Ein Elektroflugzeug (oder elektrisches Flugzeug) ist ein Flugzeug, das durch einen oder mehrere Elektromotoren angetrieben wird.



Bislang gab es abgesehen von Solarflugzeugen Elektroantriebe meist nur als Hilfsantrieb für Segelflugzeuge. Mit den jetzigen Lithium-Ionen-Akkus sind Elektroflugzeuge, zumindest für Kurzstreckenflüge viel eher möglich. Elektrische Flugzeugantriebe sind eine technologische Option im Hinblick auf eine Energiewende im Bereich Luftverkehr.[1]
Technische Umsetzung
Im Grundsatz werden Elektromotoren mit Propeller durch den Strom der an Bord befindlichen Stromspeicher, wie Akkumulatoren bzw. Superkondensatoren angetrieben. Falls die erforderliche Energie durch Sonnenstrahlung erzeugt wird, dann ist es ein Solarflugzeug. Alternativ kann der Strom durch mitgeführten Wasserstoff über Brennstoffzellen erzeugt werden, dann handelt es sich um ein Wasserstoffflugzeug. Beim Hybridelektroflugzeug ist zusätzlich zum elektrischen Antrieb außerdem ein Verbrennungsantrieb vorhanden. Die Bauform als senkrechtstartendes Kurzstreckenflugzeug ohne Pilot, das eher für den Großstadtverkehr gedacht ist, nennt man Autonomes Flugtaxi.
Eigenschaften
- Vorteile
- viel höherer Wirkungsgrad von Elektromotoren gegenüber Verbrennungsantrieben im weiten Drehzahlbereich, damit grundsätzlich eher energieeffizient
- Elektromotoren haben bei gleicher Leistung geringeres Gewicht
- Nachteile
- mit Batterien als Hauptenergiespeicher nur Kurzstreckenflüge möglich; Batterien haben eine viel geringere Energiedichte als fossile Brennstoffe, somit ergibt sich ein höheres Startgewicht
Die Flugleistungen, insbesondere die Reichweite der Neuentwicklungen reicht noch nicht an herkömmliche Antriebe heran, die Betriebskosten – vor allem für den Energieeinsatz – sind aber erheblich geringer. Hauptvorteil eines elektrischen Antriebs ist seine Wartungsfreiheit. Diese macht bei konventionellen Antrieben einen erheblichen Anteil der Betriebskosten aus. Ein zusätzlicher Vorteil ist die material- und umweltschonende Laufruhe durch die fast vollkommene Abwesenheit von Vibrationen. Außerdem entfallen komplett alle Wartungs- und Kontrollarbeiten bezüglich Öl, Kühlwasser, Treibstoff- und Luftfilter, Auspuffanlage und Getriebe, sowie die immense Gefahr, in einem Flugzeug eine hochentzündliche, explosive Flüssigkeit zu transportieren. Darüber hinaus leisten Elektroantriebe das gewünschte Drehmoment bei jeder Temperatur, Luftdichte und Drehzahl. Dies ist vor allem für die kritische Startphase von Flugzeugen von erheblicher sicherheitstechnischer Bedeutung, aber auch beim Aufstieg in eine energieeffiziente Flughöhe.
Weitere Informationen finden sich bei der CAFE Foundation, die 2011 einen Preis für das energieeffizienteste Flugzeug ausgeschrieben hatte. Der Sieger erreichte mit einem Viersitzer eine Reichweite von ca. 300 km.[2] Aus Deutschland nahm daran das Elektroflugzeug e-Genius des Instituts für Flugzeugbau der Universität Stuttgart teil.[3]
Geschichte
Voraussetzungen für einen Elektroflug waren die Erfindungen der Luftfahrttechnik und die Erfindung von Elektromotoren. Der wahrscheinlich erste elektrisch angetriebene Flug war am 8. Oktober 1883 von Gaston Tissandier mit einem Luftschiff.[4] Darüber hinaus gab das 1884 von Arthur Constantin Krebs ebenfalls mit einem Luftschiff mit dem Namen La France.[5]
In der Sowjetunion wurde ab 1961 eine Maschine des strategischen Bombers TU-95 mit Nuklearantrieb getestet. Das Tu-95LaL und Tu-119 genannte Flugzeug hatte einen Atomreaktor an Bord, der jedoch nie als Antrieb diente, es war eine Machbarkeitsstudie für einen Fernbomber und -aufklärer mit Nuklearantrieb.[6]
Modellflugzeuge wurden schon vor 1973 etwa von Fred Militky mit leisen Elektromotoren ausgestattet.[7]
Als erster Flug eines bemannten (Flächen-)Elektroflugzeuges gilt gemeinhin der Erstflug der MB-1E (MB: Militky Brditschka) OE-9023 am 21. Oktober 1973, mit dem der Österreicher Heino Brditschka (* 1950, Sohn von Heinrich Brditschka, * 1930) als Pilot einen lange Zeit nicht überbotenen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde hielt.[8][9] Die Angaben zur Länge des Fluges variieren von 9:05 min bis 14 min.[9][10] Der Flug erfolgte nach 70 m Startstrecke in 300–360 m Höhe und mit einer Maximalgeschwindigkeit von 139 km/h. Das MTOW betrug 440 Kilogramm, NiCd-Akkus von Varta lieferten 15 kW Leistung, ein Bosch-Motor wirkte über mehrere Riemenscheiben einstufig ins Langsame untersetzt auf die Druckschraube hinter der Kabine.[11] Das Flugzeug gelangte irgendwann unvollständig ins Flugmuseum Graz-Thalerhof, wurde hier ab 2016 ergänzt und restauriert und wurde am 26. Oktober 2017 – nicht flugfähig – Besuchern präsentiert. Nun plant HB-Flugtechnik seinen Typ HB-23 (bisher mit Verbrenner) mit Akku-Elektromotorantrieb auszustatten.[12]
In Deutschland gibt es bereits zwei eigenstartfähige Segelflugzeuge mit Musterzulassung, den Lange Antares 20E und den Silent AE-1. Neue Impulse werden von der im Frühjahr 2009 in Friedrichshafen geplanten Messe speziell zum Thema „Elektroflug“ erwartet.
