die in Sachen der Propaganda und der Verfemung des Kriegsgegners entsprechenden Streifen der Alliierten teilweise gleich kamen. Das Publikum mochte die patriotische „Medizin“ jedoch nicht ohne den Zucker der umrahmenden Unterhaltungsfilme schlucken, welche daher ebenfalls gefördert wurden. Auf diese Weise wuchs die deutsche Filmindustrie zur größten Europas heran.

1918 - 1933: von den Stummfilmklassikern zum frühen Tonfilm

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Max Schreck in Murnaus Nosferatu
 
Filmplakat von Anders als die Andern (1919)

Ab 1919 erlangte der deutsche expressionistische Film („Das Cabinet des Dr. Caligari“, 1919, von Robert Wiene; „Nosferatu, eine Symphonie des Grauens“, 1922, von Friedrich Wilhelm Murnau) Weltruhm. Der expressionistische Film, geboren aus der Not, eher mit improvisatorischer Phantasie als mit großem Budget arbeiten zu müssen, schien eine vorübergehende Modeerscheinung zu sein. Tatsächlich beeinflusste er stark die düstere Ästhetik späterer Horror- und Gangsterfilme weltweit. Auch Regisseure wie Jean Cocteau oder Ingmar Bergman ließen sich hier inspirieren. Von der Filmkritik - siehe Lotte H. Eisner und Siegfried Kracauer - wurden dem frühen deutschen Kunstfilm im Nachhinein allerdings auch apokalyptische und autoritätsfromme Tendenzen attestiert.

Nachfolgestil war der stärker sozialkritisch geprägte neusachliche Film, realisiert beispielsweise von Georg Wilhelm Pabst („Die freudlose Gasse“, 1925; „Die Büchse der Pandora“, 1929). Zeitweise produzierten über 230 Filmgesellschaften allein in Berlin, neue Studios in Babelsberg ermöglichten noch größere Filmprojekte: im Kinospektakel „Metropolis“ (1927) von Fritz Lang wirkten 36.000 Komparsen mit, der Kameramann und Tricktechniker Eugen Schüfftan brachte hier sein revolutionäres Spiegeltrick-Verfahren erstmals ausführlich zum Einsatz. Mitte der 1920er Jahre wurden riesige Kinopaläste mit 1600 und mehr Plätzen eröffnet.

Der deutsche Stummfilm wurde wichtiges Exportprodukt und Devisenbringer für den verarmten Kriegsverlierer Deutschland. Die Abwertung der einheimischen Währung begünstigte die vorübergehende kreative und ökonomische Blüte des deutschen Kinos. Die deutsche Filmindustrie manövrierte dabei zwischen Glanz und Elend; auch wegen der gesamtwirtschaftlich instabilen Verhältnisse und ruinöser Großproduktionen. Wie in anderen Branchen konnten spektakuläre Pleiten (teilweise sogar mit politischen Hintergründen, vgl. die Phoebus-Affäre), Übernahmen und Konzentrationsprozesse beobachtet werden (vgl. Parufamet). So zog es nicht wenige der fähigsten deutschen Filmschaffenden - wie z. B. 1923 das Komödiengenie Ernst Lubitsch - früh nach Amerika. Außerdem: sogenannte Asphalt- und Sittenfilme nahmen sich „anrüchiger“ Themen (Abtreibung, Prostitution, Homosexualität, Nacktkultur, Drogensucht etc.) an und zogen die Kritik konservativer Kreise sowie die Zensur auf sich. Auch Dokumentar- und Experimentalfilm blühten auf, siehe etwa das Schaffen der Lotte Reiniger, Oskar Fischingers, Robert Siodmaks oder Walter Ruttmanns. Eine neuartige Mischung aus Natur- und Spielfilm stellte das Bergfilm-Genre dar. Der Düsseldorfer Draufgänger Harry Piel realisierte frühe Spielarten des Actionfilms.

Die umstrittenen „Preußenfilme“ erfreuten sich bei der politischen Rechten großer Beliebtheit, das „Dritte Reich“ sollte diese Reihe fortsetzen. Die UFA war 1927 Teil des konservativen Hugenberg-Konzerns geworden. Auf der Linken entwickelte sich die „Volksfilm-Bewegung“. Die beliebten Reisefilme zeigten exotische Schauplätze, die Durchschnittsverdiener damals nur auf der Leinwand besichtigen konnten.

Die frühe Tonfilmära (1929 bis 1933) war dann nochmals ein Höhepunkt des deutschen Kinos. Werke wie Josef von SternbergsDer blaue Engel“ (1930), wie „Berlin Alexanderplatz“ (1931) oder wie die Filmversion von Brechts „Dreigroschenoper“ (1931) entstanden. Fritz Lang drehte einige seiner Meisterwerke, u. a. „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ (1931). Mit dem Arbeiterfilm „Kuhle Wampe“ (1932) kam ein in authentischem Milieu gedrehtes und von diesem getragenes Werk in die Kinos. Trotz - oder gerade wegen - der Wirtschaftskrise waren die Lichtspielhäuser damals gut frequentiert. 1932 existierten bereits 3800 Tonfilmkinos.

1933 - 1945: Film im Nationalsozialismus

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Logo der Universum Film (UFA)

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten veränderte sich die Produktion: über 1500 Filmschaffende emigrierten - u. a. Fritz Lang, Marlene Dietrich, Peter Lorre, Max Ophüls, Elisabeth Bergner, Friedrich Hollaender, Erich Pommer, später auch Detlef Sierck. Wegen der antisemitischen „Arisierungs“-Politik der Nazis mussten Filmkünstler jüdischer Herkunft ihre Arbeit in Deutschland aufgeben. Einige Künstler, wie beispielsweise Kurt Gerron, entkamen dem Regime nicht und wurden später in Konzentrationslagern ermordet.

