Diskussion:Marxismus/Archiv/2007

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Letzter Kommentar: vor 19 Jahren von 80.108.170.25 in Abschnitt Weblinks

Vorlage:Archiv Tabelle

Die meisten Weblinks haben doch keine Relevanz Interessant sind in erster Linie Websites die Originalwerke anbieten, bzw. wissenschaftliche Texte Oder seh ich da was falsch? - Tets

-- halt ich für überzogen. --HorstTitus 12:18, 14. Jun 2006 (CEST)

was ist daran so schlim, wenn man heutige marxistische strömungen/orgnisationen/o.ä. in die linkliste mit reinnimmt?
beiträge stehts mit --~~~~ signieren --Baruch ben Alexander - ☠☢☣ 09:50, 17. Mai 2006 (CEST)
Hab die Links mal umstrukturiert --80.108.170.25 13:24, 21. Mai 2006 (CEST) tets

Gegen Kritik

Bereich Gegenkritik erstellt - Tets


Überblick

""Andererseits erhoben beide spätestens seit dem „Kommunistischen Manifest“ von 1848 Anspruch auf eine allgemeingültige, wissenschaftliche Geschichtserklärung und politische Perspektive""

Ich finde diese Aussage ist irreführend, sie erhoben nicht "spätestens seit", sondern "mit" ihren „Kommunistischen Manifest“ Anspruch auf eine allgemeingültige, wissenschaftliche Geschichtserklärung und politische Perspektive, dies aber lässt keinen Schluss auf ihr späteres schaffen zu, wie hier angedeutet. Daraus folgend befinde ich den ganzen Absatz für problematisch und rege an ihn umzuformulieren bzw. abzuändern. - Tets

Eingangstext

Ich rege an, zu Beginn auf den Artikel Dialektik bei Marx - Engels zu verweisen, um eine gänzlich andere Interpretation des Werks ebenfalls einleitend aufzuzeigen.

Folgendes eingefügt: ""Eine andere Interpretation der Schriften Marx und Engels, als folgend dargestellt, findet sich unter Dialektik bei Marx - Engels."" - Tets

ich finde die Stelle für den Satz irgentwie kontextfrei, was hat das mit der prejokativen verwendung von Marxismus zu tun? Ich kann, da Dialektik nie meine Stärke war, aber auch keinen besseren Vorschlag machen. Hat jemand anderes einen? --SoIssetEben! 21:33, 18. Apr 2006 (CEST)

Antideutsche

Ich weiß nicht wer auf die komische Idee kommt das Antideutsche keine Marxisten sind, der sollte sich mal ihr Programme und Zeitschriften durchlesen, da wird eindeutig die Rolle des Arbeiters und seiner Rechte definiert, pro Israel und pro USA zu sein ist noch kein Grund kein Marxist zu sein! Die Antideutschen sind eine Stömung innerhalb des Marxismus und daher sollten sie erwähnt werden!--Benutzer:Dr. Manuel 18:42, 12. Mär 2006 (CET)

dann beleg das doch mit einem Weblink oder ähnlichen Quellen, ansonsten kann man schlecht darüber diskutieren... --SoIssetEben! 10:30, 13. Mär 2006 (CET)
  • würde das je nach Fall entscheiden ... WertkritikerInnen wie Joachim Bruhn/ISF Freiburg sind auf jeden Fall in sich aus der marx'schen Traditionslinie herleitenden Strömung zu verorten und gehören in die Liste, "Adorniten" wie Pohrt durchaus auch ... meine Schwierigkeiten habe ich bei den ganzen dort genannten JournalistInnen (nebst PolitikerInnen, gilt auch für andere Unterkapitel der Liste), sollten m.E. nur diejenigen aufgenommen werden, welche in irgendeiner Form (und ohne Ghostwriter) theoretische Beiträge geleistet haben --Sirdon 09:49, 13. Mär 2006 (GMT)
so hatten wir uns hier auch geeinigt (auch wenn nicht viele an der Disku teilgenommen hatten). Ich bin da allerdings zuwenig bewandert, was die einzelnen Theoretiker usw. angeht. Wär echt toll wenn du da ein paar unpassen aus der Liste hierher zur Diskussion verschieben könntest. Gruss --SoIssetEben! 11:15, 13. Mär 2006 (CET)
Brauchst dir nur mal den internen Wikipedia-Artikel durchlesen!--Benutzer:Dr. Manuel 21:04, 13. Mär 2006 (CET)
nun gut, nach dem Artikel stimme ich dir zu, auch wenn ich Wikipedia-externe belege immer besser finde. Aber bitte beruhig dich in bissel, wir alle wollen hier nur eine glaubwürdige Wikipedia schaffen - und da sind zweifel nunmal besser als blindes Glauben --SoIssetEben! 18:47, 19. Mär 2006 (CET)

Aktive marxistische Organisationen

Nach dem Wildwuchs der sich da entwickelt, schlage ich eine ersatzlose Löschung vor, auch da viele der Organisationen wohl nur sehr kleine bis gar keine marxistischen Wurzeln haben. Und ob sie nun marxistisch oder nicht sind, dürfte oft nur zeitaufwendig festgestellt werden können, was wiederum dazu führt das sich viele zweifelhafte Organisationen "einschleichen". Zu den Verbesserungen der letzten Tage: Danke! --SoIssetEben! 20:27, 2. Apr 2006 (CEST)

  • stimme dem zu --Sirdon 10:06, 3. Apr 2006 (GMT)
Gute Idee. --Nur1oh 11:17, 4. Apr 2006 (CEST)
habs gemacht --SoIssetEben! 20:40, 4. Apr 2006 (CEST)

Überarbeitung Histomat

Ich hab die Abschnitte "Historischer Materialismus", "Theorie von der Entstehung der Klassengesellschaft", "Zusammenbruchstheorie" und "Kapitalismusanalyse" komplett überarbeitet und versucht in einem verständlicherem Zusammenhang darzustellen. Und da Kritik und Verbesserungen vor der "Veröffentlichung" noch ganz nützlich, wären schaut doch mal bitte unter Benutzer:SoIssetEben!/Histomat. Bitte geht auch auf die "Probleme beim Artikelschreiben" ein ( finden sich am Ende des relevanten Teils). Ansonsten verbessern usw. nach belieben. Disku dazu bitte hier. Danke im vorraus --SoIssetEben! 22:59, 8. Apr 2006 (CEST)


Ich habe bisher nur den Abschnitt "Historischer Materialismus" gelesen und möchte ein paar Ergänzungen/Verbesserungen vorschlagen.

  1. Es sollte deutlich werden, dass die marxistische Geschichtstheorie ihre philosophische Grundlage im "Dialektischen Materialismus" hat und daraus die Gesetzmäßigkeiten der historischen Entwicklung abgeleitet sind.
  2. Mit Bezug auf das Modell von "Basis und Überbau" sollte erläutert werden, dass die Ökonomie die materielle Grundlage der Gesellschaft bildet. Entsprechend der gesellschaftlichen Poduktionsweise entstehen historisch zu unterscheidende "Gesellschaftsformationen", die jeweils bestimmten ökonomischen und sozialen Gesetzmäßigkeiten unterliegen. Marx unterscheidet anhand historisch nachgewiesener Produktionsweisen 5 Gesellschaftsformationen ..... , wobei in seiner Gesellschaftsprognose der kapitalistische Gegensatz zwischen vergesellschaftlichter Produktion und privater Aneignung im Kommunismus historisch überwunden wird.
  3. Nach Marx folgt die historische Entwicklung den Regeln der Hegelschen Evolutiontheorie, was kurz zu erläutern wäre: "Kampf und Einheit der Gegensätze (innerhalb einer Gesellschaftsformation i.R. ihrer vorherrschenden Produktionsverhältisse)", "quantitative Anreicherung (durch Entwicklung der Produktivkräfte) und qualitativer Sprung (durch revolutionäre Anpassung der Produktionsverhältnisse an den Entwicklungsstand der Produktivkräfte)", "Negation der Negation (durch Bewahrung/Wiederherstellung fortschrittlicher ökonomischer und sozialer Zusammenhänge/Normen der überwundenen Produktionsverhältnisse)".
  4. Falsch ist m.E. die Aussage, der "Historischen Materialismus" gehe davon aus, dass die Menscheit alle gesellschaftlichen Entwicklungsstufen in linearer Abfolge durchlaufen müsse. Marx war bekannt, dass die Sklaverei im amerikanischen Süden nicht zwangsläufig in den Feudalismus führte, oder dass in Australien die Urgesellschaft unterging, während gleichzeitig der Kapitalismus Fuß fasste.

Gruß - Hoss 18:49, 10. Apr 2006 (CEST)

Erstmal vielen Dank, das du dich mit dem Text auseinandergesetzt hast. Nun zu der Kritik:

  1. Ist gegeben, da dieser Abschnitt direkt unter dem schon vorhandenen Abschnitt "Dialektischer Materialismus" steht und der Zusammenhang da deutlich wird
  2. Dazu habe ich den Absatz zu Basis und Überbau ein wenig erweitert, um die Basis klar als ökonomisch darzustellen. Alles andere ist denk ich schon vorhanden
  3. Ich habe den Abschnitt "Wechsel zwischen den Klassengesellschaften" nochmal ein wenig überarbeitet, das mit der Negation der Negation steht schon im letzten Teil, wenn auch nicht genau erklärt. Dazu fehlt mir jedoch die Kenntnis, genau wie es bei Hegel ziemlich dünn aussieht. Ansonsten müsste in anderen Wortes alles so drin sein.
  4. ist geändert

Grüße --SoIssetEben! 21:51, 10. Apr 2006 (CEST)


  • hab den Artikel jetzt eingestellt --SoIssetEben! 17:34, 12. Apr 2006 (CEST)

Problem

Dieses Zitat von Marx:

Ferner ist in jenen Anfängen die Proportion der Gesellschaftsteile, die von fremder Arbeit leben, verschwindend klein gegen die Masse der unmittelbaren Produzenten. Mit dem Fortschritt der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit wächst diese Proportion absolut und relativ.Karl Marx, Kapital I, MEW 23, 534f.

widerspricht der in der Kapitalismusanalyse getroffenen Aussage, nach der sich die Bourgeoisie - durch die Konkurenz innerhalb ihrer Klasse - mit der Zeit immer mehr verkleinert. Ist das ein realer Widerspruch in der Marx'schen Theorie oder hab ich da was falsch verstanden? --SoIssetEben! 14:31, 10. Apr 2006 (CEST)

Das Marx'sche Systemverständnis der menschlichen Gesellschaft (Basis und Überbau) und der in der jeweiligen Produktionsweise verankerten gesellschaftlichen Produktionsprozesse ist hinsichtlich der Kategorie Arbeit widersprüchlich. Marx unterscheidet zwischen der produktiven Arbeit der unmittelbaren Produzenten und der ansonsten nützlichen, aber unproduktiven Arbeit der übrigen Menschen. Damit erklärt sich, dass bei steigender Produktivität der Arbeit die o. g. Proportion absolut und relativ wächst. Die Arbeit definiert Marx als Stoffwechselprozess des Menschen mit der Natur und verkennt dabei, dass für den einzelnen Menschen Gesellschaft und Natur eine Einheit bilden. Richtig ist, dass der Mensch nicht nur in der "bewussten, schöpferischen Auseinandersetzung mit der Natur" produktive Arbeit leistet, sondern auch sonstige, gesellschaftlich nützliche Arbeit gleichzeitig produktiv ist und i.R. arbeitsteiliger Prozesse sogar überwiegend produktivitätssteigernd wirkt. - Gruß - Hoss 15:32, 10. Apr 2006 (CEST)
Hallo SoissetEben, entsprechend seiner Definitionen, "fremde Arbeit" und "unmittelbare Produzenten" betreffend, hat Marx natürlich Recht. Danach lebt nicht nur die Bourgeoisie von fremder Arbeit, sondern auch der produktionsplanende und -steuernde Bereich, der ganze Dienstleistungssektor, das Sozialwesen, die Verwaltung usw. usf. .... Ich frage mich allerdings, ob in unserer arbeitsteiligen Gesellschaft nicht JEDER von fremder Arbeit lebt.

Gruß - Hoss 19:32, 10. Apr 2006 (CEST)

Ich deute das mal als ja auf meine Frage auf deiner Disku :). Und ich stimm dir zu, es ist nicht möglich "isoliert" zu arbeiten. Selbst die einfache Putzfrau eines Unternehmens ist von der koordinierenden Arbeit ihrer Arbeitgebers abhängig. Wenn keine Kritik kommt, werd ich morgen den neu geschriebenen Teil einstellen. Gruß --SoIssetEben! 21:03, 10. Apr 2006 (CEST) - Teil gestrichen - hab nicht nach oben geschaut

Großer Sprung nach vorn und Kulturrevolution

In der vorigen Fassung stand im Artikel, die 1966 ausgerufene Kulturrevolution hätte in ihrer Konsequenz zum großen Sprung nach vorn geführt. Das ist nicht richtig, schon deshalb, weil der "Große Sprung" schon 1960 abgebrochen wurde. Vielmehr waren die Erfahrungen des "Großen Sprungs" ein Grund dafür, daß Mao Vertrauen innerhalb der Partei verlor. Der versteckte Machtkampf der rivalisierenden Strömungen war später ein wesentlicher Grund für die Kulturrevolution. Ich habe diese Verwechslung auch im Artikel richtiggestellt. TBN 17:41, 14. Jun 2006 (CEST)

Marxistische Renaissance

Im Text steht: Erst durch die linksradikale Studentenbewegung kam es in der Bundesrepublik seit etwa 1963 zu einer neomarxistischen Renaissance. Im wesentlichen lassen sich in der Bundesrepublik seit dieser Zeit zwei Strömungen erkennen: eine undogmatisch freiheitliche Vorstellung - insbesondere beim von Rudi Dutschke beeinflussten SDS, Teilen der Jungsozialisten in der SPD und dem Sozialistischen Büro Offenbach; und ein Block verschiedener marxistisch-leninistischer Gruppen und kleinerer Kaderparteien, die sich jeweils einem realsozialistischen Vorbild zuordneten (Sowjetunion, China, Albanien). Dazu gehörte nach dem Verbot der KPD in der Bundesrepublik deren Nachfolge-Partei, die Deutsche Kommunistische Partei (DKP; in Westberlin SEW), die sich an der Sowjetunion (UdSSR) und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) orientierte.

