Krimkrieg

militärisch ausgetragener Konflikt um die Halbinsel Krim
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Der Krimkrieg (auch Orientkrieg) fand von 1853 bis 1856 zwischen Russland einerseits und dem Osmanischen Reich (dem Vorläuferstaat der heutigen Türkei), Frankreich, Großbritannien und ab 1855 auch Piemont-Sardinien (dem politisch prägenden Vorläuferstaat des späteren Italien) andererseits statt. Er begann als der neunte russisch-türkische Krieg und erhielt den Namen Krimkrieg, weil die längsten und entscheidenden Schlachten um die Halbinsel Krim geführt wurden. Der Krimkrieg gilt als erster der modernen Stellungskriege und als besonders schlecht vorbereitet. Das negative Presseecho in Großbritannien seinerzeit führte zur Organisation professioneller Kriegsverwundetenpflege und ist mit dem Namen Florence Nightingale verknüpft.

Charge of the Light Brigade („Attacke der Leichten Brigade“), Gemälde von Richard Caton Woodville (1825-1855)

Anlass und Ursache des Krimkriegs

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Zar Nikolaus I.
 
General Menschikow

Das Protektorat des Zaren über das Heiligen Land

Äußerer Anlass des Krieges waren religiöse Konflikte. Der russische Zar Nikolaus I. verlangte zum Schutz der orthodoxen Christen im osmanischen Reich das Protektorat über sie im Heiligen Land (der Region Palästinas), was vom Sultan des osmanischen Reiches abgelehnt wurde. Die katholischen Franzosen und die protestantischen Briten wollten sich mit einer russischen Vorherrschaft über die Christen in Palästina ebenfalls nicht einverstanden erklären. Nach der Ablehnung der Forderung hatte Russland den Vorwand für die militärische Eskalation des Konflikts.

Der kranke Mann am Bosporus

Die eigentliche und tiefer liegende Ursache des Krieges war jedoch der innere Zerfall des osmanischen Reiches, des so genannten kranken Mannes am Bosporus. Bedingt durch diesen Zerfall sah Russland eine Chance, seinen Machteinfluss in Europa stärker geltend zu machen und insbesondere einen Zugang zum Mittelmeer und auf den Balkan zu bekommen. Die osmanische Herrschaft auf dem Balkan schien gefährdet und Russland drängte darauf, die Kontrolle über die wichtigen Meerengen des Bosporus und der Dardanellen zu erhalten. Bereits früher hatte der russische Zar vergeblich versucht, die Regierungen Österreichs und Großbritanniens für eine Aufteilung des Osmanischen Reiches zu gewinnen. England und Frankreich sperrten sich aber gegen eine russische Expansion. Sie wollten nicht, dass die Schlüsselpositionen in russische Hände fielen und unterstützten die Osmanen, um den Status quo zu erhalten und damit ihre eigene Machthoheit in Südosteuropa an den osmanischen Grenzen zu sichern. In der sog. orientalischen Frage über Sein oder Nichtsein des Reiches waren sie der Meinung, dass das Osmanische Reich, das in jener Zeit noch immer eine gewaltige Ausdehnung besaß, erhalten werden musste, da sein Zusammenbrechen ein Machtvakuum verursachen würde. Für Großbritannien, den zu der Zeit wichtigsten Handelspartner des Osmanischen Reiches, ging es außerdem darum, die Verbindungswege nach Indien zu kontrollieren und die Vormachtsbestrebungen Russlands in Asien zu unterbinden (The Great Game).

