Bristol 406 Zagato

britisch-italienischer Sportwagen
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Der Bristol 406 Zagato ist ein britisch-italienischer Gran Turismo, der die Technik des Bristol 406 Saloon mit einer von Zagato entworfenen und gebauten Karosserie verbindet. Das Sondermodell entstand im Auftrag des Bristol-Cars-Händlers Tony Crook und wurde in sehr geringer Stückzahl hergestellt. Daneben erhielten auch einige ältere Bristol-Chassis nachträglich vergleichbare Zagato-Karosserien. Der 406 Zagato gehört heute zu den teuersten Klassikern der Marke.

Bristol
Bild
Bild
Bristol 406 Zagato
406 Zagato
Produktionszeitraum: 1959–1961
Klasse: Oberklasse
Karosserieversionen: Limousine
Motoren: Ottomotor:
2,2 Liter (78–97 kW)
Länge: 4700 mm
Breite: 1600 mm
Höhe: 1397 mm
Radstand: 2896 mm
Leergewicht: 1120 kg

Nachfolgemodell 407 GTZ Zagato

Entstehungsgeschichte

 
Bristols Standardmodell ab 1958: 406 Saloon
 
Britisch-italienische Kooperation: Bristol-Zagato

Bristol Cars, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gegründete Automobilabteilung des Flugzeugherstellers Bristol Aircraft Company[Anm. 1] produzierte ab 1946 Oberklassefahrzeuge, die auf BMW-Technik beruhten.[1] Das Chassis und die Motoren waren von den vor dem Krieg entwickelten BMW-Typen 326, 327 und 328 abgeleitet,[2] deren Konstruktionspläne möglicherweise als Kriegsreparation [Anm. 2] nach Großbritannien gekommen waren. Auf das Debütmodell 400, das außerdem eine an ein BMW-Coupé angelehnte Karosserie hatte, [Anm. 3] folgten die von Touring karossierten Modelle 401, 402 und 403,[3] bevor 1954 mit dem zweitürigen 404 und ein Jahr später mit dem viertürigen 405 die dritte Bristol-Generation erschien, deren Technik weiterhin auf BMW-Konstruktionen zurückzuführen war. Die meisten dieser Baureihen entstanden in jeweils dreistelliger Stückzahl, wobei das Produktionsniveau Mitte der 1950er-Jahre nur noch etwa halb so hoch war wie in den Anfangsjahren.[Anm. 4] Im Herbst 1958 führte Bristol schließlich mit dem 406 Saloon die vierte Modellgeneration ein, die eine Abkehr von der anfänglich betont sportlichen Ausrichtung der Marke darstellte:[4] Der 406 Saloon war größer, schwerer und luxuriöser als alle bisherigen Bristol,[5] verlor die Bristol-typische Agilität und war trotz eines größeren Motors langsamer als die Vorgänger,[6] sodass er teilweise als untermotorisiert empfunden wurde.[7]

In Kenntnis der markenuntypisch schwachen Fahrleistungen des 406 Saloon begann Bristol Cars 1958 werksseitig mit Planungen für ein kürzeres und schnelleres Auto, das dem Standardmodell zur Seite gestellt werden sollte. Auf dem leicht überarbeiteten Chassis eines Bristol 404 entstand der werksintern 406S-P1 genannte Prototyp eines Fließheckcoupés, dessen im Werk entworfene Karosserie Elemente des 404 mit denen eines Beutler-Entwurfs für das 406-Standardchassis[8] verband. Ein zweites Chassis mit gleichen Abmessungen (406 S-P2) blieb zunächst ungenutzt. Aus Kostengründen und wegen unklarer Zukunftsaussichten des Unternehmens[9] entschied sich Bristol Cars letztlich gegen die Produktion des kurzen Sportwagens.