Finde die Darstellung problematisch: Die Zusammenfassung von DKP einerseits und K-Gruppen andererseits ist nicht stimmig, da die DKP (trotz erheblichem ZUlauf aus studentischen Kreisen) vor allem doch von einem anderen Milieu (alte KPDler, gewerkschaftlich orientierte Menschen, Arbeiter) getragen wurde, als die rein studentischen K-Gruppen, die außerhalb der Hochschulen nahezu keinen Einfluß hatten. Und inhaltlich ist der Unterschied ebenso erheblich: die Strategie der "antimonopolitischen Demokratie" auf der einen Seite, auf der anderen Seite die Befürwortung einer Revolution. Eichhörnchen 15:37, 19. Jun 2006 (CEST)

habe ich inzwischen geändert. Eichhörnchen 00:16, 21. Jun 2006 (CEST)

Marxistische Wissenschaft

Aus den verschiedenen marxistischen Strömungen und - zumeist studentischen - Gruppen sind vielfältige wissenschaftliche Arbeiten bzw. spezielle Richtungen marxistischer Wissenschaft hervorgegangen, deren primäres Interesse es oft war, die „bürgerliche Wissenschaft“ zu „entlarven“. Sollte sicher differnziert werden: Auch wenn manche K-Gruppen vor allem mit "Entlarvungen" beschäftigt waren, gibt es doch auch Wissenschaftler auf marxistischer Grundlage deren Ergebnisse weit darüber hinaus gehen (z.B. die Politologen in Marburg, Kritische Psychologie). Eichhörnchen 00:21, 21. Jun 2006 (CEST)

geändert Eichhörnchen 01:10, 21. Jun 2006 (CEST)

Kritik

Marx soll zudem die selbstsüchtige Natur des Menschen unterschätzt haben, die eine kommunistische Gesellschaft schwächen würde und den Kapitalismus stütze. Außerdem vernachlässigte er beim historischen Materialismus die dauerhafte Existenz des Mittelstands und entwertet damit seine Klassenkampftheorie. Gelöscht, da:

  • 2 völlig verschiedene Dinge ohne Zusammenhang
  • "selbstsüchtige Natur" ist Meinungsäußerung
  • Aussagen unterstellen Marxismus Inhalte, die er nicht hat (Marxismus hat eine dialektisches Verständnis der menschlichen Natur; "Mittelstand" ist als Kategorie für die Klassenkampftheorie nicht von Bedeutung).

WAs sicher ergänzt werden sollte, sind die zahlreichen Kritiker, die aus christlicher Sicht das marxistische Menschbild kritisieren. Eichhörnchen 01:10, 21. Jun 2006 (CEST)

War Karl Marx nicht explizit gegen die Philosophie?

Hallo!

Mich überrascht es, dass der Marxismus im Artikel "philosophisch" genannt wird. Lässt sich dies belegen, und könntet ihr bitte eine Quelle angeben?

Ich verweise auf Marxens "Deutsche Ideologie", wo er sich ausdrücklich gegen "die Philosophie" ausspricht und dieser seine Theorie als jene ausschließende "Wissenschaft" gegenüberstellt.

Der Marxismus war expliziterweise ebenso gegen die Philosophie gerichtet wie gegen die Religion, und kann daher kaum selbst als philosophisch bezeichnet werden. Ich schlage daher vor, den in meinen Augen inkorrekten Einleitungssatz dementsprechend zu korrigieren.

Grüße, Jan Paul 20:58, 4. Jul 2006 (CEST)