Es wurden nur noch solche Filme genehmigt, die dem Regime ungefährlich erschienen. In den späten 1930er und frühen 1940er Jahren entstanden dementsprechend vor allem Unterhaltungsfilme („Die Feuerzangenbowle“, 1944), Durchhalte- und Propagandafilme („Jud Süß“, 1940; Filme zum Thema Friedrich der Große, regelmäßig mit Otto Gebühr). Offensive NS-Propaganda - vgl. z. B. den Pseudodokumentarfilm „Der ewige Jude“ - wurde dabei zugunsten glamouröser und erstmals auch farbiger UFA-Zerstreuung an die Seite gedrängt: vom meist tristen Alltag im totalitären Deutschland, später auch vom Schrecken des „totalen Krieges“ konnten sich die Zuschauer so ablenken. Nebenbei propagierten viele Unterhaltungsstreifen auch „deutsche Werte“ wie Schicksalsergebenheit und das Führerprinzip.

1943 und 1944, auf dem Höhepunkt des Bombenkrieges, wurden Zuschauerzahlen von jeweils über einer Milliarde erreicht. Die an den Kinokassen erfolgreichsten Filme waren:

Es gab aber durchaus Werke, welche nicht ganz dem NS-Menschenbild und der Ideologie der Machthaber entsprachen, siehe nur Viktor und Viktoria (1933), Der Maulkorb (1938) und die Filme von Helmut Käutner und Curt Goetz. Auch die „Soundtracks“ vieler Musikfilme waren beschwingter, als es die Vorstellung der Nazis über völkische Folklore eigentlich erlaubte (vgl. Peter Kreuder u. a.). Mutige Filmschaffende waren aber immer auch von Repression und Zensur bedroht. Meist war offizielle Zensur jedoch unnötig; so hatte die Filmindustrie sich schon 1933 in quasi vorauseilendem Gehorsam mit der Produktion des Propagandafilms „Hitlerjunge Quex“ der NS-Bewegung angedient. 1934 wurde die Präventivzensur von Filmen, bzw. Drehbüchern, eingeführt, 1936 die Filmkritik endgültig verboten.

Mitte 1936 übertrug auch ein Gesetz zur „Vorführung ausländischer Filme im Deutschen Reich“ dem NS-Propagandaministerium die alleinige Entscheidungsbefugnis über die Vorführungszulassung. Deutsche Revue-, Musical- und Spielfilme mussten nach der Einführungsbeschränkung auch den Mangel an ausländischen, vor allem amerikanischen Filmen ausgleichen. Ab 1937 stand die Filmindustrie gänzlich unter staatlicher Kontrolle. Die Produktion von Unterhaltungsware wurde von der NS-Führung zu einem Staatsziel erklärt.

Die dem Kinofilm vom Regime zugemessene Wichtigkeit wurde auch durch die Aufrechterhaltung von aufwändigen Filmprojekten - z. B. Herstellung eines deutschen Langfilms in Farbe noch 1943 - und Großproduktionen praktisch bis zum Kriegsende deutlich (vgl. Kolberg (Film)). Technisch innovatives und gleichzeitig politisch fatales leistete Leni Riefenstahl mit ihren Reichsparteitags- und Olympia-Dokumentationen sowohl für den Dokumentar-, als auch für den Sportfilm (1936 - 1938). Die Werke zeichneten sich durch die verführerische Massenästhetik des Totalitarismus aus.

Siehe auch:

1945 - 1980: Film in einem geteilten Land; Generationskonflikt

Nachkriegszeit und Besatzung

Nach dem zweiten Weltkrieg änderten sich die ökonomischen Rahmenbedingungen der Filmproduktion. Denn die Alliierten beschlagnahmten und kontrollierten das Vermögen der Dachgesellschaft UFA-Film. Sie verfügten im Rahmen der in den ersten Nachkriegsjahren verfolgten Politik der Dekartellisierung der deutschen Wirtschaft, dass sie ihre Produktionstätigkeit einstellt. Um eine erneute ökonomische Konzentration in der Filmindustrie zu verhindern, erteilten sie in den folgenden Jahren Produktionslizenzen an eine Vielzahl von mittleren und kleinen Firmen. Im Rahmen des am 21. August 1949 in Kraft getretenen Besatzungsstatuts legten die Alliierten u.a. fest, dass die Bundesrepublik keine Importbeschränkungen für ausländische Filme festsetzen darf, um ihre eigene Filmwirtschaft gegen Konkurrenz aus dem Ausland zu schützen. Diese Bestimmung geht auf eine intensive Lobbyarbeit der amerikanischen MPAA zurück. Denn die großen Hollywood-Studios gerieten in dieser Zeit durch das aufkommende Fernsehen selbst in Bedrängnis und waren auf Einnahmen aus dem Exportgeschäft dringend angewiesen. Diese besatzungsrechtlichen Regelungen wurde auch in den folgenden Jahren durch bilaterale Verträge zwischen den USA und der Bundesrepublik Deutschland fortgeschrieben.

Als Bestandteil der Reeducation bekamen viele Deutschen erstmals schockierende Filmbilder der NS-Konzentrationslager zu sehen. Andererseits waren jetzt auch ausländische Spielfilme wieder in Deutschland zugänglich. Besonders beliebt bei den Zuschauern waren Filme mit Charlie Chaplin und US-Melodramen. Dennoch war der Anteil amerikanischer Filme in der unmittelbaren Nachkriegszeit und den 50er Jahren noch vergleichsweise gering: Der Marktanteil der deutschen Filme lag in dieser Zeit bei 40%, während die mit doppelt so viel Filmen in Verleih sich befindenden amerikanischen Filme nur auf einen Marktanteil von 30% kamen. Dies änderte sich erst in den 60er Jahren (vgl. Schneider: Film, Fernsehen & Co., S. 35, 42 und 44).

Die meisten deutschen Filme der unmittelbaren Nachkriegszeit werden als Trümmerfilme bezeichnet und beschäftigten sich mit dem Leben im weitgehend zerstörten Nachkriegsdeutschland und mit der Vergangenheitsbewältigung. Sie waren stark vom italienischen Neorealismus beeinflusst und häufig dokumentarisch orientiert. Der erste deutsche Nachkriegsfilm war Wolfgang Staudtes Film Die Mörder sind unter uns aus dem Jahr 1946. Ein weiterer bekannter Trümmerfilm war Liebe 47 (1949, Regie: Wolfgang Liebeneiner) nach dem Roman Draußen vor der Tür von Wolfgang Borchert. Der italienische Regisseur Roberto Rossellini drehte im Jahr 1946 im zerbombten Berlin den Film Deutschland im Jahre Null an Originalschauplätzen und mit Laiendarstellern.

