Christenverfolgung

Unterdrückung oder Bedrohung von Christen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit
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Unter Christenverfolgung versteht man klassischerweise die Unterdrückung der Christen im römischen Imperium bis zum Mailänder Toleranzedikt.

Heute benutzen einige religiöse Organisationen diesen Begriff in generalisierter Weise, um jede Form der Unterdrückung von Christen, sei es durch andere Religionen, sei es durch antiklerikale Staaten zu kritisieren.

Diese historisch verallgemeinernde Verwendung des Schlagworts "Christenverfolgung" wird jedoch nicht selten mit dem Argument zurückgewiesen, dass sie eine sprachliche Analogie zum Begriff Judenverfolgung herstelle und Christen in unangemessener Weise zu permanenten Opfer der Geschichte stilisiere.

Allgemeines

Bei Christenverfolgungen unterscheidet die Kirchengeschichte

Von Christenverfolgungen, die um des Glaubens willen erfolgen, sind Verfolgungs- und Strafmaßnahmen gegen Christen z. B. aus wirtschaftlichen oder ethnischen Gründen zu unterscheiden. Diese Unterscheidung ist im konkreten Fall freilich schwierig, zumal solche Maßnahmen oft als Vorwand benutzt wurden und werden.

Von Christenverfolgung werden Glaubenskriege unterschieden.

Christenverfolgungen gab es im römischen Reich bis zum Toleranzedikt von Mailand 313, gelegentlich auch unter dem Islam und im fernen Osten.

Heute gibt es Christenverfolgungen in China, in Indien, in einigen islamischen Ländern wie Saudiarabien oder Pakistan und in einigen islamischen Regionen von multireligiösen Ländern wie Nigeria oder Indonesien, wo in den Auseinandersetzungen Andersgläubige Christen verfolgen.

Bei allen diesen Verfolgungen können neben religiösen auch wirtschaftliche, ethnische, nationalistische, rassistische oder politische Motive beteiligt sein. Verfolgungen, die neben Christen auch andere Minderheiten betreffen, sind ebenfalls differenziert zu betrachten. In diesem Falle geschieht die Verfolgung der Christen nicht aufgrund des Christ-Seins, sondern aufgrund des Anders-Seins.

Historische Christenverfolgungen

In neutestamentlicher Zeit

Die Anhänger von Jesus von Nazareth wurden in Judäa zu neutestamentlicher Zeit vom jüdischen Hohen Rat, den Pharisäern und den Sadduzäern wegen Gotteslästerung verfolgt. Der erste Christ, der wegen seines (Irr-)Glaubens den Tod findet, ist der Diakon Stephanus, der in Jerusalem gesteinigt wird (Apg. 7,56-60).

Paulus von Tarsus berichtet selbst, wie er die Christen nach dem Tod von Stephanus verfolgte, um sie ins Gefängnis zu werfen. (1. Kor. 15,9 vgl. Apg. 8,3).

Der Apostel Jakobus der Ältere wird um 44 von Herodes Agrippa I. enthauptet (Apg. 12,2).

Flavius Josephus und Eusebius von Caesarea berichten, dass Jakobus der Gerechte, der Bruder von Jesus, im Jahr 62 in Jerusalem vom Hohenpriester getötet wurde.

Im Römischen Reich

Entgegen mancher Annahmen wurden Christen im römischen Reich nicht ständig und überall wegen ihres Glaubens verfolgt. Vor dem Toleranzedikt von Mailand 313 gab es nirgends im römischen Reich für Christen eine Rechtssicherheit oder Sicherheit vor Verfolgung.

Das Weigerung der Christen, am Kaiserkult und den heidnischen Opfern teilzunehmen, wurde von der allgemeinen Bevölkerung und vom Römischen Staat als bedrohlich empfunden. Oberflächlich hatten die Kulte den Zweck, die Götter zu besänftigen. Wer sich ihnen verweigerte, konnte daher als Gefahr für das allgemeine Wohl gelten. Schwerer wog allerdings der Einheit stiftende Effekt des Kaiserkultes. Dieser war die reichsumspannde Klammer, unter der jeder persönliche Glaube geduldet und vereint wurde. Die Weigerung der Christen bedrohte also direkt die Pax Romana. Die durch Konstantin herbeigeführte Wende in der Politik gegenüber den Christen zielte dann auch auf die Installation eines neuen reichseinenden Kultes ab - der christlichen Reichskirche.

