Ariel Scharon

israelischer General und Politiker
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Ariel ("Arik") Scharon (he. אריאל שרון), geboren als Ariel Scheinermann (* 27. Februar 1928 in Kfar Malal in der Scharonebene), ist ein israelischer Politiker und ehemaliger General. Der ehemalige Vorsitzende des Likud und Gründer der Kadima war zweimal Verteidigungsminister Israels, einmal Außenminister Israels und von 2001 bis 2006 Ministerpräsident Israels.

Ariel Scharon bei einer Pressekonferenz

Ariel Scharon hat aufgrund seiner Biographie und seines politischen Wirkens eine stark polarisierende Wirkung. Insbesondere in Israel betrachten ihn viele als Helden, der den Staat Israel vom Unabhängigkeitskrieg an stets bedeutend mitgeprägt hat. In der arabischen Öffentlichkeit und bei einigen Menschenrechtsgruppen gilt er hingegen als Kriegsverbrecher. Auf der anderen Seite sind seine Gegner in der israelischen Rechten der Meinung, er sei in seinem Amt als Ministerpräsident den Palästinensern gegenüber viel zu kompromissbereit.

Familie

Scharon ist Sohn eines polnisch-deutschen Vaters und einer russischen Mutter. Sein Vater Samuel hatte gerade sein Landwirtschaftsstudium abgeschlossen, als er 1921 als aktiver Zionist vor der Roten Armee floh und in das Gebiet des heutigen Israels auswanderte. Seine Frau Vera Schneeroff hatte deshalb ihr Medizinstudium nicht abschließen können, was sie ihr Leben lang bereute. Sie war weder, im Gegensatz zu vielen Einwanderern dieser Zeit, sozialistisch eingestellt, noch teilte sie den Zionismus ihres Mannes.

Die Familie ging nicht in ein sozialistisches Kibbutz, sondern in das Moschaw Kfar Malal, wo die Entscheidungen zwar kollektiv getroffen wurden, aber jeder sein eigenes Land besaß. Die politische Einstellung der Mutter und die Tatsache, dass Scharons Vater sich als einziger studierter Landwirt und wenig kompromissbereiter Mensch über die Entscheidungen der Gemeinschaft hinwegsetzte, machten aus Ariel Scharon einen Außenseiter unter den Dorfkindern.

Frühe Jahre

Dienst in der Hagana

Mit 13 begann Scharon am Wachdienst des Moschaws mitzuwirken und besuchte das Gymnasium in Tel Aviv. Im Jahre 1942 trat Scharon 14-jährig der Untergrundorganisation Hagana, dem Vorläufer der israelischen Armee, bei. Mit 17 machte Scharon, nie ein herausragender Schüler, das Abitur. Weil sein Vater die Aktionen des Palmach gegen jüdische national-konservative Gruppen, die die Briten bekämpften, nicht teilte, trat Scharon nicht dieser Eliteeinheit, sondern der Siedlungspolizei bei. Schon seit dem 21. Dezember 1947 war die Hagana dauerhaft mobilisiert worden, und Scharon war an mehreren Aktionen beteiligt.

Unabhängigkeitskrieg

Zu Beginn des israelischen Unabhängigkeitskrieges von 1948 war Scharon Zugführer in einer Infanteriekompanie, die zur Alexandroni-Brigade gehörte. Er kämpfte unter anderem in der ersten Schlacht um Latrun (26. Mai 1948), wo er schwer verwundet und sein Zug fast vollkommen ausgelöscht wurde. Später wurde er zum Aufklärungsoffizier im Bataillon ernannt, das zuerst im Norden gegen die Iraker, später, kurz vor Kriegsende, im Süden gegen die Ägypter kämpfte.