Westdeutscher Film in den 50er Jahren

Nach dem kurzen Intermezzo des „Trümmerfilms“ setzte man in den 50er Jahren in Westdeutschland wieder vorwiegend auf Unterhaltung, besonders auf den Heimatfilm, was vom filmischen Nachwuchs kritisiert wurde (Oberhausener Manifest, 1962). Sonja Ziemann und Rudolf Prack waren das Traumpaar des idyllischen Genres.

Viele Filme dieser Zeit waren Remakes alter UFA-Produktionen, so auch zahlreiche Heimatfilme, die nun allerdings weitgehend von der Blut-und-Boden-Schwere der Vorbilder aus der NS-Zeit befreit waren. Der Heimatfilm, von der seriösen Kritik lange ignoriert, wird seit einigen Jahren auch zwecks Analyse früher westdeutscher Befindlichkeiten ernsthaft untersucht.

Fernsehen (ab 1954) und verpasster Anschluss an neue Filmtrends führten zur Krise des westdeutschen Kinos, auch wenn es durchaus einzelne Qualitätsfilme wie etwa Bernhard WickisDie Brücke“ (1959) und kontroverse Produktionen wie „Die Sünderin“ (1951, mit Hildegard Knef) gab. Immerhin ging aus den Reihen der Heimatfilmdarsteller mit Romy Schneider ein späterer Weltstar hervor. Weitere typische Genres der Zeit waren Operetten- und Arztfilme sowie Gesellschaftskomödien. Der Schlagerfilm blieb bis in die 1960er Jahre erfolgreich.

Mit der Wiederbewaffnung Westdeutschlands 1955 setzte auch eine populäre Kriegsfilmwelle ein. Die problematischen Streifen zeigten den deutschen Soldaten des Zweiten Weltkrieges als tapferen, unpolitischen Kämpfer, der eigentlich immer schon „dagegen“ gewesen war. Ansonsten erschöpfte sich die „Vergangenheitsbewältigung“ weitgehend in einigen Filmen zum militärischen Widerstand gegen Hitler.

Von der internationalen Bedeutung her konnte sich die westdeutsche Filmindustrie nicht mehr mit der französischen, italienischen oder japanischen messen. Deutsche Filme wurden im Ausland als provinziell wahrgenommen und Verkäufe an andere Länder waren eher selten. Koproduktionen mit ausländischen Partnern, die in dieser Zeit etwas zwischen italienischen und französischen Firmen schon üblich waren, wurden von den deutschen Produzenten meistens abgelehnt (vgl. Schneider: Film, Fernsehen & Co., S. 43).

In den 50er Jahren erlebte das deutsche Kino trotz allem eine (Schein)blüte, auch als Kinowunder bezeichnet. Sowohl die Zahl der gezeigten Produktionen als auch die Anzahl der Kinobesuche und der Leinwände stieg in der Zeit von 1946 bis 1956 rapide an. In diesem Jahr erreichten die bundesrepublikanischen Zuschauerzahlen mit 817 Millionen Kinobesuchern ihren Zenit. Die Entwicklung zeigt Tabelle 1:

Jahr Filmbesuche in Mio. Leinwände
1946 300,0 2.125
1947 459,6 2.850
1948 443,0 2.975
1949 467,2 3.360
1950 487,4 3.962
1951 554,8 4.547
1952 614,5 4.853
1953 680,2 5.117
1954 733,6 5.640
1955 766,1 6.239
1956 817,5 6.438

Tabelle 1: Kinobesuche in den Jahren von 1946 bis 1956 in der BRD (Vgl. SPIO Filmtheaterstatisktik)

Ostdeutscher Film

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Logo der Deutschen Film AG (DEFA)

Der ostdeutsche Film konnte zunächst davon profitieren, dass die Infrastruktur der alten UFA-Filmstudios im nun sowjetisch besetzten Teil Deutschlands (Gebiet der späteren DDR) lag. Die Spielfilmproduktion kam daher schneller in Gang als in den Westsektoren.

Grundsätzlich verband die Filmschaffenden und die Kulturpolitiker der DDR, bei allen sonstigen Differenzen und Reibungspunkten, das antifaschistische Engagement und die Überzeugung, für das „bessere Deutschland“ zu arbeiten. Allerdings war dabei „vielen 'führenden' Antifaschisten zugleich auch der Stalinismus in Fleisch und Blut übergegangen.“ (Ralf Schenk)

In der DDR entstanden unter Regisseuren wie z. B. Wolfgang Staudte einige bemerkenswerte Filme (u. a. „Der Untertan“ nach Heinrich Mann, 1951). Staudte ging später nach Westdeutschland.

Von der Produktion heroischer Personenkult-Filme wie denen der „Ernst Thälmann“-Serie (ab 1954) nahm man später Abstand.

Weitere bekannte Filme des halbstaatlichen ostdeutschen DEFA-Monopolbetriebs waren etwa „Der geteilte Himmel“ (1964, nach Christa Wolfs Roman), „Die Legende von Paul und Paula“ (1973), „Solo Sunny“ (1978), „Jakob der Lügner“ (1975, nach Jurek Becker). Produktionen, die sich kritisch mit dem DDR-Alltag beschäftigten, wurden von der Parteiführung mitunter aus dem Verleih genommen - vergleiche die „Spur der Steine“ von 1966. Dieses Werk gehörte zu jener fast kompletten DEFA-Jahresproduktion von Gegenwartsfilmen, die in einem rabiaten Kahlschlag nach dem 11. Plenum des ZK der SED im Dezember 1965 verboten wurde.

Bekannte ostdeutsche Regisseure waren beispielsweise Frank Beyer, Konrad Wolf und Egon Günther. Nach 1976 verließen auch zahlreiche bekannte Filmschauspieler die DDR, u. a. Angelica Domröse, Eva-Maria Hagen, Katharina Thalbach, Hilmar Thate, Manfred Krug. Armin Mueller-Stahl konnte seine Karriere gar in Hollywood fortsetzen. Da die DDR in den 80er Jahren auch zahlreiche Filme aus dem Westen in ihr Verleihsystem nahm, reduzierte sich die Rolle der DEFA immer stärker.