Tertullian schreibt 196: "Den Christen wird die Schuld gegeben für jede öffentliche Katastrophe und jegliches Unglück, das die Menschen befällt. Wenn der Tiber Hochwasser hat, wenn der Nil nicht genügend Wasser führt, wenn es Erdbeben oder Hungersnot oder Seuchen gibt, sofort erschallt der Ruf "Die Christen vor die Löwen"". Auch zur Zeit von Decius wurden den Christen die Schuld gegeben für Naturkatastrophen und die Invasion der Goten.

Die rechtliche Grundlage dieser Christenverfolgungen ist bis heute nicht vollständig geklärt, in den meisten Fällen dürfte die Grundlage kein kaiserliches Edikt, sondern die Polizeivollmacht der Provinzstatthalter gewesen sein. In manchen Fällen ging auch die Bevölkerung direkt gegen die Christen vor, ohne auf behördliche Genehmigung zu warten. Daneben gab es Kriminalprozesse wegen fiktiver Anschuldigungen wie Ritualmord (Abendmahl) oder Inzest. Gegen solche Anklagen wehren sich Apologeten wie Justin der Märtyrer oder Tertullian.

Bekannt ist ein Schreiben von Trajan um 115 an den bithynischen Statthalter Plinius, das die Verfahren gegen die Christen so regelt: die Christen sollten nicht gezielt ausfindig gemacht werden, anonyme Anzeigen seien nicht zu berücksichtigen, jeder Christ, der das Opfer für den Kaiserkult verweigere, solle aber wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt hingerichtet werden. Nur der Vollzug des Opfers garantierte Straffreiheit. Nach dieser Regelung wurde für die nächsten hundert Jahre vorgegangen. Damit bestand für alle Christen eine permanente Rechtsunsicherheit, da jeder Nachbar sie verklagen konnte.

Die Christenverfolgung unter Nero war keine prinzipielle Verfolgung der Christen aus religiösen Gründen: Nero suchte den Verdacht der Brandstiftung von sich auf die unbeliebte religiöse Minderheit zu lenken, was zu einer Art Kriminalverfolgung führte, die in einem Blutbad endete: Christen wurden gekreuzigt, in Säcke eingenäht und Hunden vorgeworfen oder als lebende Fackeln verbrannt. Die Apostel Petrus und Paulus wurden gemäß verschiedenen Kirchenvätern in Rom im Rahmen dieser Verfolgung hingerichtet, Paulus, als römischer Bürger, durch das Schwert, Petrus als Nichtbürger durch Kreuzigung.

Ab dem Ende des ersten Jahrhunderts gab es unter praktisch allen Kaisern von Domitian (81-96) bis Aurelius Commodus (180-192) territorial begrenzte Verfolgungen, die je nach Prokurator mehr oder weniger blutig waren. Eusebius von Caesarea zitiert in seiner Kirchengeschichte (V,1) einen Bericht der Gemeinde in Lugdunum (englisch) Lyon in Gallien aus dem Jahr 177.

 
Hinrichtung durch Tierhatz

Meistens wurden die Christen verbrannt (Das Martyrium von Polykarp von Smyrna, der älteste Märtyrerbericht aus der Mitte des 2. Jahrhunderts), römische Bürger wurden enthauptet, in einigen Fällen gekreuzigt oder in der Arena von wilden Tieren zerrissen. Bei Bedarf sah man auch von der Todesstrafe ab, die Männer landeten in Bleibergwerken, wo sie langsam zugrunde gingen, Frauen und Mädchen wurden an Freudenhäuser ausgeliefert.

Die christlichen Märtyrer wurden von den Gemeinden hoch geachtet. Zwei typische Merkmale der christlichen Heiligenverehrung entstammen dieser Zeit: die jährliche Feier des Todestages und die Reliquienverehrung.

Die Römer sahen in der Verehrung ihrer Götter und dann auch im Kaiserkult einen wesentlichen Faktor im Zusammenhalt ihres Reichs. Sie waren aber gegenüber anderen Religionen tolerant, sofern diese sich bei einer 'zusätzlichen' Verehrung römischer Gottheiten beteiligten, was für polytheistische Religionen gewöhnlich kein Problem war - wer sich entzog, galt als Verschwörer und gefährdete das Reich. Besonders der Kaiserkult, die Verehrung des Kaisers als Abkömmling der Götter, spielte dabei eine große Rolle.

