Bruce Springsteen

US-amerikanischer Rockmusiker
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Bruce Frederick Joseph Springsteen (* 23. September 1949 in Long Branch, New Jersey, USA) ist ein US-amerikanischer Rockmusiker.

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Bruce Springsteen 2005

Springsteen ist vor allem in den USA seit Jahrzehnten äußerst populär. Allein dort hat er mehr als 60 Millionen Tonträger verkauft und ist damit einer der kommerziell erfolgreichsten Rockmusiker überhaupt. Mit seinen Songs, die meist das amerikanische Alltagsleben zum Thema haben, ist er für weite Teile der US-amerikanischen Öffentlichkeit zu einer Identifikationsfigur geworden. Seine zahlreichen Fans nennen ihn auch gern anerkennend The Boss.

Biografie

Kindheit und Jugend

Bruce Springsteen wuchs in einem katholischen Elternhaus in Freehold/New Jersey zusammen mit zwei jüngeren Schwestern, Virginia und Pamela, in einfachen Verhältnissen auf. Die Eltern, besonders die Mutter Adele, waren sehr religiös und versuchten dies auch den Kindern zu vermitteln.

Springsteens Vater, Douglas Springsteen, war irisch-holländischer Herkunft. Er beschreibt ihn als cholerische, schroffe Person, der es schwer fiel, einen emotionalen Kontakt zu den Kindern herzustellen. Doug war wenig erfolgreich in wechselnden Jobs tätig, etwa in einer Teppichweberei, als Taxifahrer und als Gefängniswärter. Bruce Springsteen erinnert sich an seinen Vater als einen frustrierten, abends oft betrunken in der Küche sitzenden Mann. Seine Mutter hingegen beschreibt er als warmherzige, aktive Frau, die das Familienleben „managte“. Zusätzlich arbeitete sie als Sekretärin. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie Springsteen waren bescheiden. In Folge finanzieller Schwierigkeiten folgte Mitte der 50er Jahre ein sozialer Abstieg, als die Familie in ein hauptsächlich von Zuwanderern und Marinesoldaten bewohntes Viertel umziehen musste.

Bruce rebellierte einerseits gegen den Vater und versuchte ihm so wenig wie möglich zu gleichen; andererseits übernahm er dessen Werte aus der Arbeitswelt mit ihrem Misstrauen gegenüber Intellektuellen, sowie dessen Begeisterung für Autos. Dieselbe Ambivalenz kennzeichnet auch sein Verhältnis zu seiner Heimatstadt und zu New Jersey, sowie zur organisierten Religion.

Von Nachbarn wurde der Junge als unbeschwertes, aktives Kind beschrieben. Dieser Zustand änderte sich mit Eintritt in die von Franziskaner-Schwestern geleiteten St.-Rose-of-Lima-School. Springsteen wurde zum Problemkind, das in ständigem Konflikt mit den Lehrern stand und sich zunehmend in sich selbst zurückzog. Er entwickelte ein Gefühl der Isolation von seiner Umgebung, das ihn bis weit ins Erwachsenenleben hinein begleiten sollte. Springsteen selbst äußerte sich später folgendermaßen dazu: „Ich hatte viele Pläne, doch ich war immer derjenige, der draußen stand und sehnsüchtig nach drinnen blickte. Ich habe mich schon sehr früh einsam gefühlt. Alle in der Familie meines Vaters waren Außenseiter.“ Schon in seiner Jugend empfand Bruce die sich ihm als Arbeiterkind bietenden Zukunftsperspektiven als bedrückend. Das Leben seiner Eltern erschien ihm als Sackgasse.

Im Alter von zehn Jahren begann Springsteens Begeisterung für Rockmusik, zunächst für Elvis Presley, später auch für die Rolling Stones und die Beatles, und er bekam seine erste Gitarre. Mit vierzehn wechselte er auf die regionale Highschool von Freehold. Nun entdeckte Springsteen die Rockmusik als Möglichkeit, seinem von ihm als beengt empfundenen Leben zu entfliehen. Da das kulturelle Leben im Hause Springsteen hauptsächlich durch den Fernseher bestimmt wurde, hatte Bruce nur wenig Zugang zu Literatur. Durch Bob Dylan lernte er jedoch die Ausdrucksmöglichkeiten von Songtexten kennen. Später schrieb er über diese Zeit den Song No Surrender vom 1984 veröffentlichten Album Born In The USA: "We learned more from a three minute record than we ever learned in school", bzw. anlässlich der Aufnahme Dylans in die Rock 'n' Roll Hall of Fame, 1988, "He was the brother that I never had." [...] Like Elvis freed your body, Bob freed your mind.". Er begann ernsthaft Gitarre zu üben und spielte in lokalen Bands mit. Im Jahr 1967 beendete er die Highschool. Er besuchte ein Jahr lang das in der Nähe gelegene Ocean County College.

1966 zogen Springsteens Eltern nach Kalifornien, wo sein Vater eine Arbeit als Busfahrer in San Mateo bekam. Bruce jedoch blieb in New Jersey im Haus der Eltern und später in einem Zimmer in Asbury Park. Er ging keiner geregelten Arbeit nach, sondern verbrachte die Zeit mit Musik, Softball, Surfen, Mädchen und Autofahren. 1968 hatte Springsteen, der später so treffend Situationen und Gefühle der working-class beschrieb, seinen einzigen Job außerhalb der Musik: eine wenige Wochen dauernde Beschäftigung als Gärtner.

Seine Herkunft hat Bruce Springsteen stark beeinflusst. Dabei ist er von einem tiefen Konflikt mit seinen Wurzeln geprägt, zu denen er ein ausgesprochen zwiespältiges Verhältnis entwickelt hat. So sagte er einmal, dass er seine Heimatstadt als Jugendlicher als engstirnig und armselig empfand. Er lebt aber heute noch in der unmittelbaren Nähe von Freehold. Die Trostlosigkeit des Arbeitslebens und die vorgezeichneten Lebensläufe der Mitglieder der Arbeiterschaft sowie deren Ausbruchsversuche aus ihrem Schicksal sollten die bestimmenden Themen vieler seiner späteren Songs werden. Auch sein konfliktbeladenes Verhältnis zu Autoritäten – speziell zu seinem Vater - hat er immer wieder zum Thema gemacht.

Musikalische Anfänge

Erste musikalische Einflüsse Springsteens waren Country&Western-Hits von Gene Autry, Roy Rogers sowie Hank Williams, welche zuhause und bei seiner Großmutter häufig zu hören waren. Ein Einfluss, der später auf Alben wie Nebraska und The Ghost of Tom Joad deutlich zu hören ist. 1965 trat er der Band "Castiles" - der Name stammte von einer Haarshampoo-Flasche - bei und spielte recht erfolgreich in kleinen Clubs wie dem berühmten "Cafe Wha" in New York City. Unter der Leitung von Manager Tex Vineyard erlangten die Castiles lokale Berühmtheit und nahmen zwei Singles auf: Baby I und That's what you get. Springsteens musikalische Ambitionen stießen bei seinen Eltern allerdings auf wenig Gegenliebe. Nach seinen Aussagen gab es in der Familie Springsteen zwei Dinge, die unbeliebt waren: Das erste war Bruce, das zweite seine Gitarre [Begleittext zu Growin' up, Live 1975 - 1985. There were two things that were unpopular in my house: one was me. The other one was my guitar.].