Während ihres Bestehens produzierte die DEFA neben TV-Filmen und - teils sehr guten - Dokumentarfilmen (Volker Koepp, Barbara und Winfried Junge u. a.) insgesamt ungefähr 750 abendfüllende Spielfilme fürs Kino. Ähnlich wie andere Filmnationen Osteuropas - hier ist z. B. die Tschechoslowakei zu nennen - hatte das Kino der DDR auch besondere Stärken beim Kinderfilm, siehe Kinderfilm#DDR.

Die Kinokrise und die „Altbranche“

Am Ende der fünfziger Jahre stagnierte der jahrelang angestiegene Filmbesuch in der Bundesrepublik und wurde dann rückläufig. Besonders in den 60er Jahren ging der Kinobesuch rapide zurück. Wurden im Jahr 1959 noch 670,8 Mio. BesucherInnen gezählt, waren es im Jahr 1969 nur noch 172,2 Mio.. Einen Überblick über diese Entwicklung gibt Tabelle 2:

Jahr Filmbesuche in Mio. Leinwände
1957 801,0 6.577
1958 749,7 6.789
1959 670,8 7.085
1960 604,8 6.950
1961 516,9 6.666
1962 442,9 6.327
1963 366,0 5.964
1964 320,4 5.551
1965 294,0 5.209
1966 257,1 4.784
1967 215,6 4.518
1968 179,1 4.060
1969 172,2 3.739

Tabelle 2: Filmtheaterstatistik der Jahre von 1957 bis 1969 (Vgl. SPIO Filmtheaterstatistik)

Als Folge dieses rapiden BesucherInnenrückgangs am Ende der 50er Jahre und am Anfang der 60er Jahre gingen eine Reihe von Produktions- und Verleihfirmen Bankrott, weil deren Produkte nun nicht mehr die Herstellungskosten erwirtschafteten und deshalb die Banken schließlich weitere Kredite und Bürgschaften verweigerten. Der spektakulärste Fall war die Pleite der UFA AG im Jahr 1962.

Aber auch zahlreiche Kinos mussten in dieser Zeit schließen, man sprach damals vom „Kinosterben“. In den Jahren von 1959 bis 1969 halbierte sich nahezu die Zahl der vorhandenen Leinwände, sie ging von 7085 auf 3739 zurück (siehe Tabelle 2).

Zunächst dachte man, es handele sich bei den wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Filmindustrie um eine temporäre Überproduktionskrise, die durch zu viele hergestellte und importierte Filme ausgelöst wurde. Als Reaktion drosselten die deutschen Hersteller den Ausstoß von Filmen. Wurden im Jahr 1955 noch 123 deutsche Filme produziert, so waren es im Jahr 1965 nur 56.

Die Kinokrise hatte aber tiefer gehende Ursachen. In Folge des Wirtschaftswunders kam es zu einer deutlichen Steigerung des Durchschnittseinkommens der Bevölkerung. Damit nahmen auch die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung zu und sie fokussierten sich nicht mehr auf den Kinobesuch. Zugleich wurde das Fernsehen zu einem Massenmedium: Während im Jahr 1953 nur 10.000 Fersehempfänger registriert waren, stieg ihre Anzahl im Jahr 1962 auf 7 Mio. (vgl. Schneider: Film, Fernsehen & Co., S. 49 und Hoffmann: Am Ende Video – Video am Ende?, S. 69f).

Die meisten in den 60er Jahren gedrehten bundesdeutschen Filme waren konventionelle Genrewerke (Western-, Agenten-, Sexfilme). Es entstanden auch Filmreihen nach Autoren wie Karl May (Winnetou) und Edgar Wallace, später die sogenannten „Lümmelfilme“ über Schülerstreiche sowie die Reihe der Verfilmungen nach Johannes Mario Simmel. Die zentrale Produzenten-Persönlichkeit hinter den Wallace- und Winnetou-Filmen war Horst Wendlandt. Den edlen Uramerikaner des westdeutschen Kinos gab der Franzose Pierre Brice, die Leinwände Ostdeutschlands veredelte als Entsprechung der Serbe Gojko Mitić. In der Wallace-Serie häufig zu sehen waren u. a. Klaus Kinski, Heinz Drache und Wolfgang Völz.

Die bundesdeutschen Unterhaltungsfilme, die in den 50er Jahren noch sehr erfolgreich waren, wurden nun von vielen KinogängerInnen gemieden, die jetzt eher amerikanische Filme bevorzugten. Denn inzwischen hatte sich das Publikum so sehr an die technisch und inhaltlich aufwendigen Hollywoodproduktionen gewöhnt, dass Filme aus anderen Ländern meistens nur noch eine Chance hatten, wenn sie etwas zeigten, was den Hollywoodfilmen aufgrund der damals noch sehr strikten amerikanischen Zensurbestimmungen unmöglich war. Das heißt, diese Filme mussten entweder gewalttätiger oder sexueller sein als die üblichen Hollywoodfilme (vgl. Ungureit: Das Film-Fernseh-Abkommen, S. 87).

Als Beispiel für Filme, die in der damaligen Zeit als sehr gewalttätig galten, können einige Italowestern genannt werden. Sie waren häufig Koproduktionen, mit einer Beteiligung auch von deutschen Firmen. So wurde z.B. der Westernklassiker „Für ein paar Dollar mehr (1965)“ mit Beteiligung der deutschen Constantin Film gedreht und es spielte in ihm auch der Schauspieler Klaus Kinski mit.

In dieser Zeit entstanden auch Aufklärungsfilme von Oswalt Kolle und die zahlreichen Sexfilme der Report-Serien, z.B. der „Schulmädchen-Report“ (1970). Diese Filme waren zwar ökonomisch wieder erfolgreich, aber sie wurden von den Filmkritikern abgelehnt. In dieser Zeit befand sich das Ansehen der traditionellen deutschen Filmproduzenten („Altbranche“) auf seinem Tiefpunkt.