Nach dem Scheitern des 406 S-P1 griff Tony Crook, Mitglied im Vorstand von Bristol Cars und zugleich größter Händler der Marke, die Idee eines sportlichen Sondermodells auf 406-Basis auf. Daraus wurde der 406 Zagato, der formal kein Modell von Bristol Cars, sondern ein eigenständiges Projekt von Anthony Crook Motors war. Der 406 Zagato sollte Bristol zu seinen Wurzeln zurückbringen:[4] Er war „für Fahrer (bestimmt), die bereit waren, zugunsten sportlicher Leistungen Abstriche beim Komfort und beim Raumangebot in Kauf zu nehmen“ (Tony Crook).[9] Nach Crooks Verständnis gehörte dazu eine besonders leichte Karosserie. Mit deren Gestaltung und Aufbau beauftragte er den italienischen Karosseriehersteller Zagato, der seit den frühen 1950er-Jahren für Leichtbau bekannt[10][11] und dessen britischer Generalimporteur Crook seit Jahren war. Außerdem sollte Abarth die Motorleistung steigern.

Der Prototyp des 406 Zagato wurde erstmals vom 21. bis zum 31. Oktober 1959 auf der Londoner Earls Court Motor Show öffentlich gezeigt, je nach Quelle auf dem Stand von Bristol Cars[9] oder dem von Anthony Crook Motors.[12] Im Herbst 1959 begann die reguläre Fertigung, die ein Jahr später endete. Der Bristol 406 war nur über Anthony Crook Motors erhältlich; die anderen Bristol-Händler hatten keinen Zugriff darauf.[13]

Der 406 Zagato war nicht erfolgreich: Statt der geplanten zehn entstanden lediglich sechs Fahrzeuge, und selbst sie ließen sich schwer absetzen. Gleichwohl war der sportliche Gran Turismo der Ausgangspunkt einer langjährigen Zusammenarbeit Bristols mit Zagato. 1960 entstand auf dem bis dahin ungenutzten Chassis 406S-P2 ein weiterer Sportwagen mit 406-Technik und Zagato-Karosserie, dem 1961 ein ähnlich gestaltetes Fließheckcoupé auf der Basis des Bristol 407 mit Achtzylinder-V-Motor von Chrysler (407 GTZ Zagato) folgte. Beide Fahrzeuge waren Einzelstücke.[14] Von 1975 bis 1993 verkaufte Bristol schließlich insgesamt etwa 90 Exemplare des Targa-Coupés 412 und seines Nachfolgers Beaufighter, dessen Karosserie Giuseppe Mittino für Zagato entworfen hatte.[15]

Modellbeschreibung

Chassis und Fahrwerk

Der 406 Zagato ist auf einem aus Stahl gefertigten Kastenrahmen mit Längsträgern und Quertraversen aufgebaut, dessen Konstruktion und Abmessungen mit dem des regulären 406 Saloon übereinstimmen. Der Rahmen geht in den Grundzügen auf das Chassis des BMW 326 von 1936 zurück. Die Vorderräder sind einzeln an Querlenkern und einer unteren Querblattfeder aufgehängt. Hinten hat der Wagen eine Starrachse mit Drehstabfedern und selbst konstruierten Stoßdämpfern.[16] Neu beim 406 war die Führung der Hinterachse mittels eines Watt-Gestänges. Das Auto verzögert mit vier Scheibenbremsen von Dunlop.

Motor und Kraftübertragung

Grundkonstruktion

 
Bristols Sechszylindermotor[Anm. 5]

Alle 406 Zagato werden von der jüngsten Version von Bristols eigenem Reihensechszylinder-Ottomotor angetrieben. Sie ist eine Weiterentwicklung des bereits im 400 eingesetzten Motors, der auf eine BMW-Konstruktion (328) von 1938 zurückgeht.[17] Bristols Ingenieure übernahmen zwar die wesentlichen Merkmale des BMW-Motors. Allerdings ist Bristols Version nicht nach metrischen Maßen konstruiert, sondern in Zoll-Werten. Außerdem verwendete Bristol andere Materialien.[18] Der Motor hat halbkugelförmige Brennräume mit V-förmig hängenden Ventilen, die über Stößel, Stoßstangen und Kipphebel von der unten liegenden Nockenwelle gesteuert werden. Die Auslassventile werden über eine zusätzliche Stoßstange quer über den Zylinderkopf und einen zweiten Kipphebel betätigt.[18][19]