Nach dem Krieg wurde die Alexandroni-Brigade in den Reservestatus versetzt, und Scharon wurde Offizier der Aufklärung in der Golani-Brigade, wo er bald zum Hauptmann ernannt wurde und einen Bataillonskommandeurskurs besuchte. Im Jahre 1950 wurde er zum Aufklärungsoffizier für das gesamte Zentralkommando ernannt. Wegen der Folgen einer Malaria nahm Scharon 1951 eine mehrmonatige Auszeit und bereiste zum ersten Mal Europa und Nordamerika. Im November 1952 begann Scharon erstmals, unter der Führung von Mosche Dajan, mit Kommandoaktionen hinter feindlichen Linien. Am Ende des Jahres entschloss er sich jedoch dazu, sich aus dem aktiven Dienst zurückzuziehen.

Er begann ein Studium der Geschichte und Kultur des Nahen Ostens an der Hebräischen Universität Jerusalem, an der er sich schon einmal 1947 folgenlos für Landwirtschaft eingeschrieben hatte. Am 29. März 1953 heiratete er seine erste Frau Margalit (kurz Gali), eine Rumänin, die er 1947 kennengelernt hatte. Margalit starb im Jahre 1962 bei einem Autounfall, und auch ihr gemeinsamer Sohn starb 1967 durch einen Unfall mit einem Gewehr der Familie. Scharon heiratete später Margalits jüngere Schwester Lily, mit der er zwei Söhne, Omri und Gilad Scharon hat. Lily Scharon starb im Jahre 2000.

Militärische Karriere

Die Einheit 101

Nachdem terroristische Überfälle, möglich gemacht durch schwer zu überwachende Grenzen Israels, in den Jahren 1951 137, 1952 162 und 1953 noch einmal 160 meist zivile Opfer, zum Teil bis in den Vororten Tel Avivs, gefordert hatten, wurden mehrere Versuche unternommen, Gegenschläge gegen Zentren des Terrors auszuführen. Diese waren jedoch wenig effektiv und wurden nicht von speziell ausgebildeten Truppen ausgeführt, weshalb sie oft zu bedeutenden Verlusten führten. Auch Scharon führte einen dieser misslungenen Gegenschläge aus, und seine militärische Analyse der Aktion führte dazu, dass Ben Gurion Mordechai Makleff mit der Gründung einer Spezialeinheit beauftragte. Ende Juli 1953 wurde Scharon schließlich mit der Führung dieser Einheit, der Einheit 101 betraut, weshalb er sein Studium zurückstellen musste.

Scharon wählte das Personal sorgfältig aus, und im Oktober 1953 hatte die in Camp Sataf stationierte Einheit 45 Mitglieder, die einem harten Training unterworfen wurden. Die Einheit begann als ’’Abschreckungsoperationen’’ bezeichnete Aktionen im Feindesland. Bei ihren Kommandounternehmen im feindlichen Hinterland wurde nur wenig Rücksicht auf Zivilisten genommen. Bei einem gemeinsam mit einer Kompanie Fallschirmjäger unternommenen Angriff auf das jordanische Dorf Kibbija wurden 69 Menschen getötet. Die meisten Opfer waren Zivilisten, die sich trotz Räumungsbefehl in ihren Häusern versteckt gehalten hatten, die von den Israelis gesprengt wurden. In seiner Autobiographie schreibt Ariel Scharon:

“Wenn die zivilen Opfer auch eine Tragödie waren, war der Angriff auf Kibbija doch ein Wendepunkt. Nach so vielen Niederlagen und Fehlschlägen war nun deutlich, dass die israelischen Truppen wieder dazu in der Lage waren, Ziele weit im feindlichen Hinterland zu finden und zu treffen. Was dies für die Moral der Armee bedeutete, kann kaum übertrieben werden.“

