Wenzel Buhle
Wenzel (Wenceslaus) Buhle († Ende August 1685) war in der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg ein Leipziger Rauchwarenhändler und Stifter.
Wenzel Buhle stammte aus Breslau. Ein Mitglied der Familie Buhle blieb dort offenbar weiter im Pelzgewerbe tätig; zu Wenzels Lebzeit, jeweils in den Jahren 1671 und 1680, hat ein Jacob Buhle dort in seiner Innung ein Amt als Kürschnerältester des Zechamts angetreten.[1] Breslau, eine auch im Rauchwarenhandel bedeutende Handelsstadt in Schlesien, hatte durch eine Pestepidemie in den zuvorliegenden Jahren 18.000 von 40.000 Bürgern verloren.
Im für den Fellhandel noch bedeutenderen Leipzig, vor allem auch ein weltweiter Handelsplatz für Pelzfelle aus Osteuropa, hatte sich der „Rauchhändler“ Buhle erfolgreich selbständig gemacht.
Als die Pest 1860 auch in Leipzig wütete, gründeten „12 wackere und gelehrte Leute“ ein Konsortium, unter ihnen Wenzel Buhle. Sie setzten sich zur Aufgabe, einander und den Kranken zu helfen, im schlimmsten Fall für ein Begräbnis zu sorgen und den Hinterbliebenen beizustehen. Das „Consortio“ bestand noch 1713, beim Ableben des letzten Gründungsmitglieds.[2]
Rübezahl-Schriften des Johannes Praetorius
Wenzel Buhle fand, neben seiner Stiftung bei seinem Ableben, vor allem durch die Finanzierung des Rübezahl-Buches des Johannes Praetorius (1630–1680) Erwähnung. Buhle war der Familie Prätorius privat verbunden. Er war Pate von Barbara Agnes Prätorius, geboren am 3. August 1662.[3]
Das Buch des Magisters Johannes Praetorius wurde bei seinem ersten Erscheinen im Jahr 1662 direkt eine gute aufgenommen, im Jahr 1665 erschien eine unabhängige weitere Ausgabe. In der dritten, dem ersten Druck entsprechenden Ausgabe von 1668 trägt es den Titel
- „DaeMonoLogIa RUBINZALII SILESEI“,
- mit dem Untertitel „Das ist / Ein ausführlicher Bericht / von dem wunderbarlichen / sehr alten / und weit beschrienen Gespenste Dem Rübezahl; Welches sich / auff den Gebürgen in Schlesien und Böhmen / den Wandersleuten zu öftern / in possierlicher und manigfaltiger Gestalt / und mit seltsame Verrichtungen / erzeiget: Nebenst vielen andern nachdencklichen Erzehlungen von Beröcknissen / uń den fürnehmsten Schlesischen Raritäten: wie auch sonsten mehren kurtzweiligen Schosen gäntzlich aus vielen Scribenten zusammen gezogen / durch M. J. Prætoriú Zetling. Poet. Cor. Cæl.“ (3. Edition).
Gewidmet ist das Werk seinem Geldgeber,
- „dem Ehrenvesten / Vorachtbarn und Wohlbenahmten Herrn Wenceslav Buhlen / Von Breslaw aus Schlesien / Leipzischen Bürgern und vornehmen Rauch-Händlern / wie auch sienen Künste sonderbaren Liebhabern: Meinem insonderheit HochgeEhrten Hn. Gevatter / und großgünstigen werthen Freunde / etc.“
Es folgt ein als Anagramm „Blue Seel / und wachs'“ und Akrostichon gekennzeichete Widmung, deren Anfangsbuchstaben den Namen Wendzeslau[v] bilden:
- „WEil ich, geehrter Herr / von ihm / vor wenig Jahren
- Ein sonderlichs gehabt: so soll er itzt erfahren
- Nach solcher Zeit / daß sich die Wolthat nicht verlorn
- Da ich ein sonderlichs hinwiederumb erkohrn
- Zur Gehengabe hab' / Das ich nun übergebe
- Euch / werther Gönner / hier: und auch der Hoffnung lebe;
- Solch Wercklein und Gemüth / werd Annehmlichkeit
- Lieb oder Gunst verspürn; weil ich es ihm geweiht
- Aus Dank geschiehet es / und freundlichen Belieben
- Umpflichtes wegen / und aus Schuldigkeit getrieben.“[4]
Buhlisches Stipendium