1968 gründete Springsteen eine neue Band mit Namen "Earth", ein Trio mit der Besetzung Gitarre, Bass und Schlagzeug. Die Band existierte wohl nur von August 1968 bis Februar 1969, hatte in dieser Zeit aber mehr als ein Dutzend Auftritte. Im März 1969 gründete Springsteen mit Leuten, die er im "Upstage Club" getroffen hatte, die Band "Child". Im November desselben Jahres änderten sie den Namen der Band und nannten sich nun "Steel Mill".

 
New York - Inspiration der frühen Songs

Der Hard-Rock von "Steel Mill" brachte Springsteen weitere kleine Erfolge. Es wurden drei Singles aufgenommen: The Train Song, He's guilty und Going back to Georgia. Die Aufnahmen tauchen heute regelmäßig bei CD-Börsen auf.

Im Januar 1971 verließ Springsteen Steel Mill, weil er sich in eine andere musikalische Richtung bewegen wollte. Die Zeit bis zur Formierung einer neuen Band überbrückte er mit Gastauftritten bei anderen Bands, so z.B. bei Steven van Zandt & The Big Bad Bobby Williams Band, deren Bandleader der spätere Gitarrist der E-Street-Band war. Verschiedene Jam-Sessions mit unterschiedlichen Musikern fanden ebenso in dieser Zeit statt, wie auch Solo-Akustik-Auftritte. Aus diesen Jam-Sessions entstand schließlich die Band "Dr. Zoom and the Sonic Boom", bei der alle greifbaren Personen eingebunden wurden. Dies ging soweit, dass vier Mitglieder als Monopoly-Spieler der Band beigetreten waren und auch genau das auf der Bühne taten: Monopoly spielen.

Neben van Zandt, der hier ebenfalls mit von der Partie war, gehörten auch die späteren E-Street-Band-Mitglieder Garry Tallent, David Sancious, Vini Lopez und Danny Federici Dr. Zoom an. Ebenso war ein gewisser Southside Johnny Mitglied von Dr. Zoom, für dessen Band "Southside Johnny & the Asbury Jukes" Springsteen und van Zandt später viele Lieder schreiben und produzieren sollten (It's been a long time).

Nach dem Ende von Dr. Zoom spielte Springsteen übergangsweise mit Steve van Zandt und Southside Johnny, Garry Tallent und Vini Lopez in der "Sundance Blues Band", bevor er im Juli 1971 die "Bruce Springsteen Band" gründete. Die BS-Band kann als abgespeckte Version von "Dr.-Zoom" angesehen werden. Sie gilt heute als Vorläufer der E-Street Band.

Die Band, mit der Springsteen ab Oktober 1972 spielte und Ende 1972 sein erstes Studioalbum Greetings from Asbury Park, N.J. aufnahm, trug keinen Namen, wird aber als frühe E-Street-Band angesehen. Offiziell wurde sie aber erst ab 1974 mit diesem Namen angekündigt. Der Name der E-Street Band bezieht sich auf die Adresse des damaligen Keyboarders der Band, David Sancious.

Der Springsteen dieser "frühen Jahre" wird von Zeitzeugen als umtriebige, von manischem Arbeitseifer getriebene, gleichzeitig aber schüchterne und speziell in geschäftlichen Dingen naive Person beschrieben, die nur auf der Bühne auftaute und Führungsqualitäten zeigt.

E-Street Band

Musikalisch gut - kommerziell erfolglos

Nachdem der Impresario John Hammond auf Springsteen aufmerksam geworden war, nahm er den Musiker für Columbia Records unter Vertrag. Entgegen den Plänen seines Managers, der die Aufnahme eines Folkalbums vorgesehen hatte, nahm Springsteen seine Band mit ins Studio. Im Januar 1973 erschien das Debütalbum Greetings From Asbury Park, N.J.. Die Platte wird als gute, wenn auch nicht herausragende Rockplatte betrachtet. Musikalisch war sie in weiten Teilen noch recht konventionell und trug deutliche Folkeinflüsse. Sie zeigte jedoch bereits deutlich das erzählerische Talent Bruce Springsteens: Seine Texte waren bilderreiche, ausufernde Beschreibungen des Lebens eines Jugendlichen in New Jersey. Der Titel der Platte bezieht sich auf ein Seebad an der Atlantikküste New Jerseys, das mit seinen vielen Clubs in den 1960er Jahren ein Mekka für aufstrebende Musiker war. Asbury Park war mit seinem bunten Nachtleben ein beliebter Anziehungspunkt für Jugendliche und bot vielen Bands Auftrittsmöglichkeiten.

 
Well the cops finally busted Madame Marie for tellin' fortunes better than they do / This boardwalk life for me is through / You know you ought to quit this scene too“ (4th Of July , Asbury Park (Sandy))

Springsteens Debüt-LP war aber - auch wenn sie von Kritikern gelobt wurde - ebenso wie die noch im Herbst desselben Jahres folgende zweite, The Wild, The Innocent & The E-Street Shuffle, zunächst ein kommerzieller Flop. The Wild... gilt inzwischen wegen ihrer ebenso musikalisch wie textlich dichten, lebhaften und vielschichtigen Schilderung des Lebens in New Jersey und New York aus der Sicht eines Heranwachsenden nicht nur als eine der besten Platten Springsteens, sondern auch als eine zu Unrecht nur wenig beachtete Perle der frühen 70er Jahre.

Der Durchbruch mit Born to run

Erst mit dem dritten Album, Born To Run, gelang 1975 der kommerzielle Durchbruch: Das Album kam unter die Top Five der Hitparade, mit dem Titellied Born To Run gab es auch einen Top 20 Single-Hit. Das Album wurde aufwändig produziert: Springsteen verwendete ein reichhaltiges Instrumentarium: Zusätzlich zur üblichen Rockbesetzung wurden Klavier, Fender Rhodes-E-Piano, Glockenspiel, Cembalo, Saxophon, Trompete (Randy Brecker), Flügelhorn und Hammond-Orgel eingesetzt. Dadurch erzeugte er einen sehr dichten und vollen Sound, der an Phil Spectors sogenannten "Wall of Sound" erinnert. Besonders treten dabei das Saxophon sowie das Klavier im Stile von Billy Joel oder Meat Loaf hervor. Gerade letzteres kommt nicht von ungefähr: Die heutigen E-Street Mitglieder Max Weinberg und Roy Bittan spielten sowohl u.a. auf Meat Loafs größtem Erfolg Bat out of Hell als auch auf Born To Run die Drums bzw. das Piano. Die Musik ist aber nicht immer ganz frei von Bombast und Pathos. Im folgenden Beispiel aus dem Titel Born to run bringt das Klavier kraftvoll gespielte Akkordblöcke abwechselnd mit gebrochenen Akkorden in 16-tel Notenwerten (siehe Noten und  Hörbeispiel).

