Römische Republik (1849)

historischer Staat 1849
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Die Römische Republik (italienisch: Repubblica Romana) von 1849 war eine von Anfang Februar bis zu ihrer militärischen Niederschlagung durch französische Truppen Ende Juni/Anfang Juli 1849 lediglich knapp fünf Monate bestehende, vom radikaldemokratischen Revolutionär des Risorgimento, Giuseppe Mazzini, ausgerufene Republik im damaligen Kirchenstaat bzw. dessen Hauptstadt Rom.

Datei:Flag of the Repubblica Romana 1849.png
Militärflagge der Römischen Republik 1849

Vorgeschichte

 
Italien nach dem Wiener Kongress (1815): Der Kirchenstaat (englisch „Papal States“) lila und dunkelblau etwa in der Kartenmitte
 
Papst Pius IX.

Die italienische Einigungsbewegung hatte bereits seit den 1830er Jahren die Forderung nach der weltlichen Herrschaft über Rom vertreten. Rom wurde von den italienischen Nationalisten als die natürliche Hauptstadt Italiens angesehen.

1848 war es in nahezu allen italienischen Staaten und Fürstentümern zu revolutionären Erhebungen gekommen, die mit den bürgerlich-liberalen Revolutionen in fast ganz Mitteleuropa einher gingen (vgl. unter anderem Februarrevolution 1848 in Frankreich, Märzrevolution in den Staaten des Deutschen Bundes).

Die Unruhen und Aufstände in den Regionen Italiens, so auch in Rom, standen wesentlich im Zeichen der italienischen Einigungsbestrebungen des Risorgimento (= Wiedererstehung), die seit dem Wiener Kongress von 1815 bis zum Revolutionsjahr 1848 demokratisch dominiert waren. Zum einen richteten sie sich gegen die reaktionäre Politik der Restauration (vor allem in den von den österreichischen Habsburgern beherrschten Fürstentümern Mittel- und Oberitaliens und im von den spanischen Bourbonen regierten Königreich beider Sizilien). Zum anderen setzten sie sich für die Errichtung eines gesamtitalienischen unabhängigen Nationalstaates ein.

Im Kirchenstaat hatte Papst Pius IX. zu Beginn seines Pontifikats im Jahr 1846 die Zeichen der Zeit erkannt, und damit begonnen, liberale Reformen einzuführen. Er bildete einen Staatsrat, gründete eine Bürgerwehr, führte eine Amnestie durch und schlug eine Zollunion der italienischen Staaten vor. Diese Reformen gingen den Nationalrevolutionären aber nicht weit genug. Sie forderten eine Parlamentarisierung und grundlegende Demokratisierung des Kirchenstaats.

Von der Revolution bis zur Niederschlagung der Republik

Ab Mitte 1848 nahmen die revolutionären Unruhen zu. Als es am 15. November des Jahres zum politisch motivierten Mord am Ministerpräsidenten des Kirchenstaates, Pellegrino Rossi, kam, sah sich der Papst in der Nacht vom 23. auf den 24. November zur Flucht aus der Stadt veranlasst. Er setzte sich nach Gaeta an der Küste Neapel-Siziliens ab und ernannte Kardinal Giacomo Antonelli als erstem Staatssekretär zu seinem Statthalter in Rom. Dieser versuchte letztlich erfolglos, die Politik von Pius IX. gegen die sich rapide anbahnenden radikalen Veränderungen durchzusetzen.

In Rom wurde dagegen die Gründung der Republik organisiert. Eine vorläufige Regierungsjunta schrieb für den 21. Januar 1849 allgemeine Wahlen für eine verfassungsgebende Versammlung aus, für die alle männlichen Bürger des Kirchenstaats ab dem Alter von 21 Jahren wahlberechtigt waren. Kardinal Antonelli forderte angesichts seiner erfolglosen Bemühungen, die Autorität der Kirche zu erhalten, am 4. Januar 1849 die europäischen Mächte zur Intervention im Kirchenstaat auf, um die Revolution niederzuschlagen, bevor er dem Papst in dessen Exil nach Gaeta folgte.

 
Giuseppe Mazzini

Nach der Wahl zur konstituierenden Versammlung, bei der die revolutionären Republikaner die Mehrheit erreichten, trat am 5. Februar 1849 eine verfassunggebende Versammlung zusammen, als deren Ergebnis am 9. Februar die römischen Revolutionäre unter Giuseppe Mazzini die Republik im Kirchenstaat ausriefen. Diese Republik gab sich bis März 1849 die bis dahin fortschrittlichste Verfassung aller italienischen Staaten, wenngleich sie aufgrund der wenig später erfolgenden Niederschlagung der Revolution nicht in die Praxis umgesetzt werden konnte. Beispielsweise sah die Verfassung neben der Einführung der uneingeschränkten Religionsfreiheit als erster Staat der Welt die Abschaffung der Todesstrafe für Kapitalverbrechen vor.