Der Neue Deutsche Film

 
Aufkleber „Papas Kino ist tot“ des Oberhausener Manifestes

Am 28. Februar 1962 erschien das Oberhausener Manifest, in dem eine Gruppe junger Filmemacher den Anspruch erhob, von nun an ein radikal neues Kino zu machen. In diesem Manifest heißt es: „Der Zusammenbruch des konventionellen deutschen Films entzieht einer von uns abgelehnten Geisteshaltung endlich den wirtschaftlichen Boden. Dadurch hat der neue Film die Chance, lebendig zu werden. [...] Wir erklären unseren Anspruch, den neuen deutschen Spielfilm zu schaffen. Dieser neue Film braucht neue Freiheiten. Freiheit von den branchenüblichen Konventionen. Freiheit von der Beeinflussung durch kommerzielle Partner. Freiheit von der Bevormundung durch kommerzielle Interessengruppen. Wir haben von der Produktion des neuen deutschen Films konkrete geistige, formale und wirtschaftliche Vorstellungen. Wir sind gemeinsam bereit, wirtschaftliche Risiken zu tragen. Der alte Film ist tot. Wir glauben an den neuen.“ Dieses Manifest wurde u.a. von Alexander Kluge, Edgar Reitz, Peter Schamoni und Franz Josef Spieker unterzeichnet. Als zweite Generation stießen später noch zu dieser Gruppe Volker Schlöndorff, Werner Herzog, Jean-Marie Straub, Wim Wenders und Rainer Werner Fassbinder. Dieser Gruppe ging es primär um die künstlerische Erneuerung des westdeutschen Films. Sie hatte kein Interesse, der „Altbranche“ neue künstlerische Impulse zu geben, sondern lehnte eine Zusammenarbeit mit ihr meistens ab.

Später wurde dann das Kuratorium Junger Deutscher Film zur Förderung neuer Talente gegründet. Aufgrund der ablehnenden Haltung zur „Altbranche“ waren die Regisseure des Neuen Deutschen Films auf eine Zusammenarbeit mit dem Fernsehen angewiesen und es entwickelte sich eine neuartige Partnerschaft zwischen ihnen: Insbesondere Sendeplätze wie „Das kleine Fernsehspiel“ oder Tatort boten und bieten auch Nachwuchstalenten Chancen zur Erprobung ihres Könnens. Allerdings verlangten die Sender früher eine Fernsehpremiere des von ihnen vollständig oder zum großen Teil finanzierten Films: So wurde Schlöndorffs Film „Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach“ im Jahr 1971 zuerst im Fernsehen ausgestrahlt, bevor er in die Kinos kam. Die Kinobesitzer boykottierten jedoch solche Filme in der Regel, denn sie befürchteten „zum Nachspieler von Fernsehausstrahlungen“ zu werden.

Dies änderte sich mit dem 1974 zwischen der ARD, dem ZDF und der Filmförderungsanstalt geschlossene Film-Fernseh-Abkommen. Es erweiterte insbesondere die materiellen Möglichkeiten für den Neuen Deutschen Film erheblich. Dieses Abkommen, das bis heute immer wieder verlängert wurde, sieht vor, dass die Fernsehanstalten pro Jahr eine bestimmte Geldsumme zur Verfügung stellen, mit der Filme gefördert werden, die sowohl zum Kinoabspiel als auch zur Fernsehausstrahlung geeignet sind. Das Gesamtvolumen der Zahlungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten schwankt zwischen 4,5 und 12,94 Mio. Euro pro Jahr. Das Film-Fernsehabkommen legt fest, dass die Kinoauswertung 24 Monate betragen sollte und die Filme erst danach auf im Fernsehen gezeigt werden dürfen. Die Video- bzw. DVD-Auswertung darf erst 6 Monate nach der Kinopremiere erfolgen. Durch diese Bestimmungen bekamen deutsche Spielfilme und insbesondere der Neue Deutsche Film die Chance, auch an der Kinokasse erfolgreich zu sein, bevor er im Fernsehen ausgestrahlt wurde (vgl. Blaney: Symbiosis or Confrontation?, S. 204f).

Der anspruchsvolle, gesellschaftskritische neue deutsche Film versuchte, sich von „Opas Kino“ abzuheben. Autorenfilmer wie Alexander Kluge und in den 70ern Rainer Werner Fassbinder sind hier exemplarisch. Speziell Fassbinder betrieb mit dem Engagement von Stars der deutschen Kino-Tradition aber auch eine Versöhnung von neuem und altem deutschen Film. Manchmal wird auch zwischen dem eher avantgardistischen „Jungen Deutschen Film“ der 1960er und dem zugänglicheren „Neuen Deutschen Film“ der 1970er Jahre unterschieden. Einflüsse waren der italienische Neorealismus, die französische Neue Welle und das britische New Cinema. Eklektisch wurden auch Traditionen des Hollywood-Kinos mit seinen wohletablierten Genres aufgegriffen und zitiert.

Mit der neuen Bewegung gewann der deutsche Film erstmals seit den 1920er und frühen 1930er Jahren wieder einige internationale Bedeutung. Werke wie „Abschied von Gestern“ (1966), „Aguirre, der Zorn Gottes“ (1972), „Angst essen Seele auf“ (1974), „Die Ehe der Maria Braun“ (1979) oder „Paris, Texas“ (1984) gingen in die Filmgeschichte ein. Die deutschen Autorenfilme waren dabei im Ausland oft früher anerkannt als in der Heimat. Literarische Vorlagen des neuen deutschen Films lieferten vielfach die Werke Heinrich Bölls und Günter Grass' (vgl. etwa „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ und einige Filme von Danièle Huillet und Jean-Marie Straub).

In Zusammenhang mit dem neuen deutschen Film entwickelte sich ebenfalls der deutsche feministische Film, vertreten beispielsweise von den Regisseurinnen Helma Sanders-Brahms, Helke Sander und Margarethe von Trotta. Jugendfilme, die realistische Lebenssituationen zeigten, drehte Hark Bohm.

Die „ästhetische Linke“ (Enno Patalas) des neuen Films kann sogar als eine Art Vorläufer und Anregerin der Studentenbewegung der 60er Jahre gelten.