Die Fallschirmjäger

Nachdem Mosche Dajan Ende 1953 zum israelischen Generalstabschef ernannt worden war, wurde die Einheit 101 mit den Fallschirmjägern verschmolzen, und Scharon wurde der Chef des Bataillons, das nach Einschätzung der israelischen Führung erfolgreich arbeitete. Nach der Kibbija-Aktion wurden jedoch nur noch rein militärische Ziele angegriffen. Die herausgehobene Position der Fallschirmjäger und die Tatsache, dass Scharon seinen persönlichen Kontakt zu Ben Gurion und Dajan ausnutzte und seine persönlichen Ambitionen durch scharfe Kritik an den Methoden der Armee deutlich machte, führte zu Problemen Scharons mit seinen Vorgesetzten in der Armee. Zu Konflikten kam es auch mit dem neuen Verteidigungsminister Pinchas Lavon, der, besorgt um die außenpolitischen Auswirkungen der Aktionen, Scharon vergeblich zu zügeln versuchte. In diese Zeit als Kommandeur des Fallschirmbataillons fällt auch der großangelegte Angriff auf das ägyptische Hauptquartier in Gaza am 28. Februar 1955, der weitreichende politische Konsequenzen zur Folge hatte; er war etwa ein Mitgrund für eine Involvierung der Sowjetunion in den Konflikt durch Gamal Abdel Nasser. Eine weitere bedeutende Aktion war der Angriff auf das jordanische Militärhauptquartier in Kalkilja im Oktober 1956.

Die Sueskrise

In der Sueskrise spielte Scharons 202. Fallschirmjäger-Brigade eine entscheidende Rolle. Das 890. Fallschirmjäger-Bat. sicherte nach einer Luftlandung den Ostausgang des strategisch wichtigen Mitla-Passes. Der Rest der Brigade unter Scharon kämpfte sich in zwei Tagen auf dem Landweg die 200 km durch feindliches Gebiet zum Pass vor.

Scharon bat mehrmals erfolglos darum, den Pass angreifen zu dürfen, erhielt aber nur Erlaubnis, ihn aufzuklären, um ihn, falls er unbesetzt sein sollte, später einzunehmen. In großzügiger Auslegung seiner Anweisungen schickte Scharon einen für reine Aufklärungszwecke sehr starken Spähtrupp, der in der Passmitte durch schweres Feuer festgenagelt wurde. Scharon schickte daraufhin auch den Rest seiner Brigade zur Unterstützung. In dem sich nun entwickelnden Gefecht konnten die Israelis den Pass zwar erobern, 38 israelische Soldaten kamen jedoch dabei ums Leben.

Mehrere Jahre später gingen einige Teilnehmer der Schlacht an die Presse und warfen Scharon vor, er habe seine Aufklärer leichtfertig in Gefahr gebracht, um die Ägypter zu provozieren. Andere Veteranen der Aktion nahmen Scharon hingegen in Schutz. Es war das erste Mal, dass der Sinn einer Aktion der Israel Defense Forces in der israelischen Öffentlichkeit so intensiv diskutiert wurde.

Karriere-Stillstand in der Zwischenkriegszeit

Der Mitla-Zwischenfall fand das Missfallen von Scharons Vorgesetzten und brachte seine militärische Karriere auf Jahre hinaus beinahe zum Stillstand. Er blieb Kommandeur der Fallschirmjäger bis er im Herbst 1957 von Dajan für ein Jahr nach England aufs Stabs College geschickt wurde. Dort schrieb er eine analytische Arbeit mit dem Titel: "Command Interference in Tactical Battlefield Decisions: British and German Approaches". Nach seiner Rückkehr wurde er Oberst und Kommandeur der Infanterie-Schule, eine Aufgabe die ihm wegen ihrer Inaktivität nicht zusagte. Später kam eine Kommandantur einer Reserve-Infanteriebrigade hinzu. Scharon begann auch einen Panzer-Lehrgang und besuchte einen Abendkurs für Jura bei der Tel Aviver Abteilung der Hebräischen Universität (den Abschluss machte er schließlich 1966). Auf Druck von Ben Gurion ernannte ihn Tzur schließlich zum Kommandeur einer Reserve-Panzerbrigade, abermals eine inaktive Rolle, die ihm aber wegen seines Interesses für die strategische Bedeutung von Panzern eher zusagte. Erst aber als Ende 1963 Jitzchak Rabin, ein späterer Arbeitsparteipolitiker, zum Generalstabschef ernannt wurde, wurde Scharon wieder einbezogen und zum Kommandeur des Nördlichen Oberkommandos unter Awraham Joffe ernannt. 1966 wurde er schließlich von Rabin in den Rang eines Generalmajors (Aluf) befördert, zum Direktor des militärischen Trainings ernannt und wurde Kommandeur einer Reserve-Division.