Elektroflugzeuge finden eine häufige Verwendung in Form von Modellflugzeugen, beispielsweise Shock Flyer und Slowflyer.
Pipistrel entwickelt seit 2006 den Elektro-Motorsegler Pipistrel Taurus in der UL-Klasse. Erstflug war im Dezember 2007, die Serienproduktion der zweiten Generation Taurus Electro G2 wurde Anfang 2011 aufgenommen.[13]
Seit dem Jahr 2009 befindet sich das UL Yuneec in Flugerprobung. Es verfügt über einen 30-kW-Motor und in der Standardausstattung über eine Batteriekapazität von 1,5 Stunden. Der Verkaufsstart war für das Jahr 2011 avisiert, der bis dato genannte Preis ist konkurrenzfähig mit herkömmlichen ULs und Motorseglern.
Seit etwa 2007 gibt es längliche Blimp mit Längen von etwa 1,5–10 m Länge für Foto- oder Videoflug, die nur indoors oder bei wenig Wind eingesetzt werden können und später von Quadrocopter-Drohnen abgelöst werden.
Seit etwa 2012 sind metallisierte Folienballons als Spielzeug erhältlich, die elektrisch angetrieben werden. Einerseits solche in Zeppelin/Zigarren-Form mit vorne LiIon-Akkus und hinten 1–2 Motoren. Eine kleinere einfachere Version weist einen eher flach-linsenförmigen Auftriebskörper auf und ein Paar unterhalb, rechts und links der Mitte angeordnete Motoren, deren Drehzahl getrennt angesteuert und deren gemeinsamer Träger so um eine Querachse gedreht werden kann, dass mittels Auf- und Abwärtskomponente ein Steigen und Fallen bewirkt werden kann. Die Minimalvariante hat einen schmal-hohen Querschnitt und eine Heckflosse, die rasch um eine vertikale Achse entweder ganz nach rechts oder links oder dauerhaft wachelnd verschwenkt werden kann. Sie ist das einzige Vortriebs- und Steuerelement. Der insgesamt nur etwa 50–60 lange Ballon muss auf leicht sinkend getrimmt sein, die Aktivierung des Antriebs lässt ihn etwas aufsteigen.
In den USA ist ein neues Projekt in Arbeit: Aus dem bereits flugfähigen Kitplane-Prototyp (Bausatzflugzeug) Electra-Flyer-C soll der Zweisitzer Elektra-Flyer-X hervorgehen.
Nach der flugfähigen Konzeptstudie Airbus E-Fan arbeitet Airbus an der Konzeption eines Verkehrsflugzeugs für etwa 80 Passagiere, das elektrisch angetrieben werden soll. Dabei soll auch ein Aufladen der Akkus durch Rückgewinnung von Energie beim Gleit- bzw. Sinkflug möglich sein.[14]
Zwischen 2015 und 2016 gelang den Schweizern Bertrand Piccard und André Borschberg die Weltumrundung mit dem Solarflugzeug Solar Impulse. Ziel des Vorhabens war für die Notwendigkeit des Energiesparens aufmerksam zu machen.
