Der Hindukusch (persisch هندوکش) ist ein Gebirge in Zentralasien. Bei den Geographen der Antike wurde er auch als Parapanisos bezeichnet. Er liegt größtenteils in Afghanistan, der östliche Teil mit den höchsten Gipfeln liegt in Pakistan. Im äußersten Osten verläuft er entlang der pakistanisch-chinesischen Grenze. Der höchste Berg ist der Tirich Mir (7708 m).
Hindukusch
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Hindukusch | ||
Höchster Gipfel | Tirich Mir (7708 m) | |
Lage | Afghanistan, Pakistan, Xinjiang (VR China) | |
Koordinaten | 36° N, 72° O | |
Typ | Faltengebirge |
Die Herkunft des Namens Hindukusch („Hindu-Mörder“) wird von dem Forschungsreisenden Ibn Battuta (1304–1377) auf die zahlreichen Hindu-Sklaven zurückgeführt, die bei ihrem Weg von Indien nach Turkestan in diesen Bergen ums Leben kamen. Ursprünglich bezog sich der Name wohl nur auf die Bergkette nördlich von Kabul.[1]
Geografie
Der größte Teil des Hindukusch liegt in Afghanistan und besteht aus trockenen, ca. 4000 bis 5000 m hohen Bergen. Die Hauptkette des Hindukusch in der Grenzregion zu Pakistan ist dagegen ein mit dem Himalaya vergleichbares Hochgebirge mit bis zu 20 km langen Gletschern. Gelegentlich wird der Hindukusch als Teil des Himalaya betrachtet oder die beiden Gebirge werden zur Hindukusch-Himalaya-Region (HKH) zusammengefasst.[2][3][4]
Die Ausdehnung des Hindukusch beträgt in Ost-West-Richtung rund 800 km, in der Breite variiert sie zwischen 50 und 350 km.[5] Obwohl die Encyclopædia Britannica ebenfalls eine Ausdehnung von 800 km nennt, erklärt sie in ihrem Artikel weiter unten, dass eine Festlegung der östlichen und westlichen Grenze des Hindukusch schwierig und nicht eindeutig ist. Anschließend führt sie folgende Unterteilung mit Grenzen auf:[6]
- Östlicher Hindukusch: vom Karambar-Pass im äußersten Osten bis zum Dorah-Pass
- Mittlerer Hindukusch: vom Dorah-Pass bis zum Shibar-Pass nordwestlich von Kabul
- Westlicher Hindukusch: vom Shibar-Pass bis zur Stadt Herat an der Grenze zum Iran und darüber hinaus.
Dies würde die gesamten fächerförmigen Gebirgszüge in Zentral-Afghanistan wie beispielsweise den Koh-e Baba mit einschließen. Dann wäre der Hindukusch 1.100 bis 1.200 km lang.
Grenze
Im Nordosten ist das Gebirge zum Pamir durch den Pjandsch und dessen Quellfluss Wachandarja begrenzt. Über den Wakhjir-Pass zwischen Afghanistan und China schließt sich das Tal des Taxkorgan an. Diesem folgt die Grenze flussabwärts Richtung Osten bis zum Zufluss eines unbekannten Flusses aus Richtung Süden, was den nordöstlichsten Punkt des Hindukusch darstellt (Koordinaten ). In diesem Tal flussaufwärts Richtung Süden verläuft auch der Karakorum Highway – hier als die chinesische Nationalstraße G314, die den äußersten Osten des Hindukusch darstellt. Die Grenze verläuft der Straße folgend bis zum Kunjirap-Pass (Koordinaten ), der den Übergang zum Karakorum darstellt. Die Grenze Hindukusch-Karakorum geht nun weiter Richtung Westen dem Highway folgend das gesamte Kunjirap-Tal flussabwärts bis zu dessen Vereinigung mit dem Kilik (Koordinaten ). Hier verlässt die Grenze die Straße und geht das Kilik-Tal hinauf. Über den Kermin-Pass (Koordinaten ) wechselt die Grenze in das südliche Nachbartal des Chapursan. Dort weiter flussaufwärts bis zum Chillinji-Pass (Koordinaten ). Danach kurz hinunter ins Karambar-Tal. Ab hier beginnt die südliche Grenze zum Hinduraj. Diese verläuft zunächst das Tal hinauf bis zum Karambar-Pass (Koordinaten ) Westlich davon folgt die Grenze dem Yarkhun flussabwärts bis dieser in den Mastuj (Koordinaten ) und dieser wiederum in den Kunar (auch „Chitral“) (Koordinaten ) mündet. Dieser passiert die Grenze von Pakistan nach Afghanistan bis er schließlich bei Dschalalabad in den Fluss Kabul (Koordinaten ) fließt. Dschalalabad liegt an den südlichsten Ausläufern des Hindukusch. Die Grenze verläuft weiter den Fluss Kabul flussaufwärts.
