Vielborster (Polychaeta) sind eine Klasse der Ringelwürmer (Annelida) mit meist sehr ursprünglichem Bauplan. Polychaeten haben ihren Namen von den zahlreichen Borsten die an jedem Segment als Stützelemente und Fortbewegungsapparate dienen.
Vielborster | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Polychaeta | ||||||||||||
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Vielborster leben bis auf wenige Ausnahmen im Meer. Hier besiedeln sie alle Lebensräume, so beispielsweise den freien Wasserkörper (Pelagial) als Teil des Zooplanktons, die Uferzonen und den permanent wasserbedeckten Bereich (Sublitoral). Es gibt frei bewegliche („Errantia“) und sessile Arten („Sedentaria“). Diese Untergliederung erfolgt nur noch rein funktionell, systematisch ist sie jedoch überholt.
Vielborster haben durch die Besiedelung diverser Lebensräume auch unterschiedliche Arten des Nahrungserwerbes entwickelt. Einige sind Jäger und mit großen gut funktionierenden Augen ausgestattet (zum Teil mit Linse), andere sind Aas- und Substratfresser oder Weidegänger, wieder andere besonders Sedentaria filtrieren ihre Nahrung aus dem umgebenden Wasser. Besonders ungewöhnlich sind die Röhrenwürmer der Gattung Riftia, die ihre Nahrung in der lichtlosen Tiefsee durch symbiontische Archaeen beziehen, die ihrerseits ihre Energie chemotroph aus Schwefelwasserstoff (H2S) gewinnen. Riftia besitzt keinen Darm.
Diagnose
Ein typischer Grundbauplan der Polychaeten findet sich bei den Nereiden, etwa bei Platynereis dumerilii einer besonders gut untersuchten Polychaetenart aus dem Mittelmeer, die zur Zeit als Modellorganismus diskutiert wird.
Morphologie
Vielborster sind segmentierte Tiere, bei wenig vom hypothetischen Bauplan des Ur-Anneliden abweichenden Arten besitzen die einzelnen Segmente paarige Anhänge (Parapodien) zur Fortbewegung, welche von zahlreichen chitinösen Borsten aus durchzogen sind. Die Chaetae genannten Borsten können als kurze Form oder als Schwimmborsten ausgebildet sein und dienen mit ihren diffizil ausgebildeten Spitzen Halte- oder Padellvorrichtungen. Eine weitere Borste ist die sogenannte Stützborste oder Acicula, die je nach Ausprägung des Parapodiums einzeln oder paarig, quasi als Innenskelett die Parapodien stützt. Polychaeten besitzen wie alle Ringelwürmer ein Hydroskelett. Anders als etwa Fadenwürmer haben sie jedoch einen flexibleren und besser beweglichen Hautmuskelschlauch: Unter der Epidermis liegt eine äußere Ring- und eine innere Längsmuskelschicht, die komplexer Bewegung ermöglicht. Die Mundöffnung liegt vom Prostomium verdeckt, im Metastomium. Der Schlund (Pharynx) ist hervorstülpbar und meist bezahnt. Das Darmrohr verläuft gerade durch die Segmente und endet mit der Afteröffnung im Pygidium, dem letzten Segment im Hinterende der Tiere.
Atmung und Blutgefäßsystem
- geschlossenes Blutgefäßsystem
- ein Dorsalgefäß und ein Ventralgefäß durchziehen den Köper in Längsrichtung und stehen durch Ringgefäße miteinander in Verbindung; das Rückengefäß ist kontraktil und wirkt als Herz.
- pro Segment befindet sich ein Paar Nephridien
- Zur Atmung sind oft, besonders bei größeren Arten, Kiemen ausgebildet. Diese sind meist als Anhänge an den Parapodien zu finden. Bei kleineren Arten genügt häufig die Haut- oder Darmatmung, so dass sie auf Kiemen verzichten können.
Sessile oder in Röhren lebende Arten haben teilweise Verhaltensweisen entwickelt, um die sauerstoffarme Umgebung durch Bewegung mit sauerstoffreicherem Wasser zu versorgen, oder sie haben besondere Kiemenstrukturen ausgebildet.
Fortpflanzung
- pro Segment ist ein Paar Gonaden zu finden
- getrenntgeschlechtlich (selten Zwitter)
- Befruchtung geschieht außerhalb des Körpers
- Trochophora-Larve
Nervensystem und Sinnesorgane
Am Kopfabschnitt sitzen Prostomium (Kopflappen) und Peristomium (Mundsegment). Dort befinden sich auch die Palpen (Tastorgane), Antennen und Augen, welche für das Auffinden der Nahrung notwendig sind. Am Prostomium sitzen chemische Sinnesorgane. Das cephalisierte „Zentralnervensystem“ besteht aus dem Ober- und dem Unterschlundganglion welche über die Schlundkonnektive mit dem Bauchmark (oft lässt sich pro Segment ein Paar Ganglien finden) verbunden sind.
Einige Beispiele
- Grüner Meerringelwurm (Nereis virens)
- Eusyllis blomstrandi
- Kiemenringelwurm (Scoloplos)
- Kotpillenwurm (Heteromastus)
- Osedax
- Palolowurm
- Platynereis dumerilii
- Riftia
- Sandpierwurm
- Seemaus (Aphrodite acuelata)
- Seeringelwurm (Nereis diversicolor)
- Wattwurm (Arenicola marina)
- Weihnachtswurm (Spirobranchus giganteus)