Folklore

volkstümliches Kulturerbe
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 6. August 2006 um 21:46 Uhr durch Firmian (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Der Begriff Folklore (engl. folk "Volk" und lore "Überlieferung") umfasst in der Volkskunde im engeren Sinne die mündlich tradierten Überlieferungen eines bestimmten Volkes. Dazu zählen: Sprichwörter, Rätsel, Erzählungen, Märchen, Fabeln, Legenden, Reime, Schwänke, Volkslieder, Balladen, Witze oder Beschwörungsformeln. In jüngerer Zeit kommen moderne Legenden und Verschwörungstheorien hinzu. Im weiteren Sinne bezeichnet Folklore die Gesamtheit aller volkstümlichen Tradition. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Folklore erfolgt im Rahmen der Volkskunde bzw. der Erzählforschung.

Die Bezeichnung wurde 1846 von William John Thoms als Bezeichnung für den Begriff "Volkskundliche Altertümer" (popular antiquities) geprägt. Johann Gottfried von Herder sorgte als erster für die Sammlung und Bewahrung der "Folklore", vor allem in Gestalt des Volksliedes. Er strebte danach, den "Volksgeist", die Tradition und die Identität des deutschen Volkes zu dokumentieren. Folklore kann religiöse oder mythologische Elemente enthalten, befasst sich aber normalerweise mit den profanen Überlieferungen des täglichen Lebens. Folklore vereint häufig das Reale und das Übersinnliche in einem erzählerischen Miteinander. Andererseits kann Folklore für eine Darstellung verwendet werden, die keinen theologischen oder erbaulichen Inhalt hat, stattdessen nützliche weltliche Überlieferungen. Diese weltliche Überlieferung kann Elemente des Fantastischen aufweisen (wie Magie, übernatürliche Wesen oder personifizierte Gegenstände).

Volksmärchen können erbauliche Traditionen aufweisen, handeln aber primär im weltlichen Bereich. So umfasst das Märchen Hänsel und Gretel religiöse Elemente der Hexerei bzw. frühe naturreligiöse Züge. Zugleich weist es – weltlich und moralisch – auf die Gefahren des Waldes und des Hungers hin.

Folklore bezieht sich darüber hinaus auf soziale Rituale innerhalb der Zyklen von Jahreszeiten und Lebensaltern (Geburts-, Heirats-, und Bestattungszeremonien) und Festtagsbräuche. Ferner äußert sich Folklore in Volkstanz, Volksmusik und Schauspiel.

Folklore findet ihren materiellen Niederschlag in Malerei, Schnitzen, Architektur, Handwerk, Textilien, Schmuck, Verkleidung und Speisen.

Mit einer anderen (meist abwertend gebrauchten) Bedeutung bezeichnet man mit Folklore eine weit verbreitete Anschauung, deren Richtigkeit aber nie bewiesen wurde.

Weiters wird dieser Begriff abwertend gebraucht für eine verkitschte unrichtige Darstellung der Volkssitten zum Zwecke des Tourismus (z.B."volkstümliche Musik")

Siehe auch

Literatur

  • Hermann Bausinger: Folklore, Folkloristik. In: Enzyklopädie des Märchens; Band 4 (1984), Sp. 1397-1403.
  • Gunter E. Grimm: "Lieber ein unerträgliches Original als ein glücklicher Nachahmer". Bürgers Volkspoesie-Konzept und seine Vorbilder. In: Suevica 9 [2005], S. 55-74.