202 erliess Kaiser Septimius Severus ein Verbot bei Todesstrafe aller Bekehrungen zum Christentum oder Judentum. In der Folge kam es zu einer Häufung von lokalen Christenverfolgungen die sich insbesondere gegen Katechumen, Neugetaufte und deren Lehrer richtete.

Zur ersten allgemeinen Christenverfolgung kam es unter Kaiser Decius (249-251), nachdem sich das Christentum stark ausgebreitet hatte. Decius erließ 250 ein allgemeines Opfergebot, jeder Bürger musste sich eine Bescheinigung ausstellen lassen, dass er geopfert habe. Viele Christen, die sich weigerten, wurden gefangengesetzt, gefoltert und hingerichtet, wobei die Verfolgung sich im Gegensatz zu früher oft auf Folterungen zwecks Abfall vom Christentum konzentrierte. Gründe dafür waren vermutlich

  • die römische Staatsreform bei der Tausendjahrfeier 248 (Gründung Roms 753 v. Chr.), die bewusst religiös orientiert war und den Kaiserkult festigte
  • die Größe der christlichen Kirche, die sich betont vom öffentlichen Leben fernhielt und so als 'Staat im Staat' verdächtig wurde
  • der Protest vieler Berufsgruppen (Priester, Götzenbildhersteller, Veranstalter von Spielen, etc.), die durch die Ablehnung seitens der immer zahlreicheren Christen ihre Existenz gefährdet sahen
  • die Bedrohung des Reichs durch die Germanen, die im Innern Einigkeit erforderte.

In der Folge dieser Christenverfolgung gab es neben so genannten Märtyrern auch Bekenner, Christen, die unter der Folter standhaft geblieben waren und die deshalb von ihren Glaubensgenossen hoch geachtet wurden. Die Ablehnung der Wiederaufnahme der Abgefallenen durch einige Bischöfe führte zu erheblichen innerkirchlichen Auseinandersetzungen. Die Bewegung der Donatisten spaltete die Kirche seit dem Toleranzedikt von Mailand. Der Streit endete erst, nachdem die Vandalen das nordafrikanische Zentrum der Donatisten ihrem Reich einverleibten.

Die Verfolgung unter Decius endete 251 mit dem Tod des Kaisers. Sein Nachfolger Valerian setzte sie nach wenigen Jahren verschärft fort, indem er 257 ein generelles Versammlungsverbot für Christen erließ und 258 die Verhaftung und Hinrichtung der christlichen Bischöfe anordnete, um die Organisation der Kirche zu zerstören. Diese Verfolgungen wurden 260 unter Valerians Sohn Gallienus, der mit einer Christin verheiratet war, wieder eingestellt.

Aus ähnlichen Gründen wie bei Decius kam es 303-313 zur zweiten allgemeinen Christenverfolgung unter Diokletian. Zu den vorherigen Maßnahmen trat jetzt die Zerstörung von Kirchen, die Vernichtung christlicher Schriften, und die Deportation standhafter Christen in die Bergwerke. Die Verfolgung wurde im Westen eher moderat durchgeführt, im Osten des Reichs verlief sie blutig.

Durch das Toleranzedikt von Nikomedia von Galerius kam es 311 zum tatsächlichen Ende der Christenverfolgungen, das durch das Toleranzedikt von Mailand von Konstantin 314 bestätigt wurde.

Theodosius erklärte 380 das Christentum zur offiziellen Religion. Er erließ 383 nach einem gescheiterten Religionsgespräch ein Häretikergesetz, das Arianer, Donatisten und Manichäer mit Verbannung bedrohte.

Mittelalter

Im Islam

Im Islam wurden Christen zwar prinzipiell geduldet -- wenn auch als Bürger zweiter Klasse -- aber im Mittelalter kam es in Kleinasien, Afrika und teilweise in Spanien gegenüber den katholischen und orthodoxen Christen zu kurzen, aber heftigen Verfolgungen.

Neuzeit

Französische Revolution

Die Französische Revolution 1789 hatte die Abschaffung des Christentums als Religion zum Ziel. Bis 5.000 Geistliche wurden getötet bzw. deportiert, 1793 wurde die Religionsfreiheit widerrufen und das Christentum verboten.