 
Piano aus Born To Run

Einige Titel der ersten drei Alben, wie z.B. Kitty's back oder Jungleland, sind aus mehreren Teilen aufgebaut und überschreiten dabei deutlich die sonst im Rock übliche 4-Minuten-Grenze. So beginnt der Titel Jungleland auf Born to run mit einer "klassisch angehauchten" Klaviereinleitung (siehe  Hörbeispiel), zu der sich dann Streicher gesellen. Der Mittelteil ist mit der "üblichen Rockbesetzung" versehen. Daran schließt sich ein intimer Jazz-Part (siehe Noten und  Hörbeispiel) mit Saxophon, Bass, Klavier und jazz-typischem Schlagzeugspiel an, bevor es wieder "rockiger" wird, und der Song mit der Klaviereinleitung endet.

 
Jazz-Part aus Jungleland

Aufgrund des Erfolges des Albums kam Springsteen in der gleichen Woche sowohl auf die Titelseite des Time Magazines als auch von Newsweek - ein neuer Star war geboren. Dies wurde allerdings vom Publikum, Musikerkollegen und Kritikern teils mit Skepsis beobachtet. Viele vermuteten dahinter einen Medienhype. Bereits ein Jahr zuvor hatte ein Musikkritiker anlässlich eines Konzertes von Springsteen in Boston geschrieben: „Ich habe die Zukunft des Rock'n'Roll gesehen, und ihr Name ist Bruce Springsteen.“ Der Name dieses Musikkritikers war Jon Landau, welcher wenig später der Manager von Springsteen wurde. Dies allerdings erst nach einem langwierigen Rechtsstreit mit dessen bisherigen Manager Mike Appel, was auch die Veröffentlichung seines nächsten Albums Darkness On The Edge Of Town bis ins Jahr 1978 verzögerte.

Auf diesem Album wird das Prinzip der "Wall of sound" nicht mehr verwendet. Die Stücke sind einfacher strukturiert und die einzelnen Instrumente deutlicher voneinander abgehoben. Dabei treten besonders die von Danny Federici gespielte Orgel und noch mehr die E-Gitarre in den Vordergrund. Es sind Einflüsse von Duane Eddy, Jimmy Page und Roy Buchanan zu hören. Springsteens Gesang klingt hier deutlich gepresster und betont maskulin. Seine Musik entwickelt sich auf dieser und den folgenden Platten in Richtung eines einfachen und kraftvollen Rocksounds.

War Born To Run noch von einer euphorischen Stimmung geprägt, so ist Darkness deutlich pessimistischer. Dies zeigt sich schon im Titel der Platte. Springsteen selber äußerte sich zu diesem Album folgendermaßen: "There's less of a sense of a free ride in 'Darkness' than in 'Born to Run'. There's more a sense of: if you wanna ride, you're gonna pay, and you better keep riding. There's just a little more world awareness." ("Es gibt weniger die Stimmung des freien Spielens auf 'Darkness' als bei 'Born to Run'. Die Stimmung ist mehr: Wenn du spielen willst, musst du dafür bezahlen. Und du spielst lieber weiter. Es ist einfach ein bisschen reflektierter.")

1978 kam es zu einer Zusammenarbeit mit Patti Smith, die mit der Springsteen-Komposition Because The Night einen Hit landete. Im Jahr 1979 beteiligte sich Bruce Springsteen an dem Konzert No Nukes, bei dem er sich mit anderen Künstlern gegen die Nutzung von Atomkraft einsetzte.

Das Doppelalbum The River (1980) zeigte Springsteens musikalische Fähigkeiten in ihrer ganzen Bandbreite, von der Ballade - wie im Titelsong (siehe Noten und  Hörbeispiel), der mit akustischer Gitarre und Mundharmonika beginnt, zu der dann im Refrain Klavier, Schlagzeug und Bass treten - bis zum Rocker.

 
Melodie und Akkorde aus The River

Mit Hungry Heart enthielt das Album zudem seinen ersten Top Ten Hit, wodurch er nun auch in Europa einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde. Dies zeigte sich an der anschließenden Tournee, bei der er im Frühjahr 1981 in Frankfurt, München, Berlin und Hamburg vor ausverkauften Häusern erstmals in Deutschland spielte.

One man, one guitar

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Bruce Springsteen auf seiner Solo-Tour 2005

Dass Springsteen aber immer für eine Überraschung gut ist, bewies die Veröffentlichung seines nächsten Albums Nebraska (1982). Anstatt den erfolgreichen Weg von The River weiterzuverfolgen, schuf Springsteen auf Nebraska, begleitet nur von Gitarre und Mundharmonika, eine düstere Atmosphäre, welche den Rahmen für Geschichten über Außenseiter der US-amerikanischen Gesellschaft bildete. Nach langen vergeblichen Arrangementversuchen mit der E-Street-Band entschied sich Springsteen schließlich als Notlösung für eine Veröffentlichung seiner im Heimstudio entstandenen Demoversionen (erkennbar auch am ungeschliffenen Sound). Verglichen mit The River war das Album kommerziell weniger erfolgreich, es gilt aber mit seinen intimen und eindringlichen, oft depressiv wirkenden Liedern heute als eines seiner besten Alben.

Stadionrock - Born in the USA

Endgültig zum Superstar wurde Springsteen jedoch mit Born in the U.S.A. (1984), einem Album, welches nicht weniger als sieben Top Ten Hits in den USA hervorbrachte. Die Songs sind im Vergleich zu den Vorgänger-Alben noch einfacher aufgebaut, d.h., auf das Wesentliche reduziert. Sie sind geprägt von einfachen üblichen Rock-Riffs der Gitarre oder der Keyboards sowie eingängigen „Mitsing-Refrains“, wie zum Beispiel im Titelsong Born in the USA oder in Glory Days (siehe Noten und   Hörbeispiel).

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Gitarren und Keyboard-Riff aus Glory Days

Der Keyboardsound ist dabei dem Geschmack der 1980er Jahre angepasst. In der Folgezeit häufig kopiert wurde der wuchtige Drumsound des Titelsongs mit der betonten und mit viel Hall aufgenommenen Snaredrum auf dem 2. und 4. Taktteil (siehe Noten und   Hörbeispiel).

 
Drums aus Born in the USA

Das Jahr 1984 brachte aber auch einschneidende Veränderungen für Springsteen mit sich: Steve van Zandt, Weggefährte der ersten Stunde, verließ die E-Street Band nach Abschluss der Arbeiten am Album, um eine Solokarriere zu verfolgen. Als Ersatz wurde für die Tour Nils Lofgren verpflichtet. Als weitere Veränderung gab es erstmals eine Backgroundsängerin auf der Bühne: Patti Scialfa. Born in the USA ist eine der meistverkauften Platten der Rockgeschichte, und für Springsteen folgte eine triumphale Welttournee, die ihn im Juni 1985 auch wieder für zwei große Konzerte in Frankfurt und München nach Deutschland führte. Der Titelsong wurde nicht nur in den USA vielfach als patriotische Hymne missverstanden, da man mehr auf den mitreißenden Refrain als auf den sozialkritischen Text achtete. John F. Kennedy benutzte das Lied in seinem Wahlkampf, was Springsteen aber unterband...

