Diego Rodríguez Lucero (* nach 1450 in Moguer, Huelva; † 28. Dezember 1534 in Sevilla)[1] war Inquisitor der Spanischen Inquisition. Von seinen Zeitgenossen wurde er Lucero el Tenebroso (der Finstere) genannt.[2]
Herkunft, Ausbildung und erstes Amt
Diego Rodríguez Lucero stammte aus einer Familie von Geistlichen und hohen Beamten. Seine Eltern waren Juan Lucero und Marina Rodríguez.[3] Er schloss seine Hochschulausbildung als Bachiller en Leyes und Licenciado en Teologia ab.[4] Im Jahr 1492 hatte er das Amt des Maestrescuela (Schulmeister) an der Kathedrale von Almería.
Erste Tätigkeit als Inquisitor
Diego Rodríguez Lucero begann seine Tätigkeit als Inquisitor im Jahr 1495 in Jerez de la Frontera, das im Gebiet des Tribunals von Córdoba lag.[5] Die Chroniken berichten, dass man später vermutete, dass bereits bei dem Tribunal in dieser Stadt eine Neigung zu gefälschten Aussagen bemerkt wurde. 1499 wurde Diego Rodríguez Lucero nach Granada, das auch im Gebiet des Tribunals von Córdoba lag, versetzt.[6]
Tätigkeit als Inquisitor in Córdoba
Nachdem Diego de Deza zum Generalinquisitor ernannt wurde, erhielt Diego Rodríguez Lucero am 7. September 1499 das Amt eines der drei Inquisitoren des Tribubals in Córdoba. Am 13. Februar 1501 hielt er sein erstes öffentliches Autodafé in Córdoba ab, bei dem die Todesurteile über 80 Personen verkündet wurden, die man dann auf dem Scheiterhaufen verbrannte. Wenige Tage später übergab er weitere 50 Personen an den weltlichen Arm der Justiz um die Todesstrafe durch Verbrennen zu vollstrecken. Viele der verdächtigten und angeklagten Personen waren Teil der kirchlichen und städtischen Hierarchie und des Adels. Es gab sofort Proteste bei Königin Isabella und König Ferdinand.[7] Die Beschwerden über die willkürlichen Aktionen Luceros, bewirkten einen ersten Besuch von Vertretern des Consejo de la Suprema y General Inquisición der obersten Verwaltungs- und Aufsichtsbehörde der Spanischen Inquisition. Dieser Besuch blieb ohne Folgen. „Lucero el Tenebroso” hielt am 30. April 1502 erneut ein Autodafé ab, bei dem die Todesurteile über 27 Personen verlesen wurden. Im Verlauf des Jahres 1503 ließen die beiden Inquisitoren Lucero und Bravo in Córdoba mehr als 400 Personen festnehmen. Während der dritte Inquisitor des Tribunals, Hernando Niño, an Königin Isabella schrieb um sich über das Vorgehen seiner Kollegen zu beschweren.[8]
Am 22. Dezember 1504 hielt das Tribunal von Córdoba ein Autodafé ab, das als eines der schaurigsten und grausamsten in der gesamten Geschichte der Inquisition gilt.[9] Es wurden die Urteile über 267 Angeklagte verlesen, von denen 107 zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt wurden. Ihnen wurde vorgeworfen falsche Christen zu sein, Conversos, die obwohl sie getauft wurden, die jüdischen Rieten weiter praktizierten.
Am 26. November 1504 starb Königin Isabella. König Ferdinand übernahm in Kastilien die Regentschaft für seine Tochter Johanna die sich in den Burgundischen Niederlanden aufhielt. Ferdinand nahm vorerst keine Veränderungen bei der Organisation und Ämterbesetzung der Spanischen Inquisition vor.
Verfahren gegen Hernando de Talavera
1505 strengte Diego Rodríguez Lucero einen Prozess gegen den weit über siebzigjährigen Hieronymitenpater Hernando de Talavera an. Hernando de Talavera war von 1475 bis 1492 Beichtvater der Königin Isabella. In dieser Zeit war er auch ihr politischer Berater und kümmerte sich u. A. darum die Mittel für den Krieg gegen das Emirat Granada zu beschaffen. Nach der Eroberung wurde er 1492 zum Erzbischof von Granada geweiht.
