Öffentliche Reformverwaltung
Begriff
Der New Public Management (NPM) bezeichnet eine Richtung innerhalb der Verwaltungsreform und Staatsmodernisierung, die auf der Übernahme privatwirtschaftlicher Managementtechniken beruht. Die Eckpunkte des New Public Management variieren je nach Land und/oder Autor. In Europa fand vor allem in Großbritannien eine besonders radikale Variante Anwendung ("Thatcherism"). NPM ist weitgehend eine Reaktion auf die "Finanzierungskrise des verwalteten Wohlfahrtsstaates" (Klaus König) und entstammt den 1980er Jahren mit ihrer Dominanz wirtschaftsliberaler Regierungen, insbesondere der Politik Margaret Thatchers und Ronald Reagans, kam aber erst in den 1990er Jahren zu voller Blüte. Viele Reformansätze wurden auch von (sozial)demokratischen Nachfolgeregierungen (Tony Blair, Bill Clinton) in wesentlichen Punkten weitergeführt.
Theoretisch-konzeptioneller Hintergrund
New Public Management suggeriert, ein kohärenter und konsistenter Ansatz zu sein. Aufgrund der willkürlichen Zusammenstellung der einzelnen Bestandteile wie auch der unterschiedlichen theoretischen Strömungen, aus denen das New Public Management entstanden ist, kann ein universaler, genuiner Kern nicht bestimmt werden. Wesentliche theoretisch-konzeptionelle Grundströmungen im NPM sind Public Choice-Ansätze, die im Wesentlichen mehr Wahlrechte für Bürger und insbesondere Kunden der öffentlichen Verwaltung einfordern, und verschiedene Theorien und Ansätze mittlerer Reichweite wie etwa der Transaktionskostenansatz, Principal-Agent-Ansätze (die im wesentlichen die Trennung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer in der öffentlichen Produktion einfordern), aber auch verschiedene Qualitätsansätze in national sehr unterschiedlicher Gewichtung. Daneben darf nicht übersehen werden, dass einige Staaten auch Qualität eng in Zusammenhang mit Nutzerdemokratie stellen, also die Mitbestimmung und Koproduktion der Empfänger von öffentlichen Leistungen an der Leistungsproduktion selbst.
Inhalte
Ziel ist eine effizientere Verwaltung durch Einführung betriebswirtschaftlicher Effizienzkriterien. Gekennzeichnet ist das NPM durch Schlagworte wie Projektmanagement, flache Hierarchien, Kundenorientierung, Zielvereinbarungen, Umbau des Beamtenstatus, Entpolitisierung der Verwaltung und durch englische Ausdrücke wie schlankes Management (lean management), Total Quality Management, Benchmarking und Contracting-Out.
Die Modernisierung des öffentlichen Sektors auf kommunaler Ebene orientiert sich im internationalen Vergleich an dem aus dem angelsächsischen Bereich stammenden praxeologischen Ansatz des New Public Management (NPM), welcher national und in einigen Staaten auch lokal auf der Grundlage unterschiedlicher Aufgabenprofile, Ressourcenbasen und kommunaler Selbstverwaltung überformt wurde. Kernelemente des NPM sind
- Neudefinition der Rolle und Funktionen durch stärkere Marktorientierung;
- Verselbständigung von Verwaltungseinheiten ("enabling authority", "agencyfication")
- Reorganisation der Betriebsorganisation;
- Modernisierung des Rechnungswesens und Einführung von Controllingkonzepten zur Ergebnissteuerung;
- stärkere Kundenorientierung;
- stärkere Leistungsorientierung in der Personalpolitik.
Nationale Strategien des NPM
Neuseeland
Kernpunkte der zentralstaatlichen Modernisierung der Labour-Regierung ("Rogernomics") waren
- Reform des Budgetierungsverfahren;
- Einführung nicht-kameralistischer Haushaltsbewirtschaftungssysteme;
- Stabilisierung der Rollentrennung zwischen Politik und Verwaltung und zwischen "bestellenden" und "ausführenden" Verwaltungseinheiten;
- grundlegende Reform des öffentlichen Dienstrechtes und schließlich
- Auslagerung kommerzieller Aktivitäten der Zentralregierung in öffentliche Betriebe, z.T. auch vollständige materielle Privatisierung der öffentlichen Betriebe unter dem Verbot der Wettbewerbsverzerrung.