Seine Verbundenheit mit dem Literaturgeschehen und mit seiner ehemaligen Heimat zeigte Buhle auch mit seiner per Testament vom 7. April 1685 gemachten Stiftung von 300 Gulden. Das Buhlische Stipendium wurde 1960 verwirklicht, im fünften Jahr nach Buhles Tod. Die Förderung richtete sich an schlesische Studenten und wurde daher vom Senior der polnischen Universitätsnation vergeben, dem „jedesmaligen Director Oeconomiae“ oblag die praktische Ausführung.[5]
Das von Buhl gestiftete Stipendium ging ein in ein von Kurfürst Moritz im Jahr 1543 gestiftetes Convict, dass eigentlich dem allgemeinen Freitisch der Universität jährlich 600 Scheffel schenkte. Da man es aber zu schwierig fand, das Korn herbeizuschaffen, war es in eine Rente von 300 Gulden umgewandelt worden. Die Stiftung wurde nach und nach erweitert, teils durch Dotationen von Privatpersonen sowie durch Landesherrliche Geschenke. 1831 wurden 222 Studierende mittags und abends beköstigt. An den Landesherrlichen Tischen zahlten die Teilnehmer wöchentlich sechs Groschen dazu, an den von Privatleuten gestiftet Tischen nur drei Groschen, einige waren ganz befreit. Es gab 18 ½ Tische mit je 12 Gedecken. Der neunte Tisch war zwar landesherrlich, umfasste jedoch die von Wenzel Buhle gestiftete Stelle für geborene Schlesier.[5][6][7]
In einer Geschichte der Universität Leipzig aus dem Jahr 1810 hieß es:
- „Ein braver Mann, der Rauchwarenhändler und Obermeister der Kürschnerinnung Wenzel Buhle, hatte den rührenden Einfall gehabt“, in seinem Testament vom 7. April 1685 „als ein aufrichtiger Liebhaber der Gelehrten“ den beiden Leipziger Bibliotheken, der Universitätsbibliothek und »E. E. Hochw. Rates neu angelegter Bibliothec in dem Zimmerhoffe auf dem alten Neumarkt allhier« je 100 Gulden zu vermachen, mit der Bestimmung, daß die jährlichen Zinsen »dem Herrn Bibliothecario zur recreation ausgezahlt werden« sollten. Am 17. November 1690 waren die 100 Gulden dem Rat übergeben worden. Bevorzugt werden sollte ein Studiosus aus Schlesien, in Ermangelung eines solchen ein anderer polnischer Nation. Dieser wurde drei Jahre lang kostenlos im Convictorium, dem Speisesaal der Universität, beköstigt, indem er von der Zahlung des Fleischgeldes befreit war.[5].
Einzelnachweise
- ↑ Fritz Wiggert: Entstehung und Entwicklung des Altschlesischen Kürschnerhandwerks mit besonderer Berücksichtigung der Kürschnerzünfte zu Breslau und Neumarkt. Breslauer Kürschnerinnung (Hrsg.), 1926, S. 333 (→ Buchdeckel und Inhaltsverzeichnis).
- ↑ Adam Friedrich Glafeys: Kern der Geschichte des Hohen Chur- und Fürstlichen Hauses zu Sachsen. S. 650-654. Abgerufen 31. März 2020.
- ↑ Karl de Qyl: Rübezahl-Forschungen - Die Schriften des Johannes Praetorius. Unikum Verlag, 2012, S. 1. ISBN-10: 9783845725819. Abgerufen am 30. März 2020.
- ↑ 3. Auflage Rubinzal (original). Abgerufen am 30. März 2020.
- ↑ a b c Heinrich Gottlieb Kreußler: Geschichte der Universität Leipzig: von ihrem Ursprunge bis auf unsre Zeiten. - Nebst einem vollständigen Stipendienverzeichnisse. C. A. Solbrig, Leipzig, 1810. Internet Archive, S. 170 (PDF-Datei). Abgerufen 31. März 2020.
- ↑ Anja Pohl: Studentisches Leben an der Universität Leipzig im Zeitalter der Aufklärung. Dissertation an der Fakultät für Geschichte, Kunst- und Orientwissenschaften der Universität Leipzig, 25. September 2015. S. 295. Abgerufen am 31. März 2020.
- ↑ Das Convictorium und die Stipendien der Universität Leipzig. - Ein Wort der Beruhigung und des Rathes für sämmtliche unbemittelte Eltern, welche ihre Söhne auf die Leipziger Hochschule zu bringen wünschen (Besonderer Abdruck aus dem Vaterlandsfreunde). L. Fort, Leipzig, Dezember 1831, S. 5-6, 14. Abgerufen am 1. April 2020.
Finanzierte die Herausgabe des Rübezahl-Buches.Richard Maria Franke: Ein Großer der Rauchwarenbranche - Dr. Paul Schöps wird 90! (1995)