Die Wilhelm-Foerster-Sternwarte (WFS) in Berlin, benannt nach dem Astronomen Wilhelm Foerster, kann auf eine lange Tradition als Forschungsstandort und Beobachtungsstation für astronomisch Interessierte zurückblicken. Sie steht auf dem Insulaner, einem Trümmerberg, im Bezirk Tempelhof-Schöneberg.
Am Fuße des Insulaners, am Munsterdamm 90, befinden sich das Zeiss-Planetarium am Insulaner und die Biblothek. Beide Einrichtungen sind im Verein "Wilhelm-Foerster-Sternwarte e. V." zusammengefasst.
Die Geschichte der Sternwarte
Die Geschichte der Sternwarte ist nachzulesen in einer Ausstellung im Planetarium am Insulaner und im Kurzportrait „Die Wilhelm-Foerster-Sternwarte“.
Gründung und Aufbaujahre [1940-60]
Am 15.Oktober 1947 gründen Hans Mühle und Hans Rechlin das Wilhelm-Foerster-Institut. Als offizielle Gründung gilt die Erteilung des Gewerbescheins durch die Alliierte Kommandatur. Die Namensgebung "Wilhelm-Foerster-Institut" geht zurück auf R. Sommer. Er war ein Schüler von Wilhelm Foerster, und langjähriger Leiter des Planetariums am Bahnhof Zoo und der Archenhold Sternwarte bis 1944.
Der erste Standort der Sternwarte war das Kasino des ehemaligen Generalkommandos in der Ruine Papestr. 2 in Berlin-Schöneberg. Dieses Gelände wird in den folgenden Jahren erstmal "enttrümmert". 1948 bis 1950 wird eine Halbruine mit einem Vortragssaal, einer Werkstatt, zwei Beobachtungsplattformen und einem Fotolabor ausgestattet. Dabei wird mit 7- und 8-Zoll-Fernrohren beobachtet. Ab Februar 1948 werden die ersten Fernrohre gebaut. Im August 1948 beginnen die Beobachtungen. Ab Oktober 1948 gibt es spezielle Vorträge für Jugendgruppen, Kurse für Volkshochschulen werden angeboten. Die ersten Schulklassen werden mit Vorträgen und Führungen betreut. Im Oktober 1949 wird die astronomische Arbeitsgemeinschaft der Archenhold-Sternwarte und die Astronomiekurse der Volkshochschule Tempelhof ins Wilhelm-Foerster-Institut verlegt. Im Januar 1951 wird der beschädigte URANIA-Refraktor, der sogenannte Bamberg-Refraktor (Baujahr 1889) im zerstörten Uraniagebäude in der Invalidenstraße abgebaut.
Am 08.Juni 1953 wird der jetzige Verein Wilhelm-Foerster-Sternwarte e.V. gegründet, dabei wird das Institut in den Verein überführt. 1955 wird der 12-Zoll Bamberg-Refraktor aufgestellt, eine Gerneralüberholung durch die Firma Askania, Berlin-Mariendorf, erfolgt im Jahre 1962. Im November 1961 erfolgt die Grundsteinlegung der neuen Sternwarte auf dem Insulaner. Am 30.Januar 1963 findet die Eröffnung der Sternwarte in dem neuen Gebäude statt. Der Bamberg-Refraktor steht in der 11-Meter-Kuppel, in der 5-Meter-Kuppel steht der 6-Zoll-Schreiber-Refraktor und auf der Plattform ein 7-Zoll-Teleskop. Nach der Grundsteinlegung des ZEISS-Planetariums am 15.November 1963 erfolgt die Eröffnung am 16.Juni 1965. 1966 bekommt der Bambi eine fahrbare Beobachtungstreppe. Die Treppe hat ein Gewicht von 718 kg und kostet 3.344 DM. 1967 bis 1968 wird der 6-Zoll-Doppelrefraktor mit Zeiss-B-Objektiv komplett neugebaut (frequenzgesteuerter Antrieb - später Umbau auf Schrittmotore).
Ausbau der Sternwarte [1970-90]
1971 wird ein 75-cm-Aluminiumspiegel mit 5780 mm Brennweite von der Sternwarte Mailand als Leihgabe übernommen. 1973 wird das zerlegbare 75-cm-Spiegelteleskop vollständig aus Aluminium gebaut. Das gesamte Instrument hat ein Gewicht von nur 360 kg und ist transportabel. So kommt es u.a. 1973 bei der Sonnenfinsternis-Exkursion nach Mauretanien zum Einsatz. Ab August 1972 beginnt auf dem Insulaner der Bau eines separaten Gebäudes mit einer 7-Meter-Kuppel. Am 9. November 1973 wird der 75-cm-Spiegel beim Besuch vom Bundespräsidenten Heinemann eingeweiht.