Da auch der restliche Artikel im wissenschaftstheoretischen Teil festhält, dass der Marxismus sich nicht als Philosophie ("Liebe zur Weisheit") verstand, dieser also eher als Sophismus ("Lehre eines Wissenden") charakterisiert werden kann, entferne ich das Attribut "philosophisch" ohne weitere Quellenangabe. Falls jemand die Änderung rückgängig machen möchte, möge er bitte dies belegen. Danke.
Jan Paul 05:20, 12. Jul 2006 (CEST)
Hallo Jan Paul,
wesentliche Komponenten des Marxismus sind sein Dialektischer und Historischer Materialismus. Darin kommen seine "materialistische Metaphysik" ("Alles Sein ist durch eine dialektische Entwicklung der Materie geprägt") und Geschichtsphilosophie ("Die Geschichte ist eine Entwicklung von Klassenkämpfen mit dem Endziel des Kommunismus") zum Ausdruck. Das sind ganz klar dezidiert philosophische Positionen, auch wenn sie sich gegen den damaligen idealistischen Mainstream richten. Auch Marx' Denken ist bekanntermaßen zutiefst von Hegel geprägt, den er nur "auf den Kopf" stellen wollte, dessen dialektisches Bewegungsgesetz er aber für sich übernahm. Der Marxismus hat also natürlich eine stark philosophische Komponente - wenngleich er keine idealistische Philosophie vertritt (was nicht identisch mit Philosophie überhaupt ist). Ich schlage daher vor, die Änderung wieder zurückzunehmen.--HerbertErwin 07:27, 12. Jul 2006 (CEST)
Den Marxismus kann man kaum als philosophisch ansehen. Entsprechende kritische Äußerungen bestehen nicht nur zur idealistischen Philosophie, sondern P. allgemein, sie findet man in der "Deutschen Ideologie" zuhauf.
Die Einstellung von Marx und Engels zur Philosophie möge ein Zitat von Engels, entnommen aus seinem "Antidühring" , klarstellen: "Sobald an jede einzelne Wissenschaft die Forderung herantritt, über ihre Stellung im Gesamtzusammenhang der Dinge und der Kenntnis von den Dingen sich klar zu werden, ist jede besondere Wissenschaft vom Gesamtzusammenhang überflüssig. Was von der ganzen bisherigen Philosophie dann noch übrig bleibt, ist die Lehre vom Denken und seinen Gesetzen, die formelle Logik und die Dialektik. Alles andere geht auf in die positive Wissenschaft von Natur und Geschichte." --HorstTitus 10:53, 15. Jul 2006 (CEST)
Hallo, Horst und Herbert!
Leider wurde meine Änderung wieder rückgängig gemacht, ohne dies mit einer Quelle zu belegen. Mir liegt es fern, einen Edit-War zu beginnen; dazu wäre ich auch nicht in der Lage, da ich kein Marx-Kenner bin. Ich weiß aber aus meiner Marx-Lektüre, dass Marx sich selbst nicht als Philosoph sah, und dass andererseits der Marxismus-Leninismus einen pervertierten Philosophie-Begriff als Propagandamittel (s.u.) missbrauchte.
Nun, die Wikipedia ist kein Ort für geisteswissenschaftliche Dispute, wir sollen und dürfen hier nur dokumentierte Fakten zusammentragen, und bei strittigen Punkten die wissenschaftlich publizierten Standpunkte aufzeigen. Wie ich also hier nicht eine persönliche Ansicht von mir (oder anderen) zur Schau tragen will, sondern lediglich auf Marxens eigene Äußerungen verweisen will und kann, muss ebenso - wenn nicht sogar noch viel mehr - der Standpunkt, dass Marx einen echten philosophischen Standpunkt einnimmt, mit seriösen Quellen belegt werden. Nur so kann die Wikipedia von propagandistischen Verzerrungen gereinigt werden. Ich habe also a priori nichts gegen eine Wertung des Marxismus als Philosophie, nur muss die Quelle angegeben werden, und diese darf keine Propagandaliteratur sein, wie ich sie noch zitieren werde.
Offensichtlich müssen wir uns über einen halbwegs klar bestimmten Philosophie-Begriff einigen. Natürlich kann ich das hier nicht schnell hinwerfen, da diese Problematik keineswegs trivial ist, auch wenn mancherorts anscheinend geglaubt wird, dass einfach alles Philosophie genannt werden kann. Das ist natürlich falsch; es ist wahr, dass der Philosophie-Begriff eine gewisse Unbestimmtheit, ja eigentlich auch Entscheidungsabhängigkeit aufweist, und insofern sowohl auf Nicht-Wissen, Wissen wie auch den Glauben verweist. Dennoch hat die Philosophie einen Kern, die gewisse Positionen negiert, und diese sind nicht nur offensichtliche Verfehlungen gegen die Wahrheit wie die Lüge oder die parteiliche Verzerrung. Um es kurz zu halten, verweise ich nur auf die leidenschaftliche Abgrenzung der Philosophie von dem Sophismus durch Platon. Die Sophisten ("die Wissenden") des antiken Griechenlands glaubten, scheinbar letztgültige Einsichten in Antinomien der Vernunft gegen beliebige Ansichten der griechischen Kultur insbesondere der Religion wenden zu können, welcher Nihilismus die Substanz des griechischen Geistes zu zersetzen drohte. Dieser Position gegenüber profilierte sich Sokrates, der das menschliche Unvermögen, seine eigenes Nicht-Wissen, aber auch seine Ehrfurcht vor dem Ewigen hervorhob, und dadurch den Begriff der Philosophie entscheidend prägte.
Ich hoffe, dass jetzt schon einigermaßen ersichtlich wurde, worauf ich hinauswill. Es geht mir darum, von einem verflachten Philosophie-Begriff einer Pseudo-Aufklärung wegzukommen, und gleichzeitig aufzuzeigen, dass man nicht unbedingt Philosoph sein muss, um einen Wahrheits-Anspruch zu erheben, ja, dass es sogar dieser Intention zuwiderlaufen kann. Das sokratische Moment im Philosophie-Begriff erzeugt eine ständige Spannung zum Begriff des Wissens, und auch zu dem der Wissenschaft. Wenn man sich diesen Umstand bewusst macht, fällt es einem vielleicht leichter, anzuerkennen, dass Marx sich nicht als Philosoph sehen wollte und versuchte, sich davon abzugrenzen.
Es stimmt, dass Marxens Theorie ohne Hegel nicht denkbar wäre. Das heißt aber noch lange nicht, dass er selbst auch Philosoph sein muss; nebenbei bemerkt ist es auch bei Hegel nicht allen klar, ob er nun denn Philosoph oder Sophist sei, und vielleicht nimmt man am besten einfach zur Kenntnis, dass Hegel auch hier das einzigartige Kunststück zu Wege brachte, beides in Einem zu sein. Ich zitiere die Vorrede zur Hegel's "Phänomenologie des Geistes":
"Die wahre Gestalt, in welcher die Wahrheit existiert, kann allein das wissenschaftliche System derselben sein. Daran mitzuarbeiten, daß die Philosophie der Form der Wissenschaft näherkomme - dem Ziele, ihren Namen der Liebe zum Wissen ablegen zu können und wirkliches Wissen zu sein -, ist es, was ich mir vorgesetzt. Die innere Notwendigkeit, daß das Wissen Wissenschaft sei, liegt in seiner Natur, und die befriedigende Erklärung hierüber ist allein die Darstellung der Philosophie selbst. Die äußere Notwendigkeit aber, insofern sie, abgesehen von der Zufälligkeit der Person und der individuellen Veranlassungen, auf eine allgemeine Weise gefaßt wird, ist dasselbe, was die innere [ist], in der Gestalt nämlich, wie die Zeit das Dasein ihrer Momente vorstellt. Daß die Erhebung der Philosophie zur Wissenschaft an der Zeit ist, dies aufzuzeigen würde daher die einzig wahre Rechtfertigung der Versuche sein, die diesen Zweck haben, weil sie dessen Notwendigkeit dartun, ja sie ihn zugleich ausführen würde."
(G.W.F. Hegel, Phänomenologie des Geistes, S. 14)
Nun, Hegel ging es um das Ganze, um die Versöhnung des Einzelnen mit dem Absoluten, um die affirmative Aufhebung jedes einzelnen Momentes, also auch desjenigen des Sophismus (s. Hegels "Geschichte der Philosophie"). In diesem Sinne ist er ein Philosoph; er sieht die Differenz zwischem dem Wissen des Endlichen vom Endlichen (Wissenschaft von der Natur und dem endlichen Geist) und dem Wissen des Endlichen vom Unendlichen (Religion), und vereinigt beide Seiten im Wissen des Unendlichen von sich selbst in der Philosophie.
Bei Marx gibt es aber kein Unendliches, kein Absolutes, keine Idee, die die Totalität der materiellen Welt halten würden. Er ist entschiedenst kein Philosoph und findet dies gut und notwendig. Ich zitiere "Die deutsche Ideologie":
"Da, wo die Spekulation aufhört, beim wirklichen Leben, beginnt also die wirkliche, positive Wissenschaft, die Darstellung der praktischen Betätigung, des praktischen Entwicklungsprozesses der Menschen. Die Phrasen vom Bewußtsein hören auf, wirkliches Wissen muß an ihre Stelle treten. Die selbständige Philosophie verliert mit der Darstellung der Wirklichkeit ihr Existenzmedium. An ihre Stelle kann höchstens eine Zusammenfassung der allgemeinsten Resultate treten, die sich aus der Betrachtung der historischen Entwicklung der Menschen abstrahieren lassen. Diese Abstraktionen haben für sich, getrennt von der wirklichen Geschichte, durchaus keinen Wert. Sie können nur dazu dienen, die Ordnung des geschichtlichen Materials zu erleichtern, die Reihenfolge seiner einzelnen Schichten anzudeuten. Sie geben aber keineswegs, wie die Philosophie, ein Rezept oder Schema, wonach die geschichtlichen Epochen zurechtgestutzt werden können."
"Philosophie und Studium der wirklichen Welt verhalten sich zueinander wie Onanie und Geschlechtsliebe."
Mit diesen Sätzen sagt Marx nichts anderes aus, als dass er unfähig war, die Ideen der Philosophie auf die Wirklichkeit zu beziehen. Ich denke daher, dass man Marx auch dann nicht als Philosophen bezeichnen kann, wenn er jemals solches behauptet hätte.
Damit komme ich zum nächsten Punkt, der hier eigentlich problematisch ist. Es geht darum, dass die Philosophie (wie nebenbei bemerkt auch die Religion, der Kapitalismus und die Demokratie) nicht nur länger überlebt haben, als von Marx prophezeit, sondern auch sowohl ihn selbst auch seine Theorie überdauer(t)en. Wo also Marx noch als Advangardist galt, indem er die Philosophie verunglimpfte, sahen sich seine "politisch engagierten" Nachfolger damit konfrontiert, dass solches nicht mehr en vogue war und bemühten sich, den Marxismus als Philosophie an den (ungebildeten) Mann zu bringen. Dies war jedoch eine rein propagandistische Masche, und allen Eingeweihten bewusst. Hierfür zitiere hierfür ein Propagandawerk aus der DDR.
ACHTUNG: Dieses Zitat entstammt einem propagandistischen Werk, und dient nur im negativen Sinne einer wissenschaftlichen Argumentation!!!
"[...] Die marxistisch-leninistische Philosophie ist die höchste Form der philosophischen Entwicklung, weil sie theoretischer Ausdruck der fortschrittlichsten Klasse der Geschichte, der Arbeiterklasse ist und von Marx und Engels als allseitiger und konsequenter, d.h. als dialektischer und historischer Materialismus, begründet und entwickelt wurde.
Der Marxismus-Leninismus faßt zunächst die Philosophie als eine Form des gesellschaftlichen Bewußtseins, d.h., jede Philosophie (Weltanschauung) ist in letzter Instanz bestimmt durch die sozialökonomischen Verhältnisse der verschiedenen Gesellschaftsformationen, unter denen die Menschen arbeiten und leben. Jede Philosophie ist dergestalt untrennbar verbunden mit den Interessen und den Bedürfnissen jeweils bestimmter gesellschaftlicher Klassen und Schichten, d.h. jede Philosophie trägt Klassencharakter und ist - bewußt oder unbewußt - parteilich.
In diesem Sinne begreift sich der dialektische und historische Materialismus bewußt als Philosophie der Arbeiterklasse, indem er dieser ihre Interessen wie ihre historische Mission zum Bewußtsein bringt und ihr die Wege weist, auf denen sie sich selbst und die Menschheit zu befreien vermag. [...]"
(Manfred Buhr, Georg Klaus (Hg.). Philosophisches Wörterbuch. VEB Bibliographisches Institut, Leipzig 1974. 10. Aufl. S. 932 (Eintrag: "Philosophie").)
Im dritten Jahrtausend kann man - in Distanz zu den dadurch pseudo-legitimierten Gräueltaten - über eine solche sprichwörtliche Bauernschläue nur noch lachen: "Philosophie" wird im "Philosophischen Wörterbuch" definiert als mehr oder minder bewusstes Propagandisieren der Klasseninteressen, ist dezidierte Parteilichkeit, und somit wird das Lexikon offen zum Sprachverparteilichungswerkzeug des Wahrheitsministeriums gestempelt. Wenn ich diese Bücher nicht vor mir liegen hätte, würde ich eine solche Absurdität nicht für möglich, für eine Requisite aus einer Verfilmung von "1984" halten.
Zu dieser Diskussion hier sollte das Zitat insofern beitragen, dass ich mir nicht nur eine exakte Quellenangabe der Behauptung, dass der Marxismus philosophisch sei, wünsche, sondern auch festhalten muss, dass eben diese Quelle nicht von einem Philosophiebegriff ausgehen darf, der Parteilichkeit zu deren Wesen macht.
Ein Philosoph ist ein Freund der Wahrheit; es mag viele Freunde geben, aber Wahrheit gibt es nur eine.
Dies gesagt, entferne ich das Attribut "philosophisch" wieder aus dem Einleitungssatz und erhoffe mir bei der nächsten Änderung wenn schon keine Diskussion, so doch zumindest eine seriöse Quellenangabe.
Grüße, Jan Paul 16:21, 18. Jul 2006 (CEST)
Hallo, du machst einen simplen Denkfehler: Hier ist der Marxismus das Thema, nicht das Verhältnis von Marx zur Philosophie. Zweifellos gibt es marxistische Philosophen, sogar recht einflussreiche, was die Philosophiegeschichte insgesamt angeht.
Und zweifellos wollte auch Marx nicht das freie Denken, auch nicht das Denken über das Ganze aller Dinge, abschaffen. Und wenn er die Perversion der Philosophie zu bloß betrachtender, nichts verändernder Herrschaftsideologie gerade fundamental angriff und überwinden wollte, kann man ihm die erneute Perversion der Ph. zu einer erneuten Herrschaftsideologie in der DDR-Version auch nicht 1:1 vorwerfen.
Und man kann auch nicht einen bestimmten Philosophiebegriff derart verallgemeinern, dass jede Philosphie, die sich mit bestimmten politischen Interessen bewusst identifiziert, zur Nichtphilosophie erklärt wird. Jesusfreund 17:26, 18. Jul 2006 (CEST)
Hallo Jan Paul, Marxismus taucht so gut wie in jedem seriösen philosophischen Lexikon als Artikel auf, so z.B. im Historischen Wörterbuch der Philosophie, in der Enzyklopädie für Philosophie und Wissenschaftstheorie, in der Enzyklopädie Philosophie von Sandkühler, im Großen Werklexikon der Philosophie von Volpi, selbst im christlich gefärbten Philosophischen Wörterbuch von Walter Brugger, ja sogar im Schülerduden Philosophie. Es ist also ein absolut etabliertes philosophisches Lemma. Des weiteren hat Jesusfreund natürlich insofern Recht, als es hier nicht nur um das Verhältnis von Marx zur Philosophie geht - das umstritten sein mag -, sondern um das Verhältnis all jener Denker, die gemeinhin als Marxisten bezeichnet werden - und da sind ganz eindeutig einige ganz prominente Philosophen dabei - wenn man etwa nur mal an die kritische Theorie der Frankfurter Schule denkt.
Was Marx selbst anbelangt, so tust du ihm m.E. Unrecht. Seine Abwehr gegen die Philosphie seiner Zeit erfolgt eben genau aus einem aufklärerischen und ideologiekritischen Impetus heraus. Für Marx sind die Philosophen - neben den Politikern, Juristen und „Pfaffen“ - deswegen Ideologen, weil ihre Reflexionen die bestehende (Klassen-)Gesellschaft so voraussetzen wie sie ist - Hegel betrachtete z.B. die Geschichte mit dem preußischen Staat und seiner eigenen Philosophie als zu sich gekommen. Ihr Vorgehen ist so lange fragwürdig, so lange es im Bestehenden kreist und nicht zu wirklich radikalen Fragen vorstößt, die letztlich praktische Konsequenzen haben müssen. Wolfgang Haug schreibt dazu im Artikel Marxismus der Enzyklopädie Philosophie:
Neben Politik, Recht und Religion wird sie [die Philosophie] als eine der großen institutionalisierten Repräsentations- und Regulationsformen staatlich reproduzierter Klassengesellschaft begriffen. Die in diesen Formen tätigen Individuen werden als ‚Ideologen‘ bezeichnet [...].
Es war der Ideologiebegriff, den die Philosophie Marx nicht verzieh, bzw. nur mühsam [...].
Wenn Hegel die Geschichte in die Philosophie hereingeholt hatte, so hatte er sie doch zugleich auch in einer Logik zum Stehen gebracht, die als so ewig wie Gottes Gedanken vor der Schöpfung (Vorrede zur Logik) verstanden werden wollte. Bei Marx mußte sich demgegenüber alles um die Frage ordnen, wie die Gesellschaft sich in ihren produktiven und konsumtiven Naturverhältnissen reproduziert. Alle Fragen sind in diesem Sinn praxisbezogen und historisiert, die der Epistemologie nicht weniger als der Geschichts- oder der Sprachphilosophie, der Anthropologie, Ethik, Ästhetik usw. Die Bewußtseinsphilosophie wird dadurch ver-rückt, daß Bewußtsein als bewußt tätiges Dasein in bestimmten geschichtlichen Naturverhältnissen gefaßt wird. Alle Fragen, die von der Materialität dieses Zusammenhangs abstrahieren, sehen sich radikaler Kritik ausgesetzt. Der Sinn von Kritik und Dialektik, des Erbes von Kant und Hegel, ändert sich von Grund auf.
Das sind wirklich bemerkenswerte Sätze wie ich finde, die den Stellenwert der Philosophie in ein völlig anderes Licht rücken - ein Aspekt übrigens, der in unserem Hauptartikel Philosophie, der derzeit im Review ist, vollständig fehlt. Gruß --HerbertErwin 21:07, 18. Jul 2006 (CEST)
Marx würde z.B. an diese ausgiebigen Traktate und Erörterungen auf dieser Seite die schlichte Frage stellen, ob dadurch auch nur ein einziger vom Elendstod bedrohter Mensch satt wird.
Dem muss ich als Christ voll und ganz zustimmen. Gerade weil der Mensch nicht vom Brot allein lebt, muss er das Brot erstmal genießen können, um seine Würde zu erlangen.
Zweckfreies Denken ist notwendig und gut, damit philosophische Theorie die Wirklichkeit überhaupt in den Blick nehmen kann. Zweckloses Denken dagegen, das zum Selbstzweck oder Mittel zum Zweck für Ausbeutungsverhältnisse verkommt, ist unnötig und unmenschlich. Die Unterscheidung zu treffen, ist aber im Dickicht des verwirrenden Chaos der Welt nicht leicht.
Marx hat jedoch die ureigenste Aufgabe der Philosophie, die Realität auf den Begriff zu bringen, konsequent verfolgt und nicht daran resigniert wie die meisten Idealisten, die sich in den Elfenbeinturm geflüchtet haben. Er ist und bleibt ein großer Denker der Geistesgeschichte, und wer ihn meint kleinreden zu müssen, der macht sich selber geistig kleiner als er sein kann.
"Es ist noch nicht erschienen, was wir sein werden" (Paulus). Marx traut der schöpferischen, weltverändernden Arbeitskraft der Menschen offenbar immer noch eine Ecke mehr zu als wir uns selber. MFG an alle, Jesusfreund 22:04, 18. Jul 2006 (CEST)

Hallo an alle!

Vielen Dank für die Antworten, nun lasst uns konkret den philosophischen Begriff der Dialektik in die Praxis umsetzen, und von materiellen Bedingungen abstrahierend zum Kern der Dinge vordringen.

Natürlich geht es beim Marxismus gerade auch um das Verhältnis von Marx zur Philosophie, oder besser: um seinen Begriff von Wissenschaft, die ja bei Marx von der Philosophie strikt unterschieden ist. Oder ist es ein Denkfehler meinerseits, dass Marx missliebige Intellektuelle, die seiner Doktrin nicht folgen wollten, infam ins Abseits zu stellen versuchte (Proudhon mit "Dem Elend der Philosophie" von Marx), oder dass marxistische Pseudo-Philosophen Intellektuelle mit eigenständiger Weltanschauung als "bürgerliche Apologeten", als Klassenfeinde diffamierten und nicht nur mit der Feder, sondern auch mit dem Schwert bekämpften?

Soviel Naivität können wir uns nach dem 20. Jahrhundert einfach nicht mehr leisten. Der Marxismus diente zur Pseudo-Legitimation der Verfolgung, Diskriminierung und Ermordung Andersdenkender - den "Müßiggängern", und es gibt guten Grund zur Annahme, dass dies als innere Notwendigkeit aus der marxistischen Theorie hervorging.

Ich verweise wiederum auf Sokrates als einen prägenden Charakter der Philosophie-Geschichte. Er repräsentiert (nach Hegel) das erste Auftreten der seiner selbst gewissen, vernünftigen Subjektivität, deren erstes Moment der Freiheit darin besteht, jedes beliebige Dogma, jede Doktrin im Prinzip anzweifeln zu können. Wir sind hoffentlich so weit über den Marxismus informiert, dass in ihm eine solche Haltung zwar durch Poesiealbum-Einträge vordergründig gedeckt zu sein scheint, im Prinzip aber in der politischen Praxis als "konterrevolutionär" verdammt wurde.

Das Grundübel des Marxismus besteht in seiner expliziten Geistlosigkeit - das wesentlich "Neue" des Marxismus in Bezug auf Hegel ist das Dogma, dass es den Geist nicht gibt. Das freie, von der materiellen Realität, der Natur, losgelöste Denken, war Marx nicht zugänglich und für ihn deswegen nicht vorhanden, und wenn dann nur als ein Betrug der herrschenden Klasse. Daher gibt es im Marxismus auch keinen Bildungsbegriff, wie er für unser modernes Demokratie-Verständnis wesentlich wurde. Der Raum des freien Denkens in der Innerlichkeit ist für Marx nichtig, da es materialistisch betrachtet wirkungslos bleibt - die höchste Freiheit, die Marx für möglich hält, ist die totale Verplanung der gesellschaftlichen Produktion, sprich der zentralen Organisation der Umformung des materiellen Stoffes durch Menschenhände, die jedoch explizit geistlos bleiben muss, um den Menschen keine Illusionen zu geben, dass ihre Substanz etwas anderes als ihre Arbeit sei. Da die Subtilität einer geistigen, intellektuellen, materialistisch betrachtet: übersinnlichen Fügung nicht nur nicht möglich, sondern auch nicht gewollt ist, ergibt sich die Notwendigkeit, die Klasse der Arbeiter darüber zu informieren, dass ihre Freiheit darin besteht, sich darüber bewusst zu werden, dass sie nur dann frei sind, wenn ihre Arbeit von einer zentralen Bürokratie totalitär geplant wird. Was sich hier als eine Aneinanderreihung von Absurditäten liest, wurde im 20. Jahrhundert tatsächlich umzusetzen versucht.

