Tannhäuser (Dichter)

deutscher Minnesänger und Spruchdichter
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Tannhäuser, mittelhochdeutsch Tanhûser († nach 1265), war ein deutscher Minnesänger und Spruchdichter. Seine Lebensdaten sind unbekannt; historisch datierbare Hinweise in seiner Lyrik weisen auf die Jahre zwischen 1245 und 1265.

Der Tannhäuser (Codex Manesse, um 1300)

Leben

Über seine Biographie ist wenig bekannt. Es gibt einen historischen Burgsitz bei Neumarkt/Oberpfalz, eine Verbindung kann jedoch nicht bewiesen werden. Zu vermuten ist, das entweder Dominus Siboto Tanhuser, welcher in Nürnberg zu dieser Zeit als "Bruder" des Deutschordens seines großen Ansehens wegen in einer Urkunde von 1259 bezeugt ist, der bis heute bekannte Minnesänger war, oder sein Bruder Dominus Lupoldus Tanhuser. Da man seinen Vornamen nicht kennt, ist dies nicht zu beweisen jedoch zu vermuten. Die Brüder waren Vorfahren des bis in die heutige Zeit im Ries bei Ellwangen ansässigen alten Adelsgeschlechts der Freiherren von und zu Thannhausen. In der manessischen Liederhandschrift ist der "Tannhäuser" abgebildet als Ordensritter mit dem Ordenskreuz auf dem Mantel, sein Wappen zeigt ein von schwarz und gold geteiltes Schild, die Helmzier aber dagegen zwei Adlersflügel, "zum Ernst gestellt". Hierin wäre in der Helmzier eine Übereinstimmung zu finden mit dem Wappen der Thannhäuser im Ries, bei Ellwangen. Da der Dichter häufig im Gefolge der Staufer angetroffen wurde, hatte er vielleicht Lehen des Kaisers. Die beiden Orte Tannhausen bei Ellwangen und Gunzenhausen liegen nicht allzuweit entfernt von einander, etwa 50 km. In dieser Zeit treffen wir jedoch als Reichsbeamte in Weißenburg in Bayern verschiedene Tannhäuser; so im Jahre 1331 und 1319, in Pappenheimer Urkunden bezeugt "der erbar Sigfrid Minner der Thannhäuser" und 1317 wiederum, und schon im Jahre 1254 wird von dem Sifrido der Thannhäuser dicto Minner, Ministro (Reichsvogt) in Wizenburg ein Rechtshandel ausgetragen. Zur gleichen Zeit saß auch in Nördlingen ein Fridericus de Tanhusen als Reichsvogt um 1233-37 und noch im Jahre 1310 ein Otto de Tanhusen ebenfalls Reichsvogt in Nördlingen, bis 1348. Sollte dies nur ein Zufall sein, dass diese Tannhäuser den Beinamen die "Minner" führten und in beiden Orten kaiserliche Beamte waren?

Tannhäuser war ein fahrender Berufsdichter. Eine Zeit lang wirkte er am Hof Herzog Friedrichs II. (der Streitbare) von Österreich (Leich I). Die Große Heidelberger Liederhandschrift (Codex Manesse) bildet ihn in Deutschordenstracht s.o. ab. Eine Teilnahme am Fünften Kreuzzug ist möglich.

Wirken

Seine Minnelieder parodieren meist das traditionelle Genre. Überliefert sind von ihm auch Sangsprüche und sechs Tanz-Leichs. Tannhäusers sogenanntes Bußlied nimmt eine Sonderstellung gegenüber der erotischen Thematik des restlichen, im Codex Manesse gesammelten Œuvres ein. Es ist nur in der Jenaer Liederhandschrift (mit Melodie) überliefert.

Die Tannhäuser-Sage

Das ernste Bußlied mit der Hinwendung zu geistlichen Werten (Kreuzzug) ist vielleicht Ausgangspunkt für die Tannhäuser-Sage (Aufenthalt im Venusberg, Bußfahrt nach Rom) geworden, für die erste Zeugnisse seit etwa 1430 vorliegen. In den Tannhäuser-Balladen seit 1450 bildete sich parallel zu anderen Dichtersagen (Bremberger-, Möringer-Ballade) diese Legende literarisch aus. Sie erzählt von dem Ritter Tannhäuser, der sich vom Venusberg zum Papst nach Rom begibt, um dort für sein sündiges Treiben mit Frau Venus Vergebung zu erhalten. Dieser weist ihn jedoch ab: Ebensowenig wie der Stab in seiner, des Papstes Hand zu grünen beginne, so wenig könne Tannhäuser auf Gottes Gnade hoffen. Der Ritter kehrt in den Venusberg zurück; die Boten des Papstes, dessen Stab zu grünen begonnen hatte, erreichen ihn nicht mehr. 1515 in Nürnberg erstmals gedruckt, entfaltete die Ballade große Wirkung; die Dichter der Romantik erzählen die Legende in vielen Fassungen neu (Ludwig Tieck 1799; Heinrich Heine 1837). Der Mythos um sein Leben lieferte schließlich Richard Wagner den Grundstoff für seine romantische Oper Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg (Uraufführung 1845).

Literatur

Textausgaben

  • Helmut Lomnitzer und Ulrich Müller (Hrsg.): Tannhäuser: die lyrischen Gedichte der Handschriften C und J; Abbildungen und Materialien zur gesamten Überlieferung der Texte und ihrer Wirkungsgeschichte und zu den Melodien. Göppingen 1973 (= Litterae; Band 13), ISBN 3-87452-111-7
  • Johannes Siebert: Der Dichter Tannhäuser: Leben, Gedichte, Sage. Halle/Saale 1934
  • John Wesley Thomas: Tannhäuser, poet and legend: with texts and translations of his works. Chapel Hill 1974 (= University of North Carolina studies in the Germanic languages and literatures; Band 77), ISBN 0-8078-8077-9

Sekundärliteratur

  • Dietz-Ruediger Moser: Die Tannhäuser-Legende. Eine Studie über Intentionalität und Rezeption katechetischer Volkserzählungen zum Buß-Sakrament. Berlin 1977 (= Fabula: Supplement-Serie, Reihe B. Untersuchungen; 4), ISBN 3-11-005957-6
  • Burghart Wachinger: Tannhäuser. In: Verfasserlexikon, Band 9, 2. Auflage Berlin [u.a.] 1995, Spalte 600-610
  • Burghart Wachinger: Von Tannhäuser zur Tannhäuser-Ballade. In: Zeitschrift für deutsches Altertum. 125 (1996), Seite 125-141

Werke