Ab 1982 wird ein Spezial-Sonnenteleskop gebaut. Dieses befindet sich auf dem Dach des Planetariumsanbaus. Es dient der Projektion des Sonnenbildes an die Planetariumskuppel. 1988 wird das Instrument in Betrieb genommen.
Bei einem Brand am 10.Mai 1988 wird das Kupferdach und die Bestuhlung der Planetariumskuppel zerstört. Die technische Einrichtung kann gerettet werden. Im November 1988 werden die Reparaturarbeiten der Brandschäden abgeschlossen.
Am 15.12.1990 findet die Übergabe des neuen 75cm Ritchey-Chretin-Teleskop statt. Dieses ZEISS-Instrument ist computergesteuert und besitzt eine Brennweite von 5,8m. Es ist immer noch das lichtstärkste Teleskop in Berlin.
Im September 1996 beginnt eine General-Überholung des Bamberg-Refraktors durch die Firma 4H-Jena-Engineering. Die Wiedereinweihung des restaurierten Refraktors erfolgt am 30.August 1997. Ein Kabelbrand vernichtet am 18.August 1996 die Bildverarbeitungsanlage in der Spiegelkuppel der Sternwarte. Am 22.10.1997 findet die 50-Jahr-Feier der WFS statt.
Programm
Auf der Sternwarte finden zahlreiche verschiedene Programme von Mitgliedern und für Besucher statt.
Die Tätigkeiten im Rahmen der verschiedenen Arbeitsgruppen unfassen weite Teile der Astronomie. Neben kleineren optischen Geräten stehen die großen Teleskope zur Beobachtung für Mitglieder und Publikum zur Verfügung.
Technik
Der Bamberg-Refraktor dient u. a. zur Beobachtung von Planeten und Sonne. Mit ihm wurden auch die Aufnahmen für den „Berliner Mond-Atlas“ gewonnen. Er besitzt eine 314 mm große freie Öffnung und hat eine Brennweite von 5 Metern. Das Gewicht von 5 Tonnen hindert aber nicht daran, das Teleskop mit einer Hand zu bewegen.
Der 6-Zoll-Doppelrefraktor (Brennweite 2,25 Meter) in der 5-Meter-Kuppel steht ebenfalls für die Amateurastronomen zur Verfügung. Ein Objektiv des Hauptrohres zeichnet sich als 3-linsiges Zeiss-B-Objektiv durch seine hohe Abbildungsqualität und Bildschärfe aus.
Parallel zum 6-Zoll-Doppelrefraktor ist ein 5-Zoll-Refraktor montiert. Dieser ist mit einem Halle-Lyot-Filter (0,5 Å Bandbreite) zur Sonnenbeobachtung im Licht der Wasserstoffspektrallinie ausgestattet.
Das alte 75-cm-Spiegelteleskop (Brennweite 5,78 Meter) steht in einer 7-Meter-Kuppel und hat ein Gewicht von 360 kg. Damit ist es sogar transportabel, wenn astronomische Exkursionen durchgeführt werden. Seine Feuerprobe bestand es bei der Expedition nach Mauretanien zur Beobachtung einer Sonnenfinsternis am 30. Juni 1973. Mit seiner Lichtstärke eignet es sich v. a. zur Beobachtung von Gasnebeln und Galaxien (Deep-Sky-Objekte).
Mit dem neuen Spiegelteleskop (700 mm Öffnung) und einer variablen Brennweite von 5,6 Metern oder 10,5 Metern kann, rechnergesteuert, eine hervorragende Abbildungsqualität erzielt werden. Dieses Teleskop steht Besuchern und Amateurastronomen gleichermaßen zur Verfügung.
Viele der technischen Errungenschaften konnten auch durch die Unterstützung aus Lottomitteln gekauft bzw. repariert werden, die neben der Förderung von Land Berlin und den Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen und Besuchergeldern einen wichtigen Teil der Finanzierung ausmacht.
Angebotene Veranstaltungen
Für das Publikum werden im regulären Führungsbetrieb Veranstaltungen für alle Altersgruppen angeboten. Von der Kindergarten- und Schulführung über Beobachtung von Sonne und hellen Objekten tagsüber und Präsentation des aktuellen Nachthimmels bis zu speziellen Themenführungen im Anschluss an die Planetariumsprogramme bietet sich dem Besucher ein breites Spektrum an benutzten Instrumenten und beobachteten Objekten.
Zu besonderen astronomischen Ereignissen wie Finsternissen oder Planetentransiten gibt es auch Gelegenheit, die Sternwarte zu nutzen.
Im Jahr 2004 konnte so der Venustransit beobachtet werden, 2003 war der Merkurtransit zu sehen.
In einem kleinen Hörsaal werden u. a. Kurse für Anfänger, Fortgeschrittene und an speziellen Astronomiebereichen wie der Relativitätstheorie Interessierte angeboten.
Weiterführende Informationen
- Webseite des Vereins Wilhelm-Foerster-Sternwarte e.V. mit Informationen zum Programm der Sternwarte und des Planetariums