Ursache der Staatsmodernisierung war der Beitritt Großbritanniens zur damaligen EG. Dadurch verlor Neuseeland seinen wichtigsten Absatzmarkt. Die Exporte waren wenig international wettbewerbsfähig und die Wirtschaftspolitik konzentrierte sich einseitig auf Großbritannien. Die Potenziale des australasiatischen Marktes wurden nicht genutzt. Durch den Verlust der Absatzmärkte verlor die Währung an Wert, die Staatsverschuldung stieg an und auch die Handelsbilanz belastete die Wirtschaft Neuseelands.
Großbritannien
Die ökonomische Situation in Großbritannien war Anfang der 80er Jahre durch eine seit längerem andauernde negative Wirtschaftsentwicklung, hohe Arbeitslosigkeit und durch - im europäischen Vergleich - überdurchschnittlich hohe Ausgaben charakterisiert. Seit Beginn der konservativen Regierungsära 1979 war die Modernisierung des öffentlichen Sektors ein zentrales Politikziel. Vorrangig galt es, die Ausgaben im öffentlichen Bereich deutlich zu senken. Seit 1981 ging der Trend hin zu einem immer kleiner werdenden Anteil der Staatsausgaben am Bruttoinlandsprodukt, welcher sich nach 1986 besonders deutlich zeigte. Dies ist auch darauf zurückzuführen, daß die britische Zentralregierung seit 1979/80 die Ausgaben der Kommunen stark restringierte, sowie deren Einnahmen begrenzte. Margaret Thatchers Ziel war es, die öffentlichen Ausgaben zu reduzieren, in dem der öffentliche Sektor an sich reduzierte wurde (Privatisierung der seit 1945 verstaatlichten Schlüsselindustrien wie Schiffbau, Bergbau und andere), Reduzierung des Einflusses der Gewerkschaften und Kostenbegrenzung auf subnationaler Ebene. Die Ziele waren ähnlich wie in Neuseeland, allerdings war der Reformprozess top-down orientiert, wurde mit hohen politischen Kosten gegen großen Widerstand durchgedrückt, und führte letztlich auch zum Sturz von Margaret Thatcher.
Kritik
Dominant ist die Kritik, NPM sei "staatsfeindlich", fordere den "Rückbau des Staates", begünstige einseitig private Erstellung und Erfüllung von Aufgaben ("Privatisierung") und zerstöre die Grundlagen der partizipativen Demokratie. Von der - besonders aus dem akademischen Bereich kommenden - Kritik wird dem NPM vorgeworfen, von einer zu großen Ähnlichkeit von Staat und privatem Sektor auszugehen, obwohl den Staat sein Gewaltmonopol kennzeichnet und sich staatliches Handeln am Gemeinwohl zu orientieren hat; die Geschäftswelt kennzeichnet demgegenüber ein Streben nach Gewinnmaximierung. Das ist in allen Ländern so, die dem - naturgemäß generalisierenden - label des NPM gefolgt sind.
Rezeption von NPM in Deutschland: Das Neue Steuerungsmodell
Die Perzeption der internationalen Ansätze zur Modernisierung des Staates auf kommunaler Ebene ist in Deutschland selektiv ausgerichtet. Das deutsche Neue Steuerungsmodell in seiner Originalfassung von 1993 weist einige wesentliche Unterschiede zu anderen nationalen Modernisierungsprogrammen auf: Auffallend ist, dass vor allem Strukturelemente Eingang in das deutsche Neue Steuerungsmodell gefunden haben, während Prozesselemente unterbelichtet blieben – ebenso fehlen Anknüpfungspunkte für frühere Veränderungen aus einzelnen Politikfeldern – ganz im Unterschied zu den Entwicklungen beispielsweise in Schweden, Dänemark oder Finnland. Gleichwohl lassen sich Ähnlichkeiten zwischen dem Neuen Steuerungsmodell und New Public Management feststellen; diese beschränken sich aber auf die enumerative Zusammenstellung der unterschiedlichen und teilweise konkurrierenden, gar widersprüchlichen Elemente. Ein Vergleich nationaler Modernisierungsansätze unter Berücksichtigung der institutionellen Rahmenbedingungen und Ausgangspunkten der Verwaltungsmodernisierung legt wesentliche Unterschiede offen.
