Islam

monotheistische Religion
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Der Islam (arabisch إسلام islām ‚Hingabe an Gott‘; الإسلام al-islām ‚der Islam‘) ist mit ca. 1,2 Milliarden Anhängern nach dem Christentum (ca. 2,0 Milliarden Anhänger) die zweitgrößte Religion der Welt. Seine Anhänger werden als „Muslime“ oder, auf eine Transkription der persischen Vokalzeichen „u“ als „o“ und „i“ als „e“ zurückgehend, als „Moslems” bezeichnet. Die heutzutage äußerst seltene Bezeichnung „Mohammedaner“ wird von den meisten Muslimen abgelehnt, da sie den Eindruck erweckt, Mohammed stünde vor Gott im Zentrum des islamischen Glaubens. Im Persischen ist „mohammadi“ jedoch durchaus gebräuchlich.

Staaten mit einem islamischen Bevölkerungsanteil von mehr als 10%
Grün: sunnitische Gebiete, rot: schiitische Gebiete, blau: Ibaditen (Oman)

In der älteren Literatur findet sich für Muslime überdies die Bezeichnung „Muselman“ (vom türkischen „Musulman“, das aus der persischen Pluralform „Musliman“ gebildet wurde).

Der Islam ist eine monotheistische Religion, die sich streng vom Polytheismus und auch von der christlichen Vorstellung von Inkarnation und Trinität abgrenzt. Er gründet sich auf dem Koran, der für Muslime das unverfälschte Wort Gottes ist. Zweite Erkenntnisquelle sind die Worte und Handlungen (Sunna) des Propheten Mohammed.

Manche Muslime stellen in jüngerer Zeit einen volksetymologischen Bezug des Wortes „Islam“ zum Wort Salam (سلام ‚Friede‘, lexikalisch unter der selben Wurzel سلم eingeordnet) her und leiten daraus die kausative Bedeutung „Frieden schaffen“ oder „Frieden stiften“ für den Begriff „Islam“ ab. Eine solche Bedeutung des Begriffes „Islam“ ist allerdings weder im Koran selbst noch in der heute uneingeschränkt gültigen klassischen Koranexegese nachweisbar.

Die Entstehung des Islam

Siehe den Hauptartikel Geschichte des Islam

 
Pilger in Mekka, im Hintergrund die Kaaba

Der Religionsstifter Mohammed (arabisch: محمد der Vielgelobte) wurde um 570 als Sohn eines Händlers aus dem Stamme der Quraisch in Mekka im heutigen Saudi-Arabien geboren. Nach islamischer Überlieferung erschien ihm im Alter von etwa 40 Jahren der Erzengel Gabriel, der ihm die Verse einer göttlichen Offenbarung diktierte, deren Verkündigung Mohammed den Rest seines Lebens beschäftigen sollte. Mohammeds Offenbarungen wurden unter der Regierung Uthman ibn Affans, des dritten Kalifen, gesammelt und kanonisiert. Diese Sammlung der Offenbarungen Mohammeds ist es, was man heute unter Koran versteht. Die von Mohammed verkündete Botschaft eines kompromisslosen Monotheismus fand im polytheistischen Mekka jener Zeit wenige Anhänger, und die junge muslimische Gemeinde sah sich unter dem Druck ihrer Gegner gezwungen, Mekka zu verlassen. Die Übersiedlung in das nördlich gelegene Yathrib (Medina) brachte Mohammed mit den dort siedelnden jüdischen Stämmen in Kontakt, die er allerdings nicht von seinem göttlichen Auftrag zu überzeugen vermochte. Ihre Weigerung, ihn als eigenen Propheten anzuerkennen, ließ in Mohammed die Vorstellung reifen, dass Juden und Christen vom rechten Weg des einen Gottes abgewichen waren und ihre Offenbarungen verfälscht seien. Daraus scheint sich für ihn ergeben zu haben, dass er nicht lediglich die Offenbarung der bereits existierenden monotheistischen Religionen fortführte, sondern dass es vielmehr seine Aufgabe sei, den ursprünglichen abrahamitischen Monotheismus wiederzuerrichten. Diesen Beschluss verkündete er anlässlich der Abschiedswallfahrt kurz vor seinem Tode. Der Islam als eigenständige Religion war geboren. Sichtbares Zeichen dieses Wandels war es, dass die Gebetsrichtung schon kurze Zeit nach der Hedschra geändert wurde: von Jerusalem, der Stätte des judaeo-christlichen Monotheismus hin nach Mekka, dem Ort der Kaaba, dem "Hause Gottes" (بيت الله). Das Jahr, in dem die Hedschra stattfand, wurde durch Beschluss des zweiten Kalifen Umar ibn al-Chattab als erstes Jahr der islamischen Zeitrechnung festgelegt.

Grundlagen des Islam

Die fünf Säulen

Die Grundsätze des Islam, die fünf Säulen, die zu erfüllen jeder Muslim verpflichtet ist, sind:

  • Das Glaubensbekenntnis Schahada (شهادة): Ich bezeuge, dass es keinen Gott gibt außer (dem einzigen) Gott und Mohammed ist der Gesandte Gottes. (s.o.) Die Schiiten fügen in der Regel noch den Satz hinzu: und Ali ist der Freund Gottes. Gemeint ist hier Ali ibn Abi Talib.

Im Sufismus (islamische Mystik) wird der erste Teil der Schahada auch interpretiert mit: Ich bekenne, dass es nichts außer Gott gibt bzw. Es gibt nichts. Es gibt nur den Einen (die Einheit).

Das Aussprechen der Schahada in ehrlicher Absicht (niya) reicht aus, um Muslim zu werden. Sie ist auch das Erste, was einem Neugeborenem ins Ohr geflüstert wird, und der letzte Gruß an einen Sterbenden. In der heutigen islamischen Kultur verliert ein Moslem, der den Islam verlässt, häufig seine familiären und gesellschaftlichen Bindungen, seine Rechte und Erbansprüche. In der Rechtstheorie, in einigen Ländern auch in der Rechtspraxis, wird das Abfallen vom Islam mit dem Tode bestraft. (Siehe: ridda)

Es wird zu festgelegten Zeiten verrichtet, zu denen der Muezzin ruft: in der Morgendämmerung, mittags, nachmittags, abends und nach Einbruch der Nacht.

Zuvor erfolgt die rituelle Reinigung (arabisch: wudu'; persisch: âbdast) mit reinem Wasser. Sollte dieses nicht in ausreichender Menge zu Verfügung stehen oder als Trinkreserve benötigt werden, wird symbolisch Sand oder Staub verwendet (tayammum). Das Verkürzen, Zusammenlegen, Vorziehen oder Nachholen von Gebeten ist unter bestimmten Bedingungen gestattet, etwa auf Reisen oder bei Krankheit. Am Freitag wird das Mittagsgebet (Freitagsgebet) in der Gemeinschaft, meist in der Hauptmoschee der Stadt oder des Viertels, verrichtet. Es wird von der Predigt (chutba) begleitet, deren Grundlagen der Koran und die Aussprüche des Propheten sind und die oft auch tagesaktuelle Fragen behandelt.

Die Erträge werden für Bedürftige, Kranke, Befreiung Gefangener, den Dschihad oder zum Aufbau religiöser Schulen verwendet. Die Höhe variiert je nach Einkunftsart (Handel, Viehzucht, Anbau) zwischen 2,5-10 % ebenso wie die Besteuerungsgrundlage (Einkommen oder Gesamtvermögen). Zakat stellt eine der drei nach islamischem Recht erlaubten Steuerformen dar; die anderen beiden sind die Grundsteuer (Charadsch) und die Kopfsteuer (Dschizya), die von Nichtmuslimen in islamischen Gesellschaften als Gegenleistung für ihre Duldung (siehe: Dhimmi) verlangt wird. Die Zakat ist eine fromme Handlung und religiöse Pflicht des Muslims und kann somit nur Muslimen zu Gute kommen.

Im Monat Ramadān, der sich jedes Jahr um 11 Tage verschiebt, wird von Beginn der Morgendämmerung – wenn man einen „weißen von einem schwarzen Faden unterscheiden“ kann (Sure 2, Vers 187) – bis zum vollendeten Sonnenuntergang gefastet, nichts gegessen, nichts getrunken, nicht geraucht, kein ehelicher Verkehr und Enthaltsamkeit im Verhalten geübt.

Das Fasten wird nicht aus gesundheitlichen Gründen befolgt, sondern um Gottes Befehl während des Tages zu genügen. Insofern ist das oft praktizierte ausgiebige Fastenbrechen bei Nacht zwar nicht unbedingt ideal, verletzt jedoch auch nicht die religiöse Pflicht. Oft bricht man das Fasten mit einer Dattel und einem Glas Milch, wie dies der Prophet getan haben soll. Der Fastenmonat wird mit dem Fest des Fastenbrechens ('Īd al-fitr) beendet.

Einmal in seinem Leben soll der Muslim die Pilgerfahrt nach Mekka antreten, um dort u. a. die heilige Kaaba siebenmal zu umschreiten. Die Pilgerfahrt findet im letzten Mondmonat statt, und wird dann zur Pflicht für ihn, wenn er dazu in der Lage ist. Entscheidend dafür ob die Pilgerfahrt zur Pflicht wird, sind unter anderem seine finanziellen und gesundheitlichen Lebensumstände. Die Einschränkung der ritualrechtlichten Pflicht der Pilgerfahrt ist in Sure 3, Vers 97 begründet:

„...und die Menschen sind Gott gegenüber verpflichtet, die Wallfahrt nach dem Haus (d. i. die Kaaba von Mekka) zu machen – soweit sie dazu eine Möglichkeit finden.“

Die Interpretation des hier verwendeten Ausdruckes „Möglichkeit finden“ erfolgt in einem Prophetenspruch (Hadith), dessen Isnad allerdings als „schwach“ eingestuft ist. Demnach ist der Besitz von Reiseproviant und Reittier (arabisch: al-zâd wa-'l-râhila) die Grundvoraussetzung für die Erfüllung dieser rituellen Pflicht.

Glaubensgrundsätze

Im Islam gibt es sechs Glaubensartikel, nämlich den Glauben an:

Erwähnt werden diese Glaubensartikel sowohl im Koran (z.B. Sure 4, Vers 136):

„Ihr Gläubigen! Glaubt an Gott und seinen Gesandten und die Schrift, die er auf seinen Gesandten herabgeschickt hat, und an die Schrift, die er schon (früher) herabgeschickt hat! Wer an Gott, seine Engel, seine Schriften, seine Gesandten und den jüngsten Tag nicht glaubt, ist (damit vom rechten Weg) weit abgeirrt.“

Auch in Hadithen, wie folgendem Ausspruch des Propheten, heißt es:

„Der Glaube besteht darin, dass du an Gott glaubst und an seine Engel, an seine Bücher, an seine Propheten und an den Jüngsten Tag, sowie an die göttliche Vorsehung des Guten und des Bösen.“

Der Islam ist eine ausgeprägt monotheistische Religion. Die christliche Vorstellung der Dreifaltigkeit wird ausdrücklich als polytheistisch abgelehnt, ebenso jede Personifizierung oder gar bildliche Darstellung Gottes. Gott wird durch seine „99 schönsten Namen“ (al-asmāʾu ʾl-ḥusnā) beschrieben, die nur ihm alleine zustehen. Die Menschen können über Gott nur wissen, was er ihnen selbst in seiner Gnade offenbart hat. Die Definierung der Attribute Gottes anhand der Koranauslegung führte im sunnitischen Islam zur Zeit der Abbasiden vor allem in den Lehren der Mu'tazila und ihrer Gegner zu heftigen Auseinandersetzungen.

Neben der Eigenverantwortung steht die Verantwortung für andere: Jeder Muslim ist verpflichtet, zu „gebieten, was recht ist“ und zu „verbieten, was verwerflich ist: Al-amr bi'l ma'ruf wa n-nahy 'an al-munkar الأمر بالمعروف والنهي عن المنكر) (mehrfach im Koran, z. B. in Sure 7, Vers 157).

Die Scharia

Scharia (الشريعة (Šarīʿa), eig. „der Weg zur Wasserstelle“) ist das islamische Recht. Es regelt nicht nur das Leben der Muslime durch die oben erwähnten Grundsätze, sondern auch sämtliche zwischenmenschlichen Beziehungen durch Ehe-, Kauf-, Vertrags- und Strafrecht (ḥudūd / ʿuqūbāt), sowie die Beziehungen zu der nichtmuslimischen Welt durch das Kriegsrecht (siehe Dschihad).

Der Islam versteht sich als eine unauflösbare Einheit von Religion und Staat und von Religion und Recht. Das islamische Recht ist eine religiöse Pflichtenlehre, die das Verhalten des Einzelnen sowohl zu Gott als auch zu seinen Mitmenschen regelt und moralisch bewertet. Somit widerspricht der Islam den politischen und gesellschaftlichen Ordnungsprinzipien des Laizismus und des Pluralismus, da alle Bereiche des täglichen Lebens ausschließlich gemäß Normen des islamischen religiösen Gesetzes reguliert werden. Während im abendländischen Recht alles erlaubt ist, was das Gesetz nicht verbietet, verbietet das islamische Recht alles, was nicht gesetzlich erlaubt ist.

Im Sufismus (islamische Mystik) hat die Scharia den Stellenwert der Basis für den Weg des Gottessuchenden. Weitere Stationen sind in der Reihenfolge: Tariqa („der mystische Weg“), Haqiqa („Wahrheit“) und Ma'rifa („Erkenntnis“).

Richtungen

Sunniten

Der Islam ist in mehrere Richtungen gespalten. Die Sunniten bilden mit etwa 90 % die zahlenmäßig größte Gruppierung. Sie unterteilen sich wiederum in die sunnitischen Rechtsschulen der Hanafiten, Malikiten, Hanbaliten und Schafiiten. Die Wahhabiten genannte Richtung des Sunnitischen Islam ist keine Rechtsschule, aber stark an der der Hanbaliten angelehnt.

Die Rechtsschulen sind häufig geographisch verteilt (z.B. Hanafiten in der Türkei, Malikiten in Nordafrika).

Die Unterschiede zur zweitgrößten Glaubensrichtung, deren Anhänger als Schiiten bezeichnet werden, liegen in der Überzeugung, auf welche Grundlage sich die Herrschaft des obersten Führers (Kalif bei den Sunniten, Imam bei den Schiiten) gründet. Für die Sunniten ist der Kalif ein Führer, der von seinen Anhängern aufgrund seiner weltlichen, administrativen Fähigkeiten gewählt wird. Für die Schiiten kann der Imam hingegen nur ein rechtmäßiger Nachfolger Mohammeds sein und gleichzeitig auch Nachfolger Alis (des Schwiegersohns Mohammeds). Während der Kalif also nur ein weltlicher Verteidiger der Religionsgemeinschaft ist, stellt der Imam im Glauben der Schiiten ein unfehlbares und vollkommenes geistliches und mit diviner Macht ausgestattetes Oberhaupt dar. Ihm wird übrigens auch die Sündenlosigkeit zugesprochen.

Schiiten

Die Schiiten sind die zweite große Richtung. Deren Hauptrichtung sind die so genannten Imamiten oder Zwölferschia, die vor allem im Iran, Irak, Aserbaidschan, Bahrain und dem Libanon weit verbreitet sind. Weiter gibt es die Anhänger der Siebenerschia (Ismailiten), die überwiegend auf dem indischen Subkontinent (Mumbai, Karatschi und Nordpakistan) sowie in Afghanistan und Tadschikistan leben. Die Zaiditen oder Fünferschia finden sich heute nur noch im Jemen.

Charidschiten

Die Charidschiten, die sogenannten „Auszügler“, die die Partei des vierten Kalifen Ali ibn Abi Talib verlassen haben sind die Anhänger der ältesten religiösen Sekte im Islam des 7. Jahrhunderts. Sie lehnten sowohl die Legitimation von Ali als auch von Uthman ibn Affan als Kalifen ab. Ihre Bewegung ist unter den ersten Kalifen der Abbasiden bereits erloschen. Ihr Hauptzweig ist heute die kleinste Richtung des Islams, die Ibaditen. Sie leben vor allem in Südalgerien (Mzab), auf der tunesischen Insel Djerba und in Oman.

Sufismus

Wie fast alle Religionen bzw. religiöse Richtungen besitzt auch der Islam einen inneren (esoterischen) und einen äußeren (exoterischen) Aspekt. Die mystische innere Dimension des Islam ist der Sufismus (arabisch tasawwuf تصوف). Der innere Aspekt wird auch Tariqa, der äußere Schari'a genannt. Nach Auffassung der Sufis gehören diese beiden Aspekte untrennbar zusammen, als Beispiel dient das Symbol einer Öllampe: Die Flamme der Lampe steht für Tariqa, also für die Essenz der Religion, die ohne das schützende Glas beim ersten Windhauch erlöschen würde. Das Glas, also die Hülle, steht für Schari'a, aber ohne eine Flamme hätte das Glas alleine als Lampe keinen Sinn.

Von puritanischen Gruppen wie den Wahhabiten werden die Sufis oft als Ketzer bezeichnet und deswegen abgelehnt.

Weitere Gruppen

Weitere Gruppen sind die Aleviten und die Ahmadiyya. Aus dem schiitischen Islam haben sich auch die eigenständigen Religionen der Drusen, der Jesiden, des Babismus und die Religion der Baha'i entwickelt.

Geschichte

Die politische Geschichte des Islam und des Kalifats wird in eigenen Artikeln behandelt. Eine Herrscherliste bietet die Liste der Kalifen.

Gegenwart

 
Zwei Frauen in der Moschee von Selangor in Shah Alam, Malaysia

Heute ist der Islam in vielen Ländern des Nahen Ostens, Nordafrikas, Zentral- und Südostasiens verbreitet. Hauptverbreitungsgebiet ist dabei der Trockengürtel, der sich von der Sahara im Westen über den Nahen Osten und den Kaukasus bis nach Zentralasien im Osten zieht. Das bevölkerungsreichste muslimische Land ist Indonesien. Muslimisch geprägte Länder in Europa sind Bosnien und Herzegowina, der europäische Teil der Türkei und Albanien. Viele weitere Länder haben muslimische Minderheiten. Die Anhängerzahl des Islam wird auf zwischen 900 Millionen und 1,4 Milliarden geschätzt.

Islamische Konferenz

Die islamischen Länder sind in der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) organisiert, der auch einige Staaten mit größeren muslimischen Minderheiten angehören.

Umsetzung der Scharia

Seit der Kairoer Deklaration 1990 soll die Scharia wieder Basis der Gesetzgebung in allen islamischen Ländern sein. Die praktische Umsetzung ist jedoch sehr unterschiedlich. In Tunesien beschränkt sich die Umsetzung nur auf das Zivilrecht, in Saudi-Arabien und Sudan hingegen kommt sie vollständig zur Geltung.

In der Türkei wird die Scharia in der Rechtsprechung überhaupt nicht praktiziert. Allerdings sieht die soziale Realität in Teilen der Gesellschaft anders aus. So existiert z.B. die offiziell nicht anerkannte islamische Ehe; zumindest in ländlichen Gebieten wird auch Polygynie praktiziert. In manchen Staaten gilt die Scharia nur in islamisch dominierten Landesteilen (z.B. in Nigeria).

Besonders drakonische Strafen (Amputation, Steinigung), die oft international kritisiert werden, finden in relativ wenigen islamischen Ländern Anwendung (Saudi-Arabien, Sudan, Iran) und werden auch innerhalb des Islams teilweise kritisiert, weil dabei meist die in der Scharia vorgeschriebenen strengen Schutzbedingungen für Angeklagte außer Acht gelassen werden, so zum Beispiel die Pflicht, mindestens vier erwachsene männliche Muslime als Zeugen vorzuführen, welche die Tat selbst mit eigenen Augen gesehen haben.

Hier gibt es allerdings eine Grauzone, z. B. bei so genannten „Ehrendelikten“ (wie beispielsweise Tötungen wegen Ehebruchs). Selbst in der laizistischen Türkei konnte bis vor kurzem noch bei solchen Delikten mit mildernden Umständen für die moslemischen Täter gerechnet werden. Erst 2004, im Zuge der Annäherung an die Europäische Union wurde ein Gesetz durch das Parlament beschlossen, das den so genannten Ehrenmord an Mädchen und Frauen wie vorsätzlichen Mord mit lebenslanger Haftstrafe ahndet.

Ein Bereich der Scharia, der wohl nur noch im Sudan und in Mauretanien existiert, ist die Sklaverei.

Die Heiligen Stätten des Islam

Im Islam gilt eine Vielzahl von Städten als heilig, wobei dreien eine besondere Bedeutung zukommt: Zuerst natürlich Mekka als Geburtsort Mohammeds mit der Kaaba als zentralem Heiligtum des Islam, das die Gebetsrichtung (Qibla) bestimmt. Darauf folgt mit Medina, nördlich von Mekka gelegen, der Ort, an dem der Islam erste politische Wirkungskraft entfaltete, und schließlich Jerusalem, das nach muslimischer Überlieferung die erste Qibla-Richtung vorgab und der Ort ist, den die Muslime als geographische Position der im Koran (Sure 17, „Die nächtliche Reise“) erwähnten al-Aqsa-Moschee definiert haben.

Daneben gibt es eine große Zahl an Wallfahrtsorten unterschiedlicher Bedeutung. Meist handelt es sich dabei um Grabstätten, etwa von Gefährten Mohammeds, der Imame der Schia oder von Sufi-Scheichs. Führend in der Zahl heiliger Orte ist vermutlich der nordafrikanische Volksislam mit unzähligen Grabstätten von Marabuts. Abgesehen von den ersten drei heiligen Stätten ist der Status der „heiligen“ Städte – wie die Heiligenverehrung selbst – im Islam ein äußerst kontroverses Thema.

 
Der Felsendom in Jerusalem

Jerusalem stellt in der Liste der heiligen Städte insofern einen Sonderfall dar, als sich der aus dem Koran hergeleitete Anspruch historisch nicht belegen lässt. Trotzdem ist er für Muslime einhellig eine Glaubenswahrheit, was ihn in der praktischen Auswirkung einer „historischen Wahrheit“ gleichstellt.

Der Islam und andere Religionen

Der Islam unterscheidet bei seiner Betrachtung Andersgläubiger zwischen monotheistischen und polytheistischen Religionen. Juden, Christen und Johanneschristen haben eine Sonderstellung als „Leute der Schrift“; ihnen wurde nach muslimischer Auffassung ebenfalls das Wort Gottes offenbart, sie hätten es jedoch falsch interpretiert. Im islamischen Staat sind sie „Dhimmi“, die eine Kopfsteuer entrichten müssen, die höher ist, als die von Muslimen zu zahlende Almosensteuer und die unter Demutsbezeugung zu entrichten ist. Zugang zum Militär ist ihnen verwehrt. Für bestehende Gotteshäuser gilt ein gewisser Bestandsschutz; in ihnen ist die Religionsausübung frei, solange Muslime nicht gestört werden, was z. B. das Läuten von Glocken oder die Durchführung von Prozessionen ausschließt.

Trotz der Aussage, dass es „keinen Zwang im Glauben“ gebe (Koran: Sure 2, Vers 256), werden nach der Scharīa Polytheisten nicht geduldet, siehe dazu auch Glaubensfreiheit. Der Islam teilt die Welt in zwei Gebiete, zum einen das „Gebiet des Islam“ (Dar al-Islam), in dem der Islam schon herrscht, und in das „Gebiet des Krieges“ (Dar al-Harb).

Siehe auch: Dschihad

Siehe auch

Literatur

Übersetzungen und Literatur zum Koran und den Hadithen finden sich in den entsprechenden Artikeln und werden deshalb hier nicht aufgeführt.

Grundwissen

  • Elger, Ralf. Islam. Frankfurt: Fischer, 2002. ISBN 3596153689
  • Elger, Ralf, Hg. Kleines Islam-Lexikon. München: Beck, 2001. ISBN 340647556-6
  • Endreß, Gerhard. Der Islam: Eine Einführung in seine Geschichte. München: Beck, 1997. ISBN 3406428843
  • Esposito, John L. Von Kopftuch bis Scharia: Was man über den Islam wissen sollte. Leipzig: Reclam, 2004. ISBN 3379201057
  • Hartmann, Richard. Die Religion des Islam. Berlin, 1944 (ND 1992, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt). ISBN 3534801326
  • Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland, Hg. Was jeder vom Islam wissen muss. 5. Aufl. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 1996 (GTB 786). ISBN 3579007866
  • Khoury, Adel Th. Der Islam. 6. Aufl. Freiburg: Herder, 2001. ISBN 3451052466
  • Ruthven, Malise. Der Islam: Eine kurze Einführung. Stuttgart: Reclam, 2000. ISBN 3150180570
  • Schaefer, Udo. Glaubenswelt Islam: Eine Einführung. Hildesheim: Olms, 2002 (Religionswissenschaftliche Texte und Studien, Bd. 7). ISBN 3487101599
  • Schimmel, Annemarie. Die Religion des Islam: Eine Einführung. Stuttgart: Reclam, 1990. ISBN 3150086396
  • Strobl, Anna, und Vogel, Walter. Islam - die CD-ROM. Graz: Schnider, 1999. ISBN 3900993955
  • Watt, Montgomery W. Der Islam. 3 Bde. Stuttgart: Kohlhammer, 1980-1990. (Bd. 2: ISBN 3170057073)

Geschichte

  • Halm, Heinz, Haarmann, Ulrich und Gronke, Monika, Hgg. Geschichte der arabischen Welt. München: Beck, 2001. ISBN 3406474861
  • Halm, Heinz. Der Islam: Geschichte und Gegenwart. München: Beck, 2004. ISBN 3406519172
  • Kettermann, Günter. Atlas zur Geschichte des Islam. Darmstadt, 2001. ISBN 3534141180
  • Küng, Hans. Der Islam: Geschichte, Gegenwart, Zukunft. München/Zürich, 2004. ISBN 3492046479
  • Nagel, Tilman. Geschichte der islamischen Theologie. München: Beck, 1994. ISBN 3406379818
  • Noth, Albrecht , und Paul, Jürgen, Hgg. Der islamische Orient: Grundzüge seiner Geschichte. Würzburg: Ergon, 1998. ISBN 3932004566
  • Rebiai, Marcel. Islam, Israel und die Gemeinde. Schleife, 2004. ISBN 3907827422
  • van Ess, Josef. Theologie und Gesellschaft im 2. und 3. Jahrhundert der Hidschra. 6 Bde. Berlin: Springer, 1991-1995.

Verhältnis zum Westen und aktuelle Probleme

Wiktionary: Islam – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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