Im Südwesten grenzt der Hindukusch an die Gebirgsketten Zentral-Afghanistans, unter anderem den Koh-e Baba.
Auswirkungen des Klimawandels
Der Hindukusch und der angrenzende Himalaya sind von der Überhitzung des Klimasystems der Erde in besonderem Maße betroffen. Die Ergebnisse einer vielbeachteten Studie aus dem Jahr 2019, an der mehr als 350 Forscher beteiligt waren, zeigen, dass selbst das Erreichen des optimistischen 1,5-Grad-Ziels aus dem Pariser Übereinkommen das Klimasystem von Himalaya und Hindukusch aus dem Gleichgewicht bringen würde und dadurch zum Ende des 21. Jahrhunderts in dieser Region etwa ein Drittel der Eisflächen verloren gehen wird. Da sich die Wasserversorgung von beinahe zwei Milliarden Menschen aus den Gletschersystemen speist, wird bei einem Scheitern in Fragen des Klimaschutzes somit mit dramatischen Folgen für die Bevölkerung gerechnet.[7] Der Klimatologe Philippus Wester, der an der Studie beteiligt war, kommentiert die aktuellen Erkenntnisse wie folgt: „Die globale Erderwärmung ist dabei, die eisigen, mit Gletschern bedeckten Gipfel des [Hindukusch-Himalaya], die sich über acht Länder erstrecken, innerhalb von etwas weniger als einem Jahrhundert in kahle Felsen zu verwandeln.“[8]
Berge
Höchste Berge
Die höchsten Berge sind bis zu 7700 m hoch.[9] Eine Auswahl:
Name | Höhe in [m] |
Land |
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Tirich Mir | 7708 | PK |
Noshak | 7492 | AF, PK |
Istor-o-Nal | 7403 | PK |
Saraghrar I | 7338 | PK |
Udren Zom | 7140 | PK |
Lunkho e Dosare | 6901 | AF, PK |
Kuh-e Bandaka | 6843 | AF |
Koh-e Keshni Khan | 6743 | AF |
Sakar Sar | 6272 | AF, PK |
Kohe Mondi | 6234 | AF |
Mīr Samīr | 5809 | AF |
Weitere Berge in Afghanistan
Folgende Berge sind vergleichsweise niedrig, haben aber eine Bedeutung für die Menschen des Landes mit hinduistischen Glaubensrichtungen.
- Koh-e Kuschkak, Taywara, Ghor
- Koh-e Kuschkak, Chishti Shariff, Herat
- Koh-e Kuschk, Tschaghtscharan, Ghor
- Qaryah-ye Fil Kush, Farah
- Koh-e Koschah, Panjab, Bamiyan (Panjab = Fünf Wasser wie Punjab)
- Kohe Kuschkak, Sar-i Pul (Provinz)
- Koh-e Koschashi, Dawlat Shah, Laghman
- Koh e Hindaki, Kabul
- Koh e Buzkush, Badachschan
- Kham e Hindu, Kabul
- Koh e Chehelsotun, Kabul
- Jahan Pahlavan Ghar, Ghar Paschtu = Berg, Farsi = Berghöhle, Paktia
- Kūh-e Hādschī-ye Koschte, Hazarsum, Samangan
- Sang e Rostam, Day Chopan, Zabul
- Koh e Hawz e Rostam, Parwan
- Koh e Takhte Rostam e Tscha Mar, Zabol, Iran Nimrus
- Koh e Asamai Kabul
- Koh e Hindu, Mir Bacha Kot, Provinz Kabul
- Koh-e Hindu, Ghorband, Parwan
- Koh e Deh e Hindu, Wardak
- Koh e Hindu (Farah), Gulistan, Farah
- Kohe Hindukus, Chindschan, Baglan
- Kuh-e Urtemir, Nahrain, Baglan, siehe auch (Pamir, Kashmir, Tirich Mir)
- Kushmand Gar, Alingar, Laghman (ḠĀR oder Ghar = Berg / Berghöhle کش منډ غر)
- Kashtun Ghar, auch Kushtun Gar, Waygal, Nuristan (کش تون غر)
- Kushtoz Ghar, Nuristan