Der Sechstagekrieg

Vor dem Sechstagekrieg machte sich Scharon zusammen mit Joffe und Matti Peled dafür stark, die ursprüngliche Taktik zu ändern, die Eroberungen entlang eines Stufenplans vorsah und zu Beginn auf eine Front entlang des Gazastreifens beschränkt war. Scharon wollte einen Angriff, der sowohl zeitgleich und von Beginn an alle verfügbaren Kräfte ins Kampfgeschehen einbinden, als auch die gesamte Sinaifront umfassen sollte. Nach der Ernennung Dajans zum Verteidigungsminister konnte sich diese Vorstellung durchsetzen. Im Krieg kommandierte Scharon die mächtigste Panzerdivision an der Sinai-Front (die beiden anderen Divisionen waren die von Tal und Joffe), die den Durchbruch im Gebiet von Kusseima und Abu-Ageila schaffte. Es war schließlich auch Scharon, der die 6. ägyptische Division vernichtend schlug. Rabin ernannte Scharon zum Kommandeur des Sinai, wo er auch für die Versorgung der in der Wüste verstreuten ägyptischen Soldaten zuständig war.

Als Chef der militärischen Ausbildung begann er sofort nach dem Krieg, verschiedene Ausbildungszentren in das Westjordanland zu verlegen, um die Gebiete zu sichern. Am Ende hatte er beinahe alle ehemaligen jordanischen Militärlager und Kasernen, die an den wichtigen strategischen Punkten lagen besetzt. Er versuchte auch Dajan zu überzeugen, die Familien der Soldaten in der Nähe dieser Kasernen anzusiedeln, war jedoch zunächst nicht erfolgreich. Im Jahre 1969 wurde er Chef des Südlichen Kommandos der Tzahal.

Der Jom-Kippur-Krieg

Nach dem Angriff arabischer Staaten auf Israel zum Auftakt des Jom-Kippur-Krieges 1973 wurde Scharon aus dem militärischen Ruhestand zurückgerufen. Ihm gelang es in eigenmächtiger Initiative, unter Missachtung der Anweisungen seines Vorgesetzten Generalmajor Chaim Bar-Lev, mit seiner Panzerdivision die ägyptischen Angriffslinien im Sinai zu durchbrechen und über den Sueskanal überzusetzen. Er half damit, eine drohende Niederlage Israels abzuwenden. Seither gilt er in Israel vielen als Held.

Politischer Werdegang

Von 1973 bis 1974 und von 1977 bis heute war er Abgeordneter der Knesset. In der Likud-Regierung von Menachem Begin amtierte Scharon erst als Landwirtschaftsminister (1977-1981), dann als Verteidigungsminister (1981-83). Als Landwirtschaftminister ab 1977 wird er einer der wichtigsten Fürsprecher der Siedlerbewegung.

In Folge der israelischen Besetzung des Süd-Libanons verübten die mit Israel verbündeten libanesisch-christlichen Falange-Milizen 1982 in den palästinensischen Flüchtlingslagern Sabra und Schatila Massaker an palästinensischen Zivilisten. Ein israelischer Untersuchungsausschuss, die Kahan-Kommission, gibt 460 Opfer als gesichert an, und geht aufgrund von Geheimdienstinformationen von etwa 800 zivilen und militärischen Opfern aus. Jenseits der israelischen Ermittlungen wird von ca. 1600 zumeist zivilen Opfern ausgegangen. Die Kahan-Kommission warf Scharon zwar nicht Komplizenschaft, aber doch fahrlässiges Unterlassen vor, und befand ihn daher 1983 als politisch indirekt schuldig am Massaker, wodurch er als Verteidigungsminister zum Rücktritt gezwungen wurde. Zu einer strafgerichtlichen Verurteilung kam es jedoch nicht.

