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Böhlen (Großbreitenbach)

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Wappen Karte
Ortswappen
Hilfe zu Wappen
Deutschlandkarte, Position von Böhlen hervorgehoben
Basisdaten
Bundesland: Thüringen
Landkreis: Ilm-Kreis
Geografische Lage: Vorlage:Koordinate Text Artikel
Höhe: 619 m ü. NN
Fläche: 6,16 km²
Einwohner: 686 (31. Dezember 2005)
Bevölkerungsdichte: 111 Einwohner je km²
Postleitzahl: 98701 (alt 6301)
Vorwahl: 036781
Kfz-Kennzeichen: IK
Gemeindeschlüssel: 16 0 70 005
Gemeindegliederung: keine Ortsteile
Adresse der
Gemeindeverwaltung:
Schulstraße 1
98701 Böhlen
Website: www.boehlen.de
E-Mail-Adresse: boehlenfvv@gmx.de
Politik
Bürgermeister: Reinhard Krannich (CDU)
Lage der Gemeinde Böhlen im Ilm-Kreis
Die Lage von Böhlen im Ilm-Kreis hervorgehoben
Die Lage von Böhlen im Ilm-Kreis hervorgehoben

Böhlen ist eine Gemeinde im Ilm-Kreis in Thüringen in Deutschland.

Geografie

Böhlen liegt auf einer Hochfläche zwischen Langem Berg und Schwarzatal in etwa 620 Metern Höhe im südöstlichen Ilm-Kreis am Übergang zwischen Thüringer Wald im Westen und Thüringer Schiefergebirge im Osten. Die Hochfläche selbst bildet sich zwischen den Erhebungen „Milchberg“ (im Norden), „Große Grube“ (im Osten) und „Kirchberg“ (im Süden).

Die Gemeinde Böhlen zählt heute noch zu den waldreichsten Gemeinden der Umgebung, denn seit Jahrhunderten umfasst allein der kommunale Waldbestand etwa 291 Hektar. Die Bewirtschaftung des Gemeindewaldes deckt aber heute kaum die Kosten.

Geologie

In Böhlen ist die Braunerde als Boden vorzufinden, der jedoch nur dünn über Fels liegt und wenig ertragreich ist. Die Region stellt die Grenze zwischen dem Rotliegendem(Zechstein) im Nordwesten und Tonschiefer im Südosten der Gemarkung dar. Im nackten Fels an der Straße zwischen Böhlen und Schwarzmühle liegen die ältesten Kernzonengesteine des Thüringer Schiefergebirges offen, das sind im besonderen Phyllitschiefer und Quarz. Im Schieferfels befinden sich Kupfererzgänge.

Nachbargemeinden

Im Uhrzeigersinn, beginnend im Norden: Friedersdorf - Wildenspring - Mellenbach-Glasbach - Meuselbach-Schwarzmühle - Großbreitenbach

Klima

Das Klima in Böhlen ist auf Grund der Höhenlage recht rau. Der vorherrschende Klimatyp ist das Mittelgebirgsklima mit kühlen Sommern und schneereichen Wintern.

Geschichte

Die Gemeinde wurde 1442 erstmals urkundlich als Belen oder Belte erwähnt. Die Deutung oder Herleitung des Namens lässt sich nur vermuten. Mit großer Wahrscheinlichkeit stammt der Name aus dem slawischen Wort belin oder belina in der Bedeutung „weißer, heller Ort“. Er lässt sich aber wahrscheinlich auch von Buhil oder Bühl ableiten, was gleichbedeutend mit Bogen, Buckel oder Hügel ist. Dies verdeutlicht sich in der Lage des Ortes zwischen den umliegenden Erhöhungen. In der Mundart lautet der Name des Ortes noch heute, fast wie ursprünglich, „Beln“.