Varianten im 406 Zagato

Für den 406 vergrößerte Bristol den Hubraum von 2,0 auf 2,2 Liter (2216 cm³; Bohrung × Hub: 68,69 bzw. 99,64 mm). Die Gemischaufbereitung übernehmen wie bei allen Bristols seit dem 401[20] drei Solex-Fallstromvergaser vom Typ 32 PBI/7, die über dem Motorblock installiert sind.[21] Im 406 Zagato waren unterschiedlich starke Varianten dieses Motors erhältlich:

  • Einzelne Fahrzeuge, darunter der im Oktober 1959 öffentlich ausgestellte Prototyp,[22] sind mit der Basisversion des Motors ausgestattet, die auch in allen 406 Saloon eingebaut wurde (Type 110). Sie leistet 105 bhp (78,3 kW, 106 PS). Das Drehmoment von 175 Nm fällt bei 4.700 Umdrehungen pro Minute an.[23][22]
  • Die meisten 406 Zagato haben eine leistungsgesteigerte Version des Sechszylindermotors (Type 110S), die im 406 Saloon nicht erhältlich war. Sie kommt bei unverändertem Hubraum auf eine Höchstleistung von 130 bhp (97 kW, 132 PS). Das maximale Drehmoment ist mit 166 Nm niedriger als in der Basisversion, allerdings fällt es bereits bei 3.750 Nm an.[24] Die Leistungssteigerung wurde durch eine auf 9,0 : 1 erhöhte Verdichtung,[25] eine geänderte Nockenwelle[26] und eine neue Auspuffanlage samt Krümmer von Abarth erreicht.[24]

Die Kraftübertragung übernimmt ein handgeschaltetes Vierganggetriebe von Bristol. Der erste Gang ist nicht synchronisiert. Serienmäßig ist wie bei allen Bristols seit dem 405[20] ein Overdrive von Layock de Normanville eingebaut, der im vierten Gang zugeschaltet werden kann.[5]

Karosserie

Die Karosserie des 406 Zagato ist eigenständig. Sie hat weder stilistisch noch technisch Bezüge zu dem von Dudley Hobbs und Dennis Sevier[25] gestalteten Aufbau des 406 Saloon.

Design

 
Frontpartie mit Anklängen an Lancia
 
Seitenlinie mit Knick
 
Kurzes Heck

Das Design der Karosserie geht auf Gianni Zagato zurück. An der Frontpartie finden sich Designmerkmale des ebenfalls von Zagato entworfenen und gebauten Lancia Flaminia Sport;[27] die Kühlerverkleidung ist sogar direkt von Lancia übernommen und trägt bei einzelnen Fahrzeugen auch Lancias Wappeneinfassung, in die das Emblem von Bristol Cars eingesetzt wurde.[28] Der Dachaufbau ist trapezförmig. Die waagerecht verlaufende Dachlinie mit der weit nach hinten versetzten C-Säule folgt einer Vorgabe Tony Crooks, nach der das Auto vier vollwertige Sitzplätze haben musste.[29] Das Dach ist profiliert: Es weist im hinteren Bereich die für Zagato typischen, Double Bubbles genannten Ausbuchtungen auf.[27] Beim Prototyp von 1959 und dem danach hergestellten Fahrzeug ist das Dach geringfügig niedriger als bei den folgenden vier Fahrzeugen.[30] Die Türen sind rahmenlos.[12] Die vorderen Scheinwerfer sind zurückversetzt in die Kotflügel integriert und mit Plexiglas abgedeckt. Eine Hutze mit Lufteinlass auf der Motorhaube ist wegen des hoch bauenden Reihensechszylindermotors erforderlich. Über der Hinterachse befindet sich eine Stufe in der Gürtellinie; im Heckbereich ist sie höher als beim Vorderwagen. Der hintere Überhang ist kürzer als der des Standard-406. Wie bei Bristol üblich, ist das Reserverad in den vorderen Kotflügeln stehend in einem von außen zugänglichen Fach zwischen dem Vorderrad und der A-Säule untergebracht. Auf der anderen Fahrzeugseite nimmt ein ähnliches Fach die Batterie auf.