In Belgien wurde zwar 2002 wegen der Mitverantwortung Scharons an diesem Massaker zunächst ein Ermittlungsverfahren eröffnet, die Anklage wurde jedoch aufgrund der Immunität amtierender Regierungsmitglieder verworfen. Die Verfahrenseinstellung nahm zur Schuldfrage keinerlei Stellung und ist bis heute umstritten.

In den folgenden Kabinetten blieb Scharon zunächst Minister ohne Geschäftsbereich (1983-84), von 1984 bis 1990 Minister für Handel und Industrie und Bauminister (1990-92). In dieser Zeit entwickelte er weitreichende israelische Siedlungspläne im palästinensischen Westjordanland mit dem umstrittenen Siedlungsring um Ostjerusalem, zu dem auch Maale Adumim gehört.

Nach dem Regierungswechsel 1992, bei dem die Arbeitspartei unter Jitzhak Rabin den Likud ablöste, war Scharon Mitglied der Knesset und dort Angehöriger der außenpolitischen und der Verteidigungskommission. Als schärfster innenpolitischer Gegner Rabins brandmarkte Scharon Rabin wegen des Friedensvertrags von Oslo als Verräter. 1996, im Jahr nach der Ermordung Rabins, errang der Likud unter Benjamin Netanjahu einen neuen Wahlsieg; Scharon wurde Minister für die nationale Infrastruktur und förderte als solcher massiv den Ausbau der jüdischen Siedlungen in den besetzten Palästinensergebieten. 1998 ernannte Netanjahu Scharon zum Außenminister. Als Außenminister fordert Scharon seine Landsleute auf, sich in den besetzten Gebieten "so viele Berggipfel wie möglich zu nehmen".

1999 besiegte die Arbeitspartei unter Ehud Barak den Likud, dessen Vorsitzender Netanjahu in den Strudel einer Finanzaffäre geraten war. Netanjahu trat als Parteichef zurück und Scharon wurde zunächst übergangsweise, im September 1999 dann endgültig sein Nachfolger.

Am 28. September 2000 besuchte Scharon in Begleitung von rund 1.000 Journalisten, Polizisten, Militärs und Politikern, den sowohl von Muslimen, als auch von Juden und Christen als heilig betrachteten Tempelberg in Jerusalem, um zu verdeutlichen, dass der Tempelberg auch den Juden gehört. Er wollte damit auch verdeutlichen, dass seiner Meinung nach Israel die Kontrolle über ein vereinigtes Jerusalem an jedem Ort behalten müsse. Bei seinem Besuch sagte Scharon, er sei mit einer Friedensbotschaft gekommen, er sagte außerdem:

"Ich bin überzeugt, dass wir mit den Palästinensern zusammenleben können."

Obwohl der Besuch ausdrücklich mit der moslemischen Verwaltung des Tempelbergs abgestimmt war, kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen; bei Demonstrationen im Anschluss wurde auch mit scharfer Munition auf Demonstranten geschossen und etliche verletzt und getötet. Der Tempelbergbesuch Scharons fällt zeitlich mit dem Beginn der 2. Intifada zusammen. Nach Meinung der meisten Beobachter hat er damit ihren Ausbruch ausgelöst. Die Palästinenser bezeichnen die zweite Intifada auch griffig als "Al-Aqsa"-Intifada, benannt nach der gleichnamigen Moschee auf dem Tempelberg. Andererseits gab es schon in der unmittelbaren Zeit davor tödliche Anschläge und weitreichende Pläne der Palästinenser für den bewaffneten Aufstand.