1980 - Heute: neuere Entwicklungen

Die 80er Jahre – Großproduktionen und Neue Medien

Nachdem der neue (west-)deutsche Film manche seiner Ziele durchsetzen konnte (Etablierung der staatlichen Filmförderung, Oscar für Die Blechtrommel u. a.) zeigte er gegen Ende der 1970er bzw. am Anfang der 1980er Jahren Ermüdungserscheinungen, wenn auch Protagonisten wie Werner Herzog, Werner Schroeter, Volker Schlöndorff, Edgar Reitz oder Wim Wenders weiterhin erfolgreich produzierten.

Insbesondere der Deutsche Herbst im Jahr 1977 bewirkte ein Ende der gesellschaftlichen Aufbruchstimmung, die vorher die 1970er Jahre prägte. Auch viele Regisseure des neuen deutschen Films hatte ja den Anspruch, in ihren Filmen die gesellschaftliche Wirklichkeit abzubilden und kritisch zu hinterfragen, sie gerieten damit wie andere Linksintellektuelle pauschal unter Terrorismusverdacht. Diese gesellschaftliche Entwicklung führte auch dazu, dass die Vergabegremien und Fernsehanstalten kaum noch außergewöhnliche bzw. inhaltlich oder ästhetisch radikale Projekte bewilligten. Als von allen akzeptierbarer Kompromiss dominierten in dieser Zeit Literaturverfilmungen, die etwas abfällig als „Studienratskino“ bezeichnet werden. Beispiele hierfür sind etwa die Filme:

Eine neue Generation von Produzenten und Regisseuren versuchte in den 1980er Jahren aus dieser Konstellation auszubrechen und Kinofilme auf eine andere Art und Weise zu produzieren. Insbesondere in den Münchner Bavariastudios entstanden Großproduktionen wie Das Boot, Die unendliche Geschichte oder Der Name der Rose. Solche Produktionen wurden oft in Englisch gedreht und auf internationale Verkaufbarkeit zugeschnitten. Dies zeigte sich z.B. in der Auswahl der Schauspieler und der Regisseure. Diese Filme waren häufig Koproduktionen mit Gesellschaften im europäischen Ausland. Als Produzent dieser Art von Filmen tat sich v.a. Bernd Eichinger hervor.

Beispiele für solche Großprojekte in den 80er Jahren sind:

Es wurde versucht, anderer Finanzierungsquellen für Filme zu finden, um damit vom Einfluss des Fernsehens und der Fördergremien unabhängiger zu werden. Die wichtigsten Finanzierungsquellen waren der (möglichst) weltweite Vorabverkauf der Kino-, Fernseh- und Videorechte. Gremien und Fernsehsender haben auch zu diesen Filmen Gelder beigesteuert, allerdings waren ihr Anteil geringer, als es in den 70er Jahren üblich war. Ein Beispiel hierfür ist die Finanzierung des Films „Das Boot“ die sich wie folgt zusammensetzte:

Firma bzw. Organisation DM
Bayerischer Filmfonds 2.000.000
Projektfilmkommission der FFA 700.000
zusätzlich vom Bundesinnenministerium 250.000
WDR und SDR 1.500.000
Neue Constantin Film (Verleih) 1.700.000
Société Francaise de Production 2.000.000
sonstige Quellen 1.850.000
Bavaria Film 10.000.000
Zusammen 20.000.000

Tabelle 3: Finanzierung des Films Das Boot (Quelle: Blaney 1992)

Die Anteile der Gelder von öffentlich-rechtlichen Institutionen macht hier zusammen nur 23% der Gesamtkosten aus.

Der Weg zu einer solchen Kommerzialisierung und Internationalisierung des bundesdeutschen Films wurde dadurch geebnet, dass der neue deutsche Film schon in den 70er Jahren auch international – zumindest künstlerisch – erfolgreich war. Insbesondere der Film „Das Boot“, aber auch einige andere dieser Großfilme waren ökonomisch durchaus erfolgreich. Allerdings konnten sie die bundesdeutsche Kinolandschaft nicht grundsätzlich umgestalten. Die letzten dieser Großfilme Die Katze (1988, Regie Dominik Graf) und Die Sieger (1994, Regie: Dominik Graf), waren kommerzielle Misserfolge und brachten die Bavaria an den Rand des Ruins.

Die Ursachen für das Scheitern dieser Strategie sind vielfältig und u.a. darin zu sehen, dass diese Filme letztendlich doch nicht mit den immer aufwendigeren Hollywoodproduktionen mithalten konnten. Deshalb konnten sie die Präferenzen des an amerikanische Großproduktionen gewöhnten Publikums auch nicht dauerhaft verändern.

Zudem brach gerade in den 80er Jahren eine neue Kinokrise aus. Jetzt gingen die Besucher abermals deutlich zurück und zahlreiche Kinos mussten schließen. Dies zeigt Tabelle 4:

Jahr Filmbesuche in Mio. Leinwände
1970 160,1 3446
1971 152,1 3412
1972 149,8 3244
1973 144,3 3172
1974 136,2 3218
1975 128,1 3163
1976 115,1 3263
1977 124,2 3142
1978 135,5 3153
1979 142,0 3251
1980 143,8 3422
1981 141,3 3560
1982 124,5 3613
1983 125,3 3669
1984 112,3 3611
1985 104,2 3418
1986 105,2 3262
1987 108,1 3252
1988 108,9 3246
1989 101,6 3216

Tabelle 4: Filmtheaterstatistik der Jahre von 1979 bis 1987(Quelle: SPIO Filmtheaterstatistik)

Es kam zu einer Umstrukturierung der Medienlandschaft, die die Stellung des Kinos zunächst weiter schwächte. Denn das Filmangebot wurde für die Bevölkerung durch die jetzt gegründeten privaten Fernsehsender und das damals neuen Medium Video erheblich erweitert.

Am 2. Januar 1984 waren im Rahmen des Ludwigshafener Kabelpilotprojektes erstmals private Sender, also damals RTL+ und SAT.1, in der BRD zu empfangen. In den ersten Jahren ihres Bestehens machten Spielfilme einen großen Anteil ihres Programms aus, sie wurden insbesondere in der Primetime gezeigt.

