Orisha (Orisa; portugiesisch orixá; spanisch oricha; Yoruba: òrìsà) ist ein Geistwesen/Gott in der religiösen Tradition der Yoruba und den daraus abgeleiteten Religionen wie der kubanischen Santería und des brasilianischen Candomblé.
Seit 2005 ist der Hain der Orisha Osun bei der Stadt Oshogbo in Nigeria ein UNESCO-Welterbe [1] und das Ifá-Orakel des Orisha Òrúnmìlà ein UNESCO Meisterwerk der Menschheit [2].
Glauben und Rituale
Olódùmarè (Odumare; Olórun; Olófi) ist der Schöpfer der Orishas und der universellen Lebensenergie Aché (Aşe; Ashé) beziehungsweise diese sind seine Emanation. Er ist zusammen mit den Orishas und den Ahnen (égún) im Himmel ( òrun; „Götterwelt“). Aber er ist weit entfernt von den Problemen des Alltags auf der irdischen Welt (ayé, aiyé; „Diesseits“). Deshalb suchen die Gläubigen Orientierung und Hilfe bei den Orishas und den Ahnen.
Im Orí (wörtlich Kopf) ist die Bestimmung (àyànmó) verankert, die ein Mensch bei seiner Geburt mitbringt und die eine „teilweise“ Reinkarnation seiner Ahnen ist. Der Gläubige versucht über Orakelsysteme von den Orishas mehr über seine Vorherbestimmung zu erfahren. Das Ifá-Orakel, bei dem mit Òrúnmìlà, dem Orisha der Weisheit kommuniziert wird, darf nur von Babalawos (Ifá-Hohepriester) ausgeführt werden (dafa).
Die Lebensenergie Aché ist nicht nur in Lebewesen und Gegenständen, sondern auch in immateriellen Geistwesen (Orishas, Ahnen, Geister) und Artefakten (Gebet, Lied, Geste,...). Sie ist dissipativ und muß deshalb vom Gläubigen aufgeladen werden durch einen „guten Charakter“ (ìwa pèlé, Iwa-Pele, „Theologische Ethik“) und religiöse Aktivitäten:
- beten (adura),
- opfern (ebo, ebbo) und
- das Ifá-Orakel befragen lassen (dafa).
Wichtig ist dabei die Besessenheit des Gläubigen, die durch Musik (Batá-Trommel, antiphonaler Gesang) und Trancetanz stimuliert wird.
Allgemeine Merkmale
Bei den Yorubas gibt es Hunderte von Orishas. Beim Sklaventransport nach Amerika verschwanden regionale und für das Leben in der Diaspora wirkungslose Orishas. In der kubanischen Santeria werden nur noch ein paar Dutzend verehrt.
Die wichtigsten Orishas
Yemayá
Yemayá (Yemoja) ist die Orisha des Meeres und der Mutterschaft und Mutter der gesamten Menschheit. Die wörtliche Übersetzung ihres Namens ist "Mutter der Fische". Sie ist die Schutzpatronin der Seefahrer.
Yemayá gilt als eine der wichtigsten Orichas in Kuba.
In Afrika ist Yemoja eine Flußgöttin: Ihr gehört der Fluß Ogun.
Ihre Farbe ist Blau, versetzt mit Weiß, sinnbildlich für die Schaumkronen auf dem Wasser. Ihre Zahl ist die 7.
Sie wird mit der Virgen de Regla, der Patronin der Seeleute, synkretisiert.
Changó
Changó (Shangó, Sàngó) war historisch im Königreich Oyo der vierte König (aláfin) und Heerführer und Enkel des ersten aláfin Odùduwà.
Er ist ein deifizierter Ahne und wegen seiner legendären Macht über Elektrizität und Feuer ein Kulturheros.
Er ist der Orisha des Feuers und der Leidenschaft, des Gewitters, der Musik und der Trommeln. Er ist der Macho und der Casanova unter den Orishas.
Bei den Yoruba hat er drei Frauen: Obbá, Oshún und Oyá. In der Santería ist er mit Oyá verheiratet, die beiden anderen orishas sind hier seine Konkubinen. Sein Erzfeind ist Ogún.
Seine Farben sind Rot und Weiß. Seine Zahlen sind die 6 und die 12.
Oyá
Oyá (Yansa) ist die Orisha der Winde (afenfe), Stürme und des Flußes Niger. Als die Frau Changós besitzt sie beinahe ebenso große Kräfte. Sie wacht am Tore des Friedhofs, den sie von Yemayá übernahm sowie auf Märkten.
Ihre Farbe ist Weinrot. Ihre Zahl ist die 9
Sie wird mit der Virgen de La Candelaria oder Theresa von Ávila synkretisiert.
Obba
Obba ist die Orisha des Seehandels. In Afrika ist sie die Göttin des Flusses Oba. Sie war die erste Ehefrau von Changó. Sie wurde von ihm verstoßen, nachdem sie versucht hatte, seine ihr gegenüber schon etwas abgekühlte Leidenschaft aufzufrischen, indem sie sich ein Ohr abschnitt und dieses in sein Lieblingsgericht mischte.
Ihre Farben sind Gelb-Rosa, ihre Zahl die 9 (gemeinsam mit Oyá und Aggayú).
WebLinks
- Dr. Hans Gerald Hödl Vorlesung 2003:Einführung in die Religion der Yorùbá (PDF, 1,9 MB)
- Thomas Altmann Artikel 2004: Yoruba-Religion (Lukumí) und viele Weblinks
- Kerstin Volkenandt: Kapitel 6.1 des Essays: Olodumare und die orishas
Fußnoten
- ↑ UNESCO-Welterbe: Hain der Osun (in engl.)
- ↑ UNESCO Meisterwerk der Menschheit: Ifá-Divination (in engl.)