Die scholastische Methode bezeichnet eine in der Scholastik in ihrem Schulbetrieb praktizierte Lehrform sowie die analog dieser Lehrform entwickelte und angewandte literarische Form. In ihren Grundzügen wurde die scholastische Methode von Pierre Abaelard ausgearbeitet.
Die Grundelemente der Methode als Lehrform sind
- die "Lesung" (lectio) eines Textes und seine Kommentierung an Hand der kirchlichen Autoritäten (d.h. der Bibel, der kirchlichen Denker, vor allem der Kirchenväter)
- das Streitgespräch zur Klärung strittiger Fragen, insbesondere unter Anwendung des syllogistischen Schlussverfahrens (siehe Syllogismus)
Diese Methode als literarische Form besteht in der Gegenüberstellung der Argumente für und wider eine bestimmte These nach der Art des pro et contra (Für und Wider) und sic et non (Ja und Nein). Eine Darstellung nach der Art der scholastischen Methode gliedert sich in
- die Fragen (quaestiones) als Ausgangspunkt
- die Ausführung der Meinung der Autoritäten (sententiae auctorum)
- die Aufzählung der Einwände christlicher und nichtchristlicher Autoren und im gegebenen Fall der widersprechenden Meinungen der Autoritäten
- die Beantwortung der Fragen auf Grund logischer Schlüsse sowie ggf. der Meinungen der Autoritäten (d.h. die "Lösung" des Problems - solutio)
Kritik
Im ganzen sollte mit dieser Methode erreicht werden, das gesamte überlieferte und neu hinzugekommene Wissen möglichst widerspruchsfrei in ein allumfassendes theologisch-philosophisches System (summa) einzubauen, dessen Grundlage wie Resultate in jedem Fall die unveränderlichen kirchlichen Dogmen waren.
Dass diese Methode keine Verfahren der Wahrheitsfindung, sondern der bloßen Wahrheitsbestätigung gewesen sei, wobei "Wahrheit" und kirchliche Dogmen durch die scholastische Methode identisch gesetzt wurden, wird kritisch gegen die scholastische Methode eingewandt. Zugestehen wird man, dass die Offenlegung der eigenen Prämissen als Zeichen intellektueller Redlichkeit bei den bedeutenden Vertretern der Scholastik im allgemeinen gegeben war. Im übrigen zeigt die moderne Wissenschaftstheorie, dass es keine Wissenschaft gibt, die ohne Voraussetzungen und Axiome auskommt.
Da ein solches Unternehmen wie die scholastische Methode nicht ohne Kompromisse ausgeführt werden konnte, wurde diese Methode auch als Methode der Konkordanz (concordantia catholica) genannt, d.h. eine Methode des Ausgleichs bzw. der Versöhnung von sich Widersprechendem.
In ihren Grundzügen wird die scholastische Methode auch heute noch in der Neuscholastik angewandt.
Literatur
- Martin Grabmann: Die Geschichte der scholastischen Methode. Teil 1: Die scholastische Methode von ihren ersten Anfängen in der Väterliteratur bis zum Beginn des 12. Jahrhunderts, Berlin: Akad.-Verl. 1988, ISBN 3-05-000593-9
- Martin Grabmann: Die Geschichte der scholastischen Methode. Teil 2: Die scholastische Methode im 12. und beginnenden 13. Jahrhundert, Berlin: Akad.-Verl. 1988, ISBN 3-05-000594-7