Am 13. Mai 1985 heiratete Springsteen das Schauspieler-Model Julianne Phillips, das er erst wenige Monate zuvor in Los Angeles kennen gelernt hatte.

Trotz des Erfolges seiner Platten spiegelten die Albumverkäufe nur bedingt den Ruf von Springsteen als Live-Act wider. Seine Konzerte waren schon seit Jahren legendär, und das nicht nur aufgrund der Spieldauer von bis zu 3 1/2 Stunden. Nachdem Springsteen jahrelang die Veröffentlichung von Konzertmitschnitten abgelehnt hatte, weil er fürchtete, die Atmosphäre seiner Konzerte könne nicht auf Plattenaufnahmen vermittelt werden, änderte er seine Meinung. Unter dem Titel Live 1975-85 erschien im November 1986 eine Sammlung aus 40 Songs auf fünf LPs bzw. drei CDs.

1987 erschien das Album Tunnel of Love. Es beschreitet einen Mittelweg zwischen dem martialischen, „verschwitzten“ Stadion-Rock von Born in the USA und der intimen Stimmung von Nebraska. Die Songs wirken „entspannter“ und gehen eher etwas in Richtung einer modern klingenden Popmusik. Keyboard-Sounds dominieren gegenüber E-Gitarren und der Drumsound klingt nicht mehr ganz so wuchtig wie beim Vorgänger-Album. Die Mitglieder der E-Street Band wurden nur, wenn es der einzelne Song erforderte, eingesetzt. Bei der anschließenden Tournee spielte Springsteen zum ersten Mal auch im Ostteil des damals noch geteilten Berlin. Etwa 160.000 Zuschauer verfolgten am 19. Juli 1988 das Konzert in Berlin-Weißensee. Im September und Oktober 1988 ging Springsteen zusammen mit anderen Künstlern, Sting, Peter Gabriel und Tracy Chapman, auf eine Benefiztournee zu Gunsten der Menschenrechtsorganisation Amnesty International.

Bruce Springsteen hielt 1988 bei der Aufnahme Bob Dylans in die Rock and Roll Hall of Fame die Laudatio.

Schon während der Tunnel-of-Love-Tournee gab es Gerüchte, das Springsteen mit seiner Backgroundsängerin Patti Scialfa ein Verhältnis hätte. 1988 reichte Julianne Philips schließlich die Scheidung ein, welche im März 1989 vollzogen wurde. Am 25. Juli 1990 kam in Los Angeles Springsteens und Scialfas Sohn Evan James zur Welt. Am 8. Juni 1991 heirateten Springsteen und Scialfa. Am 30. Dezember 1991 wurde ihre Tochter Jessica Rae geboren.

Neue Wege

Anschließend legte Springsteen die Zusammenarbeit mit den Musikern der E-Street Band auf Eis, ohne jedoch die Band offiziell aufzulösen. Es folgten zwei zeitgleich veröffentlichte Alben im Jahre 1992, Human Touch (  Hörbeispiel des Titelsongs) und Lucky Town, die Springsteen mit verschiedenen weltbekannten Musikern der Session-Szene von Los Angeles, wie dem Schlagzeuger Jeff Porcaro von Toto, dem Trompeter Mark Isham und den Sängern Bobby King und Sam Moore einspielte, welche ihn auch auf der anschließenden Tournee begleiteten. Die beiden Alben wurden wegen ihrer „zu kommerziellen Ausrichtung“ von eingefleischten Springsteen-Fans als musikalischer Tiefpunkt seiner Karriere gewertet, u.a. auch, weil Fans und Kritiker monierten, man wolle damit der Verkaufsstrategie von Guns 'n' Roses nacheifern, die ein paar Wochen zuvor ebenfalls zeitgleich die beiden Platten "Use you Illusion I und II" herausbrachten. Springsteen erklärte jedoch beide Alben als grundsätzlich eigenständig und unterschiedlich. Rückblickend erscheint dies glaubhaft, zumal gerade "Lucky Town" sehr selbstkritische und persönliche Texte enthält, die auf "Human Touch" fehlen. Die Verkäufe gingen jedoch im Vergleich zu den beiden vorausgehenden Studio-Alben deutlich zurück.

 
Ausschnitt aus Human Touch

1995 erschien sein zweites Solo-Album The Ghost of Tom Joad, inspiriert von der gleichnamigen Figur aus John Steinbecks Roman Früchte des Zorns. Hier überträgt er das von Steinbeck beschriebene Schicksal der vor ökonomischen und klimatischen Katastrophen fliehenden „Okies“ während der Depressionszeit mit dem Schicksal der lateinamerikanischen Immigranten in den heutigen USA. Auf dem Album spielt Springsteen fast alle Instrumente selbst. Akustische Gitarre und Mundharmonika dominieren ( Hörbeispiel aus dem Titelsong), und werden nur vereinzelt von Schlagzeug, Bass und Keyboards unterstützt. Er präsentierte das Album mit einer Solo-Tournee.

Für das Kino schrieb Springsteen erfolgreiche Soundtracks, wobei er für die Musik zu Philadelphia einen Oscar und für den Titelsong zu Dead Man Walking, der die Todesstrafe thematisiert, eine Oscar-Nominierung erhielt.

Wiedervereinigung

Im November 1998 erschien Tracks, ein Vier-CD-Set mit zahlreichen Aufnahmen aus der gesamten Karriere Springsteens, die jedoch zumeist bis dahin nicht offiziell veröffentlicht worden waren (Erwähnenswert hier die Ur-Version von "Born in the U.S.A.", die klanglich noch viel näher am Nebraska-Album liegt.) Springsteen entschied sich, wieder mit der E-Street Band auf Tournee zu gehen und feierte ein grandioses Comeback. Von April bis Juni 1999 spielte er zunächst in großen Hallen und Stadien in Europa, bevor dann im Juli 1999 eine ausgedehnte USA-Tournee begann, die mit Unterbrechungen fast ein Jahr dauerte und mit einer Serie von zehn Konzerten im New Yorker Madison Square Garden endete.

Mit dem Song American Skin (41 Shots) thematisierte Bruce Springsteen im Jahr 2000 den Fall des Farbigen Amadou Diallo, der im Jahr zuvor das Opfer eines Zwischenfalls mit der New Yorker Polizei geworden war. Vier weiße Polizisten hatten bei einer nächtlichen Polizeikontrolle auf den ebenso unbescholtenen wie unbewaffneten Diallo insgesamt 41 Schüsse abgegeben, von denen 19 trafen und ihn töteten. Dieser Fall und Springsteens Lied lösten in den USA eine heftige Kontroverse über rassistisch motivierte Übergriffe der Polizei aus.

