Der Jagdpanzer 38(t),[1] war ein leichter Jagdpanzer, aufgebaut auf dem modifizierten Chassis des Panzerkampfwagens 38(t). Er wurde für die deutsche Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg in den Jahren 1944 und 1945 als Sonderkraftfahrzeug (Sd.Kfz) 138/2 gebaut.
Jagdpanzer 38(t) | |
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Jagdpanzer 38(t) im Worthington Tank Museum (Ontario, Kanada) | |
Allgemeine Eigenschaften | |
Besatzung | 4 |
Länge | 6,27 m |
Breite | 2,63 m |
Höhe | 2,17 m |
Masse | 16 t |
Panzerung und Bewaffnung | |
Panzerung | 8–60 mm |
Hauptbewaffnung | 7,5-cm-Pak 39 L/48 |
Sekundärbewaffnung | 1 × 7,92-mm-MG 34 oder MG 42 |
Beweglichkeit | |
Antrieb | Praga PS 1 EPA AC/258 (Ottomotor) 160 PS |
Geschwindigkeit | 42 km/h (Straße), 16 km/h (Gelände) |
Leistung/Gewicht | 10 PS/t |
Reichweite | 180 km (Straße), 130 km (Gelände) |
Aufgrund eines Missverständnisses wurde der Panzer während des Krieges vereinzelt als „Hetzer“ bezeichnet; die Nachkriegsliteratur verwendete primär diese Bezeichnung.[2]
Entwicklung
Da die wirkungsvolle 7,5-cm-Panzerabwehrkanone 40 (PaK 40) zu schwer für den Mannschaftszug und damit auf dem Gefechtsfeld unbeweglich war, wurden ab 1942 auf den Fahrgestellen des Panzers II und des Panzers 38(t) in drei verschiedenen Bauarten sowohl die 7,5-cm-PaK 40 als auch erbeutete und modifizierte sowjetische 7,62-cm-Panzerabwehrkanonen montiert. Die so entstandenen PaK-Selbstfahrlafetten wurden als Panzerjäger Marder I, II und III bezeichnet. Diese erfolgreichen Notlösungen wurden im Sommer 1944 durch eine ebenfalls effektive Neukonstruktion abgelöst, den Jagdpanzer 38(t).
Das weiterhin produzierte bewährte Fahrgestell des Panzers 38(t) wurde als technische Basis für einen leichten Jagdpanzer ausgewählt. Die Wanne musste verbreitert werden, um Platz für die Kanone zu schaffen. Der Aufbau aus allseits abgeschrägten Panzerplatten war an der Frontseite 60 Millimeter und an der Seite 20 Millimeter stark. Breitere Ketten und ein leistungsgesteigerter Motor sorgten für ausreichende Beweglichkeit des nun 16 Tonnen schweren Fahrzeugs.
Als Waffe wurde die 7,5-cm-PaK 39 L/48 mit einer weiterentwickelten Rohrbremse ausgewählt, die eine Mündungsbremse nicht mehr erforderlich machte. Für die Nahbereichsverteidigung verfügte der Jagdpanzer 38(t) über ein 7,92-mm-Maschinengewehr (meist MG 34, aber auch MG 42) auf dem Dach, das der Kommandant über ein Periskop und einen verlängerten Abzug fernbedienen konnte. Diese Nebenbewaffnung hatte einen Schwenkbereich von 360 Grad und diente zur Abwehr feindlicher Infanterie. Zwar wurde das MG aus dem geschützten Inneren abgefeuert, aber da es nur über ein kleines Trommelmagazin verfügte, musste der Nachladevorgang außerhalb des Panzers ohne Schutz stattfinden. Da der Jagdpanzer 38(t) ein relativ kleines Fahrzeug war, ragte die um 380 Millimeter nach rechts versetzte Kanone mit ihrer Saukopfblende beträchtlich über den Bug hinaus.