Um Zuschauerverlusten vorzubeugen, zeigten zu Beginn der 80er Jahre auch die öffentlich-rechtlichen Fersehanstalten ARD und ZDF deutlich mehr Spielfilme als vorher. Ab 1985 reduzierten sie ihre Ausstrahlung von Spielfilmen aufgrund des massiven Drucks von Privatsendern, Kinobesitzern und konservativen Politikern wieder (vgl. Karstens / Schütte 1999).

In den 80er Jahren wurde auch der Videorecorder zu einem Massenkonsumgut. Er erlaubt es, Spielfilme gemäß den eigenen zeitlichen Bedürfnissen zu sehen. Die Konsumenten sind also nicht mehr auf das starre Programmraster von Fernsehen und Kino angewiesen. Zudem stehen ihnen als Kauf- oder Leihvideos viel mehr Filme zur Verfügung, als aktuell im Kino bzw. Fernsehen laufen oder ausgestrahlt werden. Jetzt waren auf einmal auch Genres verfügbar, wie Splatter- oder Pornofilm, die in der BRD bisher nicht oder nur selten zu sehen waren (vgl. Zielinski 1994).

Insbesondere der Pornofilm verließ seine Nischenexistenz: über 20 Prozent aller Deutschen, darunter vor allem Männer bis zum 30 Lebensjahr, konsumieren regelmäßig Werke dieses Genres. Medienformate sind hier jedoch eher Videokassette und DVD als die Kinoleinwand.

Weitere Kassenschlager in den 1980er Jahren waren die Otto-Filme (ab 1985) und das RoadmovieTheo gegen den Rest der Welt“ (1980). Herbert Achternbusch konnte mit seinem Werk Das Gespenst 1983 noch einmal für einen veritablen Film-Skandal sorgen. Der kontrovers diskutiert Film Christiane F. (1981) spielt im Milieu der minderjährigen Heroin-Abhängigen, die ihre Sucht durch Prostitution finanzieren.

Die 90er Jahre – Aufbruch und Stagnation zugleich

In den 90er Jahren nahm erstmals seit langem der Kinobesuch in Deutschland wieder zu. Die Entwicklung zeigt Tabelle 5:

Jahr Filmbesuche in Mio. Leinwände
1990 102,5 3756
1991 119,9 3686
1992 105,9 3630
1993 130,5 3709
1994 132,8 3763
1995 124,5 3814
1996 132,8 4035
1997 143,1 4128
1998 147,9 4244
1999 149,0 4428
2000 152,5 4783

Tabelle 5: Filmtheaterstatistik der Jahre von 1990 bis 2000 (Quelle: SPIO Filmtheaterstatistik)

Diese Statistik wird durch die Tatsache etwas verzerrt, dass seit 1991 auch das Territorium der ehemaligen DDR erfasst ist. Allerdings ist ungeachtet dieser Tatsache der Aufwärtstrend in den Besucherzahlen eindeutig.

Diese Entwicklung wird auf den Boom der zahlreichen neueröffneten Multiplexkinos zurückgeführt. Im Unterschied zu den zahlreichen Schachtelkinos der 80er Jahre wird in den Multiplexen Wert auf große Leinwände gelegt und mittels Surround-Verfahren hat sich die Tonwiedergabe deutlich verbessert: Die Kinozuschauer werden jetzt von allen Seiten beschallt.

Auch wenn die überwiegende Mehrheit der Zuschauer nach wie vor amerikanische Spielfilme bevorzugt, nahm in den 90er Jahren auch der Besuch von deutschen Filmen überproportional zu. Die Zeitschrift cinema bezeichnete diese Entwicklung sogar als „deutsches Filmwunder“.

Am Beginn der 90er Jahre kam es zu einem Boom deutscher Beziehungskomödien. Ein Vorläufer dieser Welle war der Film Männer (1985, Regie: Doris Dörrie). Filme wie z.B. Allein unter Frauen (1991, Regie: Sönke Wortmann), Abgeschminkt (1993, Regie: Katja von Garnier), Der bewegte Mann (1994, Regie: Sönke Wortmann) oder Stadtgespräch (1995, Regie: Rainer Kaufmann) waren sehr erfolgreich. Ein weiterer Filmemacher der neuen Generation ist Detlev Buck. In seiner Komödie Wir können auch anders... (1993) behandelt er auf satirische Weise Probleme der Wiedervereinigung der Bundesrepublik und der DDR. Seine bisher erfolgreichste Komödie war aber Karniggels (1991). Der Komödien-Boom war zum großen Teil für den Besucheranstieg bei deutschen Filmen verantwortlich.

Während die amerikanischen Filme in den 90er Jahren immer aufwendiger hergestellt wurden und sie dementsprechende Schauwerte zu bieten hatten, kam es bei den bundesdeutschen Filmen nicht zu einer vergleichbaren Entwicklung. Deshalb blieb auch der Erfolg der deutschen Filme an der Kinokasse alles in allem doch begrenzt. Auch an den ökonomischen Bedingungen der Filmproduktion änderte sich nur wenig. Nach wie vor waren die deutschen Filme auf die Förderung durch Vergabegremien und das Fernsehen angewiesen.

Im Fernsehprogramm wurden deutlich weniger Spielfilme ausgestrahlt, als noch in den 80er Jahren. Die öffentlich-rechtlichen Sender hatten wegen des faktischen Filmhandelsmonopols von Leo Kirch kaum noch Zugang zu attraktiven amerikanischen Spielfilmen. Aber auch die Privatsender bevorzugen inzwischen Eigenproduktionen. Denn inzwischen sind die Lizenzkosten für einen amerikanischen Spielfilm von durchschnittlich 300.000 $ in den 80er Jahren auf bis zu 3.000.000 $ pro Ausstrahlung in den 90er Jahren geradezu explodiert (vgl. Karstens / Schütte 1999). Diese Entwicklung mag auch ein Grund dafür gewesen sein, dass die Privatsender sich jetzt auch bereiterklärt haben, Gelder im Rahmen des Film-Fernsehabkommens für Filmproduktionen zur Verfügung zu stellen. Denn ihr Bedarf an eigenproduzierten „Formaten“ ist inzwischen stark gestiegen. Zahlreiche neue Talente speziell des Komödienfachs nutzen die "Privaten" als Sprungbrett zum Film.

