Die Republik Serbische Krajina (Republika Srpska Krajina / RSK) war ein international nicht anerkannter serbischer de-facto-Staat, der in den Jahren 1991 bis 1995 ca. ein Drittel des Territoriums der Republik Kroatiens kontrollierte. Knin wurde im Dezember 1991 zur provisorischen Hauptstadt. 1992 schlossen sich der RSK auch die mehrheitlich serbisch bewohnten Gebiete im Osten Slawoniens an.
Der Name Krajina bezieht sich auf Vojna krajina, die serbo-kroatische Bezeichnung der österreichischen Militärgrenze, zu der ein großer Teil des Gebietes einst gehört hatte. Der Name Krajina kommt von kraj = Ende, Grenze oder Rand und weist darauf hin, dass die Krajina unter österreich-ungarischer Herrschaft das Grenzgebiet zum Osmanischen Reich war.
Zusammengesetzt hatte sich die Republik Serbische Krajina aus den Gebieten Krajina, Ostslawonien und Westslawonien. Die drei Teile hatten nur über das serbisch beherrschte Gebiet im Norden Bosniens Verbindung untereinander. Das serbisch beherrschte Gebiet reichte vom Norden nahe Karlovac über die Plitvicer Seen, die Hochebene der Lika, das Gebiet um Knin bis fast nach Sinj im Süden und bis fast nach Zadar im Südwesten.
Vorgeschichte
Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts hatten die Habsburger in dem seiner Zeit weitestgehend unbesiedelten Gebiet, zum Schutz der Grenzen gegenüber den Türken, Serben und Walachen als Wehrbauern angesiedelt und Ihnen die Autonomie vom kroatischen Ständestaat zugestanden, zu dem die Krajina und der Nordwesten Bosniens bis zur Schlacht von Mohacs (1526) gehört hatten. Im Gegenzug mussten die Bauern den Grenzschutz übernehmen, und später mussten sie auch Soldaten für die reguläre österreich-ungarischen Armeen stellen. Auch die Venezianer siedelten im dalmatinischen Hinterland, das im 17. Jahrhundert den Türken entrissen werden konnte orthodoxe Slawen an. Mit der Entstehung der serbischen und der kroatischen Nationalbewegung und der Rückgliederung der Militärgrenze in das Kronland Kroatien-Slawonien im 19. Jahrhundert begannen die Gegensätze zwischen der kroatischen Mehrheit und der serbischen Minderheit auf dem heutigen kroatischen Staatsgebiet. Während des Zweiten Weltkriegs hatten die Krajina-Serben schwere Verfolgungen durch das faschistische Ustascha-Kroatien zu erleiden. Die Serben sollten "kroatisiert" werden. Wer sich widersetzte hatte mit KZ-Haft oder seiner Ermordung zu rechnen.
Die Krajina im Jugoslawien-Krieg (1991-1995)
Nach offziellen Angaben lebten 1991 in der Krajina etwa 460.000 Menschen. Der serbischstämmige Bevölkerungsanteil lag 1991 noch bei 93%.
1990 wurden das kroatische Parlament erstmals demokratisch gewählt. Die Mehrheit errang die nationalistische HDZ unter Franjo . Die neue kroatische Regierung strebte eine möglichst große Selbständigkeit Kroatiens innerhalb Jugoslawiens oder, für den Fall dass dies nicht möglich sein sollte, die vollständige Unabhängigkeit an. Die HDZ berief sich bei ihrem Kampf für die kroatische Unabhängigkeit auch auf die Tradition des sogenannten Unabhängigen Staats Kroatien(1941-1945), der von den faschistischen Ustascha als Machthaber von Hitlers und Mussolinis Gnaden regiert worden war. Das löste bei der serbischen Minderheit Befürchtungen aus. Darüber hinaus sah die im Dezember 1990 verabschiedete kroatische Verfassung keine Gruppenrechte für die serbische Minderheit vor.
In Reaktion darauf schlossen sich die mehrheitlich serbisch besiedelten Gemeinden zunächst zu so genannten Serbischen Autonomen Gebieten zusammen, um so die Erhaltung ihrer bürgerlichen Rechte zu erzwingen. Den von den kroatischen Nationalisten übernommenen Republiksbehörden sprachen sie die Legitimität ab und hinderten sie an jeglichen Maßnahmen in den serbisch besiedelten Gebieten. Die volle Unabhängigkeit Kroatiens wurde von den Krajina-Serben abgelehnt, womit sie in einen unüberbrückbaren Gegensatz zur mehrheitsbevölkerung gerieten.