Die russische Motivation, das Osmanische Reich zu zerschlagen, lag jedoch nicht allein in geopolitischen Interessen begründet. Sie basierte auch auf dem in großen Teilen der russischen Gesellschaft seit Beginn des 19. Jahrhunderts verbreiteten Panslawismus und dem Wunsch, die orthodoxen slawischen Völker des Balkans von der in den Augen dieser Bewegung repressiven osmanischen Herrschaft zu befreien. Meldungen über blutige Niederschlagungen regelmäßig aufflackernder Freiheitskämpfe der Balkanslawen empörten die russische Öffentlichkeit und ließen dort Rufe nach einem Eingreifen laut werden. Auch in der zeitgenössischen russischen Literatur finden sich Zeugnisse der vorherrschenden Stimmungen, so beispielsweise in Turgenews Roman Am Vorabend. Im Zeitalter der europaweit verbreiteten romantischen Nationalismen wurde Russland von vielen slawischen Bevölkerungsgruppen als natürliche Schutzmacht der Balkanslawen betrachtet. Nach Beginn des Krieges schien die Rückeroberung des bis zur Einnahme durch die Türken/Osmanen im Jahr 1453 byzantinisch-orthodoxen Konstantinopels zum Greifen nah, nachdem die russische Armee bereits 1830 knapp vor seinen Toren gestanden war.

Die Mission Menschikows

Ende Februar 1853 wurde Fürst Menschikow vom Zaren nach Konstantinopel entsandt. Der Sultan war bereit, einen Teil der russischen Forderungen (Vorrecht Orthodoxer Christen an den heiligen Stätten) anzuerkennen. Doch Russland stellte weitere Bedingungen und Menschikow provozierte durch sein Auftreten den Abbruch der Verhandlungen. Der Sultan lehnte, unterstützt durch den britischen Botschafter, die russischen Forderungen ab. Menschikow reiste daraufhin am 21. Mai 1853 zurück, Russland brach die diplomatischen Beziehungen zum Osmanischen Reich ab und begann mit der Besetzung der Donaufürstentümer (Moldau und Walachei auf dem Gebiet der heutigen Staaten Moldawien und Rumänien).

Verlauf des Krieges

 
Lord Raglan während des Krimkrieges, ca. 1855, Fotografie von Roger Fenton
 
Beschuss von Sveaborg

Kampfhandlungen in den Donaufürstentümern

Am 3. Juli 1853 besetzten russische Truppen mit 80.000 Soldaten die Donaufürstentümer Walachei und Moldau. Das Osmanische Reich erklärte daraufhin am 16. Oktober 1853 Russland den Krieg. Die russische Armee begann mit der Belagerung der strategisch wichtigen Festung Silistria. Der osmanische General Omar Pascha eröffnete mit seiner Armee die Kampfhandlungen an der Donau. Diese siegte am 4. November bei Oltenitza, entsetzte 1854 Silistria und zog in Bukarest ein. Am 30. November desselben Jahres griff die russische Schwarzmeerflotte den osmanischen Hafen Sinope mit Sprenggranaten an und schoss sämtliche dort liegenden Schiffe in Brand.

Ende März 1854 erklärten die Regierungen Großbritanniens und Frankreichs Russland den Krieg, um eine russische Machtausweitung zu verhindern. Beide Länder hatten ihre Mittelmeerflotten bereits 1853 in die Einfahrt zu den Dardanellen und 1854 ins Schwarze Meer entsandt.

Österreich, das erst 1849 beim Aufstand der Ungarn mit Hilfe Russlands vor dem Zerfall gerettet wurde, „eilte“, wie ein Zeitzeuge schrieb, „die Welt mit seiner Undankbarkeit zu verblüffen“. Am 3. Juni 1854 forderte Österreich Russland auf, sich aus den Donaufürstentümern zurückzuziehen und besetzte diese nach dem russischen Abzug selbst. In die Kamphandlungen griff Österreich aber nicht ein. Im Oktober 1854 wurden jedoch 300.000 Mann an der russischen Grenze zusammengezogen, wodurch erhebliche russische Streitkräfte gebunden wurden. So spielte Österreich eine wichtige Rolle im Krimkrieg, auch wenn es sich nicht aktiv am Kriegsgeschehen beteiligte und letztlich beide Seiten verärgerte.