Nun aber zu dem Punkt, auf den ich eigentlich hinauswollte: Während für Hegel die Emanzipation, die Aufhebung der Entfremdung in der bürgerlichen Gesellschaft durch die "Hinterlist der Vernunft" (des Geistes) organisiert über die jeweilige Bildung des vereinzelten Individuums realisiert wird und wurde - es ist dies für den wirklich Gebildeten ja ein Faktum - sieht Marx sich genötigt, seine eigene Doktrin einer gesamten Klasse aufzuzwängen und mit ihrer Hilfe die herrschende Klasse zu entmachten.

Zur Wiederholung: Bei Hegel (wie auch im modernen demokratischen Grundkonsens) realisiert sich die Freiheit allein dadurch, dass sich das jeweilige, einzelne Individuum - durch den Geist nur auf sublimste Weise geleitet - selbst bildet und selbst befreit; bei Marx hingegen wird die Bildung von einer "advangardistischen" Intellektuellengruppe übernommen, die den Bildungsprozess des Proletariats auf sich nimmt, dessen Bewusstsein sich erstens aneignet, und zweitens das neue gewünschte Bewusstsein (der historischen Mission der Arbeiterklasse) diesem injiziert, dem Proletarier sozusagen die Weisheit mit Löffeln zum Essen reicht.

Es ist also gezeigt worden, dass in einer marxistischen Welt echte, kritische Philosophie keinen Platz hat, da die Freiheit des Denkens des Einzelnen der Gruppenideologie auf alle Fälle untergeordnet werden muss.

Es geht nicht darum, dass ich persönlich Marx vorwerfen würde, dass er ein Theoretiker der Herrschafts-Ideologie ist - Er ist es ja selbst, der Wissenschaft derart konzipiert, dass jegliche Theorie letztlich nur politische Interessen repräsentiert. Es wäre naiv zu glauben, Marx wolle dies ändern. Nein, das ist in seinen Augen nicht möglich, da für ihn Idee und Geist nicht existent sind, bzw. die Leugnung davon, dass jede Philosophie Ideologie einer herrschenden Klasse sei, ist in seinen Augen selbst gerade der höchste Ausdruck der Ideologie der herrschenden Klasse!

Das war für den Marxismus eine abgemachte Sache, und die Gegenmaßnahme war keinesfalls das Konzept einer neutralen Wissenschaft, sondern einfach das Forcieren der Gegenposition - D.h. "Philosophie" bedeute nichts anderes, als die je nach historischer Situation unterlegene, aber zukunftsträchtigste Klasse zu betreuen und ihr zum physischen Sieg zu verhelfen.

Also nochmal: Marx ist dezidiert Herrschafts-Ideologe, und ihm das Gegenteil zu unterstellen würde seiner Theorie zuwiderlaufen, da sie gerade die absolute Abhängigkeit der menschlichen Meinungen von den materiellen Determinationen behauptet, und erst in einer klassenlosen Gesellschaft eine solche neutrale Theorie als Nebenprodukt entstehen könnte.

Zu der näheren Bestimmung des Philosophie-Begriffes bleibt somit nur anzumerken, dass es nicht darum geht, ihn völlig zu entpolitisieren. Es ist aber doch völlig offensichtlich, dass eine Position, die die souveräne Entscheidung eines Subjekts über seine persönliche Weltanschauung negiert, keine Philosophie sein kann.

Zu den Einträgen in Nachschlagewerken der Philosophie. Dass der Marxismus darin vertreten ist, sagt noch nichts über seine Zugehörigkeit aus. Auch Einsteins Relativitätstheorie mag mancherorts im Zuge der Behandlung der modernen Naturwissenschaften erwähnt werden, damit gilt aber Einstein noch lange nicht als Philosoph. Dies wäre also nicht einmal dann ein Argument, wenn es nicht auch philosophische Handbücher gäbe, die den Marxismus NICHT erwähnen, wie z.B. Friedrich Albert Lange: Geschichte des Materialismus und Kritik seiner Bedeutung in der Gegenwart, Iserlohn 1866, oder Wilhelm Windelband: Lehrbuch der Geschichte der Philosophie, Tübingen 1892. Denn es könnte durchaus ein Nachschlagewerk zu finden sein, das den Marxismus im Rahmen der Philosophie-Geschichte erwähnt, aber ihn nicht als Philosophie wertet, sondern nur entweder als Fehlentwicklung oder Nebeneffekt des deutschen Idealismus behandelt.

Gerade die Stelle bei Haug, die Herbert zitiert, spricht eindeutig von zwei verschiedenen Subjekten, von der Philosophie, die Marx nicht verzieh. Ich zitiere aber nun eine konkrete Stelle aus Johannes Hirschberger: Geschichte der Philosophie, Freiburg 1948/1952:

"Und hier kann man nun mit Händen greifen, daß Marx mehr Revolutionär ist denn Philosoph. Die Philosophie ist nur ein willkommenes Mittel für seine politischen Tendenzen."
[Hirschberger: Geschichte der Philosophie. Band II, S. 863. Digitale Bibliothek Band 3: Geschichte der Philosophie, S. 10586 (vgl. Hirschberger-Gesch. Bd. 2, S. 473)]

Ebenso ist die Tatsache, dass es Philosophen gab, die politisch marxistisch eingestellt waren, noch kein Beleg. Gerade dann nicht, wenn man einem Zirkelschluss zum Opfer fällt, Marxismus mit Philosophie identifiziert und dann jeden Marxisten automatisch als Philosophen anerkennt. Umgekehrt ist es doch die Argumentationslage gerade derart, dass ein einziger Marxist, der kein Philosoph ist, ausreichen würde, um zu widerlegen, dass der philosophische Aspekt beim Marxismus wesentlich sei.

Hirschberger gibt K. Löwiths Sicht über die "Hegelsche Linke und den dialektischen Materialismus" wieder:

"»Erst das 20. Jahrhundert hat das eigentliche Geschehen des 19. Jahrhunderts deutlich und deutbar gemacht« nach dem Rezept, den Baum an den Früchten zu erkennen, hat K. Löwith, einer der besten Kenner dieser Epoche, gesagt. Er charakterisiert die Junghegelianer als entgleiste Bildungsmenschen und gescheiterte Existenzen, die unter dem Zwang der sozialen Verhältnisse ihre gelehrten Kenntnisse ins Journalistische übersetzen. Ihr eigentlicher Beruf ist der freie Schriftsteller unter ständiger Abhängigkeit von Geldgebern, und Verlegern, Publikum und Zensoren. Ihre Schriften sind Manifeste, Programme und Thesen, aber kein in sich gehaltvolles Ganzes, und ihre wissenschaftlichen Demonstrationen wurden ihnen unter der Hand zu effektvollen Proklamationen. Ihr Ton ist aufreizend, aber ihre Schriften hinterlassen einen faden Geschmack, weil sie mit dürftigen Mitteln maßlose Ansprüche stellen. Die Welt ist nach 1830 »gemeiner« geworden, sagt Löwith mit J. Burckhardt. Gemessen an Hegels Geschichte des Geistes, ist der neue Geist eine Barbarisierung des Denkens, wo der Gehalt durch Schwulst und Gesinnung ersetzt wird."
[Hirschberger: Geschichte der Philosophie. Band II, S. 855. Digitale Bibliothek Band 3: Geschichte der Philosophie, S. 10578]

Mein Anliegen ist es nicht, Marx kleinzureden. Das würde bedeuten, ihn zu verharmlosen. Nein, mir ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass der Marxismus eine radikale Umformung der Sprache anpeilt, und bei seiner missionarischen Verblendung, andere gegen deren Willen mit pubertären Weltbefreiungsphantasien bevormunden zu müssen, auch vor physischer Gewalt nicht zurückschreckt und deswegen als Bedrohung der freiheitlichen Grundordnung bewusst wahrgenommen werden muss.

Es wäre absurd, Marx einen großen Denker der Geistesgeschichte zu nennen, oder bereits Teil einer bewussten Sprachpervertierung. Im "Neu-Deutsch" des Marxismus gibt es den Begriff Geist überhaupt nicht (im DDR-Philosophie-Lexikon dbzgl. kein Eintrag zu finden!) und Denken nur als Funktion einer Materieanhäufung genannt Gehirn, also als Naturprozess - Der Marxismus leugnet die Bedingung der Möglichkeit der Existenz eines Denkers, im Sinne eines Wesens, dem sich der logos offenbart, sei's im griechischen wie im biblischen Sinne.

Für den Christen hat sich der Logos inkarniert, und wurde die Einheit der menschlichen Vernunft und des göttlichen Wissens (der Sophie) in Jesus Christus realisiert. Daher ist der Philosoph christlich verstanden ebenso ein Freund Jesu wie Johannes, und im besten Fall sein Nachfolger.

Für Marx ist die "Wahrheit" nur Mittel zum Zweck, und wenn er den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erhebt, dann im Grunde im Widerspruch zu seiner eigenen Theorie. Marxismus ist letztlich der (gescheiterte) Versuch, Wissenschaft und Philosophie zu propagandisieren und politisieren.

Dies ist mein momentaner Kenntnisstand, und resultiert aus einem recht dialektischen Bildungsprozess, dessen Weg zu gehn aber jedem selbst überlassen bleibt.

Daher bleibt für die Wikipedia-Seite die Forderung, die Bewertung des Marxismus als Philosophie zumindest als kritisch darzustellen, und gegebenenfalls wissenschaftliche Quellen konkret zu zitieren und gegenüberzustellen.

Das biblische Wort "Der Mensch lebt nicht nur vom Brot allein." drückt sicherlich eine tiefe Wahrheit aus, aber nur, wenn man den Satz nicht so versteht, dass man zuerst essen müsse, und danach erst geistig frei werden kann. Genau das wäre eine typische Vereinnahmung von fremden Ideen... Vielmehr ist gemeint, dass es nichts bringt, dem Menschen nur materielle Nahrung zu geben, ihm aber den Geist zu verbieten, dass der Menschen dennoch sterben kann, auch wenn er genügend im Magen hat. Daraus erwächst auch die Forderung, dass es besser ist, für die geistige Freiheit seinen natürlichen Leib hinzugeben als wie ein geistloses Tier sich den Bauch vollschlagen zu lassen.

Und unter marxistischen Diktaturen reichte diese letzte Feststellung aus, um für genau diese geistige Freiheit sein Leben opfern zu dürfen.

Grüße, Jan Paul 14:59, 19. Jul 2006 (CEST)