Heute sind die südöstlichen Ausläufer des Hindukusch (wie etwa die Spinghar-Kette oder das Sulaiman-Gebirge) Hauptrückzugsgebiet der Taliban-Milizen. Im Hinblick darauf äußerte der damalige Bundesminister für Verteidigung Peter Struck am 4. Dezember 2002: „Die Sicherheit Deutschlands wird auch am Hindukusch verteidigt.“
Pässe
Die Hindukusch-Pässe (persisch کوتل (Kotal) bzw. persisch کتل کوه (Kotal e) = Kuh) heißen:
Name | pers. Name (Kotal e …) |
Höhe in [m] |
Koord. | Land |
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Bazak | 5000 | |||
Naksan | 5050 | |||
Kan Chin | 4900 | |||
Marastrak | 5760 | |||
Salangpass | Salang | 3878 | (⊙ ) | AF |
Aqrabat-Pass | Aq Rabat | 3600 | (⊙ ) | AF |
Kushan-Pass | Kushan | 4300 | ||
Tschar Dar | 4236 | |||
Khawak-Pass | Khawak | 3848 | (⊙ ) | AF |
Pilo | 3600 | |||
Dandan Shekan | 2700 | |||
Dalan Sank Shatal | 3560 | |||
Shibar-Pass | Shibar | 3000 | (⊙ ) | AF |
Broghol-Pass | Broghol | 3798 | (⊙ ) | AF, PK |
Dorah-Pass | Dorah | 4300 | (⊙ ) | AF, PK |
Irshad-Pass | Irshad | 4977 | (⊙ ) | AF, PK |
Unai-Pass | Unai | 3300 | (⊙ ) | AF |
Wakhjir-Pass | Wakhjir | 4923 | (⊙ ) | AF, CN |
Geologie
Der Hindukusch gehört zu den Faltengebirgen, die mit dem Eindringen der Indischen Platte in das zentralasiatische Festland aufgeworfen werden, und ist geologisch noch relativ jung. Sein Wachstum hält an.
Ökologische Höhenstufen
Bei den ökologischen Höhenstufen sind zwei Gebiete zu unterscheiden: Die nordwestliche Abdachung des Hindukusch (z. B. Ghorbandtal, Pandschschir-Tal) ist trocken. Die südöstliche Seite (z. B. Nuristan, Laghman) ist feucht und wird vom Monsun beeinflusst.
Schematische Übersicht[10] | ||||
Stufe | Westlicher Hindukusch | Südöstlicher Hindukusch | ||
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Schneegrenze | 4800–5200 | 5200–5400 | ||
Subnivalstufe | 4200–4800 | offene Schuttfluren | 4300–5200 | Schuttfluren |
Alpine Stufe | 3600–4200 | Schuttfluren (Leucopoa) | 3500–4300 | Alpine Rasen, Matten und Schuttfluren, Quellfluren |
Subalpinstufe | 2800–3600 | Dornpolster, Gebirgshalbwüste | 3000–3500 | Krummholz-/Dornpolster-Mosaik; Hochstauden, Quellfluren |
Waldgrenze | nicht erkennbar | 3000–3150 | Nadelhölzer, Juniperus, Betula | |
Nadelwaldstufen | 2000–2800 | kaum vorhanden (meist Gebirgshalbwüste, selten offene Juniperusfluren) | 2200–3000 | Abies, Picea, Cedrus, Pinus (in einzelnen Talschaften sehr unterschiedlich) |
Laubwaldstufen | 1400–2000 | kaum vorhanden, Pistacia vera im Norden, andere Pistacia-Arten und Amygdalus in Zentral- und Südwestafghanistan (offene Baumfluren) | 1000–2300 | Quercus balout-Hartlaubwälder (z. T. noch andere immergrüne Quercus-Arten bis 2800 m) |
Talbereiche | < 1400 | Halbwüste, Wüste, Flussoasen (im Norden: z. T. Steppen) | 700–1100 | subtropischer Trockenbusch mit Vorland~ Dorngehölzen (Reptonia, Stocksia) |
< 700 | subtropischer Trockenbusch und Halbwüsten (Aerva, Rhazia, Flussoasen) |
Literatur
- Burchard Brentjes: Der Knoten Asiens – Afghanistan und die Völker am Hindukusch. Tusch, Wien 1984, ISBN 3-85063-143-5.