Die ersten Maßnahmen Diego Rodríguez Luceros richteten sich gegen die Schwester und die Neffen des Erzbischofs, die mit diesem in einem Haus wohnten. Ihnen wurde vorgeworfen zu „judaisieren“ d. h. jüdische Rituale zu vollziehen und nach den Regel der jüdischen Religion zu leben. Aufgrund von unter der Folter erzwungenen Zeugenaussagen wurde dann behauptet, das Haus der Erzbischofs würde als Synagoge genutzt. Hernando de Talavera wurde darüber hinaus vorgeworfen, er gehe nicht gegen falsche Conversos und falsche Morisken vor, die weiter ihrer alten Religion anhingen und behindere die Inquisition. Dieser Vorwurf beruhte darauf, dass er als einer der Verhandlungsführer bei der Einigung zur Übergabe Granadas das damals gegebene Versprechen einhielt, dass die Einwohner für die Zeit von 40 Jahren von der Inquisition verschont bleiben sollten. Damit sie und ihre Nachkommen in dieser Zeit gut im christlichen Glauben unterrichtet werden konnten.[10] Außerdem unterschied er zwischen religiösen und kulturellen Traditionen und setzte sich z. B. für die Erhaltung der Musik der Moriscos ein.[11]
Um den Erzbischof in einem Inquisitionsprozess anzuklagen war die Genehmigung des Generalinquisitors notwendig. Die wurde von Diego de Deza erteilt. Die darüber hinaus notwendige Zustimmung des Papstes lag allerdings nicht vor. Trotzdem eröffnete der Diego Rodríguez Lucero den Prozess.[12] Nachdem Papst Julius II. über die Angelegenheit informiert wurde, beauftragte er seinen Nuntius in Spanien, „Juan Rufo“, (Giovanni Ruffo dei Theodoli, zu der Zeit Bischof von Bertinoro) den Fall zu überprüfen.[13] Durch seine Prüfung und die Verteidigung des Petrus Martyr von Anghiera, Prior des Domkapitels von Granada, war es nicht schwer, die Unregelmäßigkeiten zu entdecken, die durch Lucero in dem Verfahren begangen worden waren. Das Ergebnis war die Anordnung, dass die Angehörigen Hernando de Talaveras ohne Verzögerung frei zu lassen seien[14] und ein totaler Freispruch und die Rehabilitierung des Erzbischofs, der kurz darauf am 14. Mai 1507 starb. Das Ergebnis der Untersuchung des päpstlichen Nuntius war ein empfindlicher Schlag gegen den Inquisitor Diego Rodríguez Lucero und indirekt gegen den Generalinquisitor Diego Deza, der ihn unterstützte.[15]
Entlassung durch König Philipp
Als das neuen kastilische Königspaar Johanna und Philipp am 25. April 1506 La Coruña erreichte, schickte es eine Verfügung an den Generalinquisitor Diego de Deza in der es anordnete, dass die Tätigkeit der Inquisitionstribunale vorerst einzustellen sei. Im Monat Juli 1506 zwang König Philipp den Generalinquisitor zum Rücktritt. Darüber hinaus enthob er einige Personen, die hohe Positionen in der Organisation der Spanischen Inquisition besetzten, ihrer Ämter. Darunter auch den Inquisitor Diego Rodríguez Lucero. Am 25. September 1506 starb Philipp daraufhin kehrten Diego de Deza und Diego Rodríguez Lucero, wie alle anderen Entlassenen, in ihre Ämter zurück.[16]
Aufstand
Der wieder eingesetzten Inquisitor reagierte mit einer Festnahmewelle gegen die Mitglieder der städtischen Elite von Córdoba, die König Philip unterstützt hatten und damit nach Ansicht des Inquisitors den Kampf gegen das Ketzertum verhinderten. Innerhalb kurzer Zeit wurden etwa 400 Personen im Gefängnis des Alcázar de los Reyes Cristianos in Córdoba inhaftiert. Am 6. November 1506 begann die Bevölkerung einen Aufstand gegen die Inquisition. Anführer waren Adelige der Stadt und des Umlandes. Sie wurden von angesehenen Klerikern unterstützt. Die Räume der Inquisition im Alcázar wurden gestürmt und der größte Teil der Gefangenen befreit. Diego Rodríguez Lucero war Stunden vor den Begebenheiten durch eine Hintertür geflüchtet.[17]
Prozess