Die alliierten Truppen landeten 25. Juni 1854 bei Varna, als der Rückzug der Russen hinter die Donau und später hinter den Pruth bereits begonnen hatte. Die westlichen Alliierten waren enttäuscht von diesem freiwilligen Rückzug. Frankreich und England weigerten sich einen Waffenstillstand abzuschließen. Da ein Marsch ins Innere des russischen Reiches nicht Erfolg versprechend erschien beschlossen die Alliierten, die russische Festung Sewastopol auf der Halbinsel Krim anzugreifen.

Der Krieg im Baltikum

Bereits am 11. März 1854 liefen die ersten englischen Dampfschiffe unter Charles Napier in die Ostsee aus um russischen Häfen zu blockieren. Da die russische Flotte sich nicht zum Kampf stellte wurden in den kommenden Wochen russische Werften und Häfen in Finnland angegriffen oder beschossen.

Im August griffen die Alliierten mit 11.000 Mann die Festung Bomarsund an, besetzten diese kurzfristig und sprengten die Forts.

1855 bombardierten die Alliierten für zwei Tage die Docks in Sveaborg bei Helsinki. Aus mehr als 1.000 Geschützen wurden über 20.000 Schuss abgefeuert.

Die Belagerung Sewastopols

 
zeitgenössische Karte der Belagerung von Sewastopol

Am 14. September 1854 waren die verbündeten Briten und Franzosen nördlich von Sewastopol, in der Bucht von Jewpatorija auf der Krim gelandet. Sechs Tage später marschierten die Alliierten landeinwärts, wo sie am 20. September in der Schlacht an der Alma den ersten Sieg errangen. Nach der Schlacht begannen die alliierten Truppen mit der Einschließung Sewastopols. Die Befestigungsanlagen waren hauptsächlich zur Seeseite ausgerichtet. Der deutschbaltische Ingenieuroffizier und spätere General Eduard Iwanowitsch Totleben ließ deshalb kurzfristig ein System von Feldschanzen, Batteriestellungen und Schützengräben anlegen, welches die fast einjährige Verteidigung der Festung ermöglichte.

Ein Versuch der Russen, die Belagerung durch eine aus Bessarabien herangeführte Entsatzarmee zu beenden, führte am 25. Oktober 1854 zur Schlacht von Balaklawa. Im Zuge dieser Schlacht fand die Attacke der Leichten Brigade (engl. Charge of the Light Brigade) statt, die auf Grund ihrer großen Verluste eine tragische Berühmtheit erlangte. Die Schlacht endete unentschieden und führte nicht zur Aufhebung der Belagerung. Am 5. November 1854 versuchten die eingeschlossenen Russen einen Ausfall gegen die britischen Truppen, der zur Schlacht von Inkerman führte. Nach anfänglichen Erfolgen wurden die Russen durch das Eingreifen der Franzosen wieder zurückgedrängt.

Die Belagerung war gekennzeichnet durch katastrophale medizinische Zustände bei den Alliierten. So starben beide Oberbefehlshaber Marschall Arnaud und Lord Raglan wegen Krankheit. Nach dem Tod Saint-Arnauds wurde François Certain de Canrobert französischer Oberbefehlshaber. Dieser legte aber, da er trotz aller Anstrengungen keine entscheidenden Erfolge erringen und sich mit den Engländern nicht verständigen konnte, im Mai 1855 diese Stelle wieder nieder, um Marschall Aimable Pélissier Platz zu machen, und übernahm wieder das Kommando des I. Korps.

Der Kampf um die Festung Sewastopol erreichte seinen Höhepunkt und den gleichzeitigen Abschluss, nach fast einjähriger Belagerung, mit der Erstürmung des Forts Malakoff. Mit seiner Eroberung durch französische Soldaten unter dem Kommando von Aimable Jean Jacques Pélissier, dem späteren Herzog von Malakow (französisch: Duc de Malakoff) am 8. September 1855, mussten die russischen Verteidiger die gesamte Stadt Sewastopol räumen. Da die Festung die Kontrolle des Schwarzmeerhafens von Sewastopol ermöglichte, sprengten die russischen Truppen die Anlagen und zogen sich zurück.