- Eric Newby: Ein Spaziergang im Hindukusch. Eichborn-Verlag, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-8218-4510-4.
- Karl Jettmar u. a.: Die Religionen des Hindukusch. Kohlhammer, Stuttgart 1975, ISBN 3-17-002092-7.
- Karl Jettmar: Cultures of the Hindukush. Steiner, Wiesbaden 1974, ISBN 3-515-01217-6.
- Heinrich F. J. Junker; Bozorg Alavi: Wörterbuch persisch-deutsch. Langenscheidt, Leipzig/ Berlin/ München/ Wien/ Zürich/ New York 1992.
- Ali Akbar Dehkhoda, Mohammad Moin, Jafar Shahidi u. a.: Loghat Nāmeh Dehkhodā. Dāneshgāh Tehrān (Universität Teheran), 1991.
- Al Qanun al Masudi. 3 Bände, Hyderabad 1954, Bd. 1 S. 4–5
- E. Sachau (Hrsg.): Ta’ rih al-Hind. London 1887.
- Eng. Übersetzung von E. Sachau: Alberuni’s Indi. London 1888 (Bd. 1) und 1910 (Bd. 2)
- M. Krause: Albiruni, ein iranischer Forscher. In: Der Islam. 26, no. 1 (1942), OCLC 431569581, S. 1–15.
- E. Wiedemann: Geographisches von al-Biruni. In: SBPMS. Erlangen, Beiträge 44/1912
- Habibo Brechna: Die Geschichte Afghanistans. Die Zitadelle von Kabul und das historische Umfeld Afghanistans über 1500 Jahre. vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich, Zürich 2005, ISBN 3-7281-2963-1.
- Friedrich Rückert: Firdosi’s Königsbuch (Schahname) Sage I-XIII. 1890. (Nachdruck: epubli, Berlin 2010, ISBN 978-3-86931-356-6, S. 136–239)
Weblinks
- The Hindu Kush NASA Visible Earth
Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ Ervin Grötzbach: Hindu kush. In: encyclopaedia iranica. 2003, abgerufen am 2. Februar 2017 (englisch).
- ↑ Mapping the vulnerability hotspots over Hindu-Kush Himalaya region to flooding disasters. In: sciencedirect.com. Abgerufen am 6. September 2015.
- ↑ Regional Information. In: icimod.org. Abgerufen am 6. September 2015.
- ↑ Development of an ASSESSment system to evaluate the ecological status of rivers in the Hindu Kush-Himalayan region. (PDF) In: assess-hkh.at. Abgerufen am 6. September 2015.
- ↑ Artikel Hindukusch in der Großen Sowjetischen Enzyklopädie (BSE), 3. Auflage 1969–1978 (russisch)
- ↑ Hindu-Kush, Encyclopædia Britannica Online, freier Zugang pro IP beschränkt.
- ↑ Philippus Wester, Arabinda Mishra, Aditi Mukherji, Arun Bhakta Shrestha (2019). The Hindu Kush Himalaya Assessment: Mountains, Climate Change, Sustainability and People. ISBN 978-3-319-92288-1 https://link.springer.com/book/10.1007%2F978-3-319-92288-1
- ↑ Klimawandel zeigt Wirkung: Gletscher im Himalaya schmelzen rapide. 5. Februar 2019, abgerufen am 11. Februar 2019.
- ↑ Afghanistan ultra-prominent peaks. peaklist.org
- ↑ Siegmar-W. Breckle: Flora, Vegetation und Ökologie der alpin-nivalen Stufe des Hindukusch (Afghanistan). In: S.-W. Breckle, Birgit Schweizer, A. Fangmeier (Hrsg.): Results of worldwide ecological studies. Proceedings of the 2nd Symposium of the A. F.W. Schimper-Foundation. Verlag Günter Heimbach, Stuttgart 2004, ISBN 3-9805730-2-8, Ökologie Tab. 3, S. 112 (97–117).