Die ersten Ansiedlungen sind in der Ortsmitte zu vermuten, hier stand auch die erste Kapelle oder Kirche des Ortes. Vom Ortskern dehnte sich die Bebauung zunächst in Richtung Viehtreibe und Mühlberg aus. Später entstanden quer zur typischen Ortszeile weitere Straßen. Im 18./19. Jahrhundert wurde auch der Anger zur Bebauung genutzt, einzelne Häuser sind noch in der sogenannten „mittleren Zeile“ vorhanden. Im Ort wurde neben Wismut und Blei vor allem Kupferkies abgebaut und zu Kupfer weiterverarbeitet (weitere Gruben in und um Böhlen: ein Goldwaschwerk am Kuraubach wird 1616 als "goldt seufen an der Schwartze" erwähnt, 1615 und 1688 werden eine bestehende Anlage eines Schwefel- und Vitriolwerks mit Hütte erneuert). Im 16. Jahrhundert gab es in Böhlen sogar ein Bergamt. Das Kupfer wurde am Kirchberg abgebaut. Durch den Bergbau erlebte die Gemeinde einen nicht unerheblichen Aufschwung, welcher sich in einer Urkunde aus dem Jahr 1533 nachweisen lässt, in der Graf Heinrich XXXIV. von Schwarzburg den Böhlener Bürgern erhebliche Vergünstigungen und Vorrechte einräumt. Diese waren vielfältig und erlaubten im besonderen die Jagd, Fischerei im Fluss Breitenbach, Brau-, Back-, Schank- und Marktrecht. Die Hälfte des Steinberges wurde zur Holznutzung freigegeben. Aus dieser Zeit stammt wahrscheinlich auch das Recht zur Nutzung der Waldwiesen im Steinberg. Der Böhlener Hirte führte noch bis in die 1960er-Jahre das Vieh dorthin. Mit den Vergünstigungen im Bergbau kamen wahrscheinlich viele Einwanderer nach Böhlen, was sich in den teilweise heute noch existierenden Namen widerspiegelt: Holland, Höland und Hauke. Es wäre aber auch möglich, dass die Namen mit den Fahrten Böhlener Fuhruntenehmer, die weit in Europa Handel mit Webereiprodukten trieben, einwanderten.

Neben dem Bergbau spielte das Weberhandwerk eine große Rolle im Ort. Aufgrund der Industrialisierung erlebte Böhlen mehrere Auswanderungswellen. In der Zeit zwischen 1834 und 1870 suchten mehrere hunderte Menschen in Brasilien und in Nordamerika eine neue Heimat und eine bessere Zukunft. Ein besonderes Kapitel der Auswanderung stellt die Gruppenwanderung vom 8. März 1852 dar. Auf mehrere Schiffe verteilt, verließen 155 Personen (13,6 % der Dorfbevölkerung) den Ort. Von Hamburg aus segelten sie nach Rio de Janeiro. Dort wurden die Auswanderer auf mehrere Kaffeeplantagen geschickt um hier als Ersatz von Sklaven zu arbeiten. Im Jahre 2002, 150 Jahre später, unternahmen die Böhlener Hans-Günther Schneider und Dieter Lange eine Spurensuche und fanden in Süd-Brasilien Nachkommen dieser Gruppe. Neben dem Bergbau und der Weberei gab es weiterhin eine große Zahl verschiedener Handwerksberufe und Händler die im gesamten deutschsprachigen Raum handelten. Es gibt in den Kirchenbüchern hierüber interessante Berichte über auswärts verstorbene Händler.

In den Jahren 1610 und 1611 wütete in der Gegend die Pest, von der Böhlen, aber besonders Wildenspring, stark betroffen waren. Der dreißigjährige Krieg traf den Ort sehr hart. Hunger, Krankheiten und Plünderungen liesen die Einwohnerzahl auf 27 schrumpfen, die sich die 27 verbliebenen Güter teilten.

1910 wurde die Zentrale Trinkwasserversorgung des Ortes durch die Firma Gockenbach aus Arnstadt fertiggestellt. Die Gemeinde wird seitdem aus Quellen vom Langen Berg versorgt. Ab 1911 erzeugte Albert Voigt auf seinem Grundstück, Ortsstraße 26, den ersten elektrischen Strom und versorgte bis 1918 nach und nach den gesamten Ort. 1928 wurde die Gemeinde mit Stadtgas versorgt, was besonders der Glasbläserei sowie der Thermometerherstellung förderlich war.

1909 bis 1910 (vielleicht auch 1912) wurde das Schulgebäude durch Italiener an der Brandstätte einer Firma erbaut. Es war mit einer Niederdruck-Dampfheizung ausgestattet. Im Keller befanden sich Wannenbäder und Duschen für die Bevölkerung. In den Jahren 1972 bis 1975 wurde das Gebäude durch eine Mehrzweckhalle mit Zwischenbau erweitert.1994 wurde der Schulbetrieb aufgelöst und das Gebäude beherbergt heute die Gemeindeverwaltung, eine Kindertagesstätte und Vereinsräume.

Bis 1920 gehörte Böhlen zum Amt Königsee im Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt. Zwischen 1920 und 1952 gehörte der Ort zum Landkreis Arnstadt, von 1952 bis 1994 zum Kreis Ilmenau und schließlich seit 1994 zum Ilm-Kreis.

Religionen

Es ist nicht bekannt, wann das erste Kirchengebäude in Böhlen gebaut wurde. Sicher ist jedoch, dass die Geschichte der Kirche so alt wie der Ort selbst ist. Ende des 16. Jahrhunderts fand die Reformation im Thüringer Wald statt, so auch in Böhlen. Die Kirche des Ortes hatte große Bedeutung, erkennbar an der Tatsache, dass im Jahre 1535 die Orte Gillersdorf und Friedersdorf zur Pfarrei Böhlen geschlagen wurden. Erst 1756 wurden Friedersdorf und Gillersdorf selbstständige Kirchgemeinden, während Wildenspring noch heute zur Kirchgemeinde Böhlen gehört. Die ältere Kirche(vermutlich die Kapelle der Heiligen Anna) wurde 1821 abgerissen. Die heutige Kirche der Heiligen Anna wurde in den Jahren 1821 bis 1822 erbaut und 1823 geweiht. Der Altar stammt noch aus der Vorgängerkirche. Der Bau des Turmes erfolgte 1896. Die originalen Bronzeglocken wurden 1915 herabgeschlagen und zu Rüstungszwecken eingeschmolzen. 1919 wurde das Geläut durch Stahlglocken ersetzt, die allerdings aufgrund ihres höheren Gewichtes während ihres Betriebes das Kirchengebäude schädigen.

Einwohnerentwicklung

Jahr Einwohner Häuser
1815 924 154
1862 1090 159
1890 1168 146
1910 1102
1933 1136
1955 1250
1995 810
2000 748
2003 730
2005 686 218

Politik

Böhlen gehört zur Verwaltungsgemeinschaft Großbreitenbach. (2 Sitze in der VWG Versammlung)

Gemeinderat

Der Rat der Gemeinde Böhlen besteht aus 8 Ratsfrauen und Ratsherren.

  • CDU 5 Sitze (Reinhard Krannich, Christine Lange, Markus Hauke, Mariane Großmann, Horst Römhild)
  • FWG 2 Sitze (Jürgen Herold, Diethard Schneider)
  • Die Linke.PDS 1 Sitz (Wilfried Schneider)

(Stand: Kommunalwahl am 27. Juni 2004)

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Sehenswert ist die Dorfkirche.

Vereine

Nachweislich gibt es seit dem Ausgang des 19. Jh. ein reges Vereinsleben im Ort. Dabei fanden sich die Böhlener selbst in schweren Zeiten zusammen, um gemeinsam Sport zu treiben, Theater zu spielen usw..

Heute gibt es in Böhlen folgende Vereine:

Bellre Jugend e.V., Böhlener Carneval Verein e.V. (BCV), Computer Club Böhlen (CCB), Deutsches Rotes Kreuz Ortsgruppe Böhlen, Feuerwehrverein e.V., Fremdenverkehrsverein Böhlen e.V., Rasse Geflügelzüchter e.V., Gesangverein Böhlen e.V., Kleingärtnerverein "Pflanzländer Böhlen" e.V., Sportverein "Fortuna Böhlen" e.V., Thüringer Waldverein 1880, Zweigverein Böhlen e.V, Thüringische Sommerakademie e.V.

Regelmäßige Veranstaltungen

Jährlich, meist in der 3. Woche im Oktober, findet die Kärmse(Dialekt für Kirchweih) im Ort statt. Interessanter Brauch der Böhlener ist es dabei, am Montag nach dem ersten Kirmeswochenende ein sogenanntes Kartoffelbraten durchzuführen. Vereine, Freundeskreise oder Familien machen an festen Plätzen ein Kartoffelfeuer in dessen Glut rohe Kartoffeln geworfen werden.

Weiterhin findet jährlich am Wochenende vor Aschermittwoch der traditionelle Fasching des Böhlener Carneval Verein e.V. statt. Der Verein ist fast der einzige Verein im südlichen Ilmkreis der am Rosenmontag ein Programm mit anschließendem Tanz durchführt.

Wirtschaft

Die im 19. Jh. einsetzende Industrialisierung führte zur Verarmung des Weberhandwerks(siehe auch: Geschichte). In Böhlen gab es früher Glasindustrie und damit einhergehend die Thermometerherstellung, sowie die erste Sperrholz-Fabrik weltweit. Sie wurde 1858 gegründet. Ein Brand im Jahr 1921 vernichtete diese Fabrik. Sie wurde danach wieder errichtet und 1930 über 20 Wochen bestreikt, was dazu führte, dass sie schließen musste. 1937 wurde die Sperrholzfabrikation wieder aufgenommen. 1948 wurde der Betrieb verstaatlicht und führte bis zum Herbst 1990 verschiedene Bezeichnungen. Es wurden Schlafraummöbel in verschiedensten Variationen produziert. Im Jahr 1983 arbeiteten etwa 160 Menschen in der Sperrholz- und Möbelfabrik. Nach 1990 wurde sie geschlossen. Durch ein bayrisches Unternehmen wurde der Betrieb 1992 saniert und stellt heute Kindermöbel her. Die Thermometerfabrik ging aus einer seit 1868 bestehenden Holzdrahtweberei an gleicher Stelle hervor. 1903 wurde mit der Fertigung von Haushaltsthermometern begonnen. 1972 wurde dieser bis dahin privat geführte Betrieb enteignet und in die VEB Thermometerwerk Geraberg eingegliedert. 1990 zog sich dieser Betrieb komplett aus Böhlen zurück, so dass diese Frauen und Männer die ersten Arbeitslosen der Gemeinde nach der Wende waren. Heute pendeln die meisten Einwohner zur Arbeit nach Großbreitenbach oder Ilmenau. Weiterhin gab es in Böhlen den einzigen Hersteller von Eieruhren in der DDR und eine Fabrik für Miederwaren-Herstellung.

Verkehr

Von Böhlen führen Straßen nach Großbreitenbach, Gillersdorf, Wildenspring und Meuselbach-Schwarzmühle. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist Böhlen per Bus zu erreichen. Der nächste Bahnhof befindet sich an der Schwarzatalbahn im drei Kilometer östlich gelegenen Meuselbach-Schwarzmühle.

  • 1854 - Bau der Dorfstraße
  • 1861 - Bau der Straße von Böhlen nach Schwarzmühle
  • 1909 - erste Häuser werden in der heutigen Schulstraße gebaut
  • 1919/1920 - Die Straße nach Schwarzmühle wird erweitert
  • 1927 - Beginn der Bebauung der Großbreitenbacher Straße
  • 1945/1947 - Beginn des Baus der Karl-Marx-Straße
  • 2006 - nach jahrelangen Verschiebungen wird endlich mit der Sanierung der Ortsdurchfahrt von Großbreitenbach nach Schwarzmühle begonnen

Literatur

  • Gemeindeverwaltung Böhlen (Hrsg.): 555 Jahre Böhlen. Stempel-KURCH, Böhlen 1997.
  • Kirchgemeinde Böhlen (Hrsg.): Historisches von Böhlen. Druckerei Drautsch, Böhlen 1992.