The Rising

 
11. September - Thema von The Rising

Im Juli 2002 erschien das Album The Rising, das unter dem Eindruck der Ereignisse des 11. September 2001 entstanden war. Die Kritik war zunächst gespalten. Es gab einige Verrisse in den Medien. Jedoch änderte sich der Ton der Rezensenten schnell und manch einer, wie z.B. im Der Spiegel, legte nach einer negativen Beurteilung nur kurze Zeit später eine positive Besprechung nach. Auf The Rising werden zusätzlich die im Rock eher unüblichen Instrumente Violoncello und Violine eingesetzt. Asif Ali Khan und seine Gruppe steuern arabische Klänge bei. Springsteen erhielt für The Rising drei Grammys, darunter in der Kategorie "Bestes Rockalbum des Jahres". The Rising ist eine größtenteils unpolitische Reflexion der Gefühle der Menschen nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Erneut schloss sich eine ausgedehnte Tournee durch Europa, Australien, Neuseeland und die USA an. Schon während dieser Tour wurde Springsteen deutlich politischer. Er kritisierte offen George Bush wegen des Irak-Krieges und setzte sich im Herbst 2004, gemeinsam mit anderen Musikern wie R.E.M., John Mellencamp, Pearl Jam und Bright Eyes mit der "Vote for change-Tour", für die Wahl John Kerrys zum US-Präsidenten ein. Außerdem wurde der Springsteen-Titel No Surrender von Kerry als Wahlkampfsong verwendet.

Devils & Dust

Am 25. April 2005 erschien Springsteens Album Devils & Dust, das bei der Kritik auf positive Resonanz traf, die Fangemeinde aber ähnlich wie das zehn Jahre zuvor erschienene The Ghost of Tom Joad spaltete. Das eher ruhige Album besteht etwa zur Hälfte aus Liedern, die sich im Laufe der Jahre bei Springsteen angesammelt hatten, die er aber zurück hielt, weil sie seiner Meinung nach nicht auf Veröffentlichungen wie z.B. The Rising gepasst hätten. Der Titelsong Devils & Dust entstand unter den Eindrücken des Irak-Kriegs.

Textlich versucht Springsteen behutsam neue Wege zu erforschen. In den Titeln Reno (beschreibt den Oralverkehr mit einer Prostituierten: She slipped me out of her mouth."You're ready," she said...) und Long time comin werden sexuelle Dinge im Gegensatz zu früher offen angesprochen. Die Folge war ein Warnhinweis (adult advisory warning sticker) auf den CDs in den USA.

Die darauf folgende Welttournee, die ihn im Juni 2005 auch nach Deutschland führte, bestritt er allein mit akustischer Gitarre, Klavier und Orgel, jedoch ohne Band und in der ruhigen Atmosphäre des Albums. Die Kritiken waren zwar positiv, wenngleich die als übertrieben hoch empfundenen Ticketpreise von bis zu knapp € 100 für erhebliche Verstimmung bei den Fans sorgten.


The Seeger Sessions

Einen weiteren Rückgriff auf die Folk-Wurzeln, die Springsteen immer beeinflusst haben, stellt das im April 2006 erschienene Album We shall overcome - The Seeger Sessions dar, welches sich auf den Folk-Musiker Pete Seeger bezieht. Zusammen mit Musikern aus dem New-Jersey-Umfeld, die größtenteils nicht aus der E-Street-Band stammten, nahm er ein Album mit Folk-Stücken und Traditionals auf, die durch Seeger bekannt wurden. Die Platte wurde live mit ausschließlich akustischen Instrumenten eingespielt und wirkt dadurch ausgesprochen lebhaft und natürlich. Obwohl allein die Ankündigung, Springsteen würde ein Album ausschließlich mit Fremdkompositionen und ohne die E-Street Band veröffentlichen bei vielen Fans heftige Irritationen auslöste, wird die CD von der Kritik gelobt und ist durchaus auch kommerziell ein Erfolg. Es ist nicht klar, ob diese Rückwärtsgewandheit auch politisch gedeutet werden kann. Bush-Kritiker sehen in diesem romantisierten Blick zurück auf "die gute alte Zeit" auch eine Kritik an der aktuellen Politik der Vereinigten Staaten sowie einen Rückzug ins Private, ähnlich der deutschen Biedermeier-Bewegung des 19. Jahrhunderts.

Im Frühjahr präsentierte Springsteen die Platte auch live, sein einziges Deutschland-Konzert fand am 17. Mai 2006 in der Festhalle Frankfurt statt. Das Programm bestand vornehmlich aus den Seeger-Songs, er streute nur wenige alte Titel bei, die er völlig neu arrangierte, darunter "You can look but you better not touch", "Cadillac Ranch" und "Johnny 99".

Stil

Der Musiker Bruce Springsteen

Bruce Springsteen schöpft seine musikalischen Einflüsse aus dem Reservoir der traditionellen US-amerikanischen populären Musik, Folk, Blues und Country. Von Anfang an war Rock'n'Roll der prägende Einfluss.

Auf seiner Debüt-LP ist auch noch ein deutlicher Folk-Einfluss zu hören. Ein Beispiel für den Einfluss dieser Musikgattung auf Springsteens Musik ist der stilistisch an Woody Guthrie angelehnte Titel This hard land (siehe Noten und  Hörbeispiel) .

 
Gitarren-Begleitung aus This hard land

Er erweiterte das Spektrum seiner musikalischen Mittel auf seiner zweiten LP The Wild, The Innocent And The E-Street Shuffle. Elemente lateinamerikanischer Musik, Jazz-,Soul- und Funk-Einflüsse sind zu hören, beim Stück New York City Serenade sogar ein an die Musik George Gershwins erinnerndes Intro. Einflussreich war hier sicher auch der nur auf den ersten beiden Platten beteiligte schwarze Pianist David Sanciuos, der später jahrelang auch bei Sting spielte. Die Musik dieser Zeit spiegelt die ethnische und kulturelle Vielfalt der Welt von New Jersey und New York wider, in der Springsteen aufwuchs.

Im weiteren Verlauf seiner Karriere konzentrierte sich Springsteen jedoch mehr auf die Rock-Elemente seiner Musik. Er verdichtete zunächst den Sound und entwickelte ab Darkness On The Edge Of Town ein ebenso schnörkelloses wie prägnantes musikalisches Idiom, für das einfache Riffs und klar zu erkennende Songstrukturen prägend sind. Seine Musik wird in den USA auch zur Kategorie der sogenannten Heartland-Musik gezählt, als deren typischen Vertretern neben Springsteen John Fogerty, Tom Petty, Bob Seger, John Mellencamp gelten. Diese Form von Musik hat einen textlichen Bezug zum US-amerikanischen Alltag und geht dabei über „reine Unterhaltung“ hinaus, indem sie soziale und gesellschaftliche Probleme thematisiert. Die Musik ist eher einfach und direkt gehalten. Seinen Höhepunkt fand diese Entwicklung in Springsteens Erfolgsalbum Born In The USA, und hier speziell im Titelsong, der auf einem sich ständig wiederholenden, fanfarenartigem Keyboard-Riff und einem hämmernden Drum-Beat aufbaut. Dem entspricht in diesem Stück auch Springsteens Stimme, die dem Hörer die gänzlich unsentimentale Geschichte der ebenso desillusionierten wie zornigen Figur, die Springsteen darstellt, mehr ins Gesicht schreit als singt. Dass er aber auch mit ruhigeren Songs Chart-Erfolge verbuchen kann, zeigen Titel wie My hometown oder I'm on fire ( Hörbeispiel), bei dem die Schlagzeug-Linie von dezenten Hi-Hat-Schlägen sowie Rim-Klicks (Schlag auf die Kante der Snare-Drum) gebildet wird.