Neben den Komödien entstanden in den 90er Jahren auch eine Reihe von Filmen, die – in der Tradition des neuen deutschen Films – versuchten, die gesellschaftliche Realität zu reflektieren, wenn auch häufig in einer gebrochenen, manchmal auch verfremdeten Weise. Beispiele für solche Filme sind: Winterschläfer (1997, Regie Tom Tykwer), Das Leben ist eine Baustelle (1997, Regie: Wolfgang Becker), Schnee in der Neujahrsnacht (1999, Regie: Thorsten Schmidt), Der Krieger und die Kaiserin (2000, Regie: Tom Tykwer) und Die Stille nach dem Schuss (2000, Regie: Volker Schlöndorff). Die meisten dieser Filme waren allerdings kommerziell nicht besonders erfolgreich.

Daneben werden in den 90er Jahren in Deutschland auch wieder häufiger Genrefilme gedreht, z.B. Lola rennt (1998, Regie: Tom Tykwer), Bandits (1997, Regie: Katja von Garnier) oder der Horrorfilm Anatomie (2000, Regie: Stefan Ruzowitzky).

Der Undergroundfilm florierte ebenfalls: Die morbiden Splatterkunstfilme des Jörg Buttgereit beispielsweise sind in der einschlägigen Szene weltweit bekannt geworden. Fern des Mainstream befinden sich auch die Filme Werner Nekes', Christoph Schlingensiefs oder Heinz Emigholz'. Derartige Werke, sowie ausländische Kunstfilme, gelangen kaum in den allgegenwärtigen Multiplex-Kinos, sondern eher in den seit den 70er Jahren stärker verbreiteten Programmkinos zur Aufführung.

Als ungewöhnlicher Regisseur zwischen Dokumentar- und Spielfilm erwies sich Romuald Karmakar. Die Regisseure Wolfgang Petersen und Roland Emmerich konnten sich nach ihren einheimischen Erfolgen in den USA etablieren. Mit den Gebrüdern Lauenstein wurde 1990 auch der deutsche Animationsfilm durch einen Oscar gewürdigt.

Kino im 21. Jahrhundert – Digitale Medien und neue Herausforderungen

Fatih Akin und andere etablierten das Kino des "Cultural Clash" in Deutschland. Thema sind hier vor allem Verwerfungen und Konflikte der multikulturellen Gesellschaft.

Gleichzeitiger Erfolg deutscher Filme an Kinokasse und bei der Filmkritik bleibt ein relativ seltenes Phänomen: in jüngerer Zeit erreichten dies z. B. Tom TykwersLola rennt“ (1998) und Wolfgang BeckersGood bye, Lenin!“ (2003).

Seit 2001 überrascht der durchschlagende kommerzielle Erfolg neuer deutscher Filmparodien („Der Schuh des Manitu“) - Zuschauerzahlen im zweistelligen Millionenbereich waren bei einheimischen Produktionen zuvor rar gewesen.

Auch international bekam der deutsche Film wieder größere Anerkennung. So wurde Caroline Links LiteraturverfilmungNirgendwo in Afrika2002 mit dem Oscar für den besten nichtenglischsprachigen Film ausgezeichnet, Oliver Hirschbiegels ambitionierter Film über die letzten Tage Hitlers und des Deutschen ReichesDer Untergang“ wurde 2005 mit einer Nominierung belohnt.

Zitate

  • "...eine Filmindustrie [kann] nur dann international sein [...], wenn sie sich ihrer nationalen Identität bewußt ist." (Volker Schlöndorff)
  • "Eine unverkennbare Identität abseits nationalistischer Definitionen zurückzugewinnen gehört zu den primären Erfordernissen der Zeit, soll das heimische Filmschaffen nicht in einer westlichen Einheitsproduktion ohne charakteristische Stimme aufgehen." (Thomas Kramer, in: Reclams Lexikon des deutschen Films)

Siehe auch

Literatur

  • Alfred Bauer: Deutscher Spielfilmalmanach. 1929-1950. Berlin 1950
  • Martin Blaney: Symbiosis or Confrontation?. Bonn 1992
  • Francis Courtade, Pierre Cadars: Geschichte des Films im Dritten Reich''. Heyne, München 1975
  • Robert Fischer, Joe Hembus: Der neue deutsche Film 1960 - 1980. 1981
  • Kay Hoffman: Am Ende Video – Video am Ende?. Berlin 1990
  • Boguslaw Drewniak: Der deutsche Film 1938-1945. Ein Gesamtüberblick. Droste, Düsseldorf 1987
  • Werner Faulstich, Helmut Korte (Hrsg.): Fischer Filmgeschichte. (1994)
  • Adolf Heinzlmeier: Nachkriegsfilm und Nazifilm. Anmerkungen zu einem deutschen Thema. Frankfurter Bund für Volksbildung, Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-927269-04-2
  • Hans Helmut Prinzler: Chronik des deutschen Films 1895 - 1994. (1995)
  • Eric Karstens, Jörg Schütte: Firma Fernsehen. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1999
  • Thomas Kramer: Reclams Lexikon des deutschen Films. (1995)
  • Rainer Rother (Hrsg.): Mythen der Nationen: Völker im Film. (1998)
  • Geoffrey Nowell-Smith (Hrsg.): The Oxford History of World Cinema (1999)
  • Werner Faulstich: Filmgeschichte. (2005)
  • Irmela Schneider: Film, Fernsehen & Co.. Heidelberg 1990
  • Filmtheaterstatistik der SPIO, im Internet: [1]
  • Heinz Ungureit: Film-Fernseh-Abkommen als Zukunftsperspektive, in: Kurt Rentschel, Karl Friedrich Reimers (Hrsg.): Filmförderung. München 1992
  • Jerzy Toeplitz: Geschichte des Films. (2 Bände: 1895-1933, 1934-1945). Zweitausendeins, Frankfurt 1983
  • Siegfried Zielinski: Audiovisionen'. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1994