Öffentlicher Dienst (Deutschland)

aufgrund öffentlichen Rechts beschäftigte Personen in Deutschland
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Unter der Bezeichnung öffentlicher Dienst, auch: Staatsdienst, versteht man das Tätigkeitsfeld der Beamten und weiteren aufgrund öffentlichen Rechts beschäftigten Personen wie Richtern, Soldaten und Rechtsreferendaren) und Tarifbeschäftigten (Angestellten von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen. Das Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst tätiger Personen wird als Dienstverhältnis bezeichnet.

Deutschland

Jahr Anzahl
1991 6,74 Mill.
1995 5,37 Mill.
1996 5,28 Mill.
1997 5,16 Mill.
1998 5,07 Mill.
1999 4,97 Mill.
2000 4,91 Mill.
2001 4,82 Mill.
2002 4,81 Mill.
2003 4,78 Mill.
2004 4,67 Mill.
2005 4,60 Mill.
2006 4,58 Mill.
2011 4,60 Mill.
2013 [1]5,73 Mill.

Umgangssprachlich wird für den öffentlicher Dienst noch der Begriff Staatsdienst verwendet, der vor dem Jahr 1920 ausschließlich verwendet wurde.[2]

Begründung des Dienstverhältnisses

Arbeitgeber (bzw. bei Beamten Dienstherr) können Kommunen, Bundesländer, der Bund oder andere Körperschaften des öffentlichen Rechts, Anstalten des öffentlichen Rechts oder Stiftungen des öffentlichen Rechtes sein. Wer im Öffentlichen Dienst Dienstkräfte ernennt oder einstellt, ist eine Einstellungsbehörde.

Zum öffentlichen Dienst gehören beispielsweise neben der Tätigkeit in der Verwaltung meist die Arbeit in Schulen, Hochschulen, Wasserversorgungsbetrieben und staatlichen Krankenhäusern. Die Müllabfuhr und Verkehrsbetriebe sind oft privatisiert. Zum öffentlichen Dienst im weiteren Sinne gehört auch die Sozialversicherung (Bundesagentur für Arbeit, Deutsche Rentenversicherung, Krankenkassen, Berufsgenossenschaften) sowie die Tätigkeit in öffentlich-rechtlichen Sparkassen und der Bundesbank.

Im deutschen öffentlichen Dienst ist Frauenförderung gesetzlich vorgeschrieben, Gender Mainstreaming ist über europäische Verpflichtungen verbindlich und Diversity Management gilt als eine mögliche Erweiterung der Gleichstellungsstrategien.[3]

Die Stellenbesetzung im öffentlichen Dienst unterliegt dem Prinzip der Bestenauslese gem. Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes. Angesichts der Beschäftigung von Mitarbeitern von Unternehmern und einzelnen Forschungseinrichtungen als externe Mitarbeiter in deutschen Bundesministerien und bekannt gewordene Fälle von Ämterpatronage sind Zweifel hinsichtlich der Beachtung dieses verfassungsrechtlichen Gebots aufgekommen. Beamte werden ernannt und in ein Amt berufen (ohne Arbeitsvertrag sondern per Begründung eines Dienst- und Treueverhältnisses). Angestellte und Arbeiter werden hingegen aufgrund eines Arbeitsvertrages beschäftigt.

Tarifpolitik

Bis 2005 galten für den öffentlichen Dienst einheitliche Tarifverträge, der bekannteste war der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT). Seit 1. Oktober 2005 besteht diese Tarifeinheit nicht weiter. Nunmehr ist für Beschäftigte beim Bund und den Kommunen der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) wirksam.

Nach über 14-wöchigen Streiks im öffentlichen Dienst der Länder haben sich die Gewerkschaften ver.di und dbb tarifunion und die Tarifgemeinschaft deutscher Länder am 19. Mai 2006 in Potsdam auf einen neuen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) geeinigt. Dieser sieht bei einer einheitlichen Entgelttabelle jedoch unterschiedliche Arbeitszeiten von 38,70 bis 40,1 Wochenstunden in den Ländern West vor. In Hessen gilt seit dem 1. Januar 2010 der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst des Landes Hessen (TV-H)[4] und in Berlin der Angleichungs-Tarifvertrag vom 14. Oktober 2010,[5] die beide in weiten Teilen dem TV-L entsprechen.