Hallo Jan Paul, wir kennen nun alle deinen sehr ausführlich erläuterten Standpunkt.
An dem Einleitungssatz wird das jedoch nichts ändern, denn Marxismus gilt nunmal auch als philosophische Richtung. Deine Mühe, ihn philosophisch als Antiphilosophie zu bekämpfen, zeigt das ja bereits. Und wir bilden keine neuen Theorien bei Wikipedia. Grüße, Jesusfreund 22:46, 19. Jul 2006 (CEST)
Hallo Jesusfreund,
in den meisten seriösen, wissenschaftlichen Kreisen gilt der Marxismus nicht als Philosophie, jedenfalls nicht an meinem Philosophie-Institut. Meine Erläuterung sollte keine neue Theorie in der Wikipedia publizieren, sondern Laien den Sachverhalt verständlich machen. So kann der Satz jedenfalls nicht stehen bleiben, da 1. die Quellenangabe fehlt, und 2. daher der verwendete Philosophie-Begriff nicht ersichtlich ist.
Ich hätte den Satz ja zu einer Aussage umgeformt, dass der Marxismus den Anspruch erheben würde, "philosophisch" zu sein, aber das stimmt ja auch nicht, da Marx explizit gegen die Philosophie gerichtet war. Nichts würde mich daran stören, einen Bauer, der die halbe EU auf der Landkarte nicht finden könnte, aber offen für ein spekulatives Gespräch ist, als Philosophen anzuerkennen, aber eine Doktrin, die in der Theorie die Philosophie verächtlich macht, ihr Leben zu zerstören droht und sowohl ihren Inhalt als ihre Form ausmerzen will, und in der Praxis Philosophen nur aufgrund ihrer Intellektualität ermordet hat, so eine Doktrin im Nachhinein als Philosophie auszugeben, wäre nicht nur eine verlogene Hinterfotzigkeit sondergleichen, sondern eine sträfliche Geschichtsfälschung, die mit der Behauptung zu vergleichen ist, die Nazis wären allesamt Surrealisten gewesen.
Also zum wiederholten Male: Solche strittigen Aussagen müssen (am besten in einer Fußnote) belegt werden, aber auf keinen Fall mit dem Verweis auf die Umgangssprache oder die infantilen Bilderbuchvorstellungen vom Marxismus auf der Straße. Langsam wird es mir zu ...
Grüße, Jan Paul 10:57, 20. Jul 2006 (CEST)
PS: Ich habe hier den Marxismus nicht inhaltlich widerlegt, sondern eine nüchterne Analyse seiner Form betrieben und als mit keinem Philosophie-Begriff vereinbar darzustellen versucht.
Quellenangabe: Iring Fetscher, Marx-Engels-Studienausgabe: Band I "Philosophie"
Buchtitel Oskar Negt: "Marx. Philosophie jetzt."
Horkheimer/Adorno, "Dialektik der Aufklärung": Mit der Preisgabe des Denkens...hat Aufklärung ihrer eigenen Verwirklichung entsagt. Umwälzende wahre Praxis aber hängt ab von der Unnachgiebigkeit der Theorie gegen die Bewusstlosigkeit, mit der die Gesellschaft das Denken sich verhärten lässt.
11. Feuerbachthese: Marxismus kritisiert alle Philosophie dahingehend, ob sie die Gesellschaft verändert, so dass alle Menschen sich voll entfalten können, nicht bloß die Philosophen.
--->Eben deshalb lassen genuine Marxisten sich das Denken über die Wirklichkeit nicht von der schlechten Wirklichkeit verbieten und bestimmen. Sie lassen das Philosophieren nicht hinter sich, wenn sie über Kapital und Arbeit reflektieren. (Die Werttheorie im "Kapital" ist hochphilosophisch). Sondern sie transformieren die Arbeit des Begreifens zur Kritischen, verändernden, die Überwindung des realen Elends ermöglichenden Gesellschaftstheorie. Sie analysieren die Gegenwart mit der Fragestellung, unter welchen Bedingungen eine Gesellschaft denkbar wird, in der jeder Mensch Philosoph sein kann.
Dies war das eigentliche Anliegen jeder echten Philosophie, die einen Beitrag zur selbstbewussten Freiheit und Befreiung des Selbstbewusstseins des Menschen leisten wollte, aber die Bewegungsgesetze der Ökonomie und ihren eigenen Standort in der Gesellschaft dabei ausklammerte. Nur elitäre, auf sich bezogene Philsophie muss die Transformation der Philosophie zur verändernden, von den arbeitenden und produzierenden Subjekten selber getragenen Kraft als Bedrohung ihres traditionell auf den Geist verengten Philosophiebegriffs begreifen.
Kampf gegen unbegriffene Mächte der Zerstörung, die diese meint Marx in die Schuhe schieben zu müssen, ist Leichenfledderei am Stalinismus und enthält keine Zukunftsperspektive. Jesusfreund 11:49, 20. Jul 2006 (CEST)
Hallo Jesusfreund,
bei den ersten beiden Quellen muss ich momentan passen, die anderen behaupten nicht, dass Marxismus Philosophie betreibe. Vor allem in der Feuerbachsthese zeigt sich der schlampige Umgang Marxens mit der Sprache: Will er nun eine neue Philosophie begründen oder nicht?
Die darauf folgenden Stellen stammen wohl nicht von Marx.
Um das alles abzukürzen, verweise ich auf den aktuellen Artikel der Wikipedia zum Marxismus:
"Die marxistische Theorie unterscheidet verschiedene Kernbereiche, die die Entwicklung der Ideen von Marx und Engels widerspiegeln:
Das erspart mir die Arbeit noch weitere Belege liefern zu müssen, da ja der Artikel selbst behauptet, dass der Marxismus nur dann als Philosophie bezeichnet werden kann, wenn man einen völlig anderen Philosophie-Begriff verwenden würde. Dieser neue Begriff wurde aber meines Wissens von Marx oder Engels nie bestimmt, er blieb eine euphemistische Etikette, und ist in keinem philosophischen Diskurs präsent - Er ist schlicht nicht existent.
Also nochmal: Der Einleitungssatz kann so nicht stehen bleiben, er braucht zumindest eine Fußnote, in der mit einem Zitat der Philosophie-Begriff geklärt wird, unter den der Marxismus subsumiert werden kann.
In der momentanen Form ist der Artikel nicht nur nicht exakt, sondern widerspricht sich selbst.
Grüße, Jan Paul 12:11, 20. Jul 2006 (CEST)
Die Wirklichkeit widerspricht sich, und deshalb gibt es auch nicht nur einen Philosophiebegriff. Und selbstverständlich haben Marx und Engels die zukünftige Philosophie nicht vorab definiert, weil sie ja glaubten, diese sei Ergebnis der kommenden neuen Gesellschaft.
"Aufhebung" ist bei Marx im Hegelschen Sinn als Bewahrung des Anliegens auf einer höheren Ebene gemeint, also gerade nicht als Ersetzung.
Wikipedia kann den Philosophiebegriff nicht stellvertretend für die heterogene Philosophiegeschichte klären. Das wäre Theoriebildung. In Geschichte der Philosophie ist sowohl Marx ganz selbstverständlich aufgeführt als auch die Sozialwissenschaften, die als Fachrichtung ebenfalls philosophische Themen erörtern. Damit musst du dich wohl oder übel allmählich zufriedengeben. Jesusfreund 12:17, 20. Jul 2006 (CEST)
Angesichts der schauerlichen Bemerkung zur Stalinismuskritik möchte ich zur Wahrung einer gewissen Pietät noch weitere Stellen innerhalb der Wikipedia zitieren:
  • "Intellektuelle (auch Brillenträger wurden dafür gehalten) galten als überflüssig und unerwünscht. In den folgenden vier Jahren wurden mindestens 1,5 bis 2 Millionen Kambodschaner (rund ein Viertel der Einwohner), vor allem der gebildete Teil der Bevölkerung und Regimekritiker, von den Roten Khmer ermordet. So überlebten diese Episode der kambodschanischen Geschichte landesweit gerade einmal 50 Ärzte und 5.000 von vormals 20.000 Lehrern." (http://de.wikipedia.org/wiki/Pol_Pot)
  • "Viele Forscher wie z.B. die Herausgeber des Schwarzbuchs des Kommunismus nehmen daher an, dass die millionenfachen Massenmorde 'marxistischer' Tyrannen wie Stalin, Mao oder Pol Pot keine Abirrungen von der eigentlich positiven marxistischen Lehre sondern in ihr selbst angelegt wären." (http://de.wikipedia.org/wiki/Marxismus)
Jan Paul 12:26, 20. Jul 2006 (CEST)
JAN PAUL! Dies ist der Artikel "Marxismus". Nicht "Rote Khmer", nicht "Stalinismus", nicht "Klärung des Philosophiebegriffs." Marx gilt selbst bei oberflächlichster Betrachtung zweifellos vielen heutigen Philosophen auch als Philosoph. Und viele andere Philosophen, die Marx kritisieren, sehen sich dennoch als Marxisten.
Für alle Massenmörder hingegen gilt der von Horkheimer zitierte Satz: Sie waren der Bewusstlosigkeit verfallen, sie waren der Theorie und diese ihnen gegenüber zu nachgiebig, sie dachten nicht mehr nach, sondern exekutierten nur noch vorgestanzte Ideologeme. Da gibt es hier keinerlei Dissens.
Aber der Rückschluss von einer historisch verfehlten Praxis, die Marx im Mund führte, auf den Marxismus insgesamt ist primitiv und eine Beleidigung des Denkens. Das würde heißen, alle in einen Sack und immer feste draufhauen. Damit kommst du allenfalls bei der Bildzeitung durch, nicht hier. Schluss jetzt mit diesen Sermonen um ein einzelnes, berechtigtes Wort! Jesusfreund 12:37, 20. Jul 2006 (CEST)
Hallo Jesusfreund,
ich biete hier nur mein Wissen an, um Fehler in der Wikipedia zu korrigieren, und lasse mich sicherlich nicht von fehlerhaften Artikeln belehren - wer meint, Sokrates und Platon hätten die Philosophie als Gegensatz zur mythischen Religion bestimmt, hat noch nicht einmal das Höhlengleichnis gelesen. Aber das lege ich mal ad acta.
Das Problem ist, dass du derjenige bist, der eine Theorie auf Wikipedia veröffentlichen will, ohne sie zu untermauern, bzw. sie mit Argumenten zu belegen versuchst, die dem Gegenstand nicht vollkommen angemessen sind. Ich lasse mich kurz darauf ein: Natürlich ist die Wirklichkeit widersprüchlich. Aber der Zustand des nicht aufgehobenen Widerspruches ist der der Materie! Die Widersprüche der Materie können nur ideell aufgehoben werden - und also auch nur von einem idealistischen Denken. Hier beginnt ja die ganze Begriffskonfusion - Marx verwendet, so weit ich sehe, eine völlig unreflektierte Terminologie, er nimmt die idealistischen Begriffe als Blankoscheine, die er massenhaft ausstellt, aber nie einlösen kann. Wie denn auch, es sind ja auch Ideen, geistige Entitäten, die in einem konsequenten Materialismus nichts zu suchen haben. Ich weiß nicht, ob es hier etwas bringt, noch tiefer einzusteigen, aber was tut man nicht alles...
Also der Begriff der Aufhebung ist ein wesentliches Element des (absoluten) Idealismus. Er besagt, dass in dem Begriff des Absoluten Geistes jeder andere allgemeine Begriff (wie Sein, Idee, UND Materie) aufgehoben ist, oder auch andersrum: Aus ihm deduziert werden kann. Der Materialismus ist auch Teil dieses Idealismus, aber nur ein Moment, das zur Naturbeschreibung dient. Hier kann man tatsächlich von wahrhafter Aufhebung im dreifachen Sinne eingeschlossen des conservare sprechen; der Materialismus wird nicht ausgegrenzt, sondern seine Grenzen klar gezeichnet, und die liegen dort wo es um die Aufhebung real seiender Widersprüche geht. Als Beispiel: Physikalisch gesehen sind Grenzziehungen oder auch Objektwahrnehmungen in der materiellen Welt willkürlich, ich kann beliebig das ganze Sonnensystem als Einheit betrachten, oder abstrahierend eine einzelne Pflanze aus dem atomistischen Zusammenhang lösen. Diese Operation ist aber keine materialistische, denn es wird vom einzelnen Atom als Wesen abgesehen, und eine ideelle Struktur in das stoffliche Konglomerat hineinprojiziert. Die erkenntnistheoretische Konstitution von Einheiten in der Mannigfaltigkeit ist seit Kant nicht mehr naiv realistisch anzunehmen.
Worauf ich hinauswill, ist, dass Marx rein theoretisch keine Aufhebung im idealistischen Sinne leisten kann. Und würde er es doch leisten, wäre er kein Materialist mehr, da es gerade die wesentliche und exklusive Bestimmung des Geistes ist, im Fremden bei sich sein zu können, also in diesem Fall eine andere Theorie als Teil der eigenen auffassen zu können. Hier beginnen wir uns im Kreis zu drehen, und ich fürchte, wir würden Marx zu viel Ehre erweisen, uns noch länger von ihm schwindlig drehen zu lassen.
Also, viele Stellen bei Marx unterstreichen, dass es Marx nicht um eine affirmative Aufhebung von Philosophie und Religion ging, sondern dass er diese beiden Sphären im nihilistischen Sinne negieren wollte und dies in der marxistischen Praxis auch dementsprechend umgesetzt wurde.
Nun, ich habe meine Quellen genannt, und da es ja anscheinend nicht viel verlangt, sich zu beteiligen, werde ich an einer Kompromisslösung arbeiten, die beide Seiten zur Darstellung bringt.
Grüße, Jan Paul 13:04, 20. Jul 2006 (CEST)
Jan Paul, dir wurden genügend Argumente genannt dafür, dass Marxismus als Philosophie gilt: Das zeigt bereits die tatsächliche Beschäftigung von genügend Philosophen mit Marx.
Weder ich noch Du noch sonst ein Wikipedianer bestimmen, was Philosophie ist, noch was sie nicht ist, und ob Marxismus dazu gehört oder nicht.
Sondern die Tatsache, dass Marxismus in der Philosophiegeschichte tatsächlich thematisiert wird, genügt vollkommen - nämlich formal und pragmatisch - für die Einordnung.
Ignoranz ist meines Wissens keine platonische Tugend. Weitere "Beweise" wirst du nicht bekommen. Es gibt nämlich eine REALITÄT jenseits allen idealistischen Geschwurbels, und diese Realität lautet hier und jetzt: Dein Änderungswunsch ist begründet abgelehnt worden. EOD. Jesusfreund 13:40, 20. Jul 2006 (CEST)
Herr selbsternannter Jesusfreund,
wenn Sie sich nicht an der Diskussion beteiligen wollen, dann hindert Sie niemand daran, Ihre laienhaften Aussagen einfach für sich zu behalten.
Ich stelle mit Bedauern fest, dass Sie der Diskussion nicht gewachsen zu sein scheinen, da Sie offensichtlich wesentliche Stellen gar nicht gelesen oder - nicht verstanden haben.
Da diese Evidenz Ihnen selbst vielleicht nicht einsichtig sein mag, fasse ich kurz zusammen, wieso Ihr letzter Beitrag nicht relevant ist:
  • Sie sind nicht in der Lage, der Diskussion zu folgen, und haben wesentliche Teile nicht gelesen.
  • Sie untermauern Ihre Aussage mit keinem Zitat, sondern nur mit zirkelhaften Vorurteilen, und mit unlogischen, sachlich unqualifizierten Argumenten.
  • Sie gingen auf folgende wesentliche Punkte überhaupt nicht ein:
  • Die konkrete, explizite Ablehnung Marxens der Philosophie in seinen Schriften
  • Die (implizite) Beurteilung des Marxismus als propagandistisch in einem seriösen Nachschlagewerk
  • Und auf folgenden nur oberflächlich:
  • Der hauseigene Widerspruch im diskutierten Artikel (den Sie nur mit einem Laien-Denkfehler begegneten, von mir aber wohlwollend richtiggestellt wurde)
Abschließend reicht ihr Satz: "Sondern die Tatsache, dass Marxismus in der Philosophiegeschichte tatsächlich thematisiert wird, genügt vollkommen - nämlich formal und pragmatisch - für die Einordnung." für die Beurteilung der Lage der Dinge. Man braucht ja nur den Philosophie-Begriff genügend aufzuweichen, und schon reicht eine kritische Behandlung der nationalsozialistischen Rassen-Ideologie in einem Werk zur Philosophiegeschichte, um aus A. Hitler einen Philosophen zu machen.
Also vergeuden Sie bitte nicht weiter Ihre und unsere Zeit, akzeptieren Sie die Irrelevanz Ihrer Einwände zum Thema der Debatte, und nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir Ihr "EOD" als eine rein subjektive Handlung, sprich als Ihren Rückzug aus der Diskussion betrachten.
Grüße, Jan Paul 14:36, 20. Jul 2006 (CEST)
Da dieser Strang unsanft abgewürgt wurde, indem untergriffige Diffamierungen eine sachliche Diskussion ersetzten, nahm ich mir die Freiheit heraus und fasste den wirklichen Stand der Debatte in einem neuen Punkt zusammen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:Marxismus#Widerspr.C3.BCche_im_Artikel
Grüße, Jan Paul 15:35, 20. Jul 2006 (CEST)