Sozialismus

Den politischen Säuberungen in der Sowjetunion seit der russischen Oktoberrevolution fiel eine unbekannte Zahl von christlichen Geistlichen zum Opfer. Die genauen Zahlen lassen sich nicht erfassen, weil Geistliche oft als Konterrevolutionäre verurteilt wurden, so dass nicht zwischen Geistlichen und Regimegegnern unterschieden werden kann. Die orthodoxe Kirche gibt an, dass zwischen 1917 und 1940 allein 120.000 Priester, Mönche, Nonnen und kirchliche Mitarbeiter verhaftet wurden; davon wurden 96.000 erschossen. Ende der dreißiger Jahre war weniger als ein Dutzend Kirchen noch offiziell geöffnet. Ab 1940 wurde die Verfolgung der Orthodoxen Kirche gemildert, da Stalin alle Kräfte für den Krieg mobilisieren wollte, auch die verbliebenen Gläubigen. Andere, kleinere Kirchen wurden weiterhin verfolgt.

Vergleichsweise moderat verlief die antichristliche Politik in Rumänien, der CSSR, relativ militant dagegen die Unterdrückung von muslimischen und christlichen Geistlichen in Albanien, so dass letzteres verkündete, erster atheistischer Staat der Welt zu sein.

In Ungarn, Jugoslawien, Polen sowie der DDR versuchte der sozialistische Staat seit den 1950er Jahren das Christentum durch gesellschaftliche Benachteiligung der Kirchenmitglieder aus der Öffentlickeit zu verdrängen. So wurden zum Beispiel 1953 viele junge Christen von den Oberschulen relegiert, die Junge Gemeinde und die Studentengemeinde öffentlich als staatsfeindliche Organisationen bezeichnet und junge Menschen in Einzelfällen auch inhaftiert. Von einer systematischen Verfolgung kann hier jedoch keine Rede sein. Siehe auch Christen und Kirche in der DDR

Gegenwart

Asien

  • In Nordkorea kommen Christen in Umerziehungslager, wo sie unmenschlich behandelt werden und oft umkommen
  • In der Volksrepublik China werden katholische wie evanglische Christen sowie andere Minderheiten systematisch verfolgt, gefoltert und in Arbeitslagern inhaftiert.

Die Kommunistische Partei Chinas verlangt von Christen anstelle von Gott die atheistischen Grundsätze des Kommunismus anzuerkennen. Wer sich nicht an daran hält, riskiert die Verhaftung durch die Volkspolizei.

  • Auf den Molukken in Indonesien wurden seit 1999 über 3000 Christen umgebracht.
  • In Laos hat das Regime 1999 das Christentum zum "öffentlichen Feind Nummer eins" erklärt. Kirchen wurden geschlossen, und Christen werden verhaftet und zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt.
  • In Pakistan werden christliche Einrichtungen verwüstet und Christen getötet. Ebenfalls werden Christen oft wegen angeblicher Verstöße gegen das Blasphemiegesetz verurteilt, in einigen Fällen zum Tod.
  • In Indien gab es seit 1998 über 1000 gewaltsame Angriffe auf Christen seitens militanter Hindus, die Zerstörung von Kirchen, Bibelverbrennungen und Vergewaltung von Nonnen einschlossen, sowie die Ermordung eines australischen Missionars mit seinen beiden Söhnen. Teile des Landes erließen ein Gesetz, dass die "Verwendung von Alkoholischen Getränken bei religiösen Zeremonien" unter Strafe stellt.
  • In Saudi-Arabien kommt es zu Verhaftungen und Auspeitschungen von Christen.
  • In anderen asiatischen Ländern, z. B. Burma gibt es massive Christenverfolgung

Afrika

  • Im mehrheitlich islamischen Norden von Nigeria gibt es regelmäßig gewaltsame Angriffe auf Christen.
  • In Ägypten sind die Kopten zwar offiziell akzeptiert, in der Praxis jedoch oft Angriffen aus der Bevölkerung ausgesetzt, gegen die sie beim Staat kaum Schutz finden und die vom Staat auch kaum bestraft werden.
  • Im Sudan wird die christliche Minderheit im Süden seit 1986 verstärkt verfolgt. Christliche Schulen, Krankenhäuser und Kirchen werden gezielt bombardiert, christliche Leiter ermordet, Christen werden als Sklaven verkauft, Ländereien von Christen werden beschlagnahmt und Arabern übergeben. Im Norden gibt es für christliche Flüchtlinge eine Nahrungsmittel-für-Religionsübertritt-Politik.

Siehe auch

Religionsfreiheit, Verfolgung von Minderheiten, Inquisition, Ketzer, Konfessionskriege, Nordirland, Hexenverfolgung