Am 6. Dezember 1506 schickten der Stadtrat von Córdoba und das Domkapitel ein Schreiben an den Regenten von Kastilien, König Ferdinand, und an Königin Johanna. Darin forderten sie die Absetzung Diego Rodríguez Luceros als Inquisitor. Der Generalinquisitor Diego de Deza wollte nicht nachgeben und versteifte sich darauf, ihn zu verteidigen. Die Haltung des Generalinquisitors wurde von König Ferdinand, nicht gebilligt. Diego de Deza musste von dem Amt des Generalinquisitors zurücktreten.[18] König Ferdinand schlug Papst Julius II. die Ernennung des Kardinals Francisco Jiménez de Cisneros, Erzbischof von Toledo zum Generalinquisitor von Kastilien vor.[19] Nachdem der neuer Generalinquisitor durch eine Kommission der Stadt Córdoba informiert worden war, wurde am 17. Oktober 1507 Anklage gegen Lucero erhoben. Cisneros ordnete die Festnahme Luceros und aller verdächtiger Zeugen an. Sie wurden in die Gefängnisse in Burgos gebracht. Es wurde ein Gericht mit dem Namen „Congregación católica“ zusammengestellt, das aus 22 Personen in hohen Stellungen des Klerus und der Richterschaft bestand. Es versammelte sich zum ersten Mal am 1. Juni 1508 und verkündete das Urteil am 1. August 1508 in Valladolid vor dem König, dem Generalinquisitor und zahlreichen Persönlichkeiten. Das Gericht ordneten an, dass die Häuser die auf Anordnung von Lucero als vermutete Synagogen abgerissen worden waren wieder aufgebaut werden sollten. Dass die Registerbücher mit den Namen derer die als Ketzer eingetragen waren zu vernichten sein. Lucero wurde aus dem Amt entfernt, es wurde ihm aber gestattet seine Stelle als Mitglied des Domkapitels in Sevilla wahrzunehmen. In dieser Stadt starb er am 28. Dezember 1534.[20]
Literatur
- José Manuel de Bernardo Ares: Diego Rodríguez Lucero. Real Academia de la Historia, 2018, abgerufen am 12. November 2019 (spanisch).
- Ana Cristina Cuadro García: Acción inquisitorial contra los judaizantes en Córdoba y crisis eclesiástica (1482–1508). In: Revista de historia moderna: Anales de la Universidad de Alicante. Nr. 21, 2003, ISSN 1989-9823, S. 11–28 (spanisch, unirioja.es [abgerufen am 1. Oktober 2019]).
- Tarsicio Herrero del Collado: El proceso inquisitorial por delito de herejía contra Hernando de Talavera. In: Anuario de historia del derecho español. Nr. 39, 1969, ISSN 0304-4319, S. 671–706 (spanisch, [17] [abgerufen am 1. August 2019]).
- P. Bernardino Llorca S. J. (Hrsg.): Bulario pontificio de la Inquisición española en su período constitucional (1478–1525). Pontificia Universita Gregoriana, Rom 1949, S. XXX (spanisch, 326 S., [18] [abgerufen am 1. Oktober 2019]).
- Manuel Peña Díaz: Lucero el Tenebroso. El inquisidor cruel y sanguinario. In: Andalucía en la historia. Nr. 57, 2017, ISSN 1695-1956, S. 42–45 (spanisch, [19] [abgerufen am 1. Oktober 2019]).
Einzelnachweise
- ↑ José Manuel de Bernardo Ares: Diego Rodríguez Lucero. Real Academia de la Historia, 2018, abgerufen am 12. November 2019 (spanisch).
- ↑ Es handelt sich dabei um ein Wortspiel mit seinem Namen: lucere–leuchten und tenebrae–Finsternis. Manuel Peña Díaz: Lucero el Tenebroso. El inquisidor cruel y sanguinario. In: Andalucía en la historia. Nr. 57, 2017, ISSN 1695-1956, S. 42 (spanisch, [1] [abgerufen am 1. Oktober 2019]).
- ↑ José Manuel de Bernardo Ares: Diego Rodríguez Lucero. Real Academia de la Historia, 2018, abgerufen am 12. November 2019 (spanisch).
- ↑ Manuel Peña Díaz: Lucero el Tenebroso. El inquisidor cruel y sanguinario. In: Andalucía en la historia. Nr. 57, 2017, ISSN 1695-1956, S. 42 (spanisch, [2] [abgerufen am 1. Oktober 2019]).
- ↑ Manuel Peña Díaz: Lucero el Tenebroso. El inquisidor cruel y sanguinario. In: Andalucía en la historia. Nr. 57, 2017, ISSN 1695-1956, S. 42 (spanisch, [3] [abgerufen am 1. Oktober 2019]).