Portal Marxismus

Ich wollte noch einmal die - m.E. sehr gute - Idee vom Januar 2006 aufgreifen, ein Portal Marxismus aufzubauen (siehe Diskussion). Der Alternativvorschlag war "Portal Arbeiterbewegung". Ich wäre für "Arbeiterbewegung und Gesellschaftskritik", da letztere ja nicht unbedingt aus der traditionellen Arbeiterbewegung heraus kommen muss. Ich stamme aus der kirchlichen Ecke und hätte z.B. auch gerne die KAB, Friedhelm Hengsbach und das Nell-Breuning-Institut, aber auch Robert Kurz und attac mit drin. Wie ist die Meinung dazu? --HerbertErwin 22:01, 18. Jul 2006 (CEST)

Widersprüche im Artikel

Hallo,

im Artikel wurden von mir zwei Widersprüche festgestellt:

1. Das widersprüchliche Verhältnis des Marxismus zur Philosophie.

"Marxismus ist eine philosophische, historisch-politische und ökonomische Gesellschaftstheorie mit wissenschaftlichem Anspruch."
(http://de.wikipedia.org/wiki/Marxismus)

erzeugt einen unaufgehobenen Widerspruch zu dieser Aussage:

"Die marxistische Theorie unterscheidet verschiedene Kernbereiche, die die Entwicklung der Ideen von Marx und Engels widerspiegeln:
  • die umfassende Abgrenzung von der herkömmlichen Philosophie und deren „Aufhebung“ im dialektischen Materialismus."
(http://de.wikipedia.org/wiki/Marxismus#.C3.9Cberblick)

2. Die Stellung zur Objektivität in der marxistischen Erkenntnistheorie.

"Dabei erhebt der Marxismus als wissenschaftlicher Sozialismus den Anspruch, eine objektive Beschreibung nicht nur der Gesellschaftssysteme der Vergangenheit und der Gegenwart zu sein, sondern auch ihre Entwicklung in der Zukunft vorhersagen zu können. Dieser Anspruch wissenschaftlicher Objektivität wird auch auf die Marxschen Begriffe ausgedehnt, die nicht als mehr oder minder brauchbare Werkzeuge zum Verständnis der Wirklichkeit, sondern als deren gültige Beschreibung betrachtet werden."
(http://de.wikipedia.org/wiki/Marxismus#Wissenschaftstheorie)

scheint mir unvereinbar mit folgender Passage zu sein:

"Vielmehr wird ausgegangen das Begrifflichkeiten wie objektive Erkenntnis keinen Platz in den erkenntnistheoretischen Gedankengängen Marx hatten."
(http://de.wikipedia.org/wiki/Marxismus#Gegen-Kritik)

Grüße, Jan Paul 14:55, 20. Jul 2006 (CEST)

Marxismus und Philosophie

Hallo,
es gab schon eine Diskussion zum ersten Punkt, die ich hier kurz zusammenfasse:
  • Der Marxismus weist eindeutig philosophische Versatzstücke auf, und ist maßgeblich von Hegel inspiriert.
  • Bei Hegel findet sich aber schon der Versuch, die Philosophie in Wissenschaft zu verwandeln (im Sinne einer Wissenschaft der allgemeinen Begriffe, oder einer Wissenschaftslehre wie bei Fichte).
  • Bei Marx (wie bei Engels) gibt es Passagen, die von einem "wissenschaftlichen Sozialismus" sprechen, der alle Philosophie ablösen soll. Es konnte keine Stelle aufgezeigt werden, in der Marx daran Interesse bekundete, seine Theorie unter dem Namen Philosophie weiterlaufen zu lassen; im Gegenteil finden sich mehrere Stellen, in dem Marx der Philosophie im Allgemeinen Absenz von Wirkung und Realität vorwirft, und ihre Eliminierung prophezeit. Das marxistische Selbstverständnis ist also anti-philosophisch, der Marxismus erhebt den Anspruch Wissenschaft zu sein, die jede andere Philosophie aufhebt.
  • Ein Zitat aus einem seriösen Nachschlagewerk zur Philosophiegeschichte wertet die Philosophie bei Marx als "Mittel zum Zweck" seiner revolutionären Bestrebungen.
Wer an den Zitaten interessiert ist, findet sie im anderen Diskussionsstrang: http://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:Marxismus#War_Karl_Marx_nicht_explizit_gegen_die_Philosophie.3F.
Wir sehen, dass die Zuordnung des Marxismus zur Philosophie umstritten ist, und oft nur aus politisch-propagandistischen Motiven heraus erfolgt ist. Ich persönlich bin zugebenermaßen kein Spezialist der Thematik, und habe auch die Marxismus-Vorlesungen am Institut nicht besucht, die sich z.B. mit der Dekonstruktion des Marxismus, oder der Frage der Relevanz des Marxismus für die Philosophiegeschichte beschäftigten.
Es wäre also sehr hilfreich, wenn ein Kenner helfen könnte, einerseits darzustellen, dass Marx philosophische Methoden und Begriffe anwendete, andererseits aber auch die anti-philosophischen Seiten des Marxismus zu zeigen.
Grüße, Jan Paul 15:30, 20. Jul 2006 (CEST)
Die Diskussion scheint mir primär ein Streit um Worte (Marx verwendet das Wort "Philosophie", um seine Gegnerschaft zu diesem und jenem zu benennen. Viele andere verwenden das Wort "Philosophie" in einem Sinne, der Marxens Unternehmung einschließt. Manche anderen aber auch so, dass es Marxens Ansatz ausschließt. Wie man das Wort "Philosophie" verwenden sollte, ist eben umstritten und davon u.a. dependiert, was bei Marx "eindeutig philosophisch" ist. Hinzu kommt, dass auch ganz umstritten ist, was eigentlich Marxens Ansatz ist). Man sollte imho einfach im Artikel klar und neutral schreiben (WP dient der Theoriedarstellung, nicht -Entwicklung!) und dabei wäre m.E. wünschenswert, solche Kontroversen in einem Abschnitt zu Interpretation und Rezeption zu erwähnen. Da wären dann die Lesarten von zB Althusser, Balibar, E. Braun, Derrida zu erwähnen. Soweit meine 2cents. Grüße, Ca$e 15:42, 20. Jul 2006 (CEST)
Hallo Case!
Es ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Streit um ein Wort, klar, aber immerhin ein sehr wichtiges Wort, wenn es im Artikel als erstes Adjektiv zur Begriffsbestimmung verwendet wird!
Es geht mir nicht darum, in Zweifel zu ziehen, dass der Marxismus philosophische Aspekte aufweist, sondern dass der Marxismus in Theorie wie Praxis explizit gegen die Philosophie agitiert hat. Mir ist keine Passage bekannt, in der sich Marx positiv auf die Philosophie bezog (abgesehen vom Lob Hegels), oder andeutete, sich als Philosophen zu sehen, was zugegebenermaßen nicht viel heißen mag. Darum bat ich auch drum, ein solches Zitat zu liefern, damit der Leser ungefähr einordnen kann, wie es Marx selbst sah.
Andererseits darf nicht unterschlagen werden, dass es im Marxismus eine massive Tendenz gab, die Philosophie, wenn sie nicht für unerwünscht erklärt oder zum Agenten der feindlichen Klasse gestempelt wurde, für propagandistische Zwecke zu missbrauchen. Entsprechende Quellen und Zitate sind im angegebenen Diskussionsstrang.
Quellen für die Hinterfragung der Beurteilung des Marxismus als Philosophie hätten wir also schon, was fehlt, sind Belege für eindeutige Bekenntnisse des Marxismus zu ihr.
Solange keine Quelle zitiert wird, die diesen Widerspruch einwandfrei aufhebt, müssen wir davon Abstand nehmen, diese umstrittene Beurteilung beizubehalten, und sollten gegebenfalls einfach die unterschiedlichen Quellen (bevorzugt Lexika der Philosophie-Geschichte) gegenüberstellen.
Grüße, Jan Paul 16:40, 20. Jul 2006 (CEST)
Wie gesagt, es muss sich ja nicht eine Formulierung finden, welche das Wort Philosophie zustimmend im Munde führt. Um die Sache kurz zu machen: ich würde zB am Anfang einfach schreiben: "Marxismus ist eine historisch-politische und ökonomische Gesellschaftstheorie mit wissenschaftlichem Anspruch. Obgleich sich Marx desöfteren gegen "die Philosophie" wendet, wurde und wird der Marxismus weithin als eine philosophische Postition behandelt." Oder eben irgendwas anderes, halbwegs neutrales. Grüße, Ca$e 17:16, 20. Jul 2006 (CEST)
Hallo Ca$e!
Dieser erfrischende Wind eines beherzten Pragmatismus soll mir meine Klimaanlage sein!
Genau so habe ich mir es auch vorgestellt, es fehlt eigentlich nur eine Quelle, aus der das Eigenverständnis des Marxismus hervorgeht.
Ich würde es wie folgt formulieren:
Marxismus ist eine historisch-politische und ökonomische Gesellschaftstheorie mit wissenschaftlichem Anspruch, die weithin als philosophische Position behandelt wird, auch wenn diese Zuordnung problematisch ist (1).

Fußnote (1): Der Marxismus identifiziert Philosophie mit Politik: die herrschende Philosophie ist Ausdruck der politisch und ökonomisch herrschenden Klasse. Daher lehnt der Marxismus alle herkömmliche Philosophie ab, und setzt sich bzw. den "wissenschaftlichen Sozialismus" als Vertreter der revolutionären Arbeiterklasse, deren Herrschaft die klassenlose Gesellschaft vorbereiten soll, an deren Stelle. Die Beziehung des Marxismus zur Philosophie ist also widersprüchlich im dialektischen Sinn. Wesentliche Aspekte der traditionellen Philosophie (z.b. das Thema der Unendlichkeit, der Ewigkeit, des Absoluten) gehen jedoch verloren, oder werden instrumentalisiert, womit der marxistische Philosophie-Begriff problematisch wird:

"Und hier kann man nun mit Händen greifen, daß Marx mehr Revolutionär ist denn Philosoph. Die Philosophie ist nur ein willkommenes Mittel für seine politischen Tendenzen."
[Hirschberger: Geschichte der Philosophie. Band II, S. 863. Digitale Bibliothek Band 3: Geschichte der Philosophie, S. 10586 (vgl. Hirschberger-Gesch. Bd. 2, S. 473)]
Grüße, Jan Paul 16:29, 21. Jul 2006 (CEST)


Hallo Jan Paul,

leider fehlt mir die Zeit, um auf deine Einwürfe umfassend einzugehen. Vieles hat ja schon Jesusfreund gesagt, dem ich inhaltlich voll zustimme. Nur ein paar Punkte zur Ergänzung:

  • „Marxismus“ ist ein etabliertes Lemma in den gängigen – von mir zitierten und vielen anderen - Philosophielexika und –geschichten. Dabei wird der Marxismus keineswegs – wie von dir behauptet – als „Fehlentwicklung oder Nebeneffekt des deutschen Idealismus behandelt“. Ich bitte wirklich dringend, dies zur Kenntnis zu nehmen.
  • Zum anderen bitte ich generell darum, nicht verkürzend, sinnentstellend und manipulativ zu zitieren.
    • Z.B. heißt es im von dir vorgebrachten Löwith-Zitat bei „Hirschberger“ weiter:
„Und doch wäre es ein großer Irrtum zu meinen, man könnte auf dem hohen Roß einer verstorbenen Philosophie des Geistes über den Materialismus hinwegsetzen. Feuerbachs Versinnlichung und Verendlichung von Hegels philosophischer Theologie ist schlechthin zum Standpunkt der Zeit geworden, auf dem wir nun alle, bewußt oder unbewußt, stehen“ (Löwith).
Im übrigen ist Hirschberger kein ausgewiesener Marxismuskenner und seine Philosophiegeschichte längst nicht mehr „State of the Art“. Da sollte man schon eher zur von Wolfgang Röd herausgegebenen „Geschichte der Philosophie“ greifen - wenn man an einem Urteil interessiert ist, das dem heutigen Forschungsstand entspricht. Da werden in Band X selbstverständlich Karl Marx und Friedrich Engels ausführlich und differenziert - als Philosophen - dargestellt.
  • Auch der von dir zitierte „DDR-Buhr“ ist lange nicht so primitiv, dass er Philosophie schlicht mit „bewussten Propagandisieren von Klasseninteressen“ gleichsetzen würde, wie du das hier – ebenfalls in manipulativer Weise - vorstellst. Vielmehr heißt es dort im Artikel „Philosophie“ auch:
„Aufgabe der Philosophie“ der Philosophie ist es, die allgemeinen Gesetze zu erforschen, die in allen Bereichen wirken – ihr Gegenstand sind die allgemeinen Bewegungs- und Entwicklungsgesetze der Natur, der Gesellschaft und des Denkens (Erkennens)“.
  • Meine Erfahrung ist es keineswegs, dass der Marxismus „den Geist verbieten“, er „dem Menschen nur materielle Nahrung“ geben würde oder dazu anleiten würde, sich wie „ein geistloses Tier den Bauch vollschlagen zu lassen“ - wie von dir suggeriert. Vielmehr trifft man gerade unter Marxisten „Idealisten“, die selbst unter widrigen Umständen an ihren Ideen einer humanen Gesellschaft festhalten, mit dem Ziel der Befreiung der Menschen von Unterdrückung, Ausbeutung, Entfremdung und Gewalt. Gerade Marxisten sind es, die in einer Zeit wie der unseren noch den Geist und die Vernunft hochhalten und die Irrationalität der kapitalistischen Selbstzweck-Maschinierie kritisch aufdecken. Da haben sie oft wesentlich mehr Rückgrat als z.B. kirchliche Würdenträger, wie ich als katholisch geprägter Mensch leider feststellen muss.

Insgesamt muss ich sagen: Wir betreiben hier keine Propagandapolitik, sondern arbeiten an einer Enzyklopädie, die um ein möglichst hohes Maß an Objektivität bemüht sein sollte. Deine Kreuzzugsversuche gegen eine nicht sokratisch-platonisch-idealistische Sicht der Welt, die du offenbar für die alleinig seligmachende hältst, ist nicht akzeptabel. Deine tendenziösen „Korrekturen“ hast du im Hegel-Artikel noch unbemerkt unterbringen können; hier aber ist es zu auffällig. Hass ist kein guter Ratgeber, um gemeinsam gute und informative Artikel zustande zu bringen und das wirklich einmalige Projekt der Wikipedia gedeihlich weiter zu entwickeln. Trotz allem herzliche Grüße --HerbertErwin 00:33, 21. Jul 2006 (CEST)

Hallo Herbert!
Vielen Dank für die ausführliche Replik, auch wenn sie Stellen betrifft, die in meinen Augen gar nicht wesentlich sind, und die Diskussion nur noch weiter ausufern lässt, was ich übrigens hier vorausgeschickt und nebenbei bemerkt mit der kürzeren Zitatangabe vom Hirschberger verhindern wollte. Aber der Reihe nach:
  • Lemmata:
Lemma hin, Lemma her, es kommt darauf an, was in den Lemmata drinnen steht, und als überraschter Leser, und als solcher habe ich mich ursprünglich hier gemeldet, erwartet man sich eine exakte Quellenangabe. In deinem Zitat von Haug wird sogar meine Position vertreten, in meinen mir momentan zur Verfügung stehenden Nachschlagewerken wird der Marxismus gar nicht, oder eben wie bei Hirschberger behandelt.
  • Zu diesem Löwith-Zitat bei Hirschberger:
Vielen Dank für den Nachtrag, den ich ursprünglich auch integriert hatte, aber als verwirrend und korrekturbedürftig wieder entfernt hatte, ohne manipulativ sein zu wollen. Er ist an eine vergangene Zeit gebunden und spricht von einer Gruppe ("wir"), die verstorben ist. Der Röd steht mir im Moment nicht zu Verfügung, aber ich habe hier ja keine Beweislast zu tragen; es bin ja nicht ich, der unbedingt das Attribut "philosophisch" durchpeitschen will, im Widerspruch zur expliziten Abgrenzung im selben Artikel.
  • Zum DDR-"Lexikon":
Diese Diskussions-Seite ist ja - offensichtlich - kein wissenschaftliches Forum, ich muss nicht drei Seiten abtippen, um zeigen zu können, dass das DDR-"Lexikon" einen pervertieren Philosophie-Begriff zu installieren versuchte, der von der Partei diktiert wurde. Und wenn das hier jemandem noch nicht klar geworden ist, dann wird er kaum ohne schlechtes Gewissen für Objektivität eintreten können, so er denn noch über ein intellektuelles Gewissen verfügen sollte.
Ehrlich gesagt fühle ich mich hier langsam an der Nase rumgeführt, wo man als Propagandist verschrien wird, wenn man Allerweltsweisheiten in Fußnoten anmerken will, und man es als heroenhafte Verteidigung der Objektivität versteht, wenn man Propaganda mit dem Bezug auf angebliche, nicht belegungsbedürftigen Selbstverständlichkeiten untermauert.
Also echt, was soll das? Wenn mein - recht ausführliches - Zitat aus dem DDR-"Lexikon" hier manipulativ gewesen sein soll, dann verstehe ich die Welt nicht mehr. In diesem Zitat wurde eindeutig, offen, explizit behauptet, dass es keine Philosophie geben könne, die keine Klasseninteressen vertritt. Das beleidigt nicht nur jeden vernünftig denkenden Menschen, sondern sagt doch implizit aus, dass man sich den Rest des "Wörterbuchs" schenken kann, wenn man nicht an den Klasseninteressen der momentan angesagten Klasse interessiert ist. Ich glaube nicht, dass hier noch lang diskutiert werden muss, und falls jemand doch nicht in der Lage sein sollte, sich die Konsequenzen auszumalen, so darf ich denjenigen auf die Werke von George Orwell verweisen.
  • Zum Wort "Der Mensch lebt nicht nur vom Brot allein":
Äh... ich bin es langsam leid, meine klaren, und daher überhaupt nicht suggestiven Konstruktionen nochmal mit Blaupausen erläutern zu müssen. Marxismus ist eine Theorie der Geistlosigkeit, Marx negiert in mir bekannten Stellen dezidiert den Geist, Engels sowieso, und dies hatte zur Folge, dass der Geist im DDR-"Wörterbuch" keinen Eintrag mehr fand. "Idealismus", "Hegelianismus", "das Absolute", für all das finden sich Lemmata, aber für "Geist" nicht. Und das will schon was heißen, denn Lenin wusste in seiner Inkompetenz mit dem Begriff des Absoluten nichts anzufangen, diesen Begriff aber nahm das Lexikon einigermaßen korrekt auf.
Der Witz ist, dass ich aber bei der Formulierung gar nicht mehr konkret an den Marxismus gedacht habe, sondern ganz allgemein, spekulativ die Dialektik der Missinterpretationen und ihre Bedeutung für die Wirklichkeit entwickelt habe, und dass dabei implizit suggestive Anspielungen auf den Marxismus, oder werden wir noch konkreter: auf die durch den Hungertod ermordeten Intellektuellen im stalinistischen Gulag, erwachsen sind, spricht nicht gegen mich, sondern für die Methode der logischen Spekulation.
  • Zu den "idealistischen Marxisten":
Ich nehme deine gute Intention an, Herbert, aber glaube nicht, dass der Marxismus noch zu retten ist, schon gar nicht, wenn man ihn mit Prinzipien zusammenbringt, die seinem Wesen zuwider sind. "Idealistische Marxisten" gibt es sicherlich massenweise, vielleicht sind sie sogar in der Überzahl, aber in meinen Augen keine echten Marxisten. Bei Marx gibt es kein Ideal, das man durch Negation des Eigenwillens realisieren soll, keine Tugend, der zufolge man sich für die gute Seite entscheiden müsste - der Marxismus ist unmoralisch, da er kein Bewusstsein der Freiheit im idealistischen Sinne kennt. Es gewinnt nicht die tugendhafte Seite, weil sich Menschen tugendhaft entscheiden, sondern es obsiegt die historische Notwendigkeit. So weit ist mein Kenntnisstand vom Marxismus, erwachsen durch Lektüre der Schlüsselstellen und primär Sekundärliteratur.
"Idealistische Marxisten" sind keine Marxisten, sondern betrogene Idealisten, die aufgrund von äußerer Notwendigkeit, von außen durch die polarisierende Maschinerie des militanten Marxismus sich in eine Ecke gedrängt und zu einer Zwangssolidarisierung verpflichtet fühlen. Diesem Druck gibt man in der Pubertät und ausklingenden Adoleszenz noch nach, später finden die Neomarxisten kaum noch Anhänger; auf der Straße laufen bei den Demos ja oft ganze Scharen von Kindern rum.
Wie gesagt, ich habe belegt, wieso die undifferenzierte Behauptung, dass der Marxismus philosophisch sei, in meinen Augen zumindest in Teilen als Propaganda-Politik verstanden werden muss, da helfen auch anderslautende Versicherungen nicht weiter.
Es ärgert mich, wenn mir unterstellt wird, ich würde hier einen Kreuzzug führen. Ich mach mir echt Mühe, euch Nachhilfe-Unterricht zu geben, und als Dank erfährt man eine Zurechtstutzung auf die eigenen, grobkarierten Denkmatrizen. Der provisorische Versuch der Begriffsbestimmung der Philosophie als Abgrenzung zum Sophismus bei Sokrates war explizit nur ein Beispiel, pars pro toto, und mit Verlaub, es zeugt davon, dass du mich überhaupt nicht einordnen kannst, wenn du meinst, ich würde hier eine einseitige sokratisch-platonische Philosophie-Akademie errichten wollen. Auch wenn ich zugeben muss, dass bereits dies das Niveau qualitativ steigern würde. Egal, ich sag dazu nur, bei allem Respekt: Schuster, bleib bei deinen Leisten.
Nun aber zum letzten Punkt, und der ist schon etwas fetter unterstrichen: Wenn du meine notwendige und dringend angebrachte Korrektur des wirklich tendenziösen Einleitungssatzes beim Hegel-Artikel als "tendenziös" betrachtest, dann steht es dir frei, dies zu korrigieren oder in der entsprechenden Diskussions-Seite kritisch anzumerken, aber dies am Ende hin einfach ohne jede Begründung hinzupfeffern ist eine Sache, die nicht unbedingt Respekt verschafft. Ich erwarte mir eine Rechtfertigung dieses Vergehens. Die Wikipedia ist ja kein Kindergarten, wo man noch unschuldig jenseits von gut und böse so über Gott und Welt plaudern kann, als würde es Gott und Welt nicht geben, sondern man ist den entsprechenden Themen, die man behandelt, auch etwas schuldig.
Zum Thema Hass: Als heute Ta Mok gestorben ist, empfand ich keine Hass- oder Genugtuungs-Gefühle dafür, dass der Schlächter von Leuten wie ich es bin nicht mehr unter uns weilt, sondern Trauer darüber, dass der Prozess nicht unwiderlegbar aufzeigen konnte, wofür sich Marxisten - und sei es auch nur im entferntesten Sinne - verantworten müssen.
Insofern kann ich damit schließen, dass man zur Erhellung für Leute, die noch nicht abstrakt-konkret denken können, mein persönliches Verhältnis zum Marxismus mit demjenigen vergleichen kann, das ein heute lebender Jude zu den Deutschen haben mag.
Grüße, Jan Paul 15:42, 21. Jul 2006 (CEST)

Wissenschaftstheorie

Hallo,
zum Punkt "Wissenschaftstheorie" muss ich anfügen, dass ich den ganzen Unterabschnitt für missraten halte, und möchte bitten, ihn entweder zu entfernen oder wesentlich umzuschreiben.
  • "Wissenschaftstheoretisch ging es seinerzeit wesentlich um zwei Punkte: Erstens galt es, dem im Deutschland des 19. Jahrhundert herrschenden Idealismus eine materialistische Weltsicht gegenüber zu stellen, nach der die Welt aus sich selbst heraus erklärbar ist."
  • Kein neutraler Standpunkt: Gewissen Kreisen ging es um diese Entgegensetzung, Nietzsche sah es z.B. als Dekadenz an. Dies könnte ich ja gleich durch eine Ergänzung "ging es im Marxismus" korrigieren, wenn nicht gleich der ganze Abschnitt zweifelhaft wäre.
  • Der Nebensatz ist schwammig, Materialismus bedeutet nicht per se, die Welt nur aus sich heraus erklären zu wollen, es sind auch skeptische, irrationalistische, nihilistische Variationen denkbar. Umgekehrt ist ein Pantheismus kein Materialismus.
  • "Im Bereich der Naturwissenschaften hatte - unabhängig von Marx und Engels - gleichzeitig Charles Darwin begonnen, mit seiner Entwicklungsgeschichte der biologischen Arten eine solche Weltsicht durchzusetzen."
Das ist schon etwas sehr schief, Darwin ging es nicht um die Verbreitung eines Materialismus, und seine Theorie harmoniert besser mit idealistischen, vor allem dialektischen Standpunkten. Ebenso ist es ja klar, dass eine Naturwissenschaft nur die Natur beobachtet und beschreibt, und daher ist die Annahme, dass eine naturwissenschaftliche Theorie das Weltbild einer geisteswissenschaftlichen Disziplin irgendwie erschüttern könnte, geradezu absurd.
  • "Zweitens wurde versucht, die Gesellschaftswissenschaften an die Erfolgsgeschichte der Naturwissenschaften anzubinden und die gesellschaftlichen Prozesse theoretisch im Gesamtzusammenhang der Welt - als „Totalität“ (Hegel) - erfassen zu können. Marx zitiert zustimmend eine Rezension, in der der soziale Organismus analoge Erscheinungen in der Biologie für die jeweilige Epoche besitzt."
Dieser Absatz ist auch ein wenig unklar und widersprüchlich. Der Erfolg der Naturwissenschaften kann auf geisteswissenschaftlichem Gebiet nicht einfach durch blinde Übernahme der Methode erreicht werden, so wenig wie ich im Kindergarten Unkraut jäten gehen kann, nur weil der Name eine Analogie nahelegt und in der Natur das dominante Löwenmännchen schwächliche Löwenjunge einfach auffrisst. Genau so sieht es auch Hegel, für ihn ist die Gesellschaft gerade dies, NICHT Natur zu sein, anderen Regeln zu folgen, und diese seltsame Nennung in einem Zug ist für mich befremdlich. Also ich versteh' wie gesagt die Intention nicht. Wenn der Bienenstaat auch metaphorisch irgendwie als Analogie zu einem echten Staat gelesen werden kann, so heißt das ja nicht, dass wir statt zu reden und zu schreiben nur noch tanzend kommunzieren sollen. Also welche Rolle spielt dieser Absatz für die marxistische Wissenschaftstheorie?
  • "Dieser Objektivitätsanspruch des Marxismus wurde von Lenin 1913 überhöht und auf die Formel gebracht: „Die Lehre von Karl Marx ist allmächtig, weil sie wahr ist.“"
Hehe, hier schließt sich der Kreis: So wie Marx vehement gegen Philosophie lästerte, musste er es über sich ergehen lassen, posthum als Philosoph verehrt zu werden, und wie der Marxismus alle Religion ausrotten wollte, wurde einer ihrer Epigonen selbst zu ihrem schwülstig schwärmenden Propheten.
Also bitte, was hat das mit Wissenschaftstheorie zu tun?
Oder überhaupt:
Was hat der ganze Absatz konkret über die marxistische Wissenschaftstheorie zu sagen?
Abgesehen von dem einem Satz, der hier jetzt nicht zitiert wurde, aber dafür im Grundgegensatz zu einer anderen Aussage unter "Gegenkritik" steht.
Ich kann nur empfehlen, den Versuch, die marxistische Wissenschafts- oder Erkenntnistheorie darzustellen, völlig von vorn zu beginnen.
Grüße, Jan Paul 16:22, 20. Jul 2006 (CEST)

Welche Philosophie verneint Marx, und welche bejaht er?

Mir ist keine Passage bekannt, in der sich Marx positiv auf die Philosophie bezog (abgesehen vom Lob Hegels).... Also gut, dann ist wohl zunächst Quellenstudium angesagt.

Jeder, der auch nur ansatzweise historisch denkt, kann die Kritik von Marx und Engels an der Philosophie nicht von ihrem Entstehungshintergrund und kontextuellen Bezug ablösen. Die Philosophie, an die Marx einerseits anknüpft und von der entscheidende Kategorien und Methoden übernimmt, die er andererseits schärfstens kritisiert und "aufheben" will, ist der deutsche Idealismus, allen voran Hegel und Feuerbach. Wenn er von Philosophie redet, meint er primär diese, nicht jede Philosophie. Er redet aber generalisierend, weil der Idealismus damals in Deutschland die herrschende Richtung war und sich seinerseits als umfassende Kritik und "Aufhebung" aller vorherigen Geistesrichtungen ausgab. Er galt in ganz Europa als fortschrittlich und tiefsinnig. Die politische Praxis dagegen - die notwendigen Gesellschaftsreformen - hinkten meilenweit hinterher, während Frankreich und England längst ansatzweise Demokratie verwirklichten.

Daher steht Marxens Kritik am Idealismus seiner Zeit von vornherein unter dem Oberthema "Emanzipation": Es geht um die reale Verwirklichung von Demokratie, um Befreiung des Menschen - aller Menschen, gerade der besonders unfreien, der Arbeitssklaven - zum Menschsein. Daher fragt Marx vorrangig, von welchen Gesellschaftsgruppen aufgrund ihrer realen Interessenlage diese umfassende Emanzipation überhaupt erwartet werden kann - und dann auch, welche positive Rolle die Philosophie dabei spielen kann. Dabei geht es ihm indirekt um Befreiung des Denkens zu sich selbst, denn philosophische Theorie ohne öffentliche Wirkung, ohne Handeln, ohne Ergebnisse ist steril, lähmend, tot.

Ausgangspunkt seines ganzen Denkens war ein Bekenntnis zum Humanismus und zu den Menschenrechten ("Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie", Pariser Manuskripte 1844):

Die einzig praktisch mögliche Befreiung Deutschlands ist die Befreiung auf dem Standpunkt der Theorie, welche den Menschen für das höchste Wesen des Menschen erklärt.

Deutschland werde dann "auferstehen", wenn der gallische Hahn (symbolisch für die Proklamation von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit) auch hier krähe - und das werde dann geschehen, wenn es weltweit geschehe. Unter diesem Vorzeichen erfährt die Philosophie eine ungeahnte, nicht zu überbietende Aufwertung:

Der Kopf dieser Befreiung ist die Philosophie, ihr Herz das Proletariat. Die Philosophie kann sich nicht verwirklichen ohne die Aufhebung des Proletariats, das Proletariat kann sich nicht aufheben ohne die Verwirklichung der Philosophie.

Kopf und Hände brauchen einander, um die universale Befreiung des Menschen zum Menschsein zu erreichen. Aber der Kopf bleibt Kopf und wird nicht abgeschnitten, sondern im Gegenteil frei zum Aufnehmen und Bedenken des Ganzen, wie es der Philosophie zukommt: weil die Theorie vom arbeitenden Volk getragen wird und nicht mehr davon isoliert in irgendeinem Elfenbeinturm als mit sich selber beschäftigte "Hirnwichse" verkümmert.

Auch lässt sich Philosophie bei Marx nicht auf Materialismus reduzieren, da er Naturgeschichte und Menschheitsgeschichte nicht in eins setzt, ökonomische Gesetze nicht als Naturgesetze begreift, sondern vom Menschen gemachte und daher vom Menschen auch veränderbare Strukturen. Und auch dort ist das freie Denken, das das gesellschaftliche Ganze begreift, der entscheidende Faktor und Hebel zur Befreiung. Das ließe sich auf Schritt und Tritt im Verlauf seines Werkes nachzeichnen. Wer hier alles auf dumpfe Agitation meint reduzieren zu können, der ist in irgendwelchen Rezeptionsschablonen gefangen, die mit historisch angemessener Würdigung nur sehr entfernt zu tun haben. Von solcher Plumpheit haben wir hier viel zu viel. Jesusfreund 17:39, 20. Jul 2006 (CEST)

Philosophie = Propaganda?

Willkommen zurück in der Diskussion, Jesusfreund!
Sie haben Recht, denn was bedeutet Plumpheit, so sehr Brecht damit liebgeäugelt haben mag, in diesem Fall anderes, als die Dinge unmittelbar so zu nehmen wie sie auf den ersten Blick zu sein scheinen und sie sodann ohne weitere Reflexion fallenzulassen. Sprich: Sie undifferenziert abzuhaken, ohne ihre inneren Widersprüche aufzuzeigen und zu entwickeln.
Sie haben mich zitiert, und ich möchte daran erinnern, dass dieser mein Satz "Mir ist keine Passage bekannt, in der sich Marx positiv auf die Philosophie bezog [...]" mit dem Nebensatz endete: "[...] was zugegebenermaßen nicht viel heißen mag". Ich habe von vornherein durchscheinen lassen, welchen Pol ich in dieser konkreten Dialektik einzunehmen gedenke, oder auch nur einnehmen kann, sonst hätte ich die Korrektur ja eigenhändig vorgenommen. Das Problem ist, dass ich irgendwann alle Marx-Werke von meiner Platte gelöscht habe, da ich seine Texte zu einem gewissen Punkt als (für mich) irrelevant beurteilt habe, und seinen schwülstigen, aufpeitschenden, geistlosen, über alle Maßen manipulativen Stil einfach nicht mehr ertragen konnte. Diese unheilige Verknüpfung von Politik, Propaganda und Philosophie finde ich sehr unglücklich, und bedauere es persönlich sehr, dass der Marxismus den Sozialismus und Kommunismus für sich vereinnahmen konnte. Wenn es Marx nicht gegeben hätte, würde ich mich ohne weiteres als Sozialist oder Kommunist bezeichnen, aber - äh, und ich gehe hier eigentlich nur von Allgemeinwissen aus ... - wie wir wissen, wurden diese politischen Strömungen von Theoretikern, die sich direkt oder indirekt auf den Marxismus beriefen, derart mit Schandflecken übersät, dass man sich als seriöser Politiker oder ehrlicher Intellektueller nicht auf Sozialismus oder Kommunismus beziehen kann, ohne sich eigens von marxistischen, leninistischen, stalinistischen, maoistischen, mokistischen, usw. Verfehlungen distanzieren zu müssen.
Und um die Ebene des Elfenbeinturms zu verlassen: Ich weiß es aus eigener Erfahrung, wenn ich davon spreche, dass die Marxisten (nur mit vereinzelten Ausnahmen, die dadurch aber gleichzeitig auch schon zu etwas anderes als typische Marxisten sind), dass also die typischen Marxisten in meinem Umfeld niemals die philosophische Diskussion suchen, sondern versuchen, das Philosophie-Institut durch rein politische Maßnahmen, u.a. Intrigen in der Studentenvertretung, zu besetzen, und alle Philosophie bis Hegel ohne Debatte abzuschaffen, eben aufgrund der platten Identifizierung von Philosophie und Politik.
Ich weiß wirklich nicht, wie oft ich noch darauf hinweisen muss:
Marx identifziert Philosophie und Politik.
Es gibt in seinen Augen einen Kampf, einen Klassenkampf, und der wird in jedem Bereich mit allen Mitteln ausgetragen.
Daher sind alle seine Aussagen mit absoluter Vorsicht zu genießen, und Ihr Zitat aus der "Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie" demonstriert dies ja ziemlich eindeutig, denn was ist das anderes als plumpe Meinungsmache und aufreizendes Agitieren?
Eine Stelle, wo dieses Verhalten der zweckentfremdeten Handhabe der Wahrheit besser ans Tageslicht kommt, ist folgende in "Über P. J. Proudhon [Brief an J. B. v. Schweitzer]":
"Verglichen mit Hegel ist Feuerbach durchaus arm. Dennoch war er epochemachend nach Hegel, weil er den Ton legte auf gewisse, dem christlichen Bewußtsein unangenehme und für den Fortschritt der Kritik wichtige Punkte, die Hegel in einem mystischen Clair-obscur gelassen hatte."
(Sperrung fett statt kursiv von mir)
Was ist das anderes als die Legitimation von einseitigen Verzerrungen der Wahrheit, von manipulativer Bearbeitung der öffentlichen Meinung, wofür wir heute genau das exakte Wort: Demagogie bereithalten?
Ich möchte dieses Karusell, das sich hier dreht, auch im eigenen Interesse anhalten, da mir die Beschäftigung mit Marx offen gesagt nur Erkenntisse über die Geschichte bringt.
Wäre es also möglich, sich darauf zu einigen, dass der Marxismus bewusst einen völlig anderen Philosophie-Begriff verwendet als vor Hegel und eigentlich auch nach Hegel, da wir heute, nach den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts erkennen müssen, dass der marxistische Philosophie-Begriff schlicht eine Tendenz zur Propaganda hat?
Bleiben wir bei der "Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie", ich zitiere den vorhergehenden Absatz:
"Wie die Philosophie im Proletariat ihre materiellen, so findet das Proletariat in der Philosophie seine geistigen Waffen, und sobald der Blitz des Gedankens gründlich in diesen naiven Volksboden eingeschlagen ist, wird sich die Emanzipation der Deutschen zu Menschen vollziehn."
(Sperrung fett statt kursiv von mir)
Hier sehe ich mich schon sehr stark an Noltes Thesen erinnert, dass der Nationalsozialismus eine Art Zerrbild des Marxismus war, man ersetze einfach "Philosophie" durch "Rassenideologie", "Proletariat" durch "Volk" und "Menschen" durch "Herrenmenschen". Was beide verbindet, ist, dass einer Majorität die Mündigkeit abgesprochen wird und diese durch eine Minderheit manipuliert, heteronom ferngesteuert werden soll. Ebenso muss man hier festhalten, dass dieser Sprachgebrauch zumindest faschistoid ist - Es wird hier von keinem metaphorischen Kampf gesprochen, sondern von Mord und Totschlag; die Aurora des Auferstehungstages soll sich also in Blutlachen spiegeln.
Also schon allein durch die Form wird nebenbei die Philosophie umgedeutet, ja in Geiselhaft genommen.
Von Anfang an habe ich um eine Quelle, ein Zitat gebeten, woraus ersichtlich wird, welcher Philosophie-Begriff hier angewendet kann. Ich habe in der Folge nur aufgezeigt, dass dies kein intellektueller Philosophie-Begriff der Besonnenheit ist, in dem die Differenzen diskursartig - also durch Reden - gelöst oder von mir aus auch einfach nur offen artikuliert und im gegenseitigen Respekt anerkannt werden, da dies mit dem politischen Impetus des Marxismus nicht vereinbar war.
Weiters bestand meine Forderung darin, dass die Quelle keine propagandistischen Züge aufweisen darf, und genau dieses Kriterium erfüllt in meinen Augen die "Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie" nicht.
Grüße, Jan Paul 13:07, 21. Jul 2006 (CEST)
Ich fasse mal zusammen, damit Leser noch die Übersicht behalten:
  • Du hast keine Originaltexte von Marx - alles Müll, weg damit
  • Du weißt genau aus eigener Erfahrung mit deinen Studenten, dass Marxismus nur Propaganda ist und sein kann,
  • Du verlangst Belege, wo Marx Philosophie positiv beurteilt
  • Du lehnst die Belege, die du bekommst, ab: sie seien Propaganda
  • Du meinst, wer Menschenrechte sagt, meint Massenmord,
  • die von Marx gesagten Worte können daher nicht so gemeint sein,
  • wir sollen dir das Gegenteil beweisen.
Danke, das hat überzeugt.- Ist jemand sonst hier der Meinung, dass man mit Jan Paul sinnvoll diskutieren kann?
Zieht an die Waffen des Geistes (Paulus). Jesusfreund 14:16, 21. Jul 2006 (CEST)

Nein, ich zumindest nicht. Aber das gilt hier für viele. Aufjedenfall ist Wikipedia kein Schwafelzentrum für Leute aus dem Elfenbeinturm, die vorgeblich gegen Leute aus dem Elfenbeinturm an philosophieren wollen. Marx war Philosoph, nicht nur in den Augen von Marxisten. Beleg: http://www.buber.de/christl/unterrichtsmaterialien/marx.html Siehe unten im gelben Kasten: "Karl Marx lernte als linker Philosoph schon...". Hoffentlich ist diese unergiebige Diskussion bald mal zu Ende. OK, ich gebe zu am Anfang hat das beobachten noch Spaß gemmacht, aber jetzt wirds öde. Es sollte sich anderen Sachen zugewandt werden.--Fräggel 15:37, 21. Jul 2006 (CEST)