In den letzten Jahren hat Springsteen seine Musik auch immer wieder verfeinert. Es sind vermehrt Folk- und sogar Gospelelemente zu hören. Auf seinem letztem Solo-Album Devils and Dust beeindruckt er nicht nur durch komplexes Songwriting, sondern auch als ausdrucksstarker und sensibler Sänger.

Der Erzähler Bruce Springsteen

Bruce Springsteen gilt als aufmerksamer Beobachter und Chronist des US-amerikanischen Alltags. Er porträtiert in seinen Songs das Leben des „kleinen Mannes“ mit all seinen Träumen und Sehnsüchten, seinen Freuden aber auch seinem Scheitern an der Realität. Dabei begleitet er die Figuren, die er beschreibt, auf ihrem Lebensweg: Auf seinen ersten Platten sind dies vor allem Jugendliche, die sich die Hörner abstoßen und von einer glücklichen Zukunft träumen. Springsteen besingt die Helden seiner frühen Lieder in geradezu überschwänglich romantischer Weise und neigt zu wuchernden Wortkaskaden im Stile des stream of consciousness. Kritiker fühlten sich zum Teil an Metaphern aus frühen Liedern von Van Morrison und Bob Dylan erinnert. Auf späteren Alben wurden Springsteens Texte deutlich nüchterner, knapper im Ausdruck und präziser in der Beobachtung.

Im Verlauf seiner Karriere wurden die von ihm beschriebenen Charaktere jedoch zunehmend hoffnungslos und verbittert. Die Helden oder Anti-Helden seiner Lieder sind die Gestrauchelten und Gestrandeten mit ihren enttäuschten Hoffnungen und geplatzten Träumen. Springsteen erzählt von gescheiterten Beziehungen (vor allem auf dem Album Tunnel of love), Arbeitslosigkeit (Youngstown, Johnny 99), Kriminalität (Murder Incorporated), Fremdenfeindlichkeit (Galveston Bay), wirtschaftlicher Ausbeutung von Fremdarbeitern (Sinaloa Cowboys), Rassenunruhen (My Hometown), Resignation (Downbound Train), dem Rückblick auf bessere, vergangene Tage (Glory Days, Bobby Jean), aber auch von den Ausbruchsversuchen der Protagonisten aus ihrer trostlosen Existenz (Thunder Road, Hungry Heart). Am ausgeprägtesten ist diese fatalistische Grundstimmung auf seinen Solo-Platten, wie etwa Nebraska, die eine fast depressive und gespenstische Atmosphäre hat. Sein wohl bekanntester Song Born In The USA wurde - und wird - zwar gelegentlich als Jubelhymne auf den amerikanischen Traum fehlgedeutet, handelt aber tatsächlich von den Erfahrungen eines US-amerikanischen Vietnam-Heimkehrers, der - zurück in der Heimat - keinen Platz mehr in der Gesellschaft findet. Springsteen hatte in seiner Jugend den Vietnamkrieg auf dem Fernsehschirm mitverfolgt und erleben müssen, wie junge Männer aus seinem Bekannten- und Freundeskreis als Soldaten in Vietnam fielen oder als gebrochene Menschen in die Heimat zurückkehrten.

Bruce Springsteen nimmt in seinen Liedern jedoch fast nie direkt politisch Stellung. Obwohl er Missstände in der der US-amerikanischen Gesellschaft thematisiert, geht er nicht soweit, Ursachen zu benennen, Schuldige anzuklagen oder nach Lösungen zu suchen. Er beschränkt sich darauf, die Folgen sozialer Missstände und wirtschaftlicher Krisen anhand fiktiver und verallgemeinert dargestellter Einzelschicksale exemplarisch zu erzählen. Dabei stellt er nur gelegentlich und ansatzweise das US-amerikanische Gesellschaftsmodell an sich in Frage. (Down here it's just winners and loosers and don't get caught on the wrong side of that line aus dem Titel Atlantic city),

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And I'm driving a stolen car / On a pitch black night / And I'm telling myself I'm gonna be alright / But I ride by night and I travel in fear / that in the darkness I will disappear (Stolen Car)

Beinahe schon klassische Motive der US-amerikanischen Popularkultur wie The Road oder The River tauchen in seinen Liedern immer wieder auf. Auch Autos spielen in seinen Songs oft eine wichtige Rolle (Climb in back, heaven's waiting on down the tracks aus Thunder road). Ist das Motiv des Fahrens anfangs beinahe ein Symbol für Freiheit, so erfüllt dieses Bild in späteren Liedern eher die Funktion der Flucht oder der verzweifelten Suche nach einem Ausweg. Er streift in seinen Texten durchaus manchmal die Grenze zum Klischee, etwa mit Zeilen wie I had a job, I had a girl / I had something going, mister, in this world (Downbound Train). Ihm gelingen jedoch gerade in der überzeichneten Darstellung seiner Figuren prägnante, verallgemeinernde Abbilder des Lebens eines großen Teils der US-amerikanischen Gesellschaft. Seine Texte geben damit häufig interessante Einblicke in die aktuellen US-amerikanischen „Befindlichkeiten“.

Als Ich-Erzähler stellt sich Springsteen dabei immer auf die Seite des Verlierers. US-amerikanische Autoren wie Jim Cullen und Bryan K. Garman (siehe Literaturliste) haben den nicht unumstrittenen Versuch gemacht eine Line von Walt Whitman, Ralph Waldo Emerson und Mark Twain über Woody Guthrie zu Springsteen zu ziehen.

In den Texten mancher Songs tauchen religiöse Motive auf, wie sie allgemein sehr stark in die US-amerikanische Alltagssprache einfließen. Hier zeigt sich der Einfluss seiner christlichen Erziehung. So bezieht sich der Titel Adam raised a Cain auf die biblische Geschichte von Kain und Abel (In the Bible Cain slew Abel, and East of Eden he was cast. You're born into this life paying for the sins of somebody else's past.) Der Titel Across the border scheint an den Auszug des israelitischen Volkes aus Ägypten in das gelobte Land angelehnt (Where pain and memory, pain and memory have been stilled. There across the border. For what are we without hope in our hearts, that someday we'll drink from God's blessed waters.)

 
We'd go down to the river/ And into the river we'd dive / Oh down to the river we'd ride (The River)

Auf dem Album The Rising treten die religiösen Bezüge stärker in den Vordergrund. Springsteen neigt hierbei jedoch nicht dazu - wie etwa Bob Dylan während seiner „christlichen Phase“ - missionarischen Eifer zu entwickeln und sich als Prediger zu betätigen.

