Die Maximum-Likelihood-Methode (von engl. maximale Wahrscheinlichkeit) bezeichnet in der Statistik ein Schätzverfahren.
Sie ist aufgrund ihrer Vorteile gegenüber anderen Schätzverfahren (OLS- und Momentenmethode) das wichtigste Prinzip zur Gewinnung von Schätzfunktionen für die Parameter einer Verteilung. Bei dieser Methode wird von einer Zufallsvariablen X ausgegangen, deren Dichte- bzw. Wahrscheinlichkeitsfunktion von einem Parameter q abhängt. Liegt eine einfache Zufallsstichprobe mit n unabhängigen und identisch verteilten Realisationen vor, so lässt sich die Dichtefunktion bzw. Wahrscheinlichkeitsfunktion wie folgt faktorisieren:
Statt nun für einen festen Parameter q die Dichte für beliebige Werte auszuwerten, kann umgekehrt für beobachtete und somit feste Realisationen die Dichte als Funktion von q betrachtet werden. Dies führt zur Likelihood-Funktion
Wird diese Funktion in Abhängigkeit von q maximiert, so erhält man die Maximum-Likelihood-Schätzung für q. Es wird also der Wert von q gesucht, bei dem die Stichprobenwerte die größte Dichte- bzw. Wahrscheinlichkeitsfunktion haben. Der Maximum-Likelihood-Schätzer ist in diesem Sinne der plausibelste Parameterwert für die Realisierungen der Zufallsvariablen X. Die Maximierung dieser Funktion erfolgt, in dem man die 1. Ableitung nach q bildet und diese dann Null setzt. Da dieses bei Dichtefunktionen mit komplexen Exponentenausdrücken sehr aufwendig werden kann, wird häufig die logarithmierte Likelihood-Funktion verwendet:
Beispiel
Ein Urne enthält N=8 Kugeln, die entweder rot oder schwarz sind. Die genaue Anzahl M der der roten Kugeln ist nicht bekannt. Es werden n=4 Kugeln nacheinander gezogen und wieder zurück in die Urne gelegt. Beobachtet werden (erste Kugel ist rot), (zweite Kugel ist rot), (dritte Kugel ist schwarz) und (vierte Kugel ist rot).
Gesucht ist nun die nach dem Maximum-Likelihood-Prinzip plausibelste Zusammensetzung der Kugeln in der Urne.
Die möglichen Parameter der Wahrscheinlichkeitsfunktion sind . Hier entspricht der Erfolgswahrscheinlichkeit p einer Ziehung gerade dem Parameter q der Likelihood-Funktion.
Die zugehörige Likelihood-Funktion ist
Nun können wir die Funktionswerte berechnet
p | 0 | 1/8 | 2/8 | 3/8 | 4/8 | 5/8 | 6/8 | 7/8 | 1 |
L(p) | 0 | 0.002 | 0.012 | 0.033 | 0.063 | 0.092 | 0.105 | 0.084 | 0 |
Damit ist p=6/8=0.75 plausibelste Parameterwert für die Realisation 3 rote Kugeln bei 4 Ziehungen und
somit der Schätzwert für p nach der Maximum-Likelihood-Methode, d.h. 0.75 * 8 = 6 rote Kugeln müssten in der Urne sein.
Maximum-Likelihood-Schätzung
Als Maximum-Likelihood-Schätzung bezeichnet man in der Statistik eine Parameterschätzung, die nach der Maximum-Likelihood-Methode berechnet wurde.
Literatur
- Schwarze, Jochen: Grundlagen der Statistik - Band 2: Wahrscheinlichkeitsrechnung und induktive Statistik, 6. Auflage, Berlin; Herne: Verlag Neue Wirtschaftsbriefe, 1997