Das Ende des Krieges

Im März schloss der neue russische Zar Alexander II. mit den Kriegsgegnern Osmanisches Reich, Großbritannien, Frankreich und Sardinien sowie den nicht kriegführenden Staaten Preußen und Österreich den Frieden von Paris. Darin wurde die Integrität der Türkei erklärt. Die Donaumündungen und ein Teil Bessarabiens gingen an das Fürstentum Moldau. Die Schifffahrt auf der Donau wurde frei gegeben, das Schwarze Meer zu einem neutralen Gebiet erklärt.

Im Krimkrieg starben 70.000 französische, 22.000 britische und 73.000 russische Soldaten, davon mehr als 100.000 an Krankheiten und Verwundungen.

Politische, militärische und publizistische Bedeutung des Krimkriegs

Politische Bedeutung

Vorlage:Russisch-Türkische Kriege Der Krimkrieg ist heute im historischen Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit fast verdrängt, obwohl er militärhistorisch und politisch für die Machtentwicklung und -verteilung unter den europäischen Staaten eine hohe Bedeutung hat. Diesbezüglich bildete der Krieg bzw. das Friedensabkommen von Paris die zweite machtpolitische Zäsur des 19. Jahrhunderts in Europa nach dem Wiener Kongress von 1815.

Ein Resultat des Krimkriegs war das Ende der Heiligen Allianz zwischen Österreich, Russland und Preußen, das im Krieg neutral geblieben war. Preußens und Russlands Beziehungen verbesserten sich. Österreichs Beziehungen zu Preußen wurden angespannter, zu Russland zerrütteten sie. Österreich lief Gefahr, von England und Frankreich unter Napoléon III., das diplomatisch ebenfalls näher an Russland heran rückte, isoliert zu werden. Die bisherige Vormachtstellung Österreichs im Deutschen Bund wurde ersetzt durch die zunehmende Entfaltung Preußens, ab 1862 unter dem Ministerpräsidenten Otto von Bismarck. Damit veränderte sich langfristig die zwischenstaatlich seit dem Wiener Kongress trotz vieler inneren Unruhen in den jeweiligen Staaten seither relativ stabil scheinende europäische Mächtekonstellation nachhaltig zu Ungunsten Österreichs.

Die Schwächung Österreichs führte andererseits zu einer Stärkung der Position Sardinien-Piemonts, das seit den niedergeschlagenen bzw. im Ergebnis zumindest abgeschwächten bürgerlichen 1848/49er-Revolutionen eine Vorreiterrolle in der italienischen Einigungsbewegung, des Risorgimento, nun unter monarchistischem Vorzeichen hatte (bis 1848/49 eher demokratisch dominiert). Im Bündnis mit Frankreich und anderen Staaten konnte die Einigung Italiens unter König Viktor Emanuel II. gegen Österreich nach dem Sardinienkrieg bis 1861 durchgesetzt werden.