Auf der Pariser Luftfahrtschau 2019 wurde mit der Eviation Alice ein Verkehrsflugzeug für 9 Passagiere vorgestellt, dass 2022 den kommerziellen Betrieb aufnehmen soll.[15]
Das Easyjet-/Wright Electric-Konzept soll ab 2027 rund 180 Passagiere über 540 km rein elektrisch befördern.[16][17][18] Möglich wäre z. B. die Strecke von Amsterdam nach London.[19]
Datum | Geschwindigkeit | Pilot | Flugzeug | Ort, Quelle, Anmerkungen |
---|---|---|---|---|
2013 | 324,04 km/h (201 mph) | William M. „Chip“ Yates | [20][21] außerdem hat bzw. hatte er noch weitere Rekorde für Elektroflugzeuge inne, vgl. englische Wikipedia Artikel: Chip Yates | |
2017 | 337,5 km/h | ? | Siemens Extra 330LE | Flugplatz: Dinslaken Schwarze Heide[22][20] |
geplant für 2020 | 480 km/h | ? | Rolls-Royce Accel | [23] |
Siehe auch
- Comparative Aircraft Flight Efficiency Foundation, Gesellschaft zur Förderung der Ökonomie von Privatflugzeugen
Literatur
- Bücher
- Kevin Desmond: Electric Airplanes and Drones: A History, McFarland, 2018 ISBN 978-1-4766-6961-8
- Klaus L. Schulte: Elektroflug – Technologie, Geschichte, Zukunft. K.L.S. Publishing, Köln 2014 ISBN 978-3-942095-44-0
- Kapitel: Das elektrische Fliegen. In: Helmut Igl: Geschichte der Luftfahrt kurz und bündig, sudok-Verlag, 2018, S. 124–126
- Artikel
- H. Grossbongardt: Fliegerei unter Strom: Elektrische Antriebe. In: AERO International, Nr. 11/2017, S. 40–42, 44
- Sonderteil: Elektrisch Fliegen. In: Flieger Revue, Nr. 9/2018, S. 32–41
- Elektroflugzeuge: Erste Elektro-Linienflüge der Welt in Kanada geplant, von Ajaz Shah, energyload Kanada, 25. Mai 2019
- Christoph Brenner: Ist die Zukunft elektrisch? In: AERO International, Nr. 10/2019, S. 36–39
Weblinks
- Solar- und Elektro-Flieger, Links des Bundesverbandes Solare Mobilität
- Geschichte der Solar- und Elektroflugzeuge von Achmed Khammas ( vom 24. Oktober 2007 im Internet Archive)
Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ Die Antriebsmittel der Zukunft. In: Klaus L. Schulte: Elektroflug – Technologie, Geschichte, Zukunft, 2014, ISBN 978-3-942095-44-0, S. 28–29
- ↑ CAFE: Comparative Aircraft Flight Efficiency
- ↑ Homepage des e-Genius
- ↑ Kevin Desmond: Electric Airplanes and Drones: A History, 2018, ISBN 978-1-4766-6961-8, S. 19; mit Quellenverweis auf: Kevin Desmond: Gustave Trouvé: French Electrical Genius, McFarland 2015
- ↑ Kevin Desmond: Electric Airplanes and Drones: A History, 2018, ISBN 978-1-4766-6961-8, S. 22–23
- ↑ Турбовинтовые самолеты Ту-95/Ту-114/Ту-142/Ту-95МС, ISBN 978-5-98734-025-7
- ↑ Kevin Desmond: Electric Airplanes and Drones: A History, 2018, ISBN 978-1-4766-6961-8, S. 66–67
- ↑ The Guinness Book of Records 1994. Bantam, 1994, ISBN 978-0-553-56561-4, S. 328.
- ↑ a b Ron Moulton: An electric aeroplane. In: Flight International. Volume 104, Nr. 3378. IPC Transport Press, London 6. Dezember 1973, S. 946 (online verfügbar (PDF) [abgerufen am 19. Januar 2012]).
- ↑ Chronik. In: hb-flugtechnik.at. HB-Flugtechnik, abgerufen am 27. November 2015.
- ↑ Militky MB-E1. (1973) In: Klaus L. Schulte: Elektroflug – Technologie, Geschichte, Zukunft, 2014, ISBN 978-3-942095-44-0, S. 159–160
- ↑ Franz Zussner: Fotobericht vom zweiten Rollout des weltweit ersten Elektroflugzeuges austrianwings.info, 27. Oktober 2017, abgerufen 12. November 2017.
- ↑ Presseinformation ( vom 20. Juni 2011 im Internet Archive) auf der Website des deutschen Vertriebspartners, abgerufen am 29. März 2011.
- ↑ Werner Pluta: Airbus E-Concept: Das Linienflugzeug wird elektrisch. golem.de, 22. Mai 2014, abgerufen am 22. Mai 2014.
- ↑ www.manager-magazin.de: Dieser Mann will das Fliegen neu definieren, vom 19. Juni 2019, abgerufen am 21. Juli 2019
- ↑ Victoria Moores: EasyJet joins electric aircraft project In: Aviation Week Network, 27. September 2017
- ↑ Samantha Masunaga: This L.A. electric plane startup is working with EasyJet to develop electric jetliners In: LA Times, 27. September 2017
- ↑ Wright Electric.
- ↑ Stefan Eiselin: Amsterdam – London als Route für Elektroflieger. aerotelegraph.com, 30. Oktober 2018, abgerufen am 2. November 2018.
- ↑ a b https://www.nzz.ch/mobilitaet/luftfahrt/weltrekord-mit-elektroflugzeug-noch-nie-war-ein-e-flugzeug-schneller-ld.155524, abgerufen am 16. April 2019
- ↑ Kevin Desmond: Electric Airplanes and Drones: A History, 2018, ISBN 978-1-4766-6961-8, S. 287
- ↑ Siemens: Elektrisches Fliegen, abgerufen am 6. Mai 2019
- ↑ https://energyload.eu/elektromobilitaet/elektroflugzeug/rolls-royce-elektroflugzeug/, abgerufen am 16. April 2019