Mit dem Neuen Steuerungsmodell wurde konzeptionell ein Schritt in Richtung eines Wandels der öffentlichen Verwaltung hin zum Dienstleistungsunternehmen gemacht. Die bürokratischen Strukturmuster der Kommunalverwaltung, die strenge Arbeitsteilung und Hierarchisierung – "Atomisierung" – führten abgeblich zu einem System der organisierten Unverantwortlichkeit, welche seit den frühen 90er Jahren zunehmend als Kernproblem öffentlicher Verwaltung angesehen wurde. Die Grundideen des Neuen Steuerungsmodells stellen einen Bruch gegenüber früheren Empfehlungen und Berichten der KGSt dar, obgleich schon seit den späten 70er Jahren und vor allem in den 80er Jahren in einzelnen Politikfeldern sich interessante Innovationen entwickelten, die nur noch begrenzt passfähig zu den tradierten Verwaltungsstrukturen und -prozessen auf kommunaler Ebene waren. Insbesondere in den „neuen“ gestaltenden Handlungsfeldern der Städte und Gemeinden wie Stadtsanierung und -erneuerung, der Kinder- und Jugendhilfe, der kommunalen Beschäftigungsförderung, aber auch im klassischen, rechtsorientierten Baurecht wurden Formen der Partizipation und Mitbestimmung eingeführt. Diese Innovationen waren jedoch auf ihr Politikfeld begrenzt und haben nur begrenzte Wirkung auf die Gesamtkonzeption der öffentlichen Verwaltung gehabt. Sie sind auch nicht in das Neue Steuerungsmodell eingeflossen.
Das deutsche Neue Steuerungsmodell orientierte sich sehr stark an den Verwaltungsstrukturen und Elementen der niederländischen Stadt Tilburg. Der KGSt-Bericht zu Tilburg ist bislang die einzige Fallstudie, die die KGSt veröffentlicht hat. In diesem Bericht lassen sich die Grundstrukturen und –elemente des zwei Jahre später erschienenen Berichts zum Neuen Steuerungsmodell bereits deutlich erkennen. Durch den Bericht ist das so genannte "Tilburger Modell" deutschlandweit bekannt geworden. Dass Tilburg Vorbild für das deutsche Neue Steuerungsmodell wurde, war eher Zufall und weniger das Ergebnis einer systematischen Suche nach brauchbaren Lösungen für die deutsche Kommunalverwaltung. Die Grundzüge des Neuen Steuerungsmodells basieren also auf eine für die damalige Zeit "innovative" Organisationsstruktur einer niederländischen Stadt, wobei in dem Bericht der KGSt – und auch den nachfolgenden, ergänzenden und erweiternden Folgeberichten – unverkennbar der Schwerpunkt auf die eingeführten Instrumente gelegt wurde. Die internationale Diskussion, gemeinhin unter dem Begriff „New Public Management“ zusammengefasst, erreichte Deutschland somit nur mittelbar.
Ergebnisse
Mit dem Neuen Steuerungsmodell wurde konzeptionell ein Schritt in Richtung eines Wandels der öffentlichen Verwaltung hin zum Dienstleistungsunternehmen gemacht. Die bürokratischen Strukturmuster der Kommunalverwaltung, die rigide Arbeitsteilung und Hierarchisierung – „Atomisierung“ – führten zu einem System der organisierten Unverantwortlichkeit, welche seit den frühen 90er Jahren von innen heraus zunehmend als Kernproblem öffentlicher Verwaltung angesehen wurde. Die Grundideen des Neuen Steuerungsmodells stellen einen Bruch gegenüber früheren Empfehlungen und Berichten der KGSt dar, obgleich schon seit den späten 70er Jahren und vor allem in den 80er Jahren in einzelnen Politikfeldern sich interessante Innovationen entwickelten, die nur noch begrenzt passfähig zu den tradierten Verwaltungsstrukturen und -prozessen auf kommunaler Ebene waren. Insbesondere in den „neuen“ gestaltenden Handlungsfeldern der Städte und Gemeinden wie Stadtsanierung und -erneuerung, der Kinder- und Jugendhilfe, der kommunalen Beschäftigungsförderung, aber auch im klassischen, rechtsorientierten Baurecht wurden Formen der Partizipation und Mitbestimmung eingeführt. Diese Innovationen waren jedoch auf ihr Politikfeld begrenzt und haben nur begrenzte Wirkung auf die Gesamtkonzeption der öffentlichen Verwaltung gehabt. Sie sind auch nicht in das Neue Steuerungsmodell eingeflossen. Das deutsche Neue Steuerungsmodell orientierte sich sehr stark an den Verwaltungsstrukturen und Elementen der niederländischen Stadt Tilburg. Der KGSt-Bericht zu Tilburg ist bislang die einzige Fallstudie, die die KGSt veröffentlicht hat. In diesem Bericht lassen sich die Grundstrukturen und –elemente des zwei Jahre später erschienenen Berichts zum Neuen Steuerungsmodell bereits deutlich erkennen. Durch den Bericht ist das so genannte „Tilburger Modell“ deutschlandweit bekannt geworden. Dass Tilburg Vorbild für das deutsche Neue Steuerungsmodell wurde, war eher Zufall und weniger das Ergebnis einer systematischen Suche nach brauchbaren Lösungen für die deutsche Kommunalverwaltung. Die Grundzüge des Neuen Steuerungsmodells basieren also auf eine für die damalige Zeit innovative Organisationsstruktur einer niederländischen Stadt, wobei in dem Bericht der KGSt – und auch den nachfolgenden, ergänzenden und erweiternden Folgeberichten – unverkennbar der Schwerpunkt auf die eingeführten Instrumente gelegt wurde. Die internationale Diskussion, gemeinhin unter dem Begriff „New Public Management“ zusammengefasst, erreichte Deutschland somit nur mittelbar.