Militärisch

 
Der Nachschubhafen der Briten bei Balaklava

Der Krimkrieg war der erste, insbesondere im technischen Sinn moderne Krieg der Weltgeschichte. Zum ersten Mal wurden auf britischer Seite Infanterieeinheiten eingesetzt, die durchgehend mit gezogenen Gewehren ausgerüstet waren (Enfield-Karabiner im Kaliber .577 inch (14,65 mm), eingeführt 1853, wirksame Reichweite ca. 800 Meter). Auf Russischer Seite hingegen wurden noch glattläufige Musketen eingesetzt (wirksame Reichweite ca. 200 Meter). Der Erfolg des britischen Enfield-Gewehrs führte dazu, dass Preußen seine gesamte Infanterie nunmehr durchgehend mit gezogenen Gewehren ausrüstete. Erstmals kamen Panzerkanonenboote zum Einsatz, die die französische und britische Marine nach dem Krieg zu sogenannten Ironclads weiterentwickelten. Ebenfalls neu war die moderne Artillerie mit Explosivgranaten. Zum Einsatz kam erstmalig auch der Telegraph. Während der Belagerung von Sewastopol hatten die Briten ihre Basis in der Hafenstadt Balaklawa. Sie bauten deshalb 1855 hier die erste strategische Bahnstrecke in der Geschichte der Eisenbahn, um von Balaklawa zum Lager der britisch-französischen Belagerungsarmee vor Sewastopol ihren Nachschub zu transportieren. Der Krimkrieg war zugleich der historisch erste Graben- und Stellungskrieg. Weiterhin stellte der Krimkrieg mit der Schlacht von Balaklawa den Einsatz der klassischen Kavallerie-Attacke in Frage, da diese den modernen Schnellfeuerwaffen gegenüber auf verlorenem Posten stand. Die entsprechenden Erfahrungen der militärischen Heeresleitung lassen den Vergleich mit der Schlacht von Azincourt (23. Oktober 1415) zu, als englische Langbogenschützen das französische Ritterheer vernichtend schlugen und damit das Ende der Ritterzeit einläuteten.

Publizistisch

 
Zeitgenössische Zeitungsillustration der Schlacht von Inkerman, 1855

Erstmals konnten Kriegsberichterstatter, unter ihnen der Brite William Howard Russell, der für seine Reportagen von der Krim berühmt wurde, ohne Zeitverlust Berichte an Zeitungen senden, etwa die berühmt-verklärte Attacke der leichten Brigade. Die Zeitung The Times berichtete bereits am selben Abend über die militärisch sinnlose Attacke. Des weiteren gab es zum ersten mal Fotoreportagen aus einem Krieg, die auch dessen Elend und nicht mehr nur die heroische Seite darstellen konnten. Die Aufnahmen von Roger Fenton sind häufig gestellte Fotos und anders als spätere Kriegsfotografen war er nicht in der Lage, Kampfhandlungen zu fotografieren. Sie gaben jedoch trotzdem erstmals der britischen Bevölkerung ein Gefühl für die Lebensbedingungen der Soldaten vor Ort. Fenton verließ die Krim noch vor Abschluss der Kampfhandlungen. Seine Arbeit wurde von James Robertson und Felice Beato fortgesetzt, deren 60 Platten unter anderem die französischen Schützengräben vor Sewastopol, die einschlagsicheren Unterstände der russischen Generäle und das unbeschreibliche Chaos nach Abzug der Russen zeigten.

Unter den Verteidigern von Sewastopol war der junge Leo Tolstoj. In der ersten Erzählung, Sewastopol im Dezember, beschrieb er das Grauen des Krieges:

Sie sehen hier entsetzliche, die Seele erschütternde Bilder, sehen den Krieg [...] in seiner wirklichen Gestalt mit Blut, Qualen und Tod.

Kriegsopfer, Reform des britischen Lazarettwesens

 
Armeelager bei Balaklawa, Fotografie von James Robertson und Felice Beato

Alles in allem erlitten die Russen die schwersten Verluste in dem auch insgesamt sehr opferreichen Krieg. Die durch eine Reihe von Missverständnissen ausgelöste britische Attacke der Leichten Brigade auf russische Geschützstellungen gilt vor allem in der englischen Literatur bis heute als zentrales Ereignis. Bei diesem fatalen Angriff starben von der 673 Mann starken Kavalleriebrigade innerhalb von 20 Minuten durch das russische Geschützfeuer 156 Mann, 122 wurden verwundet. Das Debakel sollte als heldenhafter Todesritt von Balaklawa zum Mythos der englischen Geschichte verklärt werden. Bis zum Fall von Sewastopol starben insgesamt 73.000 russische, 70.000 französische und 22.000 britische Soldaten.