Premierminister

 
Ariel Scharon in Washington, April 2004

Nach dem Scheitern der Friedensgespräche gewann Scharon am 6. Februar 2001 eine Sonderwahl um das Ministerpräsidentenamt und wurde daraufhin am 7. März 2001 Israels Premierminister. Besonders attraktiv war für viele Wählerinnen und Wähler sein Versprechen, dem Sicherheitsbedürfnis der israelischen Bevölkerung höchste Priorität einzuräumen und den Terror zu beenden. Dieses Versprechen konnte er allerdings während seiner Amtszeit nicht erfüllen. Scharon lehnte Yassir Arafat als Gesprächspartner auf palästinensischer Seite ab, warf ihm Urheberschaft am Terror vor, isolierte Arafat international und ließ eine öffentliche Erörterung der gezielten Tötung Arafats oder seine Ausweisung aus den palästinensischen Gebieten zu, bis er ihn in der weitestgehend zerstörten Mukata unter Hausarrest stellte.

Scharon errang am 28. Januar 2003 mit seiner Likud-Partei einen neuen, großen Wahlerfolg. In der zweiten Amtszeit von Scharons Regierung wurde mit der Errichtung eines 720 km langen Trennungszaunes teilweise inmitten der Palästinensergebiete begonnen, der über eine Distanz von 20 km mit Beton verstärkt und dessen internationaler rechtlicher Status äußerst umstritten ist.

Am 23. März 2004 kündigte die Hamas zum wiederholten Male und als Reaktion auf die gezielte Tötung Ahmad Jassins an, Scharon ermorden zu wollen. Nur wenige Tage nach der Tötung Jassins geriet Scharon erneut unter Druck. Abgeordnete der Schinui-Partei, die an der Regierung beteiligt waren, forderten Scharons Rücktritt. Am 28. März hatte eine Staatsanwältin bekanntgegeben, dass sie gegen Scharon und seine Söhne Anklage wegen Korruption erheben wollte. Mitte Juni 2004, entschied der israelische Generalstaatsanwalt Menachem Masus nach monatelangen Ermittlungen, Regierungschef Scharon nicht anzuklagen. Da der Verdacht nicht zu erhärten war und somit eine Verurteilung unwahrscheinlich erschien, wurde das Verfahren eingestellt. Scharon hatte zeitgleich mit Masus auch einen anderen Konflikt: Dieser hatte Scharon öffentlich getadelt, da Scharon in Bezug auf das Westjordanland und Gaza von den „besetzten Gebieten“ sprach - abweichend vom offiziellen israelischen Sprachgebrauch, der „umstrittene Gebiete“ verwendet. Scharon legte trotz des schwebenden Ermittlungsverfahrens keinen gesteigerten Wert auf ein entspanntes Verhältnis zum Chefankläger und bestand weiterhin auf seiner Wortwahl.

Im Dezember 2003 legte Scharon den als „Scharon-Plan“ bekannten einseitigen Abzugsplan aus dem Gazastreifen und Teilen des Westjordanlandes vor, wonach alle Siedlungen im Gazastreifen und vier im Westjordanland aufgelöst werden sollten. Trotz internationaler Kritik an der fehlenden Abstimmung mit den Palästinensern sahen viele diesen Plan als Schritt in die richtige Richtung und Abkehr von der bisherigen Siedlungspolitik Israels. Andere sehen darin nur die Einsicht, dass der militärische Aufwand, die Siedlungen in Gaza zu halten, auf Dauer nicht tragbar war. Der Plan kostete Scharon Sympathien bei der Siedlungsbewegung und der politischen Rechten Israels, brachte ihm aber Zustimmung im gemäßigten und linken Spektrum. Um den Plan, der seiner früheren Politik widersprach, durchzusetzen, beendete er die Koalition mit Schinui und Schas und ging eine Große Koalition mit der Arbeitspartei ein. Viele sahen keinen echten Widerspruch zu seiner früheren Politik, sondern nur ein Ablenkungsmanöver, um die Grenzverschiebungen im Westjordanland durch den Trennungszaun zugunsten Israels der internationalen Aufmerksamkeit zu entziehen. Innerparteilich hatte er einen Machtkampf mit den Gegnern des Plans unter Finanzminister Benjamin Netanjahu zu bestehen, der im August 2005 kurz vor Vollzug des Gaza-Abzugs von seinem Amt zurücktrat.