Anders als in den meisten anderen Popsongs gibt es in Springsteens Liedern keinerlei Glücksversprechen oder irgendeine Aussicht auf Erlösung. Das heißt nicht, dass er nicht auch fröhliche Lieder schreibt. Viele seiner Stücke sind sogar durchaus tanzbar. Glückliche Momente sind bei ihm jedoch nie von Dauer, sondern bestenfalls Träumereien oder von vorne herein zum Scheitern verurteilte Fluchtversuche vor den Realitäten des Lebens. Ebenso wenig kommt erfüllte Liebe in seinen Liedern vor. Dennoch - oder gerade deshalb - sind seine Figuren, in einem typischen US-amerikanischen Motiv, getrieben von der Sehnsucht, ihr scheinbar unvermeidliches Schicksal zu überwinden, und dem Willen, sich niemals geschlagen zu geben.

Die enorme Popularität Springsteens liegt sicher nicht zuletzt darin begründet, dass ein großer Teil seines Publikums sich in seinen Liedern wiedererkennt. Von zahlreichen eingefleischten Fans wird er teilweise wie ein Volksheld verehrt.

Bruce Springsteen hat eine sehr charismatische Bühnenpräsenz. Er vermittelt seinem Publikum die Gefühle, die er selbst als Jugendlicher beim Hören und Spielen von Musik empfunden hat. Seine Konzerte haben eine fast kathartische Wirkung auf seine Zuhörer. Sie werden daher sogar oft mit Gottesdiensten verglichen, nicht zuletzt deshalb - wie sehr gut auf den ersten beiden Platten von Live/1975 - 85 zu hören - weil er zu fast jedem Lied eine fesselnde, unterhaltsame und oft auch sehr persönliche Geschichte zu erzählen hat.

Auszeichnungen

Springsteen erhielt während seiner mehr als 30-jährigen Karriere unzählige Preise und Auszeichnungen, unter anderem beachtliche 14 Grammy Awards und 1 Oscar.

Jahr Auszeichnung Kategorie
1980 bis 1989
1985 Grammy "Best Rock Vocal Performance, Male" für "Dancing in the Dark"
1985 MTV Video Music Award "Best Male Video" für "I'm on Fire", "Best Stage Performance" für "Dancing in the Dark"
1988 Grammy "Best Rock Vocal Performance, Solo" für Tunnel Of Love
1990 bis 1999
1994 MTV Video Music Award "Best Video from a Film" für "Streets of Philadelphia"
1995 Golden Globe "Best Original Song - Motion Picture" für "Streets of Philadelphia"
1995 Grammy "Best Male Rock Vocal Performance", "Song of the Year", "Best Rock Song" und "Best Song Written for a Motion Picture or Television" für "Streets of Philadelphia"
  Oscar "Best Original Song" für "Streets of Philadelphia"
1997 Polar Music Prize  
1997 Grammy "Best Contemporary Folk Album" für The Ghost of Tom Joad
1999 Aufnahme in die
"Rock and Roll Hall of Fame"
 
1999 Aufnahme in die
"Songwriters Hall of Fame"
 
2000 bis aktuell
2001 Humanitarian Community Service Award  
2003 Grammy "Best Male Rock Vocal Performance" und "Best Rock Song" für "The Rising" (Single) ,"Best Rock Album" für The Rising
2004 Grammy "Best Rock Performance by a Duo or Group with Vocal" für "Disorder in the House" (Bruce Springsteen & Warren Zevon)
2005 Grammy "Best Solo Rock Vocal Performance" für "Code of Silence"
2006 Grammy "Best Solo Rock Vocal Performance " für "Devils & Dust"

Diskografie

Studio-Alben

Jahr Titel Chartplatzierungen
US GB DE AT CH
1973 Greetings From Asbury Park, N.J. 60 - - - -
1973 The Wild, the Innocent & the E Street Shuffle 59 33 - - -
1975 Born to Run 3 17 - - -
1978 Darkness on the Edge of Town 5 16 - - -
1980 The River 1 3 31 - -
1982 Nebraska 3 3 37 - -
1984 Born in the U.S.A. 1 1 1 1 1
1987 Tunnel of Love 1 1 3 6 2
1992 Human Touch 2 1 2 1 1
1992 Lucky Town 3 2 4 2 2
1995 The Ghost of Tom Joad 11 16 22 13 8
2002 The Rising 1 1 1 2 2
2005 Devils & Dust 1 1 1 1 1
2006 We Shall Overcome - The Seeger Sessions      

Live-Alben

Jahr Titel Chartplatzierungen
US GB DE AT CH
1986 Live/1975 - 85 1 4 8 8 6
1987 Chimes of Freedom (Live-EP zur Human Rights Now Tour)
1993 In Concert/MTV Plugged 189 4 19 15 8
2001 Live in New York City 5 12 9 10 13
2006 Hammersmith Odeon, London ′75

Sampler und Greatest-Hits-Alben

Jahr Titel Chartplatzierungen
US GB DE AT CH
1979 No Nukes (Konzertmitschnitt verschiedener Künstler)
1995 Greatest Hits 1 1 1 1 1
1998 Tracks 27 - 63 - -
1999 18 Tracks 64 23 8 3 11
2003 The Essential 14 28 - 12 35
2005 Born To Run - The 30th Anniversary Edition (Sonderausgabe von Born To Run zum 30-jährigen Jubiläum des Erscheinenens des Album 1975 mit 2 Bonus-DVDs)

Mitglieder der E-Street Band

Die E-Street Band begann im Oktober 1972, offiziell ab September 1974. Inaktiv zwischen Ende 1988 und 1999, außer einer kurzen Reunion 1995.

Aktuelle Mitglieder

 
Gerry W. Tallent (2002)
 
Roy Bittan (2002)

Ehemalige Mitglieder

Springsteen im Spiegel der Presse

Henry Edwards in der New York Times von 1975:"His melodies either second-hand or undistinguished and his performance tedious. Given such flaws there has to be another important ingredient to the success of Bruce Springsteen: namely, vigorous promotion."

Die Zeitschrift Hifi Vision zu den Alben Lucky Town und Human Touch: "Reichlich Western-Flair und Country-Seligkeit, einige packende Balladen und atmosphärische Stücke, auffällig viel einfach gestrickte Gebrauchslyrik, aber auch treffend skizzierte Bilder"

Die Zeitschrift Rolling Stone im Jahre 1982 zum Album Nebraska: "Nebraska is an acoustic triumph, a basic folk album on which Springsteen has stripped his art down to the core. It's as harrowing as Darkness on the Edge of Town, but more measured. Every small touch speaks volumes: the delicacy of the acoustic guitars, the blurred sting of the electric guitars, the spare, grim images."

Konrad Heidkamp in der Zeit zu The Rising: "Es scheint ebenso unmöglich, die Ereignisse des 11. September angemessen in Noten und Töne zu fassen, wie man sie nicht mit Worten erklären kann. Und doch liegt der Schnittpunkt von Rockmusik und Politik genau darin, die Toten Amerikas, die Opfer des Attentats zu ehren und zugleich, mit einer leisen, brüchigen Stimme, jene Melodien zu singen, in denen alle Fehler und Niederlagen der USA nachklingen."