Ergebnisse
Zu Anfang des 21. Jahrhunderts ist die Problematik des NPM allgemein deutlich geworden, wohingegen es in der Praxis, etwa in Deutschland auf der Ebene der (insbesondere kommunalen) Verwaltungsreform und international durch das Konzept der Good Governance, immer noch deutliche Wirkung zeigt. Heute ist die Frage der Verwaltungswissenschaft, welche Erkenntnisse moderner Managementtheorien für Verwaltungsreformen unter welchen Umständen sinnvoll übernommen werden können. Als empirisches und auch normatives Folge-Paradigma von Verwaltungsorganisation zeichnet sich der "Neo-Weberianische Staat" (Neo-Weberian State; Pollitt/Bouckaert) ab.
Grundlegende Literatur
- Budäus, Dietrich: Public Management. Konzepte und Verfahren zur Modernisierung öffentlicher Verwaltungen (Modernisierung des öffentlichen Sektors, Bd. 2), Berlin 1994
- Kickert, Walter J.M., Hg.: Public Management and Administrative Reform in Western Europe. Cheltenham – Northampton, MA 1997. (Darin bes. Kickert, "Public Management in the United States and Europe": 15-38; König, "Entrepreneurial Management or Executive Administration: The Perspective of Classical Public Administration": 213-232; Wright, "The Paradoxes of Administrative Reform": 7-13.)
- Pollitt, Christopher und Geert Bouckaert. Public Management Reform. A Comparative Analysis. Oxford 2000.
- Schedler, Kuno und Proeller, Isabelle: "New Public Management". Haupt, Bern 2003.
Weiterführende Literatur
- Edeling, Th. u.a. (Hg.): Öffentliches und privates Management. Fundamentally alike in All Unimportant Respects?, Opladen 1998
- Evans, Peter und James E. Rauch (1999). "Bureaucracy and Growth: A Cross-National Analysis of the Effectiveness of 'Weberian' State Structures on Economic Growth." American Sociological Review 64 (1999): 748-765.
- Grüning, G.: Grundlagen des New-public-Management, Münster 2000
- Haque, M. Shamsul: "The Diminishing Publicness of Public Service under the Current Mode of Governance.". Public Administration Review 61.1 (2001): 65-82.
- König, K.: Zur Kritik eines neuen öffentlichen Managements, Speyer 1997
- König, K. mit Beck, J.: Modernisierung von Staat und Verwaltung. Zum Neuen Öffentlichen Management, Baden-Baden 1996
- Manning, Nick: "The New Public Management & Its Legacy." "Administrative & Civil Service Reform"
- Mintzberg, Henry: "Managing Government – Governing Management." Harvard Business Review May-June 1996: 75-83.
- Naschold, Frieder; Maria Oppen und Alexander Wegener (Hrsg.): Innovative Kommunen, Stuttgart 1998
- Naschold, Frieder; Maria Oppen und Alexander Wegener: Kommunale Spitzeninnovationen, Berlin 1998
- Pelizzari, A.: Die Ökonomisierung des Politischen: new public management und der neoliberale Angriff auf die öffentlichen Dienste, Konstanz 2001
- Thom, Norbert / Ritz, Adrian: (Public Management. Innovative Konzepte zur Führung im öffentlichen Sektor), 2. Auflage, Wiesbaden 2004.
Weblinks
- kommunaler-wettbewerb.de - Grundinformationen und Länderstudien zu New Public Management
- public-management.net
- www.public-sector-management.de - Informationsportal rund um die Modernisierung des öffentlichen Sektors (Verwaltungsmodernisierung, Verwaltungsreform, New Public Management)
- kommunaler-wettbewerb.de - Informationsportal rund um die Themen Wettbewerb im öffentlichen Sektor, PPP, Kontraktmanagement