Anfechtung

nachträgliche einseitige Beseitigung von Rechtsfolgen durch einen Betroffenen
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Anfechtung bedeutet im deutschen Privatrecht die Ausübung eines Rechts zur nachträglichen Vernichtung eines Rechtsgeschäfts. Ein anfechtbares Rechtsgeschäft ist so lange wirksam, bis das Recht zur Anfechtung ausgeübt wird. Mit der Anfechtung wird das Rechtsgeschäft dann (rückwirkend) nichtig.

Anfechtbar sind auch bestimmte Geschäfte, durch die ein Schuldner seine Gläubiger benachteiligen will, etwa indem er Vermögen verschenkt. Trotz der gleichen Bezeichnung handelt es sich dabei aber um ein völlig anderes Rechtsinstitut (siehe unten Insolvenzverfahren/ Anfechtungsgesetz).


Fallgestaltungen

Ein Anfechtungsrecht besteht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) beispielsweise in folgenden Fällen:

Nicht anerkannt wird vom Zivilrecht der so genannte Motivirrtum, der sich auf Gründe bezieht, die die Erklärung auslösten (Ich erklärte dies, weil...) oder Folgen, die durch die Erklärung beabsichtigt sind (Ich erklärte dies, damit...).(Aktienkauf in der Annahme, dass diese nur steigen können[nicht anfechtbar])

Ausübung

Der Anfechtungsberechtigte hat die Wahl, ob er das Rechtsgeschäft trotz der Anfechtbarkeit gelten lassen will oder ob er durch Anfechtung dessen Wirksamkeit beendet. Die Anfechtung hat durch Erklärung gegenüber dem Anfechtungsgegner zu erfolgen. Dies ist bei einem Vertrag der andere Vertragspartner, bei einer empfangsbedürftigen Willenserklärung (z. B. einer Kündigung) der Empfänger und ansonsten (z. B. bei der Auslobung) jeder, der auf Grund des Rechtsgeschäfts einen rechtlichen Vorteil erlangt hat. Eine bestimmte Form ist für die Anfechtungserklärung nicht vorgeschrieben. Der Anfechtende muss das Wort "Anfechtung" nicht benutzen, es reicht aus, dass seine Erklärung erkennen lässt, er wolle das Rechtsgeschäft nicht gelten lassen.

Wirkungen

Durch die wirksame Anfechtung wird das Rechtsgeschäft grundsätzlich rückwirkend (lat. ex tunc) vernichtet. Es ist deshalb als von Anfang an nichtig anzusehen (§ 142 Abs. 1 BGB). Ausnahmen von dieser Rückwirkung bestehen bei der Anfechtung der Eingehung der Ehe (§ 1313 BGB), bei Gesellschafts- und bei Arbeitsverträgen. Dort wirkt die Anfechtung erst ab dem Zugang der Erklärung, also nur für die Zukunft (lat. ex nunc).

Der Anfechtende ist zum Schadenersatz verpflichtet, es sei denn der Vertragspartner kannte den Grund für die Anfechtbarkeit des Geschäfts oder musste ihn kennen (§ 122 BGB). Dabei haftet der Anfechtende jedoch nicht auf den vollen sog. Nichterfüllungsschaden (positives Interesse), sondern lediglich für den sog. Vertrauensschaden (auch negatives Interesse). Da dieser Schaden jedoch höher sein kann als der Schaden, der durch die Nichterfüllung eintritt, muss er keinesfalls mehr zahlen, als der Schadenersatz wegen Nichterfüllung beträgt. Hintergrund dieser Regelung ist der Gedanke, dass ein voller Schadensersatz, das Anfechtungsrecht ad absurdum führen würde, wenn anschließend wieder Erfüllung verlangt werden könnte, nur eben als Schadensersatz.

Insolvenzverfahren/ Anfechtungsgesetz

Im Insolvenzverfahren ist der Insolvenzverwalter berechtigt, bestimmte für die Insolvenzmasse nachteilige Handlungen des Schuldners anzufechten. Die Folgen einer Verschiebung von Vermögensteilen zu Lasten der Gläubiger oder übermäßige Belastungen der Insolvenzmasse sollen auf diese Weise beseitigt werden. Geregelt ist dies in §§ 129 ff der Insolvenzordnung.

Außerhalb des Insolvenzverfahrens können einzelne Gläubiger ebenfalls bestimmte Rechtshandlungen des Schuldners anfechten, etwa wenn er sein Barvermögen seiner Ehefrau geschenkt hat. Der Empfänger, im Beispiel die Ehefrau, muss das Erlangte zur Befriedigung des Gläubigers herausgeben. Geregelt ist dies im Anfechtungsgesetz.