Der Stern zum Album Devils & Dust: "Bei der Instrumentierung hat sich der "Boss" eine strikte Bescheidenheit auferlegt. "Ich wollte alles bewusst rau und unverfälscht halten. Ich denke, dass es genau das ist, was der heutigen Country-Musik häufig fehlt. Dieser gewisse Sound, der unter die Haut geht", erklärt Springsteen. Und so hat jeder Song nur das bekommen, was er unbedingt braucht. Das Grundgerüst bildet dabei stets Springsteens schlichtes und zugleich eindringliches Gitarren- und Mundharmonikaspiel."

Springsteen in Interviews

Über Rock'n'Roll und die eigene Jugend in der Zeitschrift "Creem", 1978. BS: "Rock and roll came to my house where there seemed to be no way out. It seemed like a dead-end street, nothing I liked to do, nothing I wanted to do, except roll over and go to sleep or something. And it came into my house - snuck in, ya know, and opened up a whole world of possibilities. Rock and roll. The Beatles opened doors. Ideally, if any stuff I do could ever do that for somebody, that's the best. Rock and roll motivates. It's the big, gigantic motivator, at least it was for me."

Springsteen zu den Alben Tunnel of love, Human Touch und Lucky town im Rolling Stone, 1998: "The last disc articulates a little clearer some of the things I was trying to get at when I began to write about relationships between men and women. When I began to try to figure these things out in my own life, when I began to write about them -- Tunnel of Love, Lucky Town -- there was this music, which is almost another record."

Über die Ambivalenz des Titels Born in the USA in der Zeitschrift Guitar World, Oktober 1995: "Interviewer: Many of those songs, most notably "Born in the USA" have been co-opted and misunderstood by politicians, probably because of the way you'll frame a dark song between anthemic choruses. How do you feel about that? BS: It's frustrating because if you look at it, people move to art for inspiration. But at some point, politics takes over. And I think as you get older, you battle against your own cynicism and your own despair. The pace that things change at, the way they change and the course they take gets trickier to fight against. You know, when you're writing songs, you're a storyteller, you're the myth maker and basically I think people go to art and music as a way to order their lives in a world that feels so out of order. It's a way of centering yourself and grounding yourself in a set of values, a sense of things that you can go back and touch base with."

Über die Verantwortung des Künstlers in der Gesellschaft (Rolling Stone, 2004): "Interviewer: What do you think the responsibility of the artist is in society? BS: There is a long tradition of the artist being involved in the life of the nation. For me, it goes back to Woody Guthrie, James Brown, Curtis Mayfield and Bob Dylan. These were all people who were alternative sources of information. When Dylan hit in the mid-Sixties, he brought with him as true a reading of what was going on as was out there."

Über die amerikanische Identität und Rolle in der Welt (Rolling Stone, 2004): "Interviewer: You've tried to think long and hard about what it means to be an American and about our distinctive identity and position in the world. What is that great thing about America that appeals to you that you are fighting for? BS: I felt I lived the prototypical American life - the way I grew up, the town I grew up in, my family life. Things that I cared about, things that I aspired to, they were just something that naturally came to me when I wrote. I think that this particular election is, at the core, a debate about the soul of the nation. I think we can move toward greater economic justice for all of our citizens, or we cannot. I think we can move toward a sane, responsible foreign policy, or we cannot."

Über Gewalt in der amerikanischen Gesellschaft, verarbeitet im Song Murder incorporated: "I wrote it in '82, when I wrote the 'Nebraska' stuff. The idea is that murder has been incorporated into society very systemically, a system that basically has set itself up so that violence is one of its byproducts. The whole idea of a constant class of disenfranchised people seems to [be] accepted as the price of doing business. That's what the song is about, and it is probably more relevant now than when I wrote it."

Springsteen aus Sicht von Kollegen und Prominenten

Phil Spector über die Soundqualität der Alben: "If I was with Springsteen, his records would be clearer and better and he'd sell five times as many."

Pete Townshend über Springsteen 1975: "When Bruce Springsteen sings on his new album, that's not 'fun', that's fucking triumph, man."

Stephen Stills über Springsteen's Musik: "This Bruce Springsteen stuff drives me crazy. I wouldn't want to be him for all the money in the world. He's good, but he's not that different from a lot of people out there. I think he's got development to go through. He's nowhere near as good as his hype."

Ronald Reagan 1984: "America's future rests in a thousand dreams inside your hearts. It rests in the message of hope in songs of a young man so many young Americans admire: New Jersey's own Bruce Springsteen. And helping you make those dreams come true is what this job of mine is all about."

Literatur

  • John Duffy, Bruce Springsteen - In eigenen Worten. Zitate von Bruce Springsteen (Deutsch), September 1999, ISBN 3930378272
  • Herausgeber: Dave March, Born To Run - Die Bruce Springsteen Story.(Sehr gutes deutsches Buch), 1983, ISBN 3925005005
  • Hein-Dirk Zimmermann, Human Touch - Bruce Springsteen, Star Cluster 2003, ISBN 3925005641
  • Christopher Sandford, Bruce Springsteen - Die Rockstimme Amerikas (Übersetzung aus dem amerikanischen), 1999, Hannibal Verlag, ISBN 3-85445-171-7
  • Peter Basham, Bruce Springsteen - The Pocket Essential Bruce Springsteen (Alle Songs und Infos auf 160 Seiten), 2005, ISBN 1903047978.
  • Gary Graff, The Ties That Bind - Bruce Springsteen A to E to Z (Bruce Springsteen Enzyklopädie die im Juni 2005 auch in Deutschland erscheint.), Visible Ink Press 2005, ISBN 1578591570
  • Hank Bordowitz, The Bruce Springsteen Scrapbook. (Das Buch beschreibt Bruce Springsteens Karriere bis zur "Rising Tour". Mit vielen Fotos und Interviews), Citadel 2004, ISBN 0806525533.
  • Dave Marsh, Bruce Springsteen - Two Hearts. (700 Seiten starkes sehr gutes Werk), Rouledge 2003, ISBN 041596928x
  • Frank Stefanko, Days of Hope and Dreams: An Intimate Portrait of Bruce Springsteen. (Mit Vorwort von Springsteen und vielen Bildern), Billboard Books 2003, ISBN 082308387x.
  • Bryan K. Garman, Race of Singers: Whitman's Working-Class Hero from Guthrie to Springsteen (Cultural Studies of the United States), University of North Carolina Press, September 2000, ISBN 0807825581
  • Eric Alterman, It Ain't No Sin To Be Glad You're Alive : The Promise of Bruce Springsteen, Back Bay Books 2001, ISBN 0316039179
  • Fred Goodman, The Mansion on the Hill : Dylan, Young, Geffen, Springsteen, and the Head-on Collision of Rock and Commerce, Vintage Books USA 1998, ISBN 0679743774
  • Jim Cullen, Born in the U.S.A.: Bruce Springsteen and the American Tradition, Wesleyan University Press 2005, ISBN 0819567612

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