Die Dekorelemente variieren von Fahrzeug zu Fahrzeug.[31] Das betrifft unter anderem das Kühlergitter und die seitliche Zierleiste, die bei einigen Autos waagerecht bis zum hinteren Radausschnitt[26] oder auf den hinteren Kotflügel reicht,[30] während sie bei mindestens einem Wagen einen Z-förmigen Knick macht[6] und bei einem weiteren Fahrzeug gänzlich fehlt.

Leichtbau

Zagato setzte konsequent auf Leichtbau. Während die beim Londoner Karosseriebaubetrieb Jones Brothers[32] hergestellte Karosserie des 406 Saloon von einem schweren Stahlunterbau getragen wurde,[21][Anm. 6] der maßgeblich für das hohe Gewicht des Serienmodells verantwortlich war, konstruierte Zagato ein leichtes Gerüst aus dünnen Stahlrohren, an dem die aus Aluminiumblechen gefertigten Karosserieteile befestigt sind. Zur Gewichtsreduzierung trägt auch der kürzere Aufbau bei. Im Innenraum verzichtete Zagato auf Dekorelemente. So ist der Instrumententräger anders als beim 406 Saloon nicht mit Walnussholz verkleidet, sondern besteht aus dünnem, in der Farbe der Sitzbezüge lackiertem Aluminiumblech.[22] Bei den meisten Exemplaren des 406 Zagato sind leichte, nur wenig gepolsterte Sitze eingebaut; mindestens ein Auto hat allerdings die komfortablen Sessel des 406 Saloon.[6]

Mängel

Die Karosserie hat einige praktische Mängel. So sind die Radkästen zu klein. Fahrbahnunebenheiten führen dazu, dass die Reifen bei Stößen regelmäßig die Radkästen oben berühren.[31] Generell sah Bristol das Qualitätsniveau als mangelhaft an. Crook erklärte 40 Jahre nach Einstellung der Produktion, dass die Verarbeitungsqualität der Zagato-Karosserien „nicht so gut“ gewesen sei. Crooks Mechaniker hätten vielfach Details wie Passungen, Spaltmaße und Oberflächen nachbessern müssen.[24]

Abmessungen, Gewicht und Fahrleistungen

Der Bristol 406 Zagato ist bei unverändertem Chassis 280 mm kürzer als der 406 Saloon. Sein Gewicht liegt mit 1100 kg deutlich unter dem des Standardmodells (1350 kg)[33] und annähernd auf dem Niveau des Bristol 400 von 1946.[26] Zeitgenössische Testfahrten ermittelten für den 406 Zagato eine Höchstgeschwindigkeit von 122 mph (196 km/h), während der 106 Saloon nur 102 mph (164 km/h) erreichte.[20]

Produktionsprozess

Der Produktionsprozess war auf mehrere Standorte verteilt. Aus dem Bristol-Werk in Filton wurden fahrbereite 406-Chassis per Lastwagen nach Mailand zu Zagato gebracht, wo italienische Mechaniker die in Handarbeit hergestellten Karosserien mit den Chassis verbanden. Tony Crook stellte zwei Mitarbeiter seiner Werkstatt ab, die die Arbeiten in Zagatos Fabrik überwachten und die Einhaltung von Bristols Qualitätsanforderungen sicherstellen sollten.[24] Die fertigen Autos wurden dann „auf eigener Achse“[26] nach Großbritannien gefahren, wo sie in Crooks Werkstatt in Hersham, Surrey noch einmal nachbereitet wurden.

Preise

Anthony Crook Motors bot den Bristol 406 Zagato Ende 1959 für 4.792 £ (Fahrzeugpreis 3.380 £ zuzüglich 1412 £ Purchase Tax) an.[9] Er war damit 550 £ teurer als ein regulärer 406 Saloon mit Werkskarosserie (4.244 £ inklusive Steuern). Der Preis eines 406 Zagato entsprach dem Gegenwert von sieben Triumph Herald[18] oder neun Mini (500 £).[34] Ein Aston Martin DB4 mit beinahe doppelt so starkem 3,6-Liter-Motor kostete zur gleichen Zeit 3.967 £ inklusive Steuern,[35] ein Alvis TD 21 2.877 £ und ein Jaguar Mark II 1.597 £.[36]