„Hetzer“
Der Name „Hetzer“ wurde in erster Linie bekannt durch ein Memorandum von Heinz Guderian an Adolf Hitler. Laut diesem hätten deutsche Soldaten für diesen Panzer spontan diesen Spitznamen geprägt. Auf Grundlage dieses Schreibens etablierte sich der prägnante Name in der Nachkriegsliteratur als die hauptsächliche Bezeichnung für den Panzer. Es handelte sich nie um eine offizielle Benennung, und laut vielen Autoren gab es keinerlei weitere Hinweise für ihren zeitgenössischen Gebrauch; einzelne Beispiele für Verwendung etwa in Kriegsberichten wurden jedoch ausfindig gemacht.[3]
Laut dem kanadischen Offizier und Militärhistoriker Harold A. Skaarup liegt der Ursprung der Bezeichnung in der niemals verwirklichten E-Serie, die die existierenden deutschen Panzer, darunter den erst in Entwicklung befindlichen Jagdpanzer 38(t), durch stärker standardisierte Modelle ersetzen sollte. Als Ersatz für den Jagdpanzer 38(t) war der Jagdpanzer E-10 vorgesehen, der den Projektnamen Hetzer erhielt. In den Škoda-Werken wurde der Name irrtümlich auf den Jagdpanzer 38(t) angewandt und in der ersten damit ausgestatteten Einheit verwendet, bis das Missverständnis nach einigen Wochen aufgeklärt wurde.[4]
Hersteller
Die Herstellerwerke Böhmisch-Mährische Maschinenfabrik (BMM, vormals ČKD) und Škoda[5] lagen im Protektorat Böhmen und Mähren. Bis zum Kriegsende im Mai 1945 konnten etwa 2.600 Fahrzeuge hergestellt werden (Fahrgestell-Nr.: 321001–323000, 323001–?). Sie wurden ab Juli 1944 an die Einheiten, zunächst an die Heeres-Panzerjäger-Abteilungen 731 und 743 ausgeliefert.[6]
Einsatz
Im Einsatz bewährte sich der Jagdpanzer 38(t) ausgezeichnet.[7] Die niedrige Silhouette erschwerte seine Entdeckung und Bekämpfung, die Form war beispielhaft und seine Feuerkraft entsprach der des Panzers IV und des Jagdpanzers IV/48. Die ungewöhnlich stark abgeschrägte Frontpanzerung ließ die panzerbrechenden Granaten der weit verbreiteten Kanonenkaliber abprallen.
Jedoch war der Jagdpanzer 38(t) bei den Besatzungen nicht besonders beliebt, da er nur über einen kleinen Kampfraum verfügte und der Schwenkbereich der Kanone nur 16 Grad betrug (wegen des asymmetrischen Sitzes der Hauptwaffe 11 Grad nach rechts und nur 5 Grad nach links). Um dies auszugleichen, musste das gesamte Fahrzeug gedreht werden. Die Seitenpanzerung war mit 20 Millimetern sehr schwach, sodass viele Jagdpanzer 38(t) von der Seite abgeschossen wurden. Insbesondere war eine 20-mm-Panzerung unzureichend, um die in der Roten Armee immer noch weit verbreiteten Panzerbüchsen abzuwehren. Zudem war der Panzer auf der rechten Seite komplett blind, da keines der Periskope auf diese Seite ausgerichtet werden konnte.[8] Dies war wegen der schwachen Panzerung an den Seiten problematisch.
Versionen
Versionen der deutschen Wehrmacht
Es gab verschiedene auf dem Jagdpanzer 38(t) aufbauende Entwicklungen:
- Flammpanzer 38(t) – (Ende 1944, 20 produziert, Umbau)
- Bergepanzer 38(t) (Sd.Kfz. 136, 181 produziert)
- 15-cm-schweres Infanteriegeschütz 33/2 (Sf) auf Jagdpanzer 38(t) (1944, 1 Prototyp)
- Vollkettenaufklärer 38(t) – Aufklärungspanzer (zwei Prototypen)
- Rheinmetall-Borsig Waffenträger – Waffenträger mit verlängerter Kettenaufhängung des Jagdpanzer 38(t) (vermutlich 1 Prototyp)
- Leichter Einheitswaffenträger von Ardelt
Es gab auch Versuche, die 7,5-cm-KwK 42 L/70 des Panthers in den Jagdpanzer 38(t) zu integrieren – einige Exemplare wurden davon hergestellt. Wegen ihrer extremen Kopflastigkeit waren diese Fahrzeuge aber nur bedingt einsatzfähig.