Am 21. November 2005 kündigte Scharon seinen Rücktritt vom Ministerposten und den Austritt aus dem Likud an. Nachdem der Widerstand im Likud gegen den Abzug gewachsen war, hatte er im selben Monat eine neue Partei mit dem Namen Kadima („Vorwärts“) gegründet, die bei den folgenden Neuwahlen ihre gute Chance nutzte.

Erkrankung

Am 18. Dezember 2005 erlitt Scharon einen leichten Schlaganfall. Dabei wurde ein offenbar angeborener Herzfehler entdeckt, der am 5. Januar 2006 operiert werden sollte. Am Vorabend der Operation wurden starke Gehirnblutungen festgestellt, vermutlich infolge eines weiteren Schlaganfalls. Scharon wurde in ein künstliches Koma versetzt und musste sich in den nächsten Tagen mehreren neurochirurgischen Operationen unterziehen. Die Regierungsgeschäfte wurden an den stellvertretenden Ministerpräsidenten Ehud Olmert übertragen. Ab dem 9. Januar begannen die behandelnden Ärzte, die Betäubungsmittel abzusetzen. Dieser Vorgang sollte ursprünglich innerhalb von 36 Stunden abgeschlossen sein. Bei Tests am Samstag, dem 14. Januar wurden zwar Gehirnaktivitäten in beiden Hirnhälften gemessen, es gab jedoch keine Anzeichen für ein Erwachen aus dem Koma. Daher wurde öffentlich die Befürchtung geäußert, das Koma könne tatsächlich eine Folge des Schlaganfalls sein. [1]

Es galt als sicher, dass Scharon sein Amt nicht mehr wird ausüben können. Dies brachte eine schwierige Situation für die israelische Politik mit sich, da insbesondere die in den letzten Jahren verfolgte Politik gegenüber den Palästinensern und die neue Partei Kadima mit der Person Ariel Scharons eng verbunden waren und noch immer sind.

In der israelischen Öffentlichkeit wurde Kritik an der medizinischen Versorgung Scharons laut; man hätte ihm demnach nicht gestatten sollen, ohne ärztliche Begleitung auf seine abgelegene Farm zurückzukehren. Ein Journalist der Zeitung Ha'aretz formulierte: "Israel hat nun zwei Ministerpräsidenten verloren, weil sie nicht ausreichend geschützt wurden: Rabin vor Gewalt, und Scharon vor Krankheit."

Unter den zahlreichen Genesungswünschen waren auch solche von politischen Gegnern, aus der arabischen Welt und aus der PA; lediglich Mitglieder der Hamas und der iranische Präsident Ahmadinedschad wünschten Scharon öffentlich den Tod.

Am 11. Februar 2006 entschieden sich die Ärzte zu einer weiteren Notoperation, nachdem Untersuchungen Schäden am Verdauungstrakt des Politikers und Probleme bei der Blutversorgung der inneren Organe gezeigt hatten. Erklärungen der behandelnden Ärzte zufolge sei Scharons Zustand nach der Operation „kritisch, aber stabil“.

Anfang April 2006 erfolgte eine weitere Operation zur Schließung von Löchern im Schädel, die durch die vorherigen Operationen bedingt waren.

Am 11. April 2006 beschloss das israelische Kabinett, Scharon für dauerhaft amtsunfähig zu erklären. Sein Nachfolger im Ministerpräsidentenamt wurde sein Stellvertreter Ehud Olmert.

Literatur

Commons: Ariel Scharon – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikinews: Ariel Scharon – in den Nachrichten

Quellen

  1. BBC-Meldung zur Erkrankung