Viele Soldaten (ca. 61.000) kamen nicht in den Kampfhandlungen ums Leben, sondern durch Hunger und Mangelerkrankungen sowie aufgrund fehlender Hygiene in den unzureichend ausgestatteten Lazaretten. Insgesamt sind 104.000 Soldaten an Krankheiten und Seuchen gestorben oder ihren Verwundungen erlegen. In diesem Zusammenhang von Bedeutung ist die Betreuung der Verwundeten durch Florence Nightingale, die im Krimkrieg den Beinamen Engel der Verwundeten erhielt. Die in einer Diakonissenanstalt im deutschen Kaiserswerth ausgebildete Krankenschwester war in England auf die erbärmliche Lage im Krieg aufmerksam geworden. Bedingt durch diese Zustände engagierte sie sich für die Reform des Versorgungs- und Lazarettwesens, für die sie schließlich auch von der englischen Regierung beauftragt wurde. Schon mit der Einführung einfacher Hygienemaßnahmen konnte sie die Sterblichkeitsrate in den englischen Lazaretten deutlich senken. Wenige Jahre nach dem Krieg gründete Florence Nightingale eine eigene Schwesternschule in London, wo sie die Krankenpflege zum Lehrberuf machte.

Randnotizen

Die in den folgenden Jahren im Ruhrgebiet zur Kohleförderung errichteten Türme erhielten die Bezeichnung Malakoffturm nach den Türmen des Fort Malakoff bei Sewastopol, um das sich die entscheidende Schlacht des Krimkriegs drehte. Wegen ihrer massiven Bauweise in Ziegelstein und ihrer aus dem Festungsbau entlehnten architektonischen Elemente wurde für die Türme dieser Name gewählt. Ebenso verhält es sich mit einem Turm, der die Schleifung der Festung Luxemburg, auch Gibraltar des Nordens genannt, heil überstanden hat. Er befindet sich in Clausen, einem Vorort der Stadt Luxemburg, unweit des Flusses Alzette in der Nähe des Areals, das das heute nur noch in seinen Fundamenten erhaltene Mansfeld-Schloss beherbergt. Ebenfalls in der Nähe befindet sich ein leicht zu übersehender deutscher Soldatenfriedhof mit Gräbern aus dem ersten Weltkrieg.

Durch einen Sturm gab es in der Expeditionsflotte der Franzosen und Engländer schwere Verluste. Aufgrund dieses Ereignisses wurden die ersten staatlichen Wetterdienste gegründet.

Beim Friedensschluss zwischen Großbritannien und Russland wurde, anders als bei der Kriegserklärung, vergessen, die Stadt Berwick-upon-Tweed, die in Großbritannien eine Sonderstellung hatte, mit in den Friedensvertrag aufzunehmen. Daher befindet sich Berwick-upon-Tweed bis zu dem heutigen Tage mit Russland formell im Kriegszustand (Thursday Next). 1966 besuchte ein sowjetischer Gesandter den Bürgermeister Robert Knox und unterzeichnete mit ihm einen formellen Friedensvertrag. Der Bürgermeister ist jedoch im Hinblick auf internationale Beziehungen nicht der Rechtsnachfolger von Königin Viktoria, wodurch der Friedensvertrag genau genommen unwirksam ist.

Die wichtigsten chronologischen Daten des Kriegsverlaufs

 
Der britische General Brown mit seinem Stab, Aufnahme von Roger Fenton

Siehe auch

Literatur

  • Winfried Baumgart: The Crimean War, 1853–1856, London 1999, ISBN 034061465X.
  • Ute Daniel: Der Krimkrieg 1853–1856 und die Entstehungskontexte medialer Kriegsberichterstattung, in: Dies. (Hg.): Augenzeugen. Kriegsberichterstattung vom 18. zum 21. Jahrhundert, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen2006, ISBN 3525367376, S. 40–67.
  • John Sweetman: The Crimean War (Osprey Essential Histories), Oxford 2001, ISBN 1841761869.
  • Wilhelm Treue: Der Krimkrieg. Mittler, Herford 1980. ISBN 3813201236.
  • German Werth: Der Krimkrieg, Frankfurt/M 1989, ISBN 3-548-34949-8.
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