Autonomie der Kirchen

Nicht direkt öffentlicher Dienst sind die Kirchen. Diese haben zwar auch den Status öffentlich-rechtlicher Körperschaften, jedoch gelten hier aufgrund der verfassungsrechtlich garantierten Autonomie der Kirchen bisweilen andere Rechtsnormen (siehe auch Arbeitsrecht der Kirchen).

Dienstrecht

Das Öffentliche Dienstrecht bezeichnet die Rechtsmaterie, welche die juristischen Rahmenbedingungen für die Bediensteten und deren Beziehung zum öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber (Bezeichnung bei Beamtenverhältnissen: Dienstherrn) regelt. Es ist daher als Entsprechung zum Arbeitsrecht bei sonstigen Arbeitsverhältnissen anzusehen. Dabei haben sich wegen der besonderen rechtlichen Ausgestaltungen das Soldatenrecht für Soldaten und das Beamtenrecht für verbeamtete Bedienstete herausgebildet. Verwaltungshandeln ist verwaltungsrechtlich überprüfbar, z.B. im Laufe eines Dienstaufsichtsverfahrens oder im Rahmen eines Verwaltungsgerichtsverfahrens. Das Handeln von Beamten und Zeit-/Berufssoldaten kann zudem disziplinarrechtlich geahndet werden.

Österreich

Personen, die sich im Staatsdienst befinden (öffentlich Bedienstete), werden in zwei Gruppen eingeteilt (genannt ist die amtliche österreichische Berufsbezeichnung):[6]

  • Beamtinnen/Beamte – Beschäftigungsverhältnis aufgrund eines Hoheitsaktes (Bescheides) nach eigenem Beamtenrecht (öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis)
  • Vertragsbedienstete – unselbständig Beschäftigte mit Arbeitsvertrag (vertragliches Dienstverhältnis, „Angestellte“ der staatlichen Institutionen als privatwirtschaftliche Arbeitgeber)

In Österreich gibt es etwa 130.000 öffentlich Bedienstete (2013: 129.873),[6] das sind etwa 1,5 % der Bevölkerung und ein Dreissigstel der Erwerbstätigen (2013: 3,1 % von 4.175.200, 3,6 % der 3.620.200 Arbeitnehmer).[7] Davon sind etwas mehr verbeamtet als vertraglich beschäftigt, der Beamtenanteil betrug 2013 in Vollbeschäftigtenäquivalente (VBÄ) gerechnet 57,8 % (2013: 75.053 Beamte, 54.820 vertragliches Personal)[6] – der Grund dieser Rechnung ist, dass einige Berufsgruppen wie im Exekutivdienst, dem Militärischen Dienst oder bei Richtern und Staatsanwälten keine direkte Vergleichsbasis zum öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis besteht.[6] Dieser Anteil ist durch den Pragmatisierungsstopp von 1997[8] suzessive abnehmend (etwa 2003: 66 % Beamte), bei gleichzeitig auch abnehmender Gesamtanzahl öffentlich Bediensteter (etwa 2003: 150.135).

In der Arbeitsmarktstatitik werden öffentlich Bedienstete zusammen mit den Angestellen in eine Gruppe gerechnet, das diese anders als Arbeiter ihren Arbeitsentgelt nicht direkt stundenweise berechnet bekommen, sondern über die Wochenarbeitszeit hinausgehende Verpflichtungen haben. Daher ist das Entgeltniveau dieser Gruppen meist höher. Sozialrechtlich haben sie eine eigene Sozialversicherung, die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA).

Der gesamte öffentliche Personalstand beträgt etwa 450.000 (Sektor Staat gemäß ESVG 95).[9][10][11] Zu diesem gehören auch beispielsweise die in privatwirtschaftliche Organisationen ausgelagerten öffentlichen Angelegenheiten (staatliche Unternehmen), die öffentlich-rechtlichen Sozialversicherungsträger und die Kammern, die jeweils international zum öffentlichen Dienst gerechnet werden (System der OECD). Das umfasst knapp 200.000 Beamte und 340.000 Vertragsbedienste (2013: 198.965 resp. 338.320; 4,7 % resp. 7,9 % der unselbständig Erwerbstätigen)[10] – daran haben die eigentlichen öffentlich Bediensteten, also die Beschäftigten der Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden), einen Anteil von etwa einem Drittel. Dieser Sektor hat einen Anteil von etwas über einem Zehntel an der Gesamtbeschäftigung (ebenfalls stark abnehmend 1996: Höchstwert von 14,6 %,[11] 2008: 12,8 %,[11] 2012: 10,7 %[9]), das heisst, von 20 Österreichern – jedes Alter – ist heute einer mit der Wahrnehmung von deren öffentlichen Angelegenheiten beschäftigt. Der OECD-Durchschnitt und auch der in Europa beträgt gut 15 % (skandinavische Länder haben 25–30 %),[9][11] womit Österreich einen vergleichsweise schlanken Staat in Bezug auf das Personal hat.