Produktionsumfang

Der Vertrag zwischen Anthony Crook Motors und Zagato sah den Aufbau von zehn 406 Zagato vor. In der Literatur besteht weitestgehend[37] Einigkeit darüber, dass insgesamt nur sechs Fahrzeuge hergestellt wurden.[33][38][39][27] Soweit in einigen Quellen ein Produktionsumfang von sieben Fahrzeugen angegeben ist,[40][17][41] schließt das den 406 S Zagato mit kurzem Radstand und eigenständiger Karosserie ein.

Die Bristol 406 Zagato ließen sich nur zögerlich absetzen. Das letzte Neufahrzeug verkaufte Crook im Oktober 1961 mit deutlichem Nachlass für 3.500 £ inklusive Steuern. Zur gleichen Zeit wurde ein gebrauchter 406 Zagato mit 6.000 Meilen Laufleistung für 2.800 £ angeboten.[42] Als wesentlicher Grund für die schwache Nachfrage wird der Preis des 406 Zagato angesehen, der für ein 2,2-Liter-Auto im Hinblick auf preiswertere, aber leistungsstärkere Konkurrenzmodelle viel zu hoch gewesen sei.[9]

Von den sechs 406 Zagato existieren je nach Quelle noch vier[22] oder fünf Autos.[9] Der dritte hergestellte Wagen - der erste mit höherem Dach - war im 20. Jahrhundert in einen schweren Verkehrsunfall verwickelt. Tony Crook ließ das Auto zerlegen; die verwertbaren Komponenten wurden als Ersatzteile genutzt.[30]

Der Bristol 406 Zagato als Klassiker

Der Bristol 406 Zagato gehört zu den „aufregendsten Klassikern“ der Marke Bristol.[40] Er erzielt mittlerweile die höchsten Verkaufspreise aller Bristol. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurden die 406 Zagatos für das 20- bis 30-fache des Neuwagenpreises gehandelt.[9]

Varianten

Zagatos Karosserien für ältere Bristol-Chassis

 
Crossover-Modell: Karosserie des 406 Zagato auf dem Chassis eine Bristol 400 von 1949 (Fahrgestellnummer 400-1-568)

Weil Anthony Crook Motors nur sechs 406 Zagato absetzen konnte, in Italien aber vertragsgemäß zehn Karosserien herstellt worden waren, verwendete Crook die nicht verkauften Zagato-Aufbauten ab 1961 mehrheitlich für ältere Bristol-Chassis. In einem in Großbritannien als Upgrade bezeichneten Prozess wurden mehrere Fahrgestelle vom Typ Bristol 400 bzw. 401 nachträglich mit den verbliebenen Karosserien im Stil des 406 Zagato ausgestattet, die in Crooks Werkstatt in Details stilistisch überarbeitet worden sind.[31] Keiner dieser Fahrzeuge verließ Crooks Werkstatt mit einem 2,2-Liter-Motor (Typ 110 oder Typ 110S), vielmehr behielten sie alle die 2,0 Liter-Triebwerke, mit denen sie serienmäßig das Werk verlassen hatten. Allerdings wurde mindestens eines dieser Autos nachträglich mit einem Type-110-Motor ausgestattet.[43][44][13]

Wie schon die regulären 406 Zagatos, waren auch diese Upgrades Projekte von Anthony Crook Motors; einen direkten Bezug zu Bristol Cars gab es nicht. Crook bot die Umbauten ab Sommer 1961 zu einem Drittel des Preises eines originalen 406 Zagato an (1.550 £).[9] Wie viele dieser Mischmodelle hergestellt wurden, ist nicht bekannt. Tony Crook erklärte im Jahr 2001, die Nachfrage sei „gut“ gewesen.[31] Markendokumentationen gehen von „mindestens drei“ Autos aus, die auf diese Weise überarbeitet worden sind.[45] Eines dieser Mischmodelle, das auf dem 1949 hergestellten Chassis mit der Nummer 400-1-568 basiert, wurde 2013 in verwahrlostem Zustand in Devon gefunden. Als Scheunenfund (Barnfind) wurde das Auto im gleichen Jahr unrestauriert für 29.000 £ versteigert. Inzwischen ist das Auto komplett restauriert und wird wiederholt auf Ausstellungen gezeigt.