Im März 1991 kam es zu ersten Auseinandersetzungen zwischen der kroatischen Nationalgarde und der vom serbischen Belgrad aus geführten jugoslawischen Bundesarmee entlang der Grenze und innerhalb der Krajina, wobei von den kroatischen Truppen auch schwere Übergriffe auf die serbische Zivilbevölkerung verübt wurden.
Im Dezember 1991 kam es zur Gründung der Republik Serbische Krajina. Die Serben begründeten diesen Schritt als notwendige Schutzmaßnahme gegen den Terror der kroatischen Nationalgarde; die Kroaten sahen darin einen Angriff auf ihre eben erklärte Unabhängigkeit und eine Gefährdung der Integrität ihres Staates. Die Ausrufung der Krajina-Republik wurde von serbischer Seite auch damit begründet, dass die jugoslawische Armee ihren Schutz nicht mehr gewährleisten könne, was auch tatsächlich der Fall gewesen ist.
Im weiteren Verlauf kam es zu folgenschweren Übergriffen und beide Seiten begannen in den von ihnen beherrschten Gebieten mit den so genannten ethnischen Säuberungen. Neben der ortsansäsigen Bevölkerung waren auch Paramilitärs aus anderen Teilen des ehemaligen Jugoslawien und Verbände der Jugoslawischen Volksarmee (JNA)am Krieg beteiligt. Die auf kroatischem Boden stationierten Einheiten der JNA dienten den serbischen Milizen als taktischer Berater und Bereitsteller von Kriegsgerät. Formell dem Kommando der JNA unterstellt, standen die verschiedenen paramilitärischen Einheiten unter dem Machteinfluss der Führung in Belgrad und dem serbischen Ministerium für innere Sicherheit, was oft zu Konflikten zwischen der JNA und den Paramilitärs in der serbischen Krajina führte. In verschiedenen Orten so z.B. Skabrnje (nahe Zadar) fanden z.B. unter dem Oberbefehl von General Ratko Mladic Massaker an der kroatischen Zivilbevölkerung statt. Die Verselbstständigung der Polizeieinheiten auf dem Gebiet der serbischen-krajinischen Gemeinden mündete in der Formierung einer bewaffneten Einheit, die sich zum politischen Faktor entwickelte und alle Versuche, während des Krieges zivile Verwaltungsstrukturen aufzubauen behinderte. Spätestens mit der totalen Zerstörung von Vukovar in Ostslawonien]] im Herbst 1991 gab es kaum mehr Chancen auf eine Verständigung zwischen Serben und Kroaten und damit auf ein schnelles Ende des Krieges.
Unter internationaler Vermittlung wurde Anfang 1992 ein Waffenstillstand geschlossen. Demnach verpflichtete sich die jugoslawische Armee, ihre Truppen aus Kroatien abzuziehen. In den umstrittenen Gebieten wurde eine Friedenstruppe der Vereinten Nationen (UNPROFOR) stationiert, nachdem der Vance-Owen-Plan von den Konfliktparteien akzeptiert worden war. Es werden vor allem dort Schutzzonen gebildet, wo kroatische Serben eine Mehrheit oder auch eine maßgebliche Minderheit darstellten und wo es bereits zu bewaffneten Auseinandersetzungen gekommen war. Insgesamt entstanden vier Schutzzonen: Sektor Nord, Süd, Ost und West. Die UN entsandte 14.000 Mann. Die serbisch kontrollierten Teile blieben völkerrechtlich ein Teil Kroatiens. Über ihren endgültigen Status sollte in Verhandlungen zwischen der kroatischen Regierung und den örtlichen Serben entschieden werden.
Die Waffenstillstandslinie wurde faktisch zu einer Staatsgrenze zwischen Kroatien und der Krajina-Republik, die nur unter größter Gefahr überschritten werden konnte. Die Verhandlungen über die Öffnung der Verkehrwege und eine Rückkehr von Flüchtlingen und Vertriebenen kamen nicht voran, da keine Seite bereit war Vertriebenen die Rückkehr zu gestatten und die serbische Seite als Vorbedingung die Anerkennung der Serben als zweites Staatsvolk innerhalb Kroatiens oder die Anerkennung der Republik Serbische Krajina durch Kroatien verlangte. Die Führung der Republik Serbische Krajina sah in der Kontrolle der wichtigsten Verkehrsverbindungen vom nördlichen Kroatien nach Dalmatien durch Gebiete in der Lika und Norddalmatien und nach Slawonien durch das von ihr kontrollierte Gebiet in Westslawonien, ihr Hauptdruckmittel gegenüber der kroatischen Regierung.