Finanziell gehören die öffentlich Bediensteten zu den Besserverdienern, das Bruttojahreseinkommen beträgt etwa 30.670 € bei den Vertragsbediensten und 50.730 € bei den Beamten (Median, 2012; Arbeitnehmer gesamt: 25.370 €).[12] Die Frauenquote beträgt 69 % respektive 41 %,[12] womit sich auch hier eine Gender-Einkommenschere darstellt.

Literatur

Deutschland:

  • Hans Peter Bull: Vom Staatsdiener zum öffentlichen Dienstleister. Zur Zukunft des Dienstrechts. Edition Sigma, Berlin 2006, ISBN 3-89404-747-X.
  • Klaus Seemann: Entzaubertes Bundeskanzleramt – Denkwürdigkeiten eines Personalratsvorsitzenden, vpa Verlag politisches Archiv, Landshut 1975, ISBN 3-921240-53-0.
  • Manfred Wichmann, Karl-Ulrich Langer: Öffentliches Dienstrecht. Das Beamten- und Arbeitsrecht für den öffentlichen Dienst. 7. Auflage 2014, Kohlhammer-Verlag, ISBN 978-3-555-01605-4.

Österreich:

  • Bundesministerin für Frauen und Öffentlichen Dienst, Sektion III: Das Personal des Bundes 2011. Daten und Fakten. Wien, 2011 (pdf, bka.gv.at).

Einzelnachweise

  1. Statistisches Bundeamt: Personal Öffentlicher Dienst
  2. Fritz Paepcke, ‎Klaus Berger, ‎Hans-Michael Speier: Im Übersetzen Leben: Übersetzen und Textvergleich, Gunter Narr Verlag, 1986, S. 262 Online
  3. Barbara Stiegler: Geschlechter in Verhältnissen. Denkanstöße für die Arbeit in Gender Mainstreaming Prozessen. (PDF; 225 kB) Wirtschafts- und sozialpolitisches Forschungs- und Beratungszentrum der Friedrich-Ebert-Stiftung, November 2004, abgerufen am 6. Juni 2008 (ISBN 3-89892-211-1). S. 31 (PDF).
  4. Tarifverträge für den öffentlichen Dienst des Landes Hessen
  5. Neues Tarifrecht im Land Berlin, berlin.de, aufgerufen am 19. Januar 2011]
  6. a b c d Beamtinnen und Beamte, Vertragsbedienstete. Bundeskanzleramt, oeffentlicherdienst.gv.at > Das Bundespersonal (abgerufen 21. Februar 2015).
  7. Unselbständig Erwerbstätige nach beruflicher Stellung und Geschlecht seit 1994. Statistik Austria, statistik.at (Tabelle).
  8. Pragmatisierungsstopp; Beamtenplanstellen in den Stellenplänen 1998 und 1999, Gfz. 466/14-III/C/97, Rundschreiben Nr. 27/1997 (auf bmbf.gv.at)
  9. a b c Der Öffentliche Dienst in Österreich > im internationalen Vergleich, oeffentlicherdienst.gv.at (abgerufen 21. Februar 2015).
  10. a b Lohnsteueraufkommen stieg 2013 um 4,8%, Bruttobezüge nahmen um 2,9% zu.] Pressemitteilung Statistik Austria, 10.902-211/14, 12. November 2014, Tabelle 2: Lohnsteuerpflichtige 2013 nach sozialer Stellung und Bruttobezugsstufen.
  11. a b c d OECD: Österreichische Beamtenzahl im hinteren Mittelfeld. In: Der Standard online, 3. Juni 2008.
  12. a b Bruttojahreseinkommen von Frauen und Männern nach sozialer Stellung 2012, statistik.at (Tabelle).