Bristol 406S Zagato

Ein Parallelmodell ist der Bristol 406S Zagato, der technisch mit dem 406 Zagato verwandt ist, aber eine eigenständige Karosserie hat, die keine Bezüge zum 406 Saloon oder zum 406 Zagato aufweist. Das zweisitzige Auto, das werksintern als 406S-P2 bezeichnet wird, ist ein Einzelstück, das 1960 im Auftrag von Anthony Crook Motors bei Zagato in Mailand aufgebaut wurde. Es beruht auf einem verlängerten Fahrgestell des Bristol 404, dessen Radstand mit 2743 mm zwischen dem kurzen 404 (2438 mm) und dem regulären 406 Saloon (2896 mm) liegt. Es entspricht dem Chassis des 1958 hergestellten Prototyp 406S-P1. Zagatos Aluminiumkarosserie hat weiche Rundungen und ein Semifließheck. Die hinteren Kotflügel sind rundlich ausgeformt, außerdem ist hinten eine Panoramascheibe eingebaut, die von einem in Kleinserie hergestellten Lancia mit Zagato-Karosserie stammt.[45] Der 406S Zagato hat den 130 bhp starken Type-110S-Motor, der auch für die längeren 406 Zagato zum Einsatz kam. Das Auto, das einige Jahre lang in Tony Crooks Familie genutzt wurde, existiert noch.[46] Die Karosserie des 406S Zagato wurde wenig später in leicht veränderter Form für den Aston Martin DB4 GT Zagato genutzt.[31][45] Eine sehr ähnliche Karosserie erhielt 1961 auch der Bristol 407 Zagato.

Literatur

  • Christopher Balfour: Bristol Cars. A very British story, Haynes Publishing, 2009, ISBN 978-1-84425-407-1
  • Chris (Christopher) Balfour: Bristol Sixes - 400 to 406, in: Classic & Sports Car, Heft Oktober 1990.
  • Martin Buckley: Bristol Fashion. Vorstellung und Fahrbericht des Bristol 406 Zagato, in: Classiccars 9/2001, S. 104 ff.
  • R.M. Clarke: Bristol Cars: A Brooklands Portfolio: 132 Contemporary Articles Drawn from International Motoring Journals, UK 2001 (englisch)
  • Michael Palmer: Bristol Cars Model by Model, Crowood, 2015, ISBN 978-1-78500-077-5
  • L.J.K. Setright: A private car, 2 Bände, UK 1999 (englisch)
  • A.G. Pritchard: Bristol built - but air inspired. Sporting Motorist, Oktober 1962.
  • Till Schauen: High Fashion, British Classics, Heft 6/2014, S. 84 ff.
Commons: Bristol 406 Zagato – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Bristol Cars war anfänglich eine Abteilung der Bristol Aircraft Company. Der Automobilhersteller warb ausdrücklich mit der Zugehörigkeit zum Flugzeugproduzenten. 1955 wurde der Automobilhersteller in eine Kapitalgesellschaft ausgegliedert, die zunächst vollständig der Bristol Aircraft Company gehörte, bevor sie 1958 in die neu gegründete Bristol Siddeley Engines Company überführt wurde. 1960 übernahmen Tony Crook und George White im Wege eines Management Buyout den Autohersteller. S. Christopher Balfour: Bristol Cars. A very British story, Haynes Publishing, 2009, ISBN 978-1-84425-407-1, S. 228, 250, 254.
  2. So etwa Dieter Günther: Man lebt nur zweimal. Modellgeschichte des Bristol 400 und des 401 in: Oldtimer Markt, Heft 9/1996, S. 228 ff. Die genauen Umstände, die zur Übernahme der BMW-Konstruktionen führten, sind nach wie vor nicht klar. Andere Quellen gehen von einer freiwilligen Überlassung der Konstruktion durch BMW aus bzw. den Kauf durch die seinerzeit mit Bristol verbundene Frazer Nash Ltd. aus; vgl. Christopher Balfour: Bristol Cars. A very British story, Haynes Publishing, 2009, ISBN 978-1-84425-407-1, S. 48.
  3. Bristols Designer Dudley Hobbs orientierte sich bei der Gestaltung der Karosserie des 400 an einem Aufbau, den Peter Schimanowski 1938 für den BMW 327 entworfen hatte und den das Darmstädter Karosseriewerk Autenrieth aufgebaut hatte. Vgl. Classic Cars Spezial: Englische Oldtimer, S. 6 ff.
  4. Die genauen Produktionszahlen wurden von Bristol nicht veröffentlicht. Die Angaben in der Literatur schwanken. Für den 400 liegen sie zwischen 450 und 700 Exemplaren, für den 401 bei etwa 650. Danach brach die Produktion ein. Vom 403 und 405 wurden jeweils noch ungefähr 300 Fahrzeuge gebaut, vom Cabriolet 402 etwa 25 und vom Coupé mit kurzem Radstand etwa 50.
  5. Das Bildzeigt eine 2,0-Liter-Version in einem Arnolt-Bristol
  6. Der 406 Saloon war der erste auf diese Weise konstruierte Bristol; bei allen früheren Modellen wurden die Karosseriebleche von einem Gerüst aus Eschenholz getragen.