Im Juni 1992 kam es trotz UN-Präsenz zum erneuten Ausbruch der Kämpfe: die kroatischen Streitkräfte versuchten, die serbisch besetzten Gebiete zu erobern. Und auch im folgenden Jahr gingen die militärischen Auseinandersetzungen, begleitet von systematischen Zerstörungen der Dörfer und Morden an der Zivilbevölkerung, weiter.
Die im Jahr 1994 von internationalen Vermittlern vorgelegten Friedenspläne, die eine weitgehende Autonomie der Serben innerhalb Kroatiens vorsahen und denen von kroatischer Seite zugestimmt wurde, hatten unter diesen Umständen keinen Erfolg. Die serbischstämmige Bevölkerung wollte sich nicht auf die Versprechen Franjo Tudjmans verlassen, dessen Ziel - Befestigung des nationalkroatischen Staats mit allen Mitteln - klar waren, und die den Beteuerungen bzüglich der Gewährung einer Autonomie deutlich widersprachen. Außerdem hatten die in der Krajina tonangebenden Milizenführer, die Verfolgung durch die kroatischen Behörden zu erwarten.
Die Teile der serbischen Bevölkerung, die die Gewalttaten aus den serbischen Reihen verurteilten und sich nicht beteiligen wollten, wurden massiv unter Druck gesetzt. Männer, die sich dem Kriegsdienst verweigerten, wurden ins Gefängnis gesteckt und misshandelt. Eltern, die ihre Söhne rechtzeitig ins Ausland geschickt hatten, wurden unter Druck gesetzt und beschimpft. Junge Serben, die sich nach Serbien abgesetzt hatten, wurden dort von Arkans Banden aufgestöbert und als "Verräter und Deserteure" in Lager gebracht, von wo aus sie nach einer entsprechenden "Behandlung" an die Front geschickt wurden.
Die Existenz der Republik Serbische Krajina blieb Zeit ihres Bestehens prekär. Sie verfügte über kein zusammenhängendes Territorium, die Verbindung zwischen ihrem Kerngebiet, das sich von Knin im Süden längs der kroatisch-bosnischen Grenze bis Petrinja erstreckte, und dem serbisch kontrollierten Gebiet in Westslawonien konnte nur auf dem Wege über die Republika Srpska der bosnischen Serben aufrechterhalten werden, Ostslawonien war nur auf einem längeren Umweg über Rest-Jugoslawien zu erreichen. Wirtschaftlich wäre die Republik Serbische Krajina nicht einmal in Friedenszeiten lebensfähig gewesen. Der von der Führung der Republik Serbische Krajina wiederholt geäußerte Wunsch, sich mit der von Serbien und Montenegro gebildeten Bundesrepublik Jugoslawien zu einem Staat zusammenzuschließen, wurde jedoch von der Führung in Belgrad abgewiesen, da sich Serbien durch einen solche Schritt nicht den Weg zu einem künftigen Friedensschluss mit Kroatien verbauen wollte, und es inzwischen bereits andere Absprachen zwischen Slobodan Milošević und Franjo Tudjman gab, die auch die Teilung Bosniens beinhalteten.
Im Frühjahr 1995 wurde durch ein Abkommen zwischen der kroatischen Regierung und der Republik Serbische Krajina die durch das serbisch kontrollierte Westslawonien führende Autobahn zwischen Zagreb und Slawonien provisorisch wiedereröffnet. Auf dem serbisch kontrollierten Streckenabschnitt kam es jedoch wiederholt zu Konflikten zwischen der Polizei der Republik Serbische Krajina und kroatischen Reisenden. Umgekehrt war an einer Durchreise der serbischen Bevölkerung durch Kroatien nicht zu denken. Das Verhalten der serbischen Polizei stellte aus kroatischer Sicht einen Verstoß gegen das geschlossene Abkommen dar. Dies nahm Kroatien offiziell zum Anlass, das von der Republik Serbische Krajina kontrollierte Territorium in Westslawonien im Mai 1995 durch die Militäraktion Blijesak (Blitz) zurückzuerobern. Tatsächlich handelte es sich dabei um vorgeschobene Argumente, denn die Militäraktion war lange geplant gewesen. Die Truppen der RSK leisteten zunächst Widerstand, wurden dann aber geschlagen. Als Vergeltung zu den Übergriffen der Kroaten gegen die serbischstämmige Zivilbevölkerung in Pakrac ließ der damalige Präsident und Oberkommandierende der RSK, Milan Martić, zwei Raketenangriffe auf das Stadtzentrum von Zagreb durchführen. Beides wurde vom UN-Sicherheitsrat auf schärfste verurteilt.