- ↑ Tarsicio Herrero del Collado: El proceso inquisitorial por delito de herejía contra Hernando de Talavera. In: Anuario de historia del derecho español. Nr. 39, 1969, ISSN 0304-4319, S. 684 f. (spanisch, [4] [abgerufen am 1. August 2019]).
- ↑ Manuel Peña Díaz: Lucero el Tenebroso. El inquisidor cruel y sanguinario. In: Andalucía en la historia. Nr. 57, 2017, ISSN 1695-1956, S. 42 (spanisch, [5] [abgerufen am 1. Oktober 2019]).
- ↑ Manuel Peña Díaz: Lucero el Tenebroso. El inquisidor cruel y sanguinario. In: Andalucía en la historia. Nr. 57, 2017, ISSN 1695-1956, S. 43 (spanisch, [6] [abgerufen am 1. Oktober 2019]).
- ↑ Manuel Peña Díaz: Lucero el Tenebroso. El inquisidor cruel y sanguinario. In: Andalucía en la historia. Nr. 57, 2017, ISSN 1695-1956, S. 43 (spanisch, [7] [abgerufen am 1. Oktober 2019]).
- ↑ Tarsicio Herrero del Collado: El proceso inquisitorial por delito de herejía contra Hernando de Talavera. In: Anuario de historia del derecho español. Nr. 39, 1969, ISSN 0304-4319, S. 687 (spanisch, [8] [abgerufen am 1. August 2019]).
- ↑ María Julieta Vega García-Ferrer: Fray Hernando de Talavera. La pervivencia de la música mozárabe en Granada. In: Revista del Centro de Estudios Históricos de Granada y su Reino. Nr. 19, 2007, ISSN 0213-7461, S. 87–113 (spanisch, [9] [abgerufen am 1. Oktober 2019]).
- ↑ Tarsicio Herrero del Collado: El proceso inquisitorial por delito de herejía contra Hernando de Talavera. In: Anuario de historia del derecho español. Nr. 39, 1969, ISSN 0304-4319, S. 691 (spanisch, [10] [abgerufen am 1. August 2019]).
- ↑ José Manuel de Bernardo Ares: Diego Rodríguez Lucero. Real Academia de la Historia, 2018, abgerufen am 12. November 2019 (spanisch).
- ↑ Tarsicio Herrero del Collado: El proceso inquisitorial por delito de herejía contra Hernando de Talavera. In: Anuario de historia del derecho español. Nr. 39, 1969, ISSN 0304-4319, S. 699 (spanisch, [11] [abgerufen am 1. August 2019]).
- ↑ P. Bernardino Llorca S. J. (Hrsg.): Bulario pontificio de la Inquisición española en su período constitucional (1478-1525). Pontificia Universita Gregoriana, Rom 1949, S. 220 (spanisch, [12] [abgerufen am 1. Oktober 2019]).
- ↑ Manuel Peña Díaz: Lucero el Tenebroso. El inquisidor cruel y sanguinario. In: Andalucía en la historia. Nr. 57, 2017, ISSN 1695-1956, S. 44 (spanisch, [13] [abgerufen am 1. Oktober 2019]).
- ↑ Manuel Peña Díaz: Lucero el Tenebroso. El inquisidor cruel y sanguinario. In: Andalucía en la historia. Nr. 57, 2017, ISSN 1695-1956, S. 44 (spanisch, [14] [abgerufen am 1. Oktober 2019]).
- ↑ P. Bernardino Llorca S. J. (Hrsg.): Bulario pontificio de la Inquisición española en su período constitucional (1478-1525). Pontificia Universita Gregoriana, Rom 1949, S. 32 (spanisch, [15] [abgerufen am 1. Oktober 2019]).
- ↑ P. Bernardino Llorca S. J. (Hrsg.): Bulario pontificio de la Inquisición española en su período constitucional (1478-1525). Pontificia Universita Gregoriana, Rom 1949, S. 220 (spanisch, [16] [abgerufen am 1. Oktober 2019]).
- ↑ José Manuel de Bernardo Ares: Diego Rodríguez Lucero. Real Academia de la Historia, 2018, abgerufen am 12. November 2019 (spanisch).
Personendaten | |
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NAME | Rodríguez Lucero, Diego |
ALTERNATIVNAMEN | Lucero el Tenebroso |
KURZBESCHREIBUNG | kastilischer Inquisitor |
GEBURTSDATUM | nach 1450 |
GEBURTSORT | Moguer |
STERBEDATUM | 28. Dezember 1534 |
STERBEORT | Sevilla |