Einzelnachweise

  1. Peter Hingston: The Enthusiasts' Guide to Buying a Classic British Sports Car, Hingston Publishing Company, 2007, ISBN 978-0-906555-25-5, S. 46.
  2. Detaillierte Darstellung bei Christopher Balfour: Bristol Cars. A very British story, Haynes Publishing, 2009, ISBN 978-1-84425-407-1, S. 52–61.
  3. Alessandro Sannia: Enciclopedia dei carrozzieri italiani, Società Editrice Il Cammello, 2017, ISBN 978-88-96796-41-2, S. 552.
  4. a b Till Schauen: High Fashion, British Classics, Heft 6/2014, S. 84.
  5. a b N.N.: Bristol 406 with four-wheel disc Brakes. Sportscars Illustrated, Oktober 1958.
  6. a b c L.J.K. Setright: And now a quick look at Setright’s Bristols. Car, Januar 1974.
  7. Mike Browning: British as Boiled Beef. Unternehmensgeschichte und Vorstellung des Bristol 411 in: Wheels vom Februar 1973.
  8. Zum „Bristol 406E“ genannten Prototyp mit der Karosserie von Gebr. Beutler & Cie. vgl. Christopher Balfour: Bristol Cars. A very British story, Haynes Publishing, 2009, ISBN 978-1-84425-407-1, S. 241.
  9. a b c d e f g h Christopher Balfour: Bristol Cars. A very British story, Haynes Publishing, 2009, ISBN 978-1-84425-407-1, S. 250.
  10. Alessandro Sannia: Enciclopedia dei carrozzieri italiani, Società Editrice Il Cammello, 2017, ISBN 978-88-96796-41-2, S. 609.
  11. Doug Blain: Automatic GT. Forecast for the Future? Bristol 407 GTZ Zagato in: Road & Track, Februar 1962.
  12. a b Till Schauen: High Fashion, British Classics, Heft 6/2014, S. 89.
  13. a b A.G. Pritchard: Bristol built - but air inspired. Sporting Motorist, Oktober 1962.
  14. Christopher Balfour: Bristol Cars. A very British story, Haynes Publishing, 2009, ISBN 978-1-84425-407-1, S. 249.
  15. Rex Greenslade: Bristol Fashion. Road Test Bristol 412, Motor vom 5. März 1977.
  16. Zu den Einzelheiten s. Motor vom 6. November 1946
  17. a b Peter Hingston: The Enthusiasts' Guide to Buying a Classic British Sports Car, Hingston Publishing Company, 2007, ISBN 978-0-906555-25-5, S. 48.
  18. a b c Till Schauen: High Fashion, British Classics, Heft 6/2014, S. 88.
  19. Zum Motor insgesamt: Dieter Günther: Man lebt nur zweimal. Modellgeschichte des Bristol 400 und des 401, in: Oldtimer Markt, Heft 9/1996, S, S. 230
  20. a b c Christopher) Balfour: Bristol Sixes - 400 to 406, in: Classic & Sports Car, Heft Oktober 1990.
  21. a b N.N.: Seventh of the Line, Autocar vom 29. August 1958.
  22. a b c d Christopher Balfour: Bristol Cars. A very British story, Haynes Publishing, 2009, ISBN 978-1-84425-407-1, S. 105.
  23. Für die technischen Daten des Bristol 406 Saloon s. N.N.: Seventh of the Line, Autocar vom 29. August 1958.