Mazzini war neben Carlo Armellini und Aurelio Saffi eines der Mitglieder des Triumvirats (=Dreimännerherrschaft), das die Republik in den folgenden Monaten führte. Die wichtigsten Beschlüsse der republikanischen Regierung waren eine grundlegende Reform des Bildungswesens und eine Landrechtsreform, die den landwirtschaftlichen Grundbesitz im Kirchenstaat zugunsten der von den Großgrundbesitzern abhängigen Kleinbauern umverteilen sollte.

Bereits im April 1849 kam es zur Intervention republikanisch-französischer und königlich-spanischer Truppen gegen die junge Republik mit dem Ziel, die Herrschaft des Papstes wiederherzustellen. Unter der Führung Giuseppe Garibaldis konnten die revolutionären Einheiten die Interventionsarmee zunächst zurückschlagen, woraufhin Rom etwa einen Monat lang belagert wurde. Unter anderem bedingt durch die dadurch verursachte schlechte Versorgungslage und fehlende Unterstützung von außen sahen sich die Vertreter der Republik gezwungen, am 30. Juni 1849 vor der französischen Übermacht zu kapitulieren. Mazzini und Saffi flohen kurz darauf über die Schweiz nach England ins vorläufige Exil, Garibaldi nach New York/USA. Am 3. Juli 1849 wurde die römische Revolution endgültig von französischen Truppen niedergeschlagen. Dies führte teilweise in Frankreich selbst, etwa in Lyon, zu Protesten der Bevölkerung (- etwas mehr als ein Jahr zuvor war dort mit der Februarrevolution 1848 ebenfalls eine neue, die zweite französische Republik, konstituiert worden).

Nach der Zerschlagung des Aufstands wurde die Macht im Kirchenstaat von einem Exekutivkomitee aus Kardinälen übernommen. Erst 1850 kehrte der Papst zurück. Teilweise machte er seine ursprünglich liberalen Reformen wieder rückgängig und etablierte polizeistaatliche Verhältnisse in Rom. Französische Truppen blieben bis 1870 als Schutzmacht im Kirchenstaat stationiert. Zum Dank für den Anteil Spaniens an der Intervention stiftete der Papst einen speziellen Feiertag zu Ehren des Heiligen Blutes Jesu (Santísima Sangre), welcher z.B. im spanischen Denia noch immer alljährlich Anfang Juli begangen wird.

Nachfolgende Entwicklung im gesamtitalienischen Kontext

Außer der Römischen Republik wurden auch alle weiteren revolutionären Erhebungen der Jahre 1848/49 in den italienischen Fürstentümern vor allem von österreichischen Truppen niedergeschlagen. Damit hatte die demokratische Bewegung eine nachhaltige Niederlage erlitten. Ab 1849 entwickelte sich das Königreich Sardinien-Piemont unter König Viktor Emanuel II. und seinem Ministerpräsidenten Camillo Benso von Cavour - nun unter eher liberalkonservativen Vorzeichen - zur führenden Macht des Risorgimento. Insbesondere aufgrund von Cavours diplomatischem Geschick und militärischer Strategie konnte ein italienischer Nationalstaat nach dem Sardinischen Krieg gegen Österreich bis 1861 durchgesetzt werden.

 
Giuseppe Garibaldi 1866

Im Gefolge dieses Krieges fielen durch militärische Eroberungen der Freischärler unter Führung Garibaldis (der 1854 aus den USA nach Italien zurückgekehrt war) einerseits und der zeitweilig gegen ihn stehenden piemontesischen Armee andererseits auch weitere Gebiete des Kirchenstaats wie die Marken und Umbrien an Sardinien-Piemont bzw. an Italien, so dass nach der Proklamation des italienischen Staates als Konstitutionelle Monarchie am 17. März 1861 nur noch Latium mit Rom den Restkirchenstaat bildete. Im Oktober 1867 versuchte Garibaldi mit einigen Freischaren, Rom erneut einzunehmen. Seine Einheiten wurden jedoch am 3. November 1867 von französischen und päpstlichen Truppen besiegt.

Als Frankreich seine Schutztruppen in Folge des Krieges gegen Preußen 1870 aus Rom abzog, kam dies dem neuen italienischen Staat gelegen. Italienische Militäreinheiten eroberten am 20. September 1870 Rom und integrierten nach einer Volksbefragung den Restkirchenstaat im italienischen Königreich. Rom wurde wenig später zur neuen italienischen Hauptstadt proklamiert. Der Konflikt um den staatsrechtlichen Status des Vatikan bzw. des Machtzentrums der Katholischen Kirche in Rom blieb lange ungeklärt. Erst 1929 wurde diese sogenannte „Römische Frage“ mit den Lateranverträgen beigelegt. Rom wurde dabei vom „Heiligen Stuhl“ als Hauptstadt Italiens anerkannt, von der italienischen Regierung wurde dem Vatikan als Vatikanstadt die politische Unabhängigkeit und volle staatliche Souveränität garantiert.

Siehe auch

Geschichte Italiens, Kirchenstaat, Märzrevolution, Risorgimento, Römische Frage, Römische Republik (Neuzeit)

Literatur

  • Christopher Hibbert: Rom - Biographie einer Stadt; Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1992, 451 Seiten, ISBN 3-423-30303-4