Reichsdeputationshauptschluss
Der Reichsdeputationshauptschluss war ein Beschluss der letzten Sitzung des Immerwährenden Reichstags am 25. Februar 1803 in Regensburg. Ihm lag ein im Juni 1802 zwischen Frankreich und Österreich vereinbarter Entschädigungsplan zugrunde, der auf dem Friedensvertrag von Lunéville (Art. 7) fußte. Der Hauptschluss war das letzte große Gesetz des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.
Geschichte und Inhalt
Die französischen Revolutionskriege hatten die französische Ostgrenze bis zum Rhein hin verschoben und damit zahlreiche deutsche Fürsten um ihre linksrheinischen Besitzungen gebracht. So waren die Hauptstädte und ein großer Teil des Herrschaftsgebietes der drei geistlichen Kurfürstentümer Kurköln, Kurmainz und Kurtrier sowie der Kurpfalz nun Teil von Frankreich; vier der acht Kurwürden waren damit erloschen.
Im Reichsdeputationshauptschluss wurde festgesetzt, dass die depossedierten weltlichen Fürsten durch säkularisierte kirchliche sowie durch mediatisierte kleinere weltliche Herrschaften bisheriger Reichsstände abgefunden werden sollten. Dazu wurden die geistlichen Fürstentümer aufgelöst mit Ausnahme von Mainz, dessen verbliebenes rechtsrheinisches Territorium auf Regensburg übertragen wurde, verbunden mit der Würde eines Kur-Erzkanzlers für Karl Theodor von Dalberg, den letzten Mainzer Erzbischof und Erzkanzler des Reichs. Auch andere Besitztümer der Kirche, wie Klöster oder die bisherigen fürstbischöflichen Residenzen wurden enteignet und fielen an weltliche Landesherren. Die freien Reichsstädte wurden (mit Ausnahme von Augsburg, Lübeck, Nürnberg, Frankfurt am Main, Bremen und Hamburg) den benachbarten großen Fürstentümern zugeschlagen. Von der Säkularisation ausgenommen blieben zunächst auch der Deutsche Orden und der Malteserorden. Zugleich erhielten die Fürsten von Salzburg, Württemberg, Baden und Hessen-Kassel die Kurwürde der erloschenen Kurfürstentümer Köln, Trier und Pfalz.
Der Reichsdeputationshauptschluss wurde im März 1803 vom Reichstag einstimmig angenommen. Allerdings hatten bereits Ende 1802 die meisten geistlichen Fürsten auf ihre weltlichen Herrschaftrechte und damit auf Sitz und Stimme im Reichstag verzichtet. Und die an der Reichsdeputation beteiligten Reichsstände, wie der Erzbischof von Salzburg, die Bischöfe von Passau, Freising, Trient und Brixen, der Fürstprobst von Berchtesgaden oder die Schwäbischen Reichsprälaten, hatten sich im Januar 1803 darauf geeinigt, an den abschließenden Beratungen über die Reichsdeputation des Reichstages nicht teilzunehmen. Sie wollten damit vermeiden, selbst über ihr Schicksal und die Auflösung ihrer Herrschaftgebiete abstimmen zu müssen. Insofern war der Beschluß zwar formaljuristisch einstimmig, aber nicht mit der Zustimmung aller Reichsstände getroffen worden.
Kaiser Franz II. schloss sich im April - wenn auch unter Vorbehalt - diesem Votum an.
Wirkungen
Die Säkularisation und die anschließende Mediatisierung veränderten das Deutsche Reich völlig. Der Reichszusammenhalt verlor mit den geistlichen Fürsten und den traditionell loyalen Reichsstädten seine Hauptstützen. Der bisher katholisch dominierte Reichsfürstenrat wurde mehrheitlich evangelisch, gleichfalls der Kurfürstenrat. Nachdem auch die Reichsritterschaft und viele kleine Fürstentümer bis 1806 ihre Selbständigkeit verloren hatten, reduzierte sich die Zahl der reichsunmittelbaren Territorien von einigen hundert auf etwa vierunddreißig. Fürstentümer wie Baden, Bayern oder Württemberg konnten dadurch große Gebietsgewinne verbuchen, die nur teilweise durch Verluste gerechtfertigt waren, so etwa beim Haus Wittelsbach durch den Verlust von Jülich und Berg, der Kurpfalz und der häufig mit Familienangehörigen besetzten Kurwürde von Köln.
Durch den im Juli 1806 durch Napoleon gegründeten Rheinbund sollten die teilweise zuvor schon zu Königen erhobenen Reichsfürsten ideell wie auch de facto aus der Loyalität gegenüber dem Reich entlassen werden, hatten sie doch das Protektorat Napoleons anzuerkennen und militärische Gefolgschaft zu leisten. Ursprünglich hatte Napoleon sogar eine allgemein verbindliche Verfassung für die Rheinbundstaaten geplant. Das Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation wurde nun auch formell besiegelt: Am 1. August 1806 erklärte eine Reihe von Reichsfürsten den Austritt aus dem Reich, da dieses erloschen sei. Bis 1808 sollten alle deutschen Einzelstaaten folgen. Die Niederlegung der Reichskrone durch Kaiser Franz II. am 6. August 1806 erfolgte auf Napoleons Ultimatum hin. Diesem Statusverlust war Kaiser Franz allerdings durch die Etablierung eines österreichischen Kaisertums schon am 11. August 1804 zuvorgekommen.
Literatur
- Harm Klueting (Hg.): 200 Jahre Reichsdeputationshauptschluß. Säkularisation, Mediatisierung und Modernisierung zwischen Altem Reich und neuer Staatlichkeit. Tagung der Historischen Kommission für Westfalen vom 3.-5. April 2003 in Corvey. Aschendorff, Münster 2005, ISBN 3-402-05616-X
Weblinks
Quellen
- Hauptschluß der außerordentlichen Reichsdeputation
- Erklärung Sr. Maj. des Kaisers Franz II, wodurch er die deutsche Kaiserkrone und das Reichsregiment niederlegt, die Churfürsten, Fürsten und übrigen Stände, wie auch alle Angehörige und Dienerschaft des deutschen Reiches, ihrer bisherigen Pflichten entbindet vom 6. August 1806