Panzerjäger G13
Nach dem Kriegsende bauten die Škoda-Werke auf der Basis des Jagdpanzers 38(t) weitere Modelle für das tschechoslowakische Heer; 158 Fahrzeuge wurden an die Schweizer Armee ausgeliefert, wo sie unter der Bezeichnung Panzerjäger G13[9] bis 1973[10][11] im Dienst blieben. Nach der Produktionseinstellung in der Tschechoslowakei 1950 wurden zwischen 1952 und 1954 insgesamt 86 Panzer mangels Ersatzteilen auf den Schweizer Saurer-Arbon 8-Zylinder-Dieselmotor mit Allison-Getriebe umgerüstet.[12]
Die wichtigsten Unterschiede des Panzerjägers G13 zum Jagdpanzer 38(t) waren:
- 7,5-cm-L/48-Sturmkanone 40 des StuG III statt 7,5-cm-L/48-PaK 39 des Jagdpanzers 38
- das fernbedienbare MG wurde durch ein Rundblickperiskop ersetzt
- Kommandant und Ladeschütze tauschten im Innenraum die Plätze
- die Beleuchtungsanlage wurde geändert (es wurde u. a. ein drehbarer Scheinwerfer angebracht)
- die Benzinmotoren wurden nach und nach durch Dieselmotoren ersetzt
- Unterbringung von zahlreichen Ersatzteilen an der Wannenseite
Technische Daten
Technische Daten des Jagdpanzer 38(t)[13][14] | ||||||
0Allgemeine Eigenschaften | ||||||
Masse | 16 t | |||||
Länge | 6,27 m | |||||
Breite | 2,63 m | |||||
Höhe | 2,17 m | |||||
Spurweite | 212,3 cm | |||||
Kettenbreite | 35 cm | |||||
Bodenfreiheit | 38 cm | |||||
0Bewaffnung | ||||||
Hauptbewaffnung | 7,5-cm-PaK 39 L/48 | |||||
Sekundärbewaffnung | 1 × MG 34 oder MG 42 | |||||
Munitionsvorrat | PaK: 40 MG: 1200 | |||||
Kaliberlänge (PaK) | 48 | |||||
Panzerung | ||||||
Front | 60 mm | |||||
Seiten | 20 mm | |||||
Heck | 20 mm | |||||
Decke | 8 mm | |||||
Boden | 10 mm | |||||
Beweglichkeit | ||||||
Motor | Praga PS 1 EPA AC/258 6-Zylinder-Ottomotor wassergekühlt | |||||
Hubraum | 7754 cm³ | |||||
Leistung | 160 PS bei 2800/min | |||||
Leistungsgewicht | 10 PS/t | |||||
Höchstgeschwindigkeit Straße | 42 km/h (Straße) 16 km/h (Gelände) | |||||
Kraftstoffvorrat | 320 l | |||||
Fahrbereich | 180 km (Straße) 130 km (Gelände) | |||||
Watfähigkeit | 100 cm | |||||
Besatzung | 4 | |||||
Stückzahl | 2584 |
Erhaltene Exemplare
- Heeresgeschichtliches Museum, Wien, Österreich: Ein Exemplar der Schweizer G13-Produktionsserie aus dem Jahr 1945, welches die frühe Fertigungsnummer 10 trägt, ist heute im Besitz des Museums. Betreut durch die Lehrsammlung der Panzertruppenschule des Österreichischen Bundesheeres in Zwölfaxing, ist es fahrbereit und wird jährlich bei der Veranstaltung Auf Rädern und Ketten dem Publikum vorgeführt.[15]
- Panzermuseum Thun, Schweiz (G13)
- Technik-Museum Sinsheim, Deutschland (G13)
- Worthington Tank Museum, CFB Borden, Ontario, Kanada
- Deutsches Panzermuseum, Munster, Deutschland (G13)
- Panzermuseum Kubinka, Russland
- Liberty Park, Overloon, Niederlande (G13)
- Texas Military Forces Museum, Austin, Texas, USA (G13)
- Schweizerisches Militärmuseum Full, Schweiz (G13)
- Australian Armour & Artillery Museum, Smithfield, Queensland, Australien
- Musée des Blindés, Saumur, Frankreich (G13)
- Memorial Museum of the Battle of Normandy, Bayeux, Frankreich
- Schiessplatz Vugelles-La Mothe, Schweiz (G13)
Trivia
Im Film Das Ultimatum (1977) wird ein G-13 (als fiktiver blauer USAAF-Panzer) zum Angriff auf die Raketenbasis eingesetzt.
Siehe auch
Literatur
- Franz Brödl, Thomas Ilming: Der Panzerjäger G-13 „Hetzer“ – seine Geschichte und die Restaurierung. in: Viribus Unitis. Jahresbericht 2007 des Heeresgeschichtlichen Museums. Wien 2008, ISBN 978-3-902551-06-1, S. 89–94, online im HGM-Wissensblog
- Walter J. Spielberger: Die Panzerkampfwagen 35(t) und 38(t) und ihre Abarten. Band 11, Motorbuch Verlag Stuttgart, ISBN 3-87943-708-4.
- Walter J. Spielberger, Hilary L. Doyle, Thomas L. Jentz: Leichte Jagdpanzer, Entwicklung – Fertigung – Einsatz. Motorbuch-Verlag Stuttgart, 2011, ISBN 978-3-613-03363-4.
- Horst Scheibert: Hetzer. Podzun-Pallas Verlag, ISBN 3-7909-0785-5.
- Hillary Dole, Thomas L. Jentz, Mike Badrocke: Jagdpanzer 38 'Hetzer' 1944–1945. Osprey Publishing, ISBN 1-84176-135-4.
- Hans-Heiri Stapfer: Jagdpanzer 38 Hetzer Walk Around (27027). (inkl. vieler Angaben über die Schweizer G13), Squadron-Signals Verlag, ISBN 978-0-89747-658-4.
- OKW: Vorschrift D 652/63, Jagdpanzer 38, Handbuch für den Panzerfahrer. 1944.
Weblinks
- Dokumentation Franz Broedl, Panzerexperte des HGM über den Jagdpanzer 38(t) „Hetzer“ (2019).
- Umfangreiche engl. Privatseite über Hetzer und G-13
- Achtungpanzer.com (englisch)
- Umfangreiche Bildergalerie einer Hetzer-Generalüberholung inkl. Fahrvideo
- Parade von Panzerjägern G13 an den Swiss Tank Days 2004 in Thun, CH
- Jagdpanzer 38t in Originaldokumente (Deutsch inkl. spanische Übersetzung)
Einzelnachweise
- ↑ Die offizielle Bezeichnung war "le. Pz. Jg. 38 t" und wurde laut Nachrichtenblatt der Panzertruppen am 17. November 1944 umbenannt in "Jagdpanzer 38".
- ↑ https://www.youtube.com/watch?v=RwjKW51Bt3g&t=292s Deutsches Panzermuseum: Geschichte(n) aus Stahl: Hochstapler und Hoffnungsträger - der Hetzer (S01E02), 14. Januar 2017
- ↑ David B.: Jagdpanzer 38(t) Hetzer. tanks-encyclopedia.com, 1. November 2015, abgerufen am 7. März 2019.
- ↑ Harold A. Skaarup: Ironsides: Canadian Armoured Fighting Vehicle Museums and Monuments. iUniverse, 2011, ISBN 978-1-4620-3465-9, S. 155. Google-Vorschau
- ↑ Walter J. Spielberger, Hilary L. Doyle, Thomas L. Jentz: Leichte Jagdpanzer, Entwicklung – Fertigung – Einsatz. Motorbuch-Verlag Stuttgart, 2011, ISBN 978-3-613-03363-4, S. 76 ff.
- ↑ Walter J. Spielberger, Hilary L. Doyle, Thomas L. Jentz: Leichte Jagdpanzer, Entwicklung – Fertigung – Einsatz. Motorbuch-Verlag Stuttgart, 2011, ISBN 978-3-613-03363-4, S. 87.
- ↑ Nachrichtenblatt der Panzertruppen Oktober 1944, siehe Walter J. Spielberger, Hilary L. Doyle, Thomas L. Jentz: Leichte Jagdpanzer, Entwicklung – Fertigung – Einsatz. Motorbuch-Verlag Stuttgart, 2011, ISBN 978-3-613-03363-4, S. 91.
- ↑ Jagdpanzer 38(t) Hetzer. Abgerufen am 2. April 2018 (amerikanisches Englisch).
- ↑ www.he.admin.ch Schweizer Armee, Dokumentation Panzermuseum Thun ( des vom 23. September 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (Zugriff am 9. Mai 2011)
- ↑ Panzerjäger G13 mit Benzinmotor auf militärfahrzeuge.ch (Zugriff am 9. März 2011)
- ↑ Panzerjäger G13 mit Dieselmotor auf militärfahrzeuge.ch (Zugriff am 9. März 2011)
- ↑ Hetzer G13 (CH). Abgerufen am 5. August 2018.
- ↑ Walter J. Spielberger, Hilary L. Doyle, Thomas L. Jentz: Leichte Jagdpanzer, Entwicklung – Fertigung – Einsatz. Motorbuch-Verlag Stuttgart, 2011, ISBN 978-3-613-03363-4, S. 196.
- ↑ Alex Lüdeke: Typenkompass Panzer der Wehrmacht 1933–1945. Motorbuch-Verlag Stuttgart, ISBN 978-3-613-02953-8.
- ↑ auf doppeladler.com, abgerufen am 6. Juni 2013.