  24. a b c d Martin Buckley: Bristol Fashion. Vorstellung und Fahrbericht des Bristol 406 Zagato, in: Classiccars 9/2001, S. 106.
  25. a b Christopher Balfour: Bristol Cars. A very British story, Haynes Publishing, 2009, ISBN 978-1-84425-407-1, S. 248.
  26. a b c d Till Schauen: High Fashion, British Classics, Heft 6/2014, S. 87.
  27. a b c Till Schauen: High Fashion, British Classics, Heft 6/2014, S. 86.
  28. Martin Buckley: Bristol Fashion. Vorstellung und Fahrbericht des Bristol 406 Zagato, in: Classiccars 9/2001, S. 105.
  29. Der Bristol 406 Zagato auf der Internetseite www.classicdriver.com (abgerufen am 19. August 2019).
  30. a b c N.N.: Sold: 1959 Bristol 406 Zagato Prototype. healeyfactory.com.au, abgerufen am 15. August 2019.
  31. a b c d e Martin Buckley: Bristol Fashion. Vorstellung und Fahrbericht des Bristol 406 Zagato, in: Classiccars 9/2001, S. 107.
  32. Nick Walker: A–Z of British Coachbuilders 1919–1960. Shebbear 2007 (Herridge & Sons Ltd.) ISBN 978-0-9549981-6-5, S. 131.
  33. a b Roger Gloor: Alle Autos der 50er Jahre, Motorbuch Verlag 2007, ISBN 978-3-613-02808-1, S. 90.
  34. Dieter Günther: Wachablösung. Aston Martin DB4, DB5 und DB6 in: Oldtimer Markt, Heft 11/1994, S. 215.
  35. N.N.: The Aston Martin DB4 Saloon. In: The Motor vom 14. September 1960.
  36. Christopher Balfour: Bristol Cars. A very British story, Haynes Publishing, 2009, ISBN 978-1-84425-407-1, S. 244.
  37. Anders nur Classicdriver.com, wo von vier 406 Zagato mit regulärem Radstand die Rede ist.
  38. Christopher Balfour: Bristol Cars. A very British story, Haynes Publishing, 2009, ISBN 978-1-84425-407-1, S. 397.
  39. Jay Ramey: Bristol 406 Zagato to be auctioned at Goodwood. www.autoweek.com, 25. Juni 2014, abgerufen am 15. August 2019.
  40. a b Mike Lawrence: A to Z of Sports Cars, 1945–1990, Bay View Books, 1996, ISBN 978-1-870979-81-8
  41. Rob de la Rive Box: Encyclopaedia of Classic Cars: Sports Cars 1945–1975, Taylor & Francis, 1998, ISBN 978-1-57958-118-3, S. 66.
  42. Verkaufsanzeige von Anthony Crook Motors in: The Motor vom 18. Oktober 1961.
  43. N.N.: Super-rare Zagato Bristol emerges after 20-year slumber. Bericht über einen Bristol 400/406 als Scheunenfund in: Classic & Sports Car, Mai 2013.
  44. Beschreibung des Bristol 400/406 Zagato (Fahrgestellnummer 400-1-568) auf der Internetseite www.i-bidder.com (abgerufen am 21. August 2019).
  45. a b c Christopher Balfour: Bristol Cars. A very British story, Haynes Publishing, 2009, ISBN 978-1-84425-407-1 S. 398.
  46. Abbildung des Bristol 406S Zagato (abgerufen am 21. August 2019).