Das Ende der Serbischen Krajina und die Kriegsfolgen
Nachdem die Führung der Republik Serbische Krajina auch nach dieser militärischen Niederlage nicht bereit war, auf die Forderungen der Kroaten einzugehen, begann die kroatische Armee im Sommer 1995 eine zweite Militäraktion (Oluja/Sturm) und eroberte bis auf Ostslawonien die Gebiete der Serbischen Krajina. Der Präsident und Oberkommandierende der RSK, Milan Martić, floh angesichts der Niederlage seiner Truppen bald nach dem Beginn der kroatischen Offensive auf das Gebiet Rest-Jugoslawiens. Der Erfolg dieser Operation war maßgeblich darauf zurückzuführen, dass einerseits die kroatische Armee mit Unterstützung der USA aufgerüstet wurde und andererseits die RSK keinerlei Unterstützung mehr von Seiten der Bundesrepublik Jugoslawien oder der bosnischen Serben hatte, die offensichtlich eine Vermeidung eines direkten militärischen Konflikts mit Kroatien bereits im Vorfeld ausgehandelt hatten Die kroatischen Militärs haben während des Einmarschs sämtliche Dörfer der serbischstämmigen Einwohner dem Erdboden gleich gemacht. Es kam, wie heute auch das ICTY in den Haag in seinen Anklageschriften aufführt, während der "Operation Sturm" zu schweren Übergriffen und Massakern an der zurückgebliebenen Zivilbevölkerung.
Von der Republik Serbische Krajina blieb danach nur noch das serbisch kontrollierte Gebiet in Ostslawonien übrig. Dieses wurde im Rahmen eines Abkommens zwischen Kroatien und Serbien auf friedlichem Wege in die Republik Kroatien wiedereingegliedert. Dazu wurde es von 1996 bis 1998 unter eine Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen (United Nations Transitional Administration for Eastern Slavonia, Baranja and Western Srem/UNTAES) gestellt.
Wenn man die Volkszählungen von 1991 und 2001 gegenüber stellt, so ergibt sich folgendes Bild: 1991 lag der Anteil der ursprünglich serbischstämmigen Bevölkerung in der Republik Kroatien bei ca. 600.000. Im Jahr 2001 waren in Kroatien nur noch ca. 200.000 Kroaten serbischer Abstammung registriert. Viele davon leben aber nach wie vor im Ausland und haben sich nur in Kroatien gemeldet, um bestehende Eigentumsansprüche zu wahren.
Die Reintegration der serbischen Bevölkerung Kroatiens ist größtenteils misslungen. Noch im Jahr 2000 kam es vereinzelt zu Übergriffen auf Rückkehrer. Viele kämpfen heute noch gegen die Enteignungen ihrer Ländereien, Häuser und Wohnungen. Zwar zahlt die kroatische Regierung heute für diejenigen die zurück kommen und genügend Grund und Boden haben um für sich selber zu sorgen zu können, Entschädigungen, die aber oft über langwierige Gerichtsprozesse eingeklagt werden müssen. In machen Gebieten, wie z.B. in der Gegend um Knin, haben sich viele vertriebene Kroaten aus Bosnien in den Häusern der serbischstämmigen Bevölkerung angesiedelt. Dies führt heute noch immer zu einer prekären Situation im Hinblick auf die Rückgaben enteigneten Eigentums. Das erklärt teilweise auch, warum gerade in dieser Region der Hass gegen die Serben besonders groß ist.
Das UNO-Tribunal für das Frühere Jugoslawien in Den Haag hat am 29. Juni 2004 Milan Babić, der 1991/1992 der erste Präsident der RSK gewesen war, wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 13 Jahren Haft verurteilt. Der einstige führende Politiker der RSK hatte gestanden, 1991/92 Menschen anderer Bevölkerungsgruppen aus politischen Gründen verfolgt zu haben. Babić war der Beteiligung an Aktionen angeklagt worden, die im Jugoslawien-Krieg darauf abgezielt hatten, Nichtserben von rund einem Drittel des kroatischen Gebietes zu vertreiben.
Die kurze Geschichte der Serbenrepublik in der Krajina ist im Zusammenhang mit dem Bosnien-Krieg und den anderen ethnischen Konflikten des zerfallenen